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35 Seiten

Das Licht der Hajeps Band 4 Entscheidungen - Kap. 7

Romane/Serien · Amüsantes/Satirisches
© doska
Pommi vermochte sich das hier wirklich nicht zu erklären, außerdem war es im Flur schrecklich finster. Die verdammten alten Leuchtkörper, ständig gingen sie kaputt! Er hatte aber den Lärm gehört und so tastete seine Hand sicherheitshalber nach den zwei Pistolen, die er im Gürtel trug, während er zögernd durch den Türspalt blinzelte.
Das plötzliche Quietschen der Tür und Pommis harte Stimme hatte die beiden dermaßen irritiert, dass sie zusammengestoßen waren und sich nun aneinander festhielten, damit sie nicht hinfielen.
Und wieder empfand der Hajep zu seiner Verwunderung den weichen Menschenkörper als nicht gerade unangenehm. Er machte daher keinerlei Anstalten Margrit loszulassen, hatte dabei sogar die Möglichkeit, dass diese Mülltonnenlumanti gesundheitsschädlich für ihn sein könnte, völlig vergessen. Er bekam lediglich ganz kleine, behagliche Augen.
Margrit hingegen war immer noch am Grübeln, wie sie schleunigst die grässliche Zange los werden konnte, obwohl sie ihre Arme ebenfalls noch immer um ihn gelegt hatte.
„Zened dus!“, wisperte der Hajep, nachdem er bemerkt hatte, wie Margrit hinter seinem Rücken mit ihrer Hand wedelte und schon fiel die Zange leblos zu Boden.
Verrückt, Margrit konnte es nicht fassen. Hatte die Zange etwa wirklich auf ihn gehört? Nein, so was konnte es doch gar nicht geben.
„Danke!“, ächzte sie dennoch erleichtert und dann schaute sie zu ihm empor, direkt in diese seltsamen Augen, in denen sie einen sanften, warmen Glanz zu erkennen glaubte. Aber hier war es ja dunkel und sicher irrte sie sich, und so machte sie sich nur stumm von ihm frei.
Er schaute ihr dabei zu, denn es machte ihm Spaß, wie sie seine schweren Arme nahm und jeden einzeln von ihren Schultern hob.
„Aha, jetzt ist alles klar“, knurrte Pomadenmaxe verärgert und stemmte dabei die Fäuste in die fetten Hüften. „Ein Liebespärchen!“
„Diebesplärrschin?“, wiederholte der Hajep verdutzt.
Anscheinend hatte der Händler ihn nicht gehört, denn der sprach einfach weiter: „Und ihr habt hier ein bisschen herumgemacht, was?“
Die roten, schrägen Augen des Hajeps schauten den Händler immer noch nicht klüger an.
„Und dabei nicht nur meine Klingel sondern auch noch die Beleuchtung lädiert. Na, das hab ich gerne!“
„Do you like that?“, fragte der Hajep ungläubig.
„Ehemaliger amerikanischer Footballspieler, richtig?“ Pomadenmaxes Blick wanderte nun doch ein bisschen anerkennend über die riesige, muskelbepackte Schattengestalt hinter Margrit.
Margrit nickte verwirrt. Na ja, was sollte sie schon dazu sagen.
„He, he“, Pommi kratzte sich nun behaglich an seinem Stiernacken, „und erst hatte ich schon einen kleinen Schrecken bekommen.“ Er grinste breit und sein kleines Schnurbärtchen wölbte sich dabei über der Oberlippe. „Dachte schon, das wäre ein, na, sprechen wir das lieber nicht aus! Tja, so dumm wird man in diesen schrecklichen Zeiten!“
„Tja, richtig dumm!“, krächzte Margrit etwas heiser, denn sie war sehr aufgeregt.
„Aber, auch wenn ihr zwei hier nur ein bisschen herumtanzen wolltet“, plapperte der Händler einfach weiter, „was ihr kaputt gemacht habt, macht ihr auch wieder ganz.“
„Poko!“, brummte der Hajep.
„Netter Kerl!“, raunte Pomadenmaxe Margrit zu. „Ja, ja, die lieben Amis! Na, kommt erst mal herein, dann gebe ich euch Hammer und Nägel.“
Der Hajep nickte eifrig und viel zu übertrieben, wie Margrit fand.
„Äh, wir wollten eigentlich“, Margrit schluckte, weil sie der Hajep jetzt derb in den Raum hinein schob - ob sie dem mal kräftig auf die hochempfindlichen Zehchen treten sollte? „auch etwas eintauschen“, beendete sie ihren Satz.
„Habe nichts dagegen.“ Pomadenmaxe kicherte und die dunkelblauen Wimpern des Hajeps unter der Schirmmütze flatterten deshalb etwas schneller, denn der Händler hatte eine recht merkwürdige Lache. „Na, was habt ihr denn so Schönes?“
„Och, so einiges Interessantes!“, machte Margrit Reklame und keuchte dabei leise, da sie kurz nach hinten, aber leider ins Leere getreten hatte.
„Und wo sind die Sachen nun?“, fragte der Händler und rieb sich in stiller Vorfreude die dicken Händchen. Er musterte skeptisch Margrits heruntergekommene Kleidung und dann suchte sein Blick erstaunt nach den Waren, denn Margrit hatte nichts in den Händen.
„Äh, tja ... wo?“ Sie wendete sich nach dem Hajep um, der gerade von der Tür zurück kam, den Beutel in großem Abstand von sich haltend.
Pommis kleines, rundes Gesicht leuchtete kurz, aber dafür umso erfreuter auf, als er den ziemlich großen Beutel sah, und als der Hajep direkt vor ihm stand wanderte sein Blick höher bis zu dessen Gesicht und er taumelte käseweiß zurück, hatte den Mund geöffnet, brachte aber keinen Ton hervor. Er schnaufte so heftig, während er sich das Herz hielt, als würde er augenblicklich einen Infarkt bekommen.
Der Hajep hatte wohl eben die Tür abgeschlossen, denn nun warf er den Schlüssel spielerisch in die Luft, um ihn anschließend in seiner großen, breiten Pranke wieder aufzufangen.
„Hallo, Ponni!”, erscholl die eigenartige Stimme des Hajeps von oben herab, während er ziemlich interessiert auf den kleinen, dicklichen Mann hinabschaute. „Are you ready?” Der Hajep warf den Beutel in irgendeine Ecke, mit der anderen Hand aber noch immer den Schlüssel hoch und nur dieses Geräusch war zu hören, das Klatschen des Schlüssels in der Handfläche und dann sah der Händler, wie der Hajep nach irgend etwas zu suchen schien, denn der öffnete nun seine Jacke und ein waffenbespickter Gürtel offenbarte sich Pomadenmaxes weit aufgerissenen Augen.
Der Dicke trat jetzt noch zwei, drei Schritte vor dem Riesen zurück, stieß dabei einen Stuhl um und der Hajep stellte diesen wieder ordentlich auf, während er dem Händler geschmeidig wie ein Panther weiter hinterher schlich, dabei das eine oder andere der merkwürdig ausschauenden Dinge an seinem Waffengürtel wählerisch begutachtend.
„Oh, äh, yes, I am … hm … feel good!”, entschloss sich Pommi schließlich, dem Hajep zu antworten und seine Finger arbeiteten sich, wenn auch bebend, zu den beiden Pistolen in seinem Hosenbund vor. „I`m gl … glad to see you, wirklich!“, ächzte Pommi und dann hatte er die beiden Pistolen gezogen.
Als er aufschaute blickte er direkt in die kleine, spitze Mündung eines zu einem Teil aus Metall zum anderen Teil aus Gelee bestehenden, sackförmigen Gebildes, an dem zwei grüne und rote Zellen im Rhythmus von Pommis Herzschlag blinkten.
Der Hajep visierte damit die breite, knubbelige Nase des Händlers an, nickte aber freundlich und wies mit dem Kinn neben sich zur Ladentheke.
Pommis buschige Brauen hoben sich verblüfft. „Okay, okay“, keuchte er, „hab` schon verstanden!“ Und er stolperte mehr als dass er ging hinüber zur Ladentheke und legte die beiden Pistolen darauf.
Er guckte wieder in diese mandelförmigen, roten Augen und erkannte, dass der Hajep den Kopf schüttelte und auf die Leiter neben dem Händler blickte.
„D ... diese hier?“, keuchte der Dicke.
Der Hajep nickte machte mit den Fingern eine kletternde Bewegung und schaute dabei zum Wandbord hinter dem Händler.
„Ach so, sch ... schon verstanden!“ Es quietschte, als der Händler die Leiter vor dem Bord aufstellte. Pomadenmaxe war vor Schreck so taumelig geworden, dass er es kaum die Sprossen hinauf schaffte. Schon entdeckte er den Hajep neben der Leiter.
„Yeah!“, rief dieser, Margrits Beutel dabei scheppernd auf die Ablage werfend. „That`s fine, hä?”
Pomadenmaxe stöhnte, als er die Pistolen endlich oben auf dem Bord hatte. „Oh, äh ... ja! Das ist es! Indeed, indeed!“ Der Händler wischte sich mit fahrigen Fingern den Schweiß von der Stirn
„Der kann deutsch!“, half Margrit Pomadenmaxe. „Lassen Sie sich nichts vormachen!
„Oh ... äh ... der kann?“, vergewisserte sich der Händler, noch immer durcheinander, denn der Hajep schien plötzlich mit dem Einkaufsbeutel von Margrit zu sprechen.
Jedenfalls wisperte er diesem irgendetwas Sonderbares zu und reichte dem Händler, sehr zu Margrits Leidwesen, die Thermoskanne hoch, die Pomadenmaxe ebenfalls auf das Bord stellte.
Kaum hatte der Händler die Leiter wieder zusammengeklappt und in die Ecke gestellt, öffnete der Hajep eine Seite seine sonderbaren, beutelförmigen Waffe, mit welcher er Pomadenmaxe bedroht hatte, packte mit einem Seufzer Pommis Schlüssel hinein, schob sich dicht an ihm vorbei, ergriff mit einer Hand die Leiterund, sagte, „Thanks!“, und klopfte Pomadenmaxe beim Zurücklaufen so schwungvoll auf die Schulter, dass der fasst in die Knie sackte.
Als Pomadenmaxe sah, dass der Hajep sich entfernt hatte, die Leiter irgendwo hinstellte und nun ein Regal gründlich in Augenschein nahm, winkte er Margrit zu sich heran.
„He, der hat mich angeschmiert!“, ächzte er fassungslos. „Das war nur eine Schlüsseltasche. Himmel, ich Idiot habe mich die ganze Zeit vor einer stinknormalen Schlüsseltasche gefürchtet.“
„Die sah aber auch zum Fürchten aus!“, versuchte ihn Margrit zu trösten. „Irgendwie außerirdisch!“
„Irgendwie?“, wiederholte der Händler verdutzt. „He, wissen Sie überhaupt, was das für einer ist, mit dem Sie hier hereingeschneit sind?“ Offenbar hielt er Margrit für völlig ahnungslos.
„Der da?“ Margrit wies mit dem Kinn nach dem Hajep, der sich nun eine der Kisten aus der zweiten Etage hervorgezerrt hatte und darin sehr interessiert herumzukramen begann.
„Oh Gott! Brüllen Sie doch nicht so!“, wisperte der Mann und schaute sich ängstlich nach dem Hajep um.
„Tschuldigung!“, krächzte Margrit schuldbewusst.
„Aber ... hm ... merkwürdig“, Pomadenmaxe fingerte nun eine reichlich zerknautschte Packung Zigaretten aus seiner Hosentasche, während er den Hajep weiter im Auge behielt, der gerade die nächste Kiste hervorgeholt hatte. „Der trägt ja meine Jacke“, stutzte er, „die ich doch so günstig ... aber das ist ja auch meine Schirmmütze“, setzte er wispernd und sehr aufgeregt hinzu. „Das alles muss er wohl heute Vormittag von Freddi gekriegt haben, als ich nicht da gewesen bin, komisch und seitdem ist Freddi weg!“ Er bekam kaum die Zigarette zwischen seine zuckenden Lippen. „Na ja, war ja eigentlich schon immer kein besonders zuverlässiger Bursche, der Freddi!“ Die Zigarette wippte in seinem Mund auf und nieder. „Aber, weshalb trägt der hier keinen Helm, keine Uniform?“ Er suchte nun nach seiner Streichholzschachtel.
Margrit hatte mächtige Gewissensbisse. „Aber, ich trage doch auch keinen Helm!“, mühte sie sich deshalb, ihn irgendwie zu beruhigen. „Und wie ich sehe, Sie ebenfalls nicht? ” Sie versuchte ein zuversichtliches Gesicht zu machen.
Der Händler seufzte und wedelte ziemlich umständlich das Streichholz aus. „Man sieht es Ihnen an, Sie sind viel zu arglos oder ist irgendetwas mit Ihrer Brille nicht in Ordnung?” Er saugte an seiner Zigarette, krauste die buschigen Brauen, während er ihre Brille etwas gründlicher in Augenschein nahm. „Ich habe da übrigens einige ...“
„Nein! Ich trage eine gute, na ja, ziemlich gute Brille!“
