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4 Seiten

Chosen

Fantastisches · Kurzgeschichten
© KaKe
Chen Li saß auf seinem Hocker und kaute an einer trockenen Teigtasche herum. Seine Mutter pflegte Teigwaren dieser Art immer mit einer exzellenten Fleischfüllung zu versehen. Davon schien der Wirt der miefigen Spelunke, in der Chen Li eingekehrt war, noch nie etwas gehört zu haben. Das Ding schmeckte nach einer Mischung aus Baumrinde und nassem Bambus. Angewidert ließ er den Teigklumpen auf den Tisch fallen und spülte die Reste mit saurem Reiswein hinunter. Er langte in seinen Geldbeutel, den er an die Innenseite seiner Jacke genäht hatte und fingerte eine Geldmünze hervor, die er ebenfalls auf den Tisch fallen ließ. Das Klimpern des Metalls ließ den Wirten, eine einäugige, humpelnde Mißgeburt sofort hinter seinem Tresen hervorschießen. In gebückter Haltