41


1 Seiten

Dornröschenschlaf

Poetisches · Trauriges
Eigentlich ist alles wie immer
In deiner kleinen Stadt

Dein Nachbar bringt den Müll herunter
Grüßt wie immer freundlich
Wenn man aber genauer hinschaut sieht man
dass er etwas nachdenklicher ist als sonst

Der kleine Junge aus deinem Haus
Bleibt an der Hand seines Papas und hält sie ganz fest
Schaut seine Mitmenschen an, wie immer
Allerdings etwas durchdringender als sonst

Eltern bringen ihren Nachwuchs in den Kindergarten
Geben Küsschen, wie immer
Wer jedoch genauer hinschaut
Kann ihre Angst spüren

Die Menschen hasten durch die Straßen
Ein flüchtiger Gruß, keiner hat Zeit, wie immer
Aber der aufmerksame Beobachter stellt fest
In ihren Blicken regiert Fassungslosigkeit

Die größeren Kinder sind per Fahrrad unterwegs
Wie immer, aber sie fahren nicht allein
Sondern in kleinen Gruppen
Ihre Vorsicht ist begründet

Deine Klassenkameraden stehen nach der Schule
Wie immer an ihrem Treffpunkt und erzählen
Aber, wenn man genau hinhört, ohne zu kichern
Ihre Gespräche beinhalten jetzt ernstere Themen

Deine beste Freundin beteiligt sich nicht daran
Sie hatte schon immer ein Faible für Schwarz
Ihren Liebeskummer hat sie verdrängt
Sie weint aus einem anderen Grund

Teddys und Blumen hattest du schon immer so gern
Und Kerzen, um die Weihnachtszeit
Jetzt liegen sie in Unmengen vor deiner Haustür
Und an der Stelle, wo man dich fand

Sie nutzen nichts, denn du bist nicht mehr da
Wurdest jäh herausgerissen aus deinem jungen Leben
Aus deinen Träumen, deinen Plänen
Opfer einer sinnlosen, abscheulichen Tat

Ein gigantischer Trauerflor liegt um deine Stadt
Auf dem ganzen Land
Und schnürt allen das Herz ab
Unfassbarkeit, nicht enden wollende Anteilnahme

Alle haben gebangt und gehofft
Bis zuletzt an das Gute geglaubt
Nur einer wusste, dass dies vergebens war
Aber sie werden ihn kriegen, ganz sicher

Normale denkende Hirne sind nicht in der Lage
Das Geschehene zu begreifen, sie weigern sich
Und da ist immer wieder die Frage nach dem Warum
Und es gibt keine Antwort darauf

Eigentlich ist alles wie immer
Und doch ist alles ganz anders
Von einem Tag auf den anderen
Ist nichts mehr so, wie es einmal war
 
Wenn du registriert und angemeldet bist und selbst eine Story veröffentlicht hast, kannst du die Stories bewerten, oder Kommentieren. Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diese Story kommentieren.
Weitere Aktionen
Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diesen Autoren abonnieren (zu deinen Favouriten hinzufügen) und / oder per Email weiterempfehlen.
Ausdrucken
Kommentare  

Hallo, ein guter Text, traurig, aber oft Realität. lg sabine

Sabine Müller (18.04.2006)

wunderschön beschrieben, wie sich alles ändern kann.etwas, an das man nie denkt.zieht nie in betracht, dass von einem auf den andern tag alles anders sein kann...aber es passiert öfter als man denkt...5 punkte

steffi_maus (06.11.2004)

Login
Username: 
Passwort:   
 
Permanent 
Registrieren · Passwort anfordern
Mehr vom Autor
Einsamer Verlierer  
Der Leuchtturm und das gebrannte Kind  
game over  
Letzter Versuch  
frei & wild  
Empfehlungen
Andere Leser dieser Story haben auch folgende gelesen:
---
Das Kleingedruckte | Kontakt © 2000-2006 www.webstories.eu
www.gratis-besucherzaehler.de

Counter Web De