„Und wie konnte Ihnen dann das passieren?“, fragte er ziemlich laut und ein Blick wanderte, nachdem er sich vergewissert hatte, dass der Hajep immer noch mit den Kisten beschäftigt war, dabei ziemlich aufgeregt zum Bord hinauf, wo die beiden Pistolen lagen.
„Was? Mir ist doch gar nichts passiert!“, sagte sie ebenso laut und schaute nun auch empor.
„Kommt noch!“, sagte der Händler, verstaute die Streichholzschachtel in seiner Hosentasche und nahm einen Besen, der hinten an der Theke gelehnt hatte. „So was ist typisch für Frauen“, murrte er, während er mit dem Besen zum Bord ging und Margrit mit ängstlichen Blicken signalisierte, dass sie dabei nach dem Hajep Ausschau halten sollte. „Kaum steht etwas Großes und Muskelbepacktes in einem dunklen Flur neben ihnen“, sagte er jetzt so laut, dass der Hajep es hören konnte, „greifen sie zu, ohne richtig hinzuschauen.“ Er hob dabei den Besen hoch, drehte ihn so, dass die Borsten nach oben wiesen. Der Stil zitterte mächtig in seiner Hand. Er warf Margrit einen fragenden Blick zu.
„Ich habe doch gar nicht zugegriffen“, verteidigte sie sich und nickte blinzelnd Pomadenmaxe zu, „der hat mich doch ...“
„Ist doch scheißegal!“, zischelte der Händler hinter seiner Zigarette hervor. „Jedenfalls haben sie mir da etwas Ordentliches einbrockt!“ Und dabei hatte er auch schon die beiden Handfeuerwaffen heruntergefegt und aufgefangen, jedoch nicht die Thermoskanne, obwohl ihm Margrit dies durch Zeichensprache verständlich zu machen versuchte.
„Habe ich gar nicht, denn der wird uns nichts tun!“, sagte sie laut und blinzelte verzweifelt noch immer nach oben, doch der Händler verstand nicht.
„Ach, und woher wissen Sie das so genau? Himmel, diese vielen Spinnenweben“, keuchte der Händler und wollte ihr den Besen nicht geben. Ehe er sich umdrehen und auf den Hajep anlegen konnte, sah er, wie Margrit erbleichte und mit dem Finger nach hinten wies. Schnell steckte er sich auch die zweite Pistole in den Gürtel. Er wendete sich um.
Der Hajep hatte gerade eine Suppenkelle gefunden, mit der er offensichtlich nichts anzufangen wusste, denn er kam damit zurück und schwenkte sie dabei ziemlich unschlüssig zwischen zwei Fingern hin und her. „Hammer is okay?“, fragte er den Händler und die Suppenkelle in der Hand des Hajeps blieb für einen Moment still, weil sein Blick schon wieder auf den Pistolen ruhte.
Pomadenmaxe sah außerdem, dass der Hajep ein ähnlich sonderbares Ding wie vorhin in der anderen Hand hielt. Es erschien Pomadenmaxe wie eine Dose, blinkte und blitzte aber ähnlich wie eine Taschenlampe mit einer schwachen Batterie. Und wieder wusste der Händler nicht, was er davon halten sollte. Seine Augenbrauen zuckten und schließlich begann er hysterisch zu lachen.
„Und diesmal haben wir wohl eine Salbendose?“, quiekste er, zog blitzschnell die Pistolen und richtete die beiden Läufe mutig auf den Hajep. „He, he, noch einmal lasse ich mich nicht foppen!“
Die sonderbaren Augen verengten sich zu zwei schmalen, kleinen Schlitzen und in einem Sekundenbruchteil sauste ein feiner, weißer Strahl aus der Mitte der funkelnden Scheibe hervor, noch ehe der Händler es geschafft hatte abzudrücken.
Pommadenmaxe zuckte zusammen, denn es wurde ihm plötzlich heiß über dem rechten Ohr und außerdem roch es komisch nach versengtem Haar und nun tat es dort auch weh, brannte irgendwie wie ...
„Feuer!“, brüllte Pomadenmaxe nun entsetzt. „Feuriooooh!“ Nur mit Mühe konnte er die kleinen Flämmchen mit seinen Händen ersticken.
Der Hajep schlug indes mit der Suppenkelle mehrmals schwungvoll auf einen Tisch, der in der Nähe stand. „Hammer is shit!“, stellte er fest und warf sie hin. Dann heftete sich sein Blick wieder auf Pommi, der mit verkohltem Haar hinter der Ladentheke stand.
„Äh, that wasn’t a hamm …” Der Dicke schüttelte den Kopf und brach dann ab. Er starrte nur in dieses eiskalte, blauhäutige Gesicht und legte beide Pistolen auf die Ablage. „I thought it`s better to put them into this box, eh … ehrlich!“ Er hielt sich an der Theke fest, so schlecht war ihm geworden, denn der Hajep näherte sich ihm, ihn immer noch mit der verrückten Scheibe avisierend.
„Poko!“, knurrte der nun und nickte zu Pomadenmaxes Erleichterung.
Der Händler hielt sich das Herz und atmete erst einmal tief durch, dann zog er das Schubfach auf und packte die beiden Pistolen dort hinein.
Der Hajep begab sich wieder hinter die Ladentheke, schob den Händler ziemlich derb beiseite und begann zu Pomadenmaxes Verwunderung sich abermals mit den Einkaufsbeuteln zu unterhalten, die noch immer auf der Ladentheke lagen. „Wun sanna!“, raunte der Hajep in einen der beiden Beutel hinein und dann holte er ein kleines, Margrit gut bekanntes, zangenähnliches Gerät daraus hervor und packte es ordentlich zu den Waffen ins Schubfach.
Er befestigte die eigenartige Scheibe wieder an seinem Gürtel, nahm Margrits beide Beutel an je einem Zipfel und schüttete den Inhalt einfach auf die Ablage. Es schepperte mächtig, und der Hajep sah erstaunt zu, wie die Hälfte davon vom Bord fiel.
Der Händler eilte um die Ladentheke herum und bemühte sich, die Töpfe aufzuheben, wohl um dem Hajep zu gefallen.
Wie der Blitz war der Hajep ebenfalls um die Ladentheke herum und knurrte dem Händler auf halbem Wege zu: „Do you want troubel?“
„Oh ... sorry!“ Der Händler war wie erstarrt, hielt die Hand noch immer ausgestreckt, wagte sich weder vor noch zurück.
„That`s mine!“, fauchte der Hajep und fletschte die Zähne wie eine Raubkatze.
Der Händler erbleichte und seine ausgestreckte Hand zitterte.
„Nö, nö!“, mischte sich Margrit erregt ein. „Das ist immer noch meins! Ich habe das alles zuerst gefunden!“
Sie tippte sich dabei energisch an die Brust und der Händler starrte nun, immer noch mit ausgestreckter Hand in der Hocke, völlig entgeistert mal auf Margrit und mal auf den Hajep. „Außerdem wollte dir Pommi bloß helfen und nichts wegnehmen!“, fügte sie noch erklärend hinzu.
Pomadenmaxe schüttelte nun vorsichtig zu Margrit hin den Kopf, biss fast auf die Zigarette und glotzte bang auf den Hajep.
„Pok … okay!“ Der Hajep ging zwei, drei Schritte zur Ladentheke zurück und lehnte sich bequem gegen die Ablage. „He can do it!“
Doch der Händler regte sich noch immer nicht. Er keuchte nur. Verdattert starrte er wieder von einem zum anderen und dann, als er endlich Anstalten machte, zumindest den Topf, der vor ihm lag, zu ergreifen, kauerte sich auch schon die Frau neben ihm hin um zu helfen.
„Ich war immer der Meinung, dass jeder seine Suppe selbst auslöffeln muss“, fauchte sie Richtung Hajep, während sie ebenfalls einen der Töpfe ergriff, „und wenn ihm jemand dabei hilft, sollte der wenigstens Dankbarkeit kennen!“
„Hat keinen Zweck, dass Sie dem das so erklären!“, wisperte der Händler ängstlich, nachdem er auch eine Pfanne auf die Theke zurückgestellt hatte. „Selbst wenn Sie es nicht glauben wollen, der versteht nur ihre Tonlage, aber kein Deutsch!“
„Und ob er Deutsch versteht, nicht wahr?“
Der Hajep lehnte noch immer mit dem Rücken an der Ablage und zuckte mit keiner Wimper. „I don`t know, what you’re talking about“, beeilte er sich schließlich doch, Margrits verärgerten Blick zu beantworten.
„He, du lügst ja richtig!“, fauchte sie und stellte dabei noch ein kleines Töpfchen neben den Hajep auf die Ladentheke.
„Xorr! Hat schonn geloggen jemand falsch?“, rief er ihr über seine Schulter hinweg zu.
Die Augen des Händlers quollen vor Erstaunen hervor. „He, d ... das war ja ein richtiger kleiner Witz!“, keuchte der und dann lachte er erleichtert, leider zu lange, denn er hörte gar nicht mehr damit auf!
Margrit konnte das ja verstehen, denn die Nervenanspannung war einfach zu viel für ihn gewesen und entlud sich nun auf diese Weise.
Nicht so der Hajep. Der hatte zwar das quietschige Geächze zunächst ziemlich interessiert beobachtet, den Kopf dabei skeptisch hin und her werfend, doch dann war er hinter die Ladentheke gewandert, hatte sich den nächstbesten Stift ergriffen und mit diesem bei jedem weiteren Lacher so heftig vor sich auf die Gummiauflage gehämmert, dass der Stift sich dort festgehakt hatte. „Hich!“, rief der Hajep verwundert und versuchte nun den Stift aus der Gummiauflage zu ziehen.
Pomadenmaxe schaute auf, war darüber dermaßen verdutzt, dass ihm der letzte Gluckser buchstäblich im Hals stecken blieb.
„Zukunftisch du nür lacherst zoo langer und lauter wie ich dir befelle, chesso?“, schnaufte der Hajep, während er den Stift wieder aus der Auflage zog und dann einfach hinter sich warf.
„Chesso!“, keuchte Pommi.
Der Hajep nickte beruhigt. „Und nunni wirr gerrn hätten etwas getäuscht - haute!“, erklärte er schon etwas freundlicher und trommelte dabei mit zwei Fingern auf einige der Töpfe.
„Was sagt der?“, wandte sich der Händler erschrocken an Margrit. „Ich muss ihn wohl zu sehr gereizt haben, denn er will mich täuschen und, wenn ich Recht gehört habe, anschließend verhauen!“ Bei den letzten Worten hatte er die muskelbepackten Arme des Hajeps gründlich gemustert, der immer noch die Töpfe der Reihe nach betrommelte.
Margrit kicherte: „Tja, so kann man andere erschracken, wenn man nicht dautlicher sprächt?“
Der Hajep hielt inne, dann runzelte er die Stirn und begann, die Töpfe der Größe nach ordentlich auf der Ablage zu sortieren. Schließlich rieb er sich nachdenklich das tätowierte Kinn, während er all diese Dinge betrachtete. „Kippt alltiss Sprischwörd bei eusch, heißert: Blindis Huhn hat seininn Prreis!“
„Nein! Alles hat seinen Preis!“, korrigierte Margrit ihn, während sie den Zettel hervorholte, auf dem alles stand, was die Spinnen von ihr haben wollten. „Und das mit dem Huhn ist ein ganz anderes Sprichwort, das du damit vermischst hast.“
Der Hajep nickte und dann schaute er den Händler erwartungsfroh an.
„Nun?“, fragte Margrit und machte dabei eine aufmunternde Bewegung. „Wollen Sie uns jetzt nicht bedienen?“
Pomadenmaxes buschige Brauen zuckten nervös. „Be ... bedienen?“, ächzte der ungläubig und seine kleinen Augen huschten wieder verwirrt von einem zum anderen. „Wirklich? Ich meine, in echt jetzt? Aber wozu? Na, egal!“ Er holte tief Atem. „Verrückt zwar, aber warum nicht?“
Er ging hinter die Ladentheke und baute sich nun, wesentlich mutiger geworden, zur Linken des Hajeps auf, während sein Blick begehrlich über das viele Stahl glitt. „Jetzt werden wir hier mal alle vernünftig Deutsch miteinander reden, gelle?“ Er rieb sich die kleinen dicken Händchen.
„Geld!“, knurrte der Hajep und machte ihm Platz.
Pomadenmaxe saugte an seiner Zigarette. „Zuerst geben Sie mir mal Ihren Zettel rüber!“
Margrit gehorchte und es dauerte ein Weilchen, bis der Händler alles durchgelesen hatte.
„Na ja.“ Er faltete den Zettel zusammen. „Für das bisschen Edelstahl werden Sie wohl nicht allen Ernstes annehmen, derart viel Nahrung und Medikamente zu erhalten?“
„N ... nein?“, stotterte Margrit.
Der Hajep blickte wieder sehr nachdenklich abwechselnd auf Margrit und den Händler.
„Für diese drei Töpfe zum Beispiel“, Pomadenmaxe schob diese ein Stückchen weg von den anderen, „können Sie allerhöchstens ein mittelgroßes Brot bekommen, denn Sie wissen ja, die Zeiten sind schlecht. Es gibt nur wenige Bäcker, die heutzutage backen! Die meisten Leute holen sich nur Mehl, was Sie allerdings auch auf dem Zettel haben, aber da können Sie nur eine Tüte bekommen, mehr nicht! Und Medikamente ... ha! Sie haben Glück, dass ich neulich noch ein paar bekommen habe, die sind erst im Preis gestiegen, was glauben Sie! Ganz zu schweigen von der Zahnpasta und den Süßigkeiten. He, und die zwei Lutscher! Wohl für Kinder, was?“
Er grinste breit.
Margrit winkte hastig ab. „Habe keine Kinder.“ Und ihr Blick huschte dabei ängstlich zu dem Hajep. „Die sind für mich. Ich lutsche so gern, wissen Sie!“
Pomadenmaxe grinste noch immer. „Und diese Pfanne hier“, fuhr er schließlich fort, „ist zum Beispiel gar nichts, nur billiges Blech, genauso die zwei kleinen Töpfe da und das von Kinderhand bemalte Sparschwein ... einfach lächerlich! Und die Uhr“, er ergriff sie mit seinen kurzen, dicken Fingern und betrachtete sie kritisch, „ist ein altes wertloses Model! So was trägt keiner!“
„Das ist nicht wahr!“, wurde Margrit heftig, und der Hajep überließ ihr seinen Platz, damit sie näher bei dem Händler stehen konnte. „Gerade diese Uhr ist besonders wertvoll, das weiß ich aus sicherer Quelle, denn sie ist ein Modell von Cartier.“
Der Händler heftete geringschätzig seinen Blick auf die Uhr. „Cartier?“, wiederholte er und grinste frech. „Wer achtet schon heute auf Marken! Die Uhr muss robust sein. Das ist das Wichtigste!“
„Das ist sie aber!“, entgegnete Margrit. „Cartieruhren sind doch bekannt dafür, und sie ist gleichzeitig auch noch ein Kompass!“
„Kompass!“, wiederholte der Händler verächtlich. Er packte die Uhr zurück auf das Bord, faltete die Hände über seinem dicken Bauch und wiederholte mit treuherzigem Augenaufschlag. „Tja, leider, leider können Sie für all diese wirklich erbärmlichen Dinge nur ein kleines Brot, eine Tüte Mehl und ein Medikament bekommen ... tja, und welches Medikament es dann sein soll, müssen Sie entscheiden!“
„Nur ein Brot!“, wisperte Margrit enttäuscht und kniff die Lider fest zusammen, damit nicht Tränen in ihre Augen steigen konnten. „Nur eine Tüte Mehl, und nur einmal vielleicht die ... die Drabonsalbe?“
Pommi nickte scheinbar mitleidsvoll. Ach, er war wieder ganz in seinem Element und begann bereits, Margrits Sachen in eine Tüte zu packen. „Tja, da kann man nichts machen“, jammerte er. „So sind halt die Preise. Kommen Sie noch ein anderes Mal vorbei und bringen Sie mir mehr. Vielleicht haben Sie“, er betrachtete schon wieder sehr interessiert die Uhr, bevor die auch in der Tüte verschwand, „ja noch ein paar weitere nette Sachen!“
Er zuckte bedauernd mit den Schultern und räumte dann den nächsten Topf vom Bord. Fast gleichzeitig stellte der Hajep eine Tüte Mehl auf die Ablage, die er sich einfach aus der Kiste neben dem Bord gegriffen hatte und dann noch eine und noch eine und noch eine.
Pomadenmaxe blickte ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
„Genügg ... orrn ... genug Mehl?“, wollte der Hajep jetzt von Margrit wissen.
„Ja“, keuchte sie erstaunt. „Aber das darfst du doch nicht.“
„Wasisch ... was ich nischt darf?“
„Na, klauen, stehlen! Wie diese Jacke zum Beispiel!“ Sie zupfte ihn scheu am Ärmel.
Der Händler nickte. „Und das Käppi!“, fügte er vorwurfsvoll hinzu. „Ein echtes Modell übrigens, hatten einen teuren Geschmack, deine Kameraden! Und die Sonnenbrille ... ist nämlich eine Rarität heutzutage!“
„Ja, du bist leider ein Dieb“, bestätigte Margrit traurig.
„Isch nisch verschtehe?“
„Ach, Sie verstehen ganz gut!“, fauchte der Händler.
Da leuchteten plötzlich die roten Augen des Hajeps auf. „Deep“, krächzte er. „Deep cup, deep pot, deep hole, deep valley, deep lake, deep ozean, deep ...“
„Ach, Unsinn!“, unterbrach ihn Margrit. „Wir meinen natürlich nicht das englische deep. Aber da wir schon bei dieser Sprache sind. Gemeint ist: thief - klaro?“
„Ach deeer!“, murmelte der Hajep gedehnt. Er senkte seine eigenartige Nase, grübelte und schon hob er wieder den Kopf. „Aber wir dieben nisch, wir täuschen!“, erklärte er eifrig.
„Nein, wir tauschen!“, sagte sie und plötzlich war sie wieder ganz beruhigt, denn ihr waren die Ohrringe eingefallen, welche sie vorhin gefunden hatte. „He, ich habe hier etwas ganz Tolles“, erklärte sie aufgeregt.
Beide Männer machten ein verdutztes Gesicht, denn sie sahen nichts Besonderes. Margrit lehnte sich mit dem Oberköper gegen die Theke, blickte die zwei an und legte sich dabei mit geheimnisvoller Miene das Haar hinter die Ohren. „Naah?“, keuchte sie erwartungsfroh.
Der Händler schaute noch immer nicht klüger drein, nur der Hajep nickte, den Atem anhaltend.
„Und nun?“ Sie warf lächelnd den Kopf in den Nacken und wendete ihr Gesicht mal zur einen und mal zur andren Seite. „Ganz ehrlich, wie findet ihr die?“
„Nurrfi, nurrfi!“, ächzte der Hajep angespannt.
„Fasst sie jetzt einmal an ... he, was fühlt ihr?“
Der Hajep zog seinen Handschuh aus. „Tinninninn ... sind wunderbarrlisch!”, stellte er überrascht fest. „So waarm, so waiisch!“
„Nicht!“, quiekte sie und stieß seine Pranke fort. „Doch nicht meine Ohren, du Torfnase!“ Margrit gackerte nun doch in sich hinein und er schaute ihr verzückt dabei zu, denn er hatte sich inzwischen an ihr Lachen gewöhnt.
„Oh Gott!“, keuchte sie nach einem Weilchen. „Ich meine natürlich die Ohrringe!“
„Ohrringe?“, echote der Hajep verdutzt.
„Und, wie findet ihr die?“, fragte sie wieder und ihr Herz klopfte vor Aufregung.
„Pah!“, meldete sich endlich der Händler, der kaum hingeschaut hatte. „Ist doch nur Tinnef so ein Zeug! Wer will heutzutage schon so was Unnützes haben!“
Margrit kamen die Tränen. „Aber die sind doch wunderschön! In diese kleinen, silbernen Plättchen sind ein paar winzige Steinchen eingearbeitet.“
„Stainschinn!“, wiederholte der Hajep, immer noch verwirrt, und berührte nun die glänzenden Plättchen an Margrits Ohrläppchen.
„Und? Ganz ehrlich, was sagst du dazu?“ Sie schaute fragend zu dem Hajep hinauf.
„Gäns ... hm ... ganz ehrelisch?“, fragte der Hajep. „Würgelisch?“
Sie nickte tapfer und schluckte.
„Zaipao!“ Und dann nahm er den Besen und fegte zu Margrits Überraschung die Thermoskanne vom Bord in seine Hand. Nachdem er den Besen wieder weggepackt hatte, wendete er sich der Theke zu. „Aber diese Panne ... Kanne natürrelisch!“ Er räusperte sich. „Is besserer! Is good for labberigen Inhalt! Haltert sisch allis darin serr, serrr, laaange!“ Er schraubte dabei die Kanne auf und schüttelte, wohl zur Bestätigung seiner Worte, die letzten Tröpfchen der uralten Suppe über dem Händler aus.
„Huch?“, rief der Händler entsetzt. „Puh, das stinkt aber! He, warum macht der denn so was?“, wendete Pommi sich sofort an Margrit. Diese konnte nur die Schultern anheben, denn für längere Erklärungen blieb ihr keine Zeit.
Der Hajep blickte nämlich den Dicken scharf an. „Drumm wirr verlangern grroßiss Brrrot dafor, soforta!“
Pomadenmaxe beeilte sich, leise ächzend eines davon aus den Regalen zu holen. Währenddessen beäugte der Hajep alle Gegenstände, die noch auf dem Bord lagen, eingehend. „Nurrfi, nurrfi!“, entfuhr es ihm. „Wass wirr schooones habinn da?“ Er hob die kleine handbemalte Plastikfigur hoch.
„Ach, die ist nur von Jul ...“ Margrit hielt erschrocken inne.
Doch er hatte es schon gehört. „Vonne Jul?“, hakte er sehr interessiert nach. „Werris Jul?“
„Niemand!“
„Lügst, das hierr gehörrtete einim Kilnd! Hajeps brauchinn Kilnda!“ Seine Augen wurden wieder klein und gefährlich. „Zwei Lutschär, zwei Kilnda.“ Er hielt ihr zwei Finger wie eine Kralle entgegen. „Wie heißert andere Kilnd?“
„Gar nicht! Kenne keine Kinder.“ Sie schüttelte wild den Kopf. Dann riss sie sich zusammen. „Mag schon sein“, sagte sie nun möglichst lässig, „dass das früher einem Kind gehört hatte, aber nun ist es mein Sparschweinchen!“
„Ein Sparrscheinschinn!“, rief er verzückt und erklärte Pomadenmaxe, der das Brot gerade schwitzend auf das Bord gelegt hatte. „Für dieser reizendä Sparscheinschinn nöch einer Brrrot, bite!“ Und während sich der Händler erneut zu seinen Regalen schleppte, erkundigte sich der Hajep wispernd bei Margrit. „Wozu brrauchst Sperrscheinschinn?“
„Zum Sperren ... äh ... Sparen von ...“
„To save money?“
Sie nickte.
„Ah, ja!“ Er drehte und wendete es in seiner Hand. „Zum Sparren, was sonstig!“ Er stellte es wieder auf die Ablage. „Saggen du selbser“, wandte er sich wieder an den Händler, der gerade schnaufend das zweite Brot auf den Tisch legte. „Gebbinn es nix Sinnigereres, als in dieser jitzigen Zeit zu habbinn zolsch orriginallis Sparrschweinschinn?“ Der Dicke nickte und die Zigarette wippte merkwürdig dabei. „Gerade aus dieser Grründ dürrfinn du packsinn nöch einer Brrot dazu, soforrta!“ Der Hajep spürte, dass sich Margrit ein bisschen aufregte und daher fletschte er die Zähne, rieb sie anheimelnd hin und her und Pomadenmaxe schleppte sich mit weichen Knien hinweg.
Margrit deutete dies wieder als Lächeln. „Nein, das ist nicht Recht!“, sagte sie dem Hajep trotzdem, während der Händler wieder zu seinen Regalen stolperte. „Wir müssen etwas Vernünftigeres für ihn aussuchen, wenn er uns schon so viel Brot bringen muss.“
Der Hajep hörte auf, die Zähne zu reiben und nickte. „Was Vernunftigrereres!“, echote er, nahm dem Dicken das Brot ab und legte es zu den anderen.
„Und jitzt du höllst Kartuffilln. Wirr brrauchinn ville for dissis vernunftigerere Topfschinn.“ Der Hajep ergriff es mit spitzen Fingern. „Hat nür winzickes Lochschinn hier untinn, abba ansonnstinn is nischt schlächt!“ Er drehte und wendete es und sein Gesicht wurde dabei immer länger.
„Es ist schlecht!“, schnaufte Margrit. „Und das weißt du ganz genau!“
Doch der Händler trottete schon von dannen, um die Kartoffeln zu holen. „Dieses Loch ... ich habe es leider vorher nicht gesehen! Dafür brauchen Sie mir selbstverständlich keine Kartoffeln zu geben“, wandte sie sich wieder an den Dicken, der gerade keuchend einen ziemlich großen Sack Kartoffeln auf die Ablage wuchtete.
„Wurri! Aba, der tutet das doch zooo gerrne! Poko ... hm ... geld?“ Der Hajep klopfte Pomadenmaxe nun derart heftig auf den Rücken, dass der dadurch mit dem Kopf nickte.
„Wirklich?“, fragte Margrit unsicher
„Ja, aba ja! Ziehst du nischt, wie er nickert?“
Margrit faltete skeptisch die Stirn und lehnte sich vor, um besser zu sehen. „Das ist aber die Höhe! Du schummelst ja!“
„Schümmel nischt!“
„Doch, hab doch gesehen, wie du den armen Pommi von der Seite her geschubst hast.“
„Hab isch nisch!“
„Lügner!“
„Nisch von derr Saite, vonne hinntinn!“, räumte der Hajep leise ein und ließ die Pranke sinken. Pomadenmaxe war noch etwas taumelig, stand jedoch schließlich still.
„Ha, ha! Selten so gelacht.“ Sie sah den Hajep zornig über den Rand ihrer Brille hinweg an.
„Würgelisch?“ Dieser hielt den Kopf völlig schief. „Lacherst aba garrr nisch!“
„Hör mal, selbst wenn dieser Mann ein Schlitzohr sein sollte ...“
„Schlitzohr?“, unterbrach sie der Hajep erstaunt.
„Ach, das ist nur so eine Redewendung, also, ich will ihn nicht berauben. Er soll mir nur so viel geben, wie es auch bei anderen Händlern üblich ist.“ Sie schwieg für ein Weilchen und setzte dann mutig hinzu: „Ich klaue zum Beispiel auch keine Jacken!“ Ihr Blick tauchte dabei in seine eigenartigen Augen, die sich nun wieder zu schmalen Schlitzen verengten.
„Übertreiben Sie bloß nicht!“, wisperte der Händler deshalb schreckensstarr.
„... und Schirmmützen!“, fuhr sie trotzdem sehr energisch fort.
Die Brauen des Hajeps senkten sich gefährlich.
„Neieeen!“ Pomadenmaxe nahm die Zigarette aus dem Mund und biss sich in die Finger. „Hajeps sind doch so ... so heißblütig!“
„... und Sonnenbrillen!“, zählte sie trotzdem weiter auf.
Sehr, sehr langsam, die Stirn dabei noch immer gerunzelt kam der Hajep Margrit näher, diese wich dennoch keinen Zentimeter vor ihm zurück, und so holte er die Sonnenbrille aus der Jacke und legte die auf die Ablage. Der Hajep packte die Mütze ebenfalls auf die Theke, dann nahm er das Gewehr – „Oh Gott!“, ächzte Pomadenmaxe völlig irritiert - und lehnte es gegen die Theke, zog die Jacke aus und legte diese ebenfalls auf die Ablage. Schließlich schulterte er erneut sein Gewehr und knurrte stolz:
„Zaii ... nah? Nunni isch nisch mehr Dieb! Gebbe züruck alles, chesso?
Margrit war nun doch gerührt. „Also, ich bin wirklich total überrascht, wie schnell Hajeps sich zum Guten verändern können!“, schniefte sie. „Das war einfach toll!“ Sie wollte gerade das Taschentuch nehmen, das ihr Pommi gereicht hatte.
„Finde auch! Isch bin so nurrfi!“ Der Hajep schaute geschmeichelt drein. „Kleidung nür so ein bissschinn sehr kack is!“ Er seufzte.
„Was?“, keuchte Margrit verdutzt und der Händler krauste die Stirn.
„Und nunni ich holle Küste mit Medikamentä, kippt ... giiibt nurr eine, ständert hintern, bringerere her!“
„Nanu?“, fragte der Händler, kaum dass der Hajep in einem der Räume nebenan verschwunden war. „Warum holt der denn plötzlich die Sachen selber?“
„Das verstehe ich auch nicht!“
„Tja, der will wohl nur etwas Spaß“, schnaufte der Händler. „Gott, ist der anstrengend! Aber das ist die Erklärung, weshalb er Sie bis jetzt am Leben gelassen hat! Er erfreut sich einfach an uns beiden.“ Dabei packte er die Kleidungsstücke weg. „Das ist nicht zu übersehen, und auf den anschließenden Spaß mit Ihnen freut der sich bestimmt noch viel mehr!“
„Müssen Sie mir das so sagen?“, keuchte Margrit erschrocken und hielt sich den Hals, denn sie dachte dabei wieder an Marianna und Ilona und an die arme Frau damals im Garten. „Ich finde, das gar nicht nett!“
„Aber es ist wahr! Und mich braucht der als Spion, wissen Sie!“, fuhr Pommi knallhart fort. „Händler werden meistens als so was eingesetzt. Hab zwar alles getan, um mich davor zu schützen, aber okay! Ich weiß, was mich sonst erwartet!“
Plötzlich hörten die beiden hinter sich ein schurrendes Geräusch. Margrit und der Händler fuhren erschrocken herum, denn der Hajep schob nun die Kiste mit den Medikamenten auf die Ablage.
„Xerr, nunni, wellchiss Medikamännt wirr jitzt könnten bräuchten?“
„Tja, eine Flasche Hustensaft vielleicht?“, schlug Margrit zögernd vor. „ Eine ganz große?“, ergänzte sie leise.
Der Händler warf ihr einen feindlichen Blick zu.
„Einer ganse grrosse Fläsch naturrelisch!“, wiederholte der Hajep nachdenklich. „Hich, wassis das?“, unterbrach er sich plötzlich. Er hielt den Kopf wieder schief, sodass ihm ein Teil seines schön geflochtenen Haarkammes in die Stirn fiel, als er eine Tube hervorholte.
„Die Drabonsalbe?“, rief Margrit hoch erfreut und der Händler senkte die Mundwinkel.
„Salve?“, wiederholte der Hajep. Der Kopf flog von einer Seite zur anderen.
„Salbe!“, sagte sie.
„Salbe ... wasis das?”
„In diesem Falle zum Einreiben erkrankter Stellen der Haut!”
Zu Margrits Überraschung versuchte er sofort, die Tube zu öffnen, indem er oben am Verschluss zog und zerrte.
„Nein, schrauben!“, kreischte sie, da sie seine ungeheure Kraft kannte und fürchtete, er würde die Tube total zerquetschen, und der Händler warf Margrit einen dankbaren Blick zu.
Der Hajep schraubte, natürlich erst einmal in die falsche Richtung, aber dann bekam er die Tube doch auf, schnüffelte kurz daran und erklärte verzückt: „Riecher nisch schlächt.” Dann schob er sich den Plusterärmel seines Hemdes hoch und ehe Margrit noch etwas sagen konnte, hatte er einen dicken, weißen Kringel auf seinem muskulösen Unterarm verrieben.
„Äh, das ist wohl doch nicht die Drabonsalbe”, sagte Margrit verschämt, da sie endlich die Aufschrift gesehen hatte, während er sich auch schon das Hemd aus der Hose zerrte. „Das ist für die Zähne!“
„Zäähne?“, wiederholte der Hajep entgeistert und ließ das Hemd wieder sinken. „Xerr”, schnaufte er verdrießlich. „Weshalbig bräuschinn harte Zähne weische Salbee?” Nachdem er sich wieder mit dem dosenartigen Gebilde gereinigt hatte, fand er nach Margrits Anweisungen und zu Pommis Kummer tatsächlich alle Medikamente, welche die Spinnen von Margrit hatten haben wollen, und die konnte es nicht verhindern, darüber ein sehr glückliches Gesicht zu machen, obwohl der Hajep von jedem Medikament ein kleines bisschen hatte kosten müssen. Im Geiste umarmte sie schon ihre Mutter und ihre Kinder, als der Hajep einen lauten, begeisterten Schrei ausstieß.
„Einer Rassel!“, jubelte er und schüttelte dabei eine Dose mit Tabletten gründlich durch. „Hich?“, ächzte er eine Sekunde später, weil sich der schlecht zugeschraubte Deckel geöffnet hatte und schon hopsten die meisten Tabletten zuerst auf die Ladentheke und dann auf den Boden. Der Händler rang verzweifelt die Hände und der Hajep rief fasziniert: „Hiat Ubeka, pir barang osar! Zweihunderteinundvierziege, denda zweihundertdreiundvierziege“, verbesserte er sich und blickte dabei hinter die Theke, „xerr, zweihundertsech¬sundvierziege.” Er schaute nun unter den Schemel, bückte sich und verlor dabei gleich noch ein paar aus dem Deckel. „Zweihunderachtundvierziege!“ Mehr nicht, denn da hatte ihm Margrit endlich die Dose entrissen und beiden Teile zu Pomadenmaxes Erleichterung wieder ordentlich zusammen geschraubt und der Hajep schaute ihr dabei aufmerksam zu.
„Es heißt nicht ´ziege´ sondern ´zig´!“, fauchte sie. „Und außerdem sind das Pommis Tabletten!“ Sie wedelte gemahnend mit dem Zeigefinger, dicht vor den drei Nasenlöchern. „Und wer sammelt das jetzt alles wieder ein, he?“
„Ich!“, brüllte Pomademaxe und sprang zu Margrits Überraschung einfach dazwischen. „Denn Sie glauben ja gar nicht, wie fix der werden kann, wenn es ums Naschen geht.”
Und dann kauerte er sich hin und begann, die kostbaren Pillen nacheinander vom Boden aufzusammeln. Margrit half ihm und der Hajep schaute wieder interessiert zu, den Kopf dabei auf und nieder bewegend, und die vielen Zöpfe mit den bunten Bändern wackelten dabei.
„Mehr braucherst Warrin?“, durchbrach der Feind plötzlich die Stille.
Beide fuhren zusammen, aber dann schüttelte Margrit den Kopf.
„Doch!“ Der Hajep hob den Zeigefinger und wedelte damit wie vorhin Margit dicht vor ihrer Nase. „Lutschäär for Jul und zweitis Kind!“
„Unsinn, die sind doch für mich!“ Margrit schüttelte schon wieder erschrocken den Kopf und die roten Augen blitzten seltsam.
„Wo zind?“ Sein strenger Blick traf nun den Händler, der gerade konzentriert die Tabletten zählte und dabei in die Dose packte.
Margrit gab ihm einen Stups.
Der Dicke fuhr zusammen, dann schaute er erschrocken auf. „Dort ... äh ... hinten rechts, neben der Kellertür. Soll ich nicht lieber?“
„Nein“, sagte der Hajep barsch. „Wie sichten aus Lutschär?“
Margrit stupste Pommi abermals an.
Der fuhr wieder zusammen, sah erst mit verdrießlicher Miene zu Margrit und dann entsetzt auf den Hajep. „Huch, äh, durchsichtig wie Wasser und rund und an einem Stiel, neben den Tomatenbüchsen! Soll ich nicht doch lieber?“
„Nein, selbser!“ Und wieder trottete der Hajep von dannen.
„Die Süßigkeiten sind das Letzte, was ich von Ihnen bekomme!“, stammelte Margrit dankbar, als sie endlich die Dose wieder voll hatten. „Ich werde mich eines Tages dafür revanchieren, okay?“
„Eines Tages?“ Pomadenmaxe kicherte sarkastisch. „Sie sind gut! He, he, von wegen zweihundertachtundvierzig!“ Der Händler stand ebenfalls auf. „Geht doch gar nicht, dass man so was derart schnell erfassen kann!“ Und er packte dabei noch eine Tablette in die Dose. „Zweihundertfünfundvierzig sind es nur ... tja, haha ... ach so, oh Gott, ja! Das ist wirklich die letzte Kiste, die der Hajep uns bringen wird!”
„Genau!“, keuchte Margrit aufgeregt. „Die Frage ist nur, was passiert dann?“
„Tja, wenn man nur wüsste, was in solch einem außerirdischen Kopf vorgeht!” Der Dicke zuckte hilflos mit den Achseln. „Wollen Sie vielleicht ein kleines Schnäpschen, sich ein bisschen Mut antrinken? Alkohol soll ja auch gut sein gegen Schmerzen! Oder möchten Sie lieber Tabletten ... oho? Da sind ja noch welche!“, wisperte er überrascht, bückte sich und hielt ihr zwei entgegen. „Diese hier sind bis hierher gehopst! Erstaunlich! Wer hätte das gedacht? Also, die können Sie haben. Sind irgendwelche Vitamine mit drin, hab` ich mir sagen lassen und so was ist immer gut, wissen Sie, und ich gäbe Ihnen die sogar ganz umsonst!“
„Meinen ... meinen Sie denn wirklich, dass ich irgendwelche Tabletten brauche?“ Sie war jetzt ganz blass um die Nase geworden.
Er nickte vorsichtig. „Eigentlich nicht irgendwelche, sondern ... hm ... besondere Tabletten!”
„Kann ich auch Alkohol und die Tabletten haben? Oder noch besser, haben Sie etwas, das so was ganz Großes und Starkes möglichst unauffällig und rasch“, Margrit schluckte und machte mit dem Finger eine kurze Bewegung um den Hals herum, „abmurkst?“ Sie blickte verstört über die Schulter in die Richtung, wo der Hajep ver¬schwunden war. „Vielleicht schaffe ich ihn, durch eine List ... er ist doch so verfressen! Hat nicht immer seinen komischen Kontrollapparat genutzt! Ich meine, ich habe zwar noch nie so etwas getan, also so richtig“, sie schluckte abermals, „habe ich noch nie jemanden umgebra ... ja, haben Sie vielleicht so etwas?“
„Schon verstanden, schon verstanden!“, trällerte der Dicke und begab sich wieder zu jenem Regal, welches mitten im Raume stand.
„Verdammt!“, wisperte sie und zupfte Pomadenmaxe von hinten am Hemd. „Der beobachtet uns aber! Ich habe nämlich eben seinen verrückten Haarschopf hinter der Tür hervorlugen sehen.“
„Tjaaa!“, säuselte der Händler nun so laut, dass es der Hajep hören konnte. „Ich suche jetzt noch ganz schnell nach einem Medikament, das Sie vergessen haben.“ Er pfiff ein Liedchen und die Melodie wurde, während er in der Kiste herumkramte, immer schneller und hektischer. „Oh, die liebe Ordnung!“, unterbrach er sich schließlich.
„Hach, hach, hach! Wäre ich doch nur ein kleines, winziges bisschen pedantischer!“ Wieder pfiff er, wurde langsamer, plötzlich stoppte er und sein Kopf fuhr hoch. „Da fällt mir ein, dass er ja gar nicht vergiftet werden darf!“, wisperte er erschrocken und schaute dabei durch die Bretter des Regals nach dem Hajep.
„Ach, und warum?“ Sie zupfte ihn ungeduldig am Ärmel.
„Seine Kumpels ... also die lynchen mich doch, wenn die herausfinden, von wem das Gift stammt“, wisperte er kaum hörbar.
„Meinen Sie, dass die das später herausfinden können? Das glaube ich nicht!“, wisperte sie zurück.
„Ohdochohdoch, was denken Sie, was Hajeps so alles finden können. Ich gebe ihnen lieber nur ein Schnäpschen, mit mehr kann ich leider, leider nicht dienen.“
„Aber die Tabletten?“, keuchte sie.
„Lieber nicht! Zusätzlich mit Alkohol könnten sie nämlich leicht zum Tod führen. Grinsen Sie nicht. Was glauben Sie, was der mir sagt, wenn Sie vorher gestorben sind! Nehmen Sie doch diese netten Vitamindinger hier, das genügt!“
„Ja, aber, ich wollte doch ... allerdings erst, wenn es so weit ist.“
„Eben, eben, das ist zu riskant, nachher ist er sauer! Hajeps werden schnell sauer! Das kann ich Ihnen nur flüstern! Da, trinken Sie einen ordentlichen Schluck, das wird der eher verstehen und machen Sie schnell, denn er kann gleich kommen!“
„Aber ich ...“
„Schnell!“
Margrit kippte sich den Schnaps in den weit geöffneten Mund. „Donnerwetter, ist das ein Gesöff!“, japste sie und wischte sich mit dem Handrücken über die Lippen. „Das brennt ja vielleicht im Hals und erst recht im Magen! Aaaah!“
„Das will ich meinen!“ Der Dicke lachte voller Stolz. „Trink ich nämlich auch immer, wenn es mir dreckig geht. Und so unterernährt wie Sie sind, dürfte Sie das so richtig durchwärmen. Na, noch ein Schlückchen? Haben ja nur kurz genippt!“
„Och, das reicht, glaube ich!“ Sie hielt ihm die Flasche entgegen.
„Eben nicht.“ Er schob ihre Hand mit der Flasche zurück. „Da Sie so einiges erwarten wird, was Sie bei ihrer schwächlichen Gestalt kaum lange durchhalten werden, brauchen Sie schon viel Schna ... äh … Humor!“
Margrit setzte die Flasche stirnrunzelnd wieder an ihren Mund. „Ist aber ein fürchterliches Gesöff!“
„Fürchterliches Gesöff?“, echote Pomadenmaxe gekränkt. „Na, hören Sie mal! Ich habe das selbst gebraut!“
„Das merkt man!“, erwiderte sie trocken. „Aber falls Sie Recht haben sollten, ist es tatsächlich besser, sich ein bisschen zu betäuben - aber nicht zu sehr!“, mahnte sie sich selbst und dann hielt sie sich die Nase zu und nahm einen kräftigen Schluck, setzte die Flasche ab, wartete und ächzte dann: „Puh, wird mir plötzlich heiß …“
„Ach, das legt sich gleich wieder!“, kicherte der Händler.
„... und schwummerig! Ja, glauben Sie denn, dass mein Verstand danach noch anständig funktioniert? Ich meine, so dass ich später noch fliehen kann?“
„Fliehen?“ Der Dicke machte große Augen.
Margrit nickte, setzte die Flasche an und es gluckerte.
„Sie ... und vor einem Hajep?“ Er lachte seltsam.
Margrit nickte abermals, es gluckerte erneut und sie hustete.
„Das ist zwar noch niemandem geglückt, aber warum nicht? Es ist immer ganz gut, wenn man ein paar verrückte Gedanken zum Festhalten hat.“ Pommi betrachtete sie mitleidig.
„Aber, aber dieser Hajep hat nicht so alle ... ich meine da oben ...“, sie tippte sich, dabei vor und zurück schwankend, an die Stirn und Pomadenmaxe drückte erschrocken ihre Hand herunter, „... beieinander!“, sagte sie trotzdem. „Ich habe nämlich darin Erfahrung, bin Psychologin.“ Sie warf sich stolz in die Brust.
Und er ächzte: „Oh Gott!“
„Machen Sie nicht so ein Gesicht. Also, da der hier wie ein Kind ist, weil er wohl keine Kindheit hatte ...“
Der Händler seufzte.
„... werde ich, glaube ich, schon irgendwie mütterlich mit ihm fertig werden.“
„Das denken Sie!“, murmelte Pomadenmaxe. „Kein Mensch ist einem Hajep gewachsen und wenn der noch so dämli ... oh Gott, jetzt habe ich es selbst gesa ...“ er schlug sich entsetzt auf den Mund.
„Hat der doch nicht gehört!“, sagte Margrit mit einem Male sehr ruhig und ziemlich laut. „Mein lieber Pommi, ach, du bist so lieb zu mir!“ Sie legte ihren Arm um seinen Hals und hing sich an ihn. „Mach dir keine Sorgen! Ich bin diesem Hajep wirklich gewachsen!“ Margrit nahm dabei noch ein Schlückchen. „Uuuoooh! Das haut vielleicht rein, Mann! Echt stark, ohne Scheiß! Hihihi! He, was soll das?“, krächzte sie, als er ihr die Flasche entrissen hatte. „Ich habe noch nicht genug getrunken!“
„Doch das haben Sie ... oh Gott, was habe ich jetzt angestellt?“ Er hielt die Flasche ins Licht und begutachtete den restlichen Schnaps mit sorgenvoller Miene. „Hoffentlich werden Sie davon keine Alkoholvergiftung bekomm ...“
„Ich werde ihn überlisten, ha!“, quiekte Margrit jetzt unglaublich hell. „Da habe ich ja schon ganz andere ... na, wie heißt das doch?“
„Schscht!“, machte der Händler aufgeregt und versteckte die Flasche hinter dem Rücken.
Sie lief um ihn herum. „Bin völlig okay! Sie haben Recht, schadet wirklich nicht! Im Gegenteil!“
Aber er nahm einen Schemel und stellte die Flasche hoch ins Bord.
„Aber, da komm ich ja gar nicht mehr ran!“, kreischte sie vorwurfsvoll und hüpfte, um die Flasche zu erreichen und fiel dabei fast auf ihr Hinterteil. „He, ist mir trieselich, aber man wird viel mutiger! Viel stärker!“ Sie spannte den mageren Arm an, um ein paar Muskeln zum Vorschein zu bringen und senkte ihn, denn jemand tippte ihr von hinten auf die Schulter. Sie blickte über ihre Brillengläser hinweg zu dem Hajep hinauf. „ Hallo ... oh!“, krächzte sie freundlich. „Na, was haben wir denn inzwischen so alles Schnuckeliges gefunden?“
Der Hajep, der die Kiste mit den Süßigkeiten unter dem rechten Arm trug, schaute zuerst auf Margrit dann unglaublich finster in das verschreckte Gesicht von Pommi.
„Was du ihr gägäbinn hast?“, brüllte er und stellte dabei die Kiste mit den Süßigkeiten auf die Erde.
„Oh, äh - nur eine Kleinigkeit!“, keuchte Pomadenmaxe.
„Wass for Kleinlischkait?“ Der Hajep zupfte dabei eine Tablette aus dem Kragen des Dicken.
„Oh ... hundertachtundvierzig”, stotterte Pommi fassungslos und die Zigarette wippte dabei in seinem Mund.
Und dann fingerte der Hajep die Dose aus einer kleinen Tasche an Pomadenmaxes Weste hervor, schraubte deren Deckel ab, packte die Tablette hinein und die Dose wieder ordentlich an Ort und Stelle zurück. Dann zupfte er die Zigarette aus den Lippen des Dicken, ließ diese fallen und trat sie mit dem Absatz ganz langsam aus.
Pomadenmaxe machte ein jammervolles Gesicht, und dann packte der Hajep den Händler beim Kragen und hob ihn hoch wie frisch erlegtes Wild, das abgehangen werden sollte.
„Nunni?“, knurrte seine abgrundtiefe Stimme zu ihm hinauf. „Was du ihr gägäbinn hast?”
„Schna ... aps!“, keuchte Margrit anstelle von Pomadenmaxe entsetzt. „Der, also, der ist sehr gut. Man kann damit sogar Wunden desinfizizieren glaube ich und ...“
„Habbe nisch gefraggt disch zondern ihn!“, brummte der Hajep zu ihr hinunter und das obere seiner drei Nasenlöcher zuckte bedenklich.
„Pok ... okay!“, keuchte Margrit ängstlich.
„Alzo, was dasis? Schna ... aps?“, erkundigte sich der Riese wieder bei dem Dicken. Seine roten Augen funkelten ihn an.
„Oh, also, da gibt es völlig unterschiedliche Schnäpschen”, beeilte sich schon wieder Margrit, obwohl ihr das Denken schwer fiel . „Einige sind ... na ... so aus Korn gebrannt, einige aus Wein und einige aus ... „
„Du pisst ruuuhig”, fauchte der Hajep abermals. „Der hier sprechert, chesso?”
„Chesso ... äh ... verstanden!“, wisperte Margrit und wankte dabei wieder ein bisschen vor und zurück.
„Wassis Schnäääpsschinn?” Der Hajep schüttelte den Dicken, um dessen Gesprächigkeit zu fördern, aber seltsamerweise sagte Pomadenmaxe noch immer nichts und daher brüllte er: „Rääde!“
„Wenn der das aber nicht kann?”, jammerte Margrit nun richtig vorwurfsvoll.
Der Hajep machte ein verdutztes Gesicht, dann musterte er den Dicken etwas gründlicher. „Bei Ubeka und Anthsorr!“, ächzte er und senkte, wenn auch widerstrebend, den Arm. Dann zupfte er dem Taumelnden, den er mit einer Hand von hinten am Niederstürzen hinderte, den Kragen aus dem Mund und brachte auch dessen Kleidung in Ordnung, bis Pomadenmaxe wieder manierlich dastand.
„Das war nur etwas G ... Gutes, eben Schnaps!“, erklärte Margrit. Sie schwankte diesmal von einer Seite zur anderen und dann wies sie mit großer Mühe hinauf zum Bord, wo die Flasche stand. „Pommi, äh, der Händler hat mir das Zeugs gegeben, weil das so fröhlich macht!“
Pomadenmaxe schnappte nach Luft. „Ja, das ... das macht fröhlich!“, japste er. „Äh ... w ... wollen Sie auch mal?“
„Ach ja! Mann, der hat wirklich Recht!“, lallte Margrit. „Du solltest auch mal, vielleicht ganz kurz nur, damit noch etwas für uns übrig bleibt“, sie machte ein hingebungsvolles Gesicht, „kosten, denn Fröhlichkeit, besonders ein Lächeln, würde dir, glaube ich, ganz gut zu Gesicht stehen!“
Der Hajep reagierte auf diese Bemerkung nicht, sondern schaute sich suchend um und plötzlich zog er eine hübsche, kleine Tischdecke aus dem Regal, faltete diese etwas umständlich auseinander und knotete sie dem Händler unterhalb von dessen Doppelkinn fest. Dann griff er sich die Flasche mit seiner großen Pranke, mit der anderen hielt er den Dicken von hinten weiter fest und befahl: „Trinkere! Dann ich werderere sichten, ob kommat Frrröhlischkait bei diiirr! Soforrta!”
Es gluckerte für ein Weilchen und Margrit schloss verzweifelt die Augen, dann senkte der Hajep endlich die Flasche und wartete etwas, bis Pomadenmaxe alles ins Blut ging. „Und nunni!“, fauchte er und drehte Pomadenmaxe zur Seite, gab ihm einen kleinen Schups von hinten, auf dass er laufen sollte und beobachtete kritisch den vorwärtstaumelnden Dicken.
„Schnaaaps for Gehürn kack is!“, stellte er fest, winkte den Dicken zurück, ließ ihn strammstehen und dieser wankte vor und zurück. Er gab Margrit die Flasche, drehte sie mit dem Rücken zu dem Händler herum, presste dessen Hände auf ihre mageren Schultern. „Vielleischt aba for Wunden nischt schlääächt, darüm ihr jitzt stellt dort vorrne in Medikamentenküste! Laufert züruck artick, soforrta!“
„Zurück?“, stotterte der Dicke. Während die zwei gemeinsam im Gänsemarsch Richtung Ladentheke taumelten, flüsterte der Händler Margrit zu: „Warum kommt dieser seltsame Hajep nicht mit seiner Kiste hinterher? Ich denke, er will Ihnen noch Süßigkeiten mitgeben?“
„Och ... pah ... das macht doch nichts! Ist doch nur günstig für uns!“, lallte ihm Margrit leise zu.
„Wieso günstig?“, nuschelte der Händler ebenso undeutlich. „Wollen wir denn noch ein Schlü ... Schlückchen?“
„Puh, lieber nicht! Aber ich habe den Eindruck, der schickt uns fort, weil es ihm peinlich ist, sich wieder beim Suchen nach den richtigen Dingen so sau ... wie heißt das Wort?“
„Saudumm?“
„Richtig, Mann, genial, mein lieber Pommi! Genau das meinte ich! Also, er will sich nicht immer so sau ... eh, jetzt ist es mir doch schon wieder entfallen ...“
„Saudumm!“, wiederholte Pomadenmaxe stolz und richtig genießerisch.
„Ja ha, der will sich nicht wieder so saudumm anstellen!“
„Wallerallalla! Stimmt!“, summte der Händler. „Aber eigentlich sp ... spricht man so was ja nicht laut aus!“
„Och, macht doch gar nichts, Pommilein! Und anderereseits ist dieses Kerlchen aber auch neu ... also ... richtig gierig. Sch ... scheint ziemlichen Sp ... Spaß beim Herumwühlen zu empfinden.“
„Aber warum?“, nuschelte der Dicke verwirrt. „Der hätte doch auch ungestört im Nebenraum ... äh ... wühlen können!“
„He, he, ist doch logo, Mann! Der ist stolz auf sein ... na, wie heißt das doch ... spr ... sprachliches Wissen, wenn er nach unserer Be ... Beschreibung das Richtige gefunden hat.“
„Halter!“, hörten die beiden ihn auch sogleich von hinten.
Es war ihnen zu anstrengend, deshalb zusammen zu fahren und so drehten sich beide nur ganz langsam zu dem Hajep um.
„Ihr was vergessert!“ Der Hajep hielt den Verschluss der Flasche hoch, den er dabei neugierig betrachtete und Margrit schwankte zu ihm zurück, um den Flaschendeckel zu holen.
„Und dann“, der Hüne räusperte sich verlegen, als sie schließlich bei ihm stand, „ich gerrn geweißt, wie man bekommat auf Tüten von Lutschääärr?“
„Von den … äh ... den Lollis?“ Margrit hielt sich an einem Bord fest, denn der Boden rollte so komisch.
Der Hajep nickte und ließ dabei die lange Kette eingeschweißter Lutscher verzückt durch seine Pranken gleiten.
Nachdem Margrit ihm das sehr umständlich erklärt und ihm dann langsam den Rücken zugewendet hatte, hörte sie hinter sich zuerst ein leises „Hich?“, und dann ein knisterndes Prasseln auf den Boden.
„Der ... der ist wirklich sau ...“ Pomadenmaxe schlug sich wild kichernd auf die Lippen, als Margrit ihn endlich erreicht hatte.
„Hat wirklich gleich das ganze Plastikband – wutsch - aufgerissen!“ Er wollte nun mit dem Kopf schütteln, doch dann ließ er es lieber sein. „Das sind doch alles Werte, Mann!“
Der Hajep hatte sich hingehockt und stellte nun verwundert fest, dass einige der Lutscher am Boden zerbrochen waren.
„Aber ordentlich ist der“, meinte Margrit, nachdem sie endlich wieder vor der Ladentheke standen. „Er sammelt sogar noch die kleinen St ... Stückchen ein.“ Der Dicke nickte und gemeinschaftlich gelang es ihnen, nicht nur die Flasche zuzuschrauben sondern diese auch in die Medikamentenkiste zu packen.
„Aber“, Pommi beugte sich nun ganz nah an ihr Ohr, „ein bisschen bescheuert ist der tatsächlich!“ Er kicherte schon wieder. „Sehen Sie, wie der die einzelnen Stückchen bestaunt?“
Nachdem der Hajep sich mit der Süßigkeitenkiste hinter einem der Regale verzogen hatte, nur sein Haarkamm lugte bisweilen hervor, raunte Margrit dem Händler zu: „He Mann, das ... puh ... ist jetzt die Gelegenheit!“
„Welche ... äh ... Gelegenheit?“, antwortete Pommi mit ebenso schwerer Zunge.
„Mann ... boah ... kapier es doch. Wir sehen den Hajep nicht und der ...“
„...kann uns ... hm ... ebenfalls nicht sehen?“, lallte der Händler. „Ach, glauben wir eben daran und nun?“
„Und nun ... pah ... und nun!“, äffte sie ihn nach. „Na, die zwei Pistolen, Mann! Macht es jetzt endlich klick?“
„Klick?“, ächzte der Händler, immer noch nicht schlauer geworden.
Margrit sah, dass nun der Kopf des Hajeps hinter dem Regal hervorschaute. „Wie ... orrn“, der Hajep hüstelte ein wenig verschämt, „wie man tut lutschään?“
„Ha ... hast du denn noch nie gelutscht, nie genuckelt?“, rief Margrit zu dem Hajep hinüber.
„Denda!“ Er senkte verlegen den Kopf und die kleinen Zöpfchen seines Haarkammes fielen ihm ins Gesicht.
„Wenn du nie ... nie lutschen konntest, dann ... dann warst du wohl nie wirklich ein Kind!“ Sie sah den Außerirdischen mitfühlend an. „Hach!“, rief sie ihm plötzlich zu. „Welche Farbe hast ... hast du genommen?“
Die schrägen Augen blickten auf den winzigen Lutscher in seiner Pranke. „Mola - rot!“, krächzte er schwärmerisch. „Is zoooo nurrfi!“
„Na, dann Zunge raus ... etwa so!“ Sie ließ ihre Zunge baumeln.
„Tzississsis!“ Der Händler schüttelte den Kopf, wenn auch vorsichtig. „Das ist doch nicht zu fassen ... nicht zu ... na, was sagte ich doch gleich?“
Die dunkellila Zunge des Hajeps tat es Margrit nach.
„Nein, oh nein, oh nein!“, stöhnte der Händler.
„Und nun streichen Sie mit ihrer Zunge ... hm ... den Lutscher entlang!“, fuhr Margrit fort. „So!“ Sie bewegte ihre Zunge, ließ sie im Munde verschwinden, um sie kurz darauf wieder vorschnellen zu lassen.
„Sind wir hier in einem Pornoladen - oder was?“, zischelte der Händler.
Der Hajep machte jede ihrer Bewegungen nach. Strich mit seiner Zunge den Lutscher entlang und sah jedes Mal verwundert drein, wenn er den Geschmack spürte, der mehr und mehr zunahm, je häufiger schleckte. „Tisi dandu wardi, is süß und sauer!“, erklärte er schließlich. „Und meckt nach Früschtschinn!“
„Oh ja, das schmeckt es!“, wisperte der Händler. „Der Kerl hat zwar keinen Verstand aber Geschmacksdrüsen!“
„Sie können den Lutscher auch ganz in den Mund nehmen und daran saugen ... etwa so!“ Margrit nuckelte an ihrem Daumen.
„Schon wieder Porno!“ Der Händler kniff die Augen fest zusammen.
Der Hajep tat es Margrit nach, konnte es aber nicht so recht.
„Ha ... nein“, tuschelte der Dicke. „Überfordern Sie nicht seine geistige Kapazität!“
„Jeda Lutscher andas“, wollte der Hajep jetzt wissen, „oda ima glaich?“
„Oh nein, jetzt will er wohl noch alle durchkosten, was!“, zischelte der Händler. „Ein Kind ... das reinste Kind ist das ja!“ Und dann beeilte er sich, dem Hajep laut zu sagen. „Es könnte sein! Allerdings habe ich diese Dinger noch nie ausprobiert!“ Er warf dem Hajep dabei einen geringschätzigen Blick zu.
Dieser beachtete ihn nicht, sondern zog sich wieder hinter das Regal zurück, um erneut in der Kiste mit den Süßigkeiten zu stöbern.
„Nicht zu fassen, nicht zu fassen!“, stammelte der Dicke entgeistert und fügte verzweifelt hinzu: „Dieses Riesenbaby wird mir noch alles kaputtmachen!“
„So und nun wieder zu den Pistolen!“, wisperte Margrit dem Händler aufgeregt zu.
Dieser blickte ziemlich traurig auf das Schubfach unter der Ladentheke. „Da hat der doch vorhin irgend so eine Falle mit hinein gepackt!“
„Das ... he ... das stimmt!“ Margrit machte nun auch ein langes Gesicht. „Schade!“
„Wieso Schade? Wir ... wir haben mit den Dingern sowieso keine Chance gegen die Hajeps!“
„Aber halt, ich habe da eine Idee!“
„Man kann keine besseren Ideen haben als Hajeps!“ Der Händler winkte ermattet ab.
„Na, na viel ... leicht nicht bessere, aber genauso gute?“ Margrit schob sich nun mit energischer Miene die Brille zurecht und dann griff sie sich den Notizblock, der auf der Ladentheke lag.
„Was wollen Sie denn mit dem?“, fragte der Händler entgeistert.
„Abwarten!“ Sie zog mit bebenden Fingern das Schubfach auf und hielt das Ende des Blocks einfach hinein.
Ein kurzes, schnappendes Geräusch und Margrit hielt, zwar immer noch vor und zurück schwankend, den Block mit der daran klemmenden Zange in den Händen.
„Na ... puh ... ist das nichts?“, wisperte sie stolz.
„Donner ... also ... Donnerwetter!“, murmelte der Händler ehrlich anerkennend, wartete nicht lange, bis Margrit den Block mitsamt Zange abgelegt hatte, sondern griff sich gleich beide Pistolen und wollte sie in seiner Weste verstecken.
„He“, sagte sie und wankte wieder mit ihrem Oberkörper vor und zurück, „he, he, he ... mindestens eine ... eine davon gehört jetzt aber mir!“
„Nichts da!“ Er schob ihre Hand weg, die sie nach den Waffen ausgestreckt hatte. „Was glauben Sie, wie viel die beiden gekostet haben?“
„Ich ... ich denke, wir haben keine Chance gegen die Hajeps?“ Sie hielt sich wieder am Bord fest.
„Nicht, wenn wir sie über ... he, wie heißt doch gleich das Wort?“
„... listen?“, sagte Margrit nach angestrengter Überlegung.
„Richtig, danke!“, knirschte Pomadenmaxe aufgeregt. „Der Hajep wird ja bald fertig ge ... gespielt haben, und dann nehmen Sie ihre Sachen und verlassen mit ihm meinen Laden!“ Er atmete bei dieser Vorstellung erleichtert aus.
„Ach, ach, Sie sind ja schon wieder habgierig und können nichts abgeben!“, schimpfte sie.
„Will der dirr was nisch gäbbinn, Ninschinn?“, hörten die beiden plötzlich hinter dem Regal.
Der Dicke war nun doch zusammengefahren. „Wer ist denn hier Ninchen, komischer Name, nie gehört!“
„Dann wird es Zeit, dass Sie ihn kennen! Denn das bin ... bin ich, hehe!“ Sie tippte sich stolz an ihre magere Brust.
„Ich bin ... äh ... das Ninchen eines Hajeps. Gucken Sie ... gucken Sie nicht so blöd. Er freut sich, wenn ich lache! Das ist ihm wichtig, jawoll! Und daher haben Sie gleich beide Waffen herüber zu schmeißen, Sie Geizhals, Sie!“
„Nein!“, sträubte sich er Händler trotzdem hartnäckig. „Ich werde mich schwer hüten, Ihnen auch nur eine meiner Waffen zu geben, denn das hat der bestimmt nicht gerne!“
„Das ist ja eine Unverschämtheit!“, brüllte sie nun noch lauter.
„Ninschinn, is er etwa nisch nett zu dir?“, säuselte der Hajep erneut hinter dem Regal und die buschigen Brauen des Händlers fuhren hoch.
„Nun?“, setzte Margrit leise hinzu. „Haben Sie nicht gehört, was er gesagt hat? Sie haben mir alles zu geben, was ich will! Und meinen Sie denn, dass er es gern sieht, dass Sie sich die Waffen ... äh ... wieder ange ... angeeignet haben?“
„Donnerwetter, der kostet nun wohl auch noch meine Schokoladen durch!“, jammerte Pomadenmaxe. „Ich hör es raus, denn der hat eben so ... so vollmundig gesprochen! Aber das mit den Waffen war ich doch gar nicht. Das waren Sie gewesen. Sie haben doch aus diesem Schubfach ...“
„Sehr richtig.“ Margrits Augen hinter der Brille blitzten. „Aber ich werde einfach behaupten, dass Sie es gewesen sind.“
„Also gut!“, keuchte Pomadenmaxe erschöpft. „Sie sind ja später gewiss schlechter dran als ich.“ Er warf ihr einen Revolver zu.
„Und der nächste?“, fauchte sie. „Dieser Hajep ist zwar ... äh ... wie ein Kind, aber seine Bewegungen können manchmal ... hm ... recht ausgereift sein!“
Wenig später sah Margrit zufrieden auf die blinkenden Waffen in ihren Händen. Sie war trotz aller Aufregung so benommen, dass sie zunächst nicht wusste, wohin sie die tun sollte, damit der Hajep sie nicht entdecken konnte. Nur recht mühsam konnte sie sich entscheiden.
Als der Hajep endlich Pommi den Türschlüssel zugeworfen hatte und gemeinsam mit Margrit schwer bepackt wieder im Flur stand, fiel ihm ein, dass er ja seine Haarzange im Schubfach des Händlers vergessen hatte.
Doch Pomadenmaxe hatte längst nicht nur die Tür hinter sich verschlossen, verriegelt und noch einen Stuhl und einen Tisch davor geschoben. Zuerst hatte er aber ein Schild über die Klinke gehängt. ‚Bin verzogen!’, stand darauf.
Da zuckte der Hajep die mächtigen Schultern und sie schritten einfach ins Freie. Obwohl es schon ein wenig dunkelte, erkannte er leider zu Margrits Überraschung sofort Pommis Waffen unter ihrer Weste. Sie schwankte wieder ein bisschen vor und zurück, weil er sie so anstarrte, denn beide Waffen steckten im Ausschnitt ihrer Bluse.
„Hiat Ubeka!“, murmelte der Hajep anerkennend. „Ninschinn, daas sehert gefahrellisch aus, würgelisch!“
„Spöttele nicht!“, erwiderte Margrit kernig, blickte mit vorgeschobenem Kinn hinauf in sein Gesicht und stellte nebenbei fest, dass er nicht nur Schokolade an der Nase hatte sondern auch noch einen Lutscher im Mund. „Gib ruhig zu, dass du ... äh ... jetzt doch irgendwie Angst vor mir hast!“ Sie wedelte mit dem Zeigefinger zu ihm empor. „Tja, selbst Hajeps ha ... ben irgendwo Schwächen! Nein, ich bin nicht so wie Pommi! Ich lege ... lege die Waffen nicht weg, sondern mich ... äh ... ruuhig mit dir an, hä hä ... kleiner Scherz am Rande! Tja ... hm ... und was machst du nun?“
Die roten Augen wurden jetzt gefährlich schmal und der kleine grüne Spalt in ihnen begann zu zucken. Der Hajep nahm den Lutscher aus dem Mund, aber erst, nachdem er an diesem ein paar Sekunden genießerisch genuckelt hatte, dann klopfte er mit dem klebrigen Ding auf den einen Pistolenknauf und dann auf den anderen und knurrte dazu leise:
„Hab schonn verschtanden! Du willigst den Kampf, Ninschinn, chessso?“

#

„He, wo kann denn nur der Bengel mit dem Mädel so plötzlich hin sein?“, rief Mike und suchte mit seinen stahlblauen Augen verärgert die Umgebung ab. Er war sogar von seinem Sitz hochgefahren und stand nun etwas schwankend im verdecklosen Jambo, während Jonas das schwere, etwas ungelenke Fahrzeug über eine Wiese manövrierte.
„Hier gibt es doch gar nichts, wo sie sich verstecken könnten!“, maulte nun auch Frank, der dicht hinter ihm saß und ebenfalls einen langen Hals machte.
„Kann dir nur zustimmen“, meldete sich Trude von hinten und blinzelte nervös durch ihre kantige Brille. „Ich sehe im Moment nur die eine Eiche links, die bereits fast alle Blätter verloren hat und sonst kaum Gesträuch.“
„Aber ich habe sie doch vorhin noch ganz deutlich gehört“, murrte Mike und ließ sich wieder in den Sitz fallen. „Das war die Stimme von diesem komischen Tobias und die etwas heisere von seiner Schwester. Also, da könnte ich meinen Hut drauf verwetten“, er zog sich bei dieser Bemerkung die Krempe tiefer ins kantige Gesicht, „dass die beiden eben noch hier gewesen sind!“
„Ich habe auch ein paar Kinderstimmen gehört, Chef, aber ob es Julchen und Tobias gewesen sind?“ Jonas zuckte mit den schmächtigen Schultern, dann zog er den Kopf ein, denn er bekam nur mit Mühe den Jambo aus dem Graben. „Shit, ziemlich matschig alles heute!“, setzte er leise schimpfend hinzu.
„Meckere nicht, dafür gibt es wieder eine Sonderration Fressen.“ Mike legte den muskelbepackten Arm über die Lehne. „Habe ich dir ja gesagt!“
„Ja, Chef, das hast du. Fragt sich nur, wie groß die sein wird!“, kicherte Jonas verschmitzt, als er endlich quer über die Landstraße und dann über die nächste Wiese fuhr.
„Na, das hier ist doch wohl wesentlich besser, als nach Rüben zu hacken, oder?“ Mike wandte sich nun nach hinten um und hielt sich dabei den Hut fest, damit der ihm nicht vom Kopf geweht wurde. „He Trude, sag doch auch was dazu!“
„Ich halte mich da `raus, Chef!“ Trude wedelte abwehrend mit beiden Händen.
„Aber ich habe dazu `ne Frage, Chef!“, meldete sich wieder Jonas. „Warum eigentlich das ganze Gesummse um diese zwei Rotznasen?“
„Da hat er Recht!“, mokierte sich jetzt auch Frank. Die Spinnen könnten doch immer wieder neue bekommen! Ein bisschen mit was anlocken, ein bisschen bequatschen und schon haben wir wieder Grubenarbeiter und vielleicht sogar wohlgenährtere.“
„Aber nicht so gut eingearbeitete“, erhob sich Trudes dünnes Stimmchen gemahnend.
„Darum geht es ja gar nicht“, begann Mike ziemlich knurrig.
„He Chef, wie weit wollen wir denn eigentlich noch fahren?“, wurde er wieder von Jonas unterbrochen.
„Das frage ich mich auch, Chef!“, meldete sich Frank ebenfalls. „Denn wenn ihr die Kinder hier gehört habt, können sie nicht weit sein.“
„Stimmt, solche kurzen Kinderbeine kommen nicht weit!“ Trude hatte sich auch aufgerichtet, fiel aber sofort wieder in den Sitz zurück, da Jonas gerade wieder die Kurve nahm.
„Also, wieder zurück zur Dorfstraße?“ Jonas warf seinem Chef einen kurzen, fragenden Blick zu.
Mike schüttelte verärgert den Kopf, während er sich weiterhin umschaute.
„Wir fahren jetzt hier einfach ein bisschen hin und her! Dämliche Gören, einfach abzuhauen, und frech!“, murrte er. „Den armen Herbert hilflos in der Grube zu lassen! Na, wartet!“ Er schob sein kantiges Kinn vor und knirschte mit den Zähnen. „Das kostet euch wieder Hiebe! Da könnt ihr euch drauf verlassen! Da nehme ich sogar die Peitsche für ... für solch ein Vergehen!“
„Sehr gut, sehr gut Chef!“, riefen Frank und Trude wie aus einem Munde. „Wäre ja noch gelachter, wenn wir uns von zwei solchen Rotznasen auf der Nase herum tanzen lassen würden!“
Dadurch fühlte sich der blassgesichtige Mike nun doch ein wenig gestärkt. Er grinste nach hinten und dann fiel ihm auf, dass Jonas völlig still geblieben war.
„Und du?“, fragte er den kleinen, schmächtigen Mann stirnrunzelnd.
„Was soll mit mir sein, Chef?“, piepste der etwas ängstlich.
„Na, du bist so st ...“ In dem Moment wurde Mikes Hut vom Wind erfasst und weggeweht. Vergeblich hatten seine breiten, kräftigen Hände danach gehascht.
„He Chef, ich sehe dort einen Misthaufen“, meldete sich jetzt Trude aufgeregt von hinten. „Und darauf liegt ... äh ... tja ...“
„Scheiße, scheiße, mein Hut! Hör auf zu kichern und fahr lieber ran, Jonas!“, brüllte er den kleinen Kerl an.
„Puh, wie das stinkt, Chef!“, kreischten alle, direkt ein bisschen begeistert.
„Jemand hat hier frischen Mist zusammen gekehrt, Chef ... boah!“ Jonas warf dabei einen verstohlenen Blick nach Mikes sommersprossigem Gesicht. Dieser hatte die schmalen Lippen zu einem dünnen Strich zusammen gepresst.
„Vielleicht haben sich die Gören ja auch hinter diesem Berg versteckt?“, bemerkte Trude ziemlich aufgeregt.
Mike hangelte schließlich, von seinen Leuten dabei angefeuert, mit langem Arm vom Jambo aus nach dem Hut und der Wind wuselte dabei durch sein rotgoldenes, schulterlanges Haar.
„Na Chef, wird es denn gehen?“, rief alles aufgeregt, denn er kippelte mächtig, da Jonas dabei im Kreis um den Misthaufen herum fuhr.
Nach mehreren Versuchen, bei denen Mike einmal beinahe aus Jambo direkt in den Misthaufen gestürzt wäre, hatte er sich seinen schwarzen, großen Hut endlich zurück erobert. Nun schnupperte er vorsichtig und mit angeekelter Miene an diesem. „Muss gereinigt werden!“, stellte er fest und warf den Hut einfach nach hinten in Trudes Schoß und diese quiekste leise und entsetzt, keuchte dann aber artig: „Wird gemacht, Chef.“
Er nickte, das markante Kinn dabei wieder vorgeschoben. Dann kurvten sie noch ein paar Runden um einzelne Büschlein und kurze Hecken herum. Aber da nichts außer viel Matsch, durch welchen sie es kaum hindurch schafften, zu sehen war, ließen sie es bald bleiben.
„Gut“, sagte Mike erschöpft, „biegen wir nun einfach nach links ab, da gibt es ein paar Häuser. Vielleicht können wir da Auskunft über zwei verloren gegangene Kinder“, er machte dabei ein trauriges Gesicht, „bekommen!“
„Gute Idee, Chef!“, schrie alles von hinten. „Diese beiden kleinen Heulsusen werden bestimmt auf der Suche nach einer neuen Mammi sein!“

#

„Puh, endlich sind sie weg!“, schnaufte Tobias erleichtert und dann hustete er, denn er hatte etwas Sand dabei eingeatmet. Dann schüttelte er wild den Struwwelkopf, damit der kleine, rote Blätterhaufen herunter fallen sollte.
„Hat aber arg lange gedauert, Tobi!“ Julchen kam neben ihm, dabei heftig nach Atem ringend, hoch und das bunte Laub um sie herum raschelte. Auch sie musste jetzt heftig niesen. „Du Tobi, du–huu?“ Sie schlackerte ebenfalls ihr Haar aus.
Er seufzte und zupfte sich ein paar Blätter aus dem Kragen. „Ja?“, fragte er.
„Du, ich ... ich dacht`, ich erstick` in diesem Graben.“ Sie schaute sich um. „So viele Blätter ... so, so viele!“ Sie schwang nun ihr inzwischen ziemlich steif gewordenes Bein über Rand des Grabens und krallte sich dabei an ein paar Grashalmen fest. Sie hatte große Mühe sich hinaufzuziehen.
„Ja und?“, murrte er und überlegte, ob er ihr dabei helfen sollte. „Sei froh, Plapperliese, dass der Wind die“, er zog den Schnodder in der Nase hoch, als er gesehen hatte, dass sie endlich wieder auf der Wiese stand, „die Blätterhaufen hier in den Graben `reingepustet hat!“
„Das war eine schlaue Idee, stümmt!“ Julchen holte sich nun ein paar Blätter aus ihrer Hose.
„Ja, und die haben wir von Paul!“ Tobias grinste zufrieden, während auch er sich mit der einen Hand in Gras krallte. Er hüpfte, kam aber nicht hoch, weil die Blätter unter ihm nachgaben.
„Nein, von George!“, entrüstete sich Julchen und lief einige Schritte über die Wiese Richtung Landstraße. „George hat doch immer gesagt, dass man ...“
„... sich sehr gut im Laub verstecken kann?“ Tobias nahm noch mal Schwung, um endlich aus dem Graben zu kommen. „Nein, das war Paul und nun komm endlich!“
„Das war George und ich brauche nich´ zu kommen!“, erklärte Julchen frech. „Weil ... ich laufe ja schon ganz vorne, hehe!“
Da hatte sie irgendwie Recht. Mit weit vorgelehntem Oberkörper und nur mit Mühe zog er sich aus dem Graben, während ihm Julchen, ein Liedchen vor sich hin trällernd, davon sprang.
Mit gekrauster Nase stapfte Tobias schließlich hinter Julchen drein und dann rannte er. Wäre ja noch gelachter, wenn er sie nicht überholen würde!

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„Nein, ich ... upps“, sie rülpste leise und hielt sich deshalb die Hand vor den Mund, „finde es eigentlich gar nicht schön, wenn ... also ... der eine bewaffnet ... upps – tschuldigung ... und der andere ebenfalls bewaffnet ist!“ Sie stellte nun auch den zweiten der beiden mit Tauschgütern gefüllten Beutel ab, weil die Henkel wieder ganz schön in die Hände schnitten.
Der Hajep schob den Lutscher in den Mundwinkel. Er stand etwas gebückt da, weil auch er zwei Beutel mit eingetauschten Nahrungsmitteln trug. „Verschtehe, du findest das nicht hubsch, wenn einer bewaffnet is, weil der andere bewaffnet is, weil der bewaffnet is wie der anderere?“, wiederholte er zum besseren Verständnis und hielt fragend den Kopf schief.
„Heeh ... ja!“, bestätigte sie etwas schwerfällig. „Oder sagen wir mal ... nooch besser wäre es natürlich, der eine hätte keine ... wupps ... Waffen, weil der andere keine ... wupps ... hätte - verstehst du?“ Sie kicherte. „Das würde dann nicht nur besser aussehen sondern auch irgendwie friedlicher, findest du nicht?“
Sie hielt sich nun an ihm fest, weil sie sonst hingefallen wäre und der Stil des Lutschers zwischen den Lippen des Hajeps wippte angespannt.
Margrit lehnte sich an ihn und hob dabei den schweren Waffengürtel von seiner Schulter etwas an. „Ist ... upps ... das alles nicht entsetzlich unbequem? Zum Bespiel dieses Gewehr, diese vielen kleineren und größeren Dinger, die du da mit dir herumschleppen musst ... puh! Ich finde, Waffen sind nicht nur eine psychische sondern auch eine ... na, wie heißt das doch gleich ... physische Belastung!“
Er ließ ebenfalls seine Beutel zu Boden, nahm den Lutscher aus dem Mund und hielt ihn gedankenversunken in die Abendsonne. „Xorr, Lumanti“, knurrte er bedächtig, „du magerst zwar betrankinn sein, doch dein Verstand fuchsioniert. Du hast dir dieser zwei Pistollinn in den Ausnett gestickt, weil du dänkst, dass isch es nischt waginn würdere, dir in dissinn hinein zu graifinn und nunni ... nunni willigst du misch auch noch bequetschen, meiner Waffin, die viel besserer sind als deiner Waffin, irgendwo abzulegern, chesso?“
„Stimmt!“, sagte sie und nickte eifrig. „Und warum machst du es nicht, wo du das doch so ... hupps ... gut begriffen hast?“
Erst schaute er verdutzt, dann entzückt in diese hoffnungsfroh glitzernden Augen. Xerr, das war wieder ein so ein wunderschönes Lumantifunkeln!
„Weißt du“, schwatzte sie deshalb einfach weiter, „mich drücken diese Dinger jedenfalls. Frage mich nicht, wo!“ Sie kicherte und er hatte darüber ganz vergessen, den Lutscher wieder in den Mund zu nehmen. „Und darum lege ich sie ... äh, tja ... wohin?“ Sie schaute sich nach allen Seiten um. „Dort in dem Park auf die Bank ... ja, das ist wohl wirklich ein gutes Plätzchen!“
Er leckte genau zweimal an seinem Lutscher, dann hielt er inne, denn er sah zu seiner Verwunderung, dass die Lumanti ihre Worte tatsächlich wahr machen wollte, denn sie steuerte, wenn auch immer noch wankend, die von hohen, alten Buchen und Linden eingerahmte Grünanlage an.
Dort befanden sich sechs Bänke auf den ungepflegten Sandwegen, die mit wucherndem Gras und verwilderten Blumen überwachsen waren.
Margrit holte tief Atem, nachdem sie vor einer dieser Bänke stand. War sie von Sinnen? Oder konnte es der Alkohol sein? Nun tat sie im Grunde doch nichts anderes als Pommi! Lieferte sich dem Feind aus, indem sie sich freiwillig ihrer letzten Chance beraubte. Egal!
Sie versuchte das Zittern ihrer Finger zu unterdrücken, während sie sich die Bluse etwas weiter aufknöpfte und erst die eine dann die andere Pistole aus dem Ausschnitt ihres Hemdes holte. Sie legte, obwohl ihr der Alkohol noch immer viel zu schaffen machte, die beiden Pistolen behutsam wie zwei Babys auf das raue Holz der Bank, wendete sich um, ergriff sich schwankend wieder die zwei Beutel mit den Gütern, die sie eingetauscht hatten, denn sie wollte zur gegenüber liegenden Bank und dort mit dem Feind Platz nehmen, um mit diesem über eine Freilassung zu verhandeln.
Dabei entdeckte sie mit großem Erstaunen, dass der Hajep sich ebenfalls eine Bank ausgesucht hatte, vor der er stehen geblieben war. Er nahm sein Gewehr von der Schulter, legte es genauso behutsam wie vorher Margrit auf den Sitz, löste den waffenbespickten Gürtel von den Hüften und seiner Brust, zog sogar den gefährlichen Ring vom Finger, öffnete sein Hemd und holte noch eine kleine Strahlerwaffe hervor, und legte die ebenfalls sehr ordentlich auf die Bank.
Dann lief er zu ihr hinüber und sie wankte zu ihm, in der Mitte stoppten sie voreinander und musterten sich von oben bis unten.
Sie keuchte und der Lutscher in seinem Mund zuckte. Er schob sich den wieder in den Mundwinkel. „Ohne Waffin is man irgendwiechen nackisch, chesso?“, hörte sie ihn.
„Upps – wieso?“, fragte sie.
Er entgegnete nichts, lediglich der Lutscher wanderte zwischen seinen Lippen bis in die Mitte, stand steil ab, während seine roten Augen Margrits Unterhemd eingehend musterten.
Fortsetzung folgt:
 
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Kommentare  

Waaah - jetzt liege ich endgültig am Boden vor Lachen (habe meine Mitbewohner zu Tode erschreckt, meinen Tee fast verschüttet und "Bowling for Columbine" im TV verpasst)!!!
Dies ist nun definitiv mein Lieblingskapitel!!
Übrigens: Wie geht es eigentlich mit Alconia weiter???
LG
Conva


Conva (25.11.2004)

Aves, Aves, tinninninn ....*gemahnendes Zeigefingerwackeln* Warum wohl Ninschinn? Sollten deine jugendlichen temperamentvollen Augen vielleicht ein bisschen flüchtig über Kap. zwei gehuscht sein? He,he, habe mich wieder sehr über deinen süßen, kessen Kommentar gefreut.So macht es Spaß weiter etwas zu schreiben.
Ganz liebe Grüße


Doska (04.11.2004)

So, dann werd ich nochmals deine Schreiberseele ein wenig heben =)
Es geht genau so spannend weiter wie's weitergegangen ist (höö?) ;o)
Wenn ich nicht schon Kapitel 5 gelesen hätte, würd ich mir jetzt ernsthafte Sorgen um Margrit machen...

Ach noch was: Wieso Ninchen? Hab gegrölt als ich das gelesen habe, weil ich auch n Ninchen kenne =)


Aves (03.11.2004)

na toll, du lässt margrit betrunken mit einem hajep durch die gegend ziehen :)
das dieses nichts wird ist ja klar.
liebe doska, du bekommst fünf punkte von mir
wieder ein sehr schönes kapitel
liebe grüsse von lorrie


lorrie (02.11.2004)

so nun hast du es wieder geschafft meinen muskelkater im zwerchfell zu pflegen :) . liebe doska, was habe ich bei diesen zeilen gelacht, eine betrunkene margrit beim einkaufen :)
das ende war wie immer gemein, du hörst an der spannensten stelle auf
liebe grüsse von mcgue


mcgue (02.11.2004)

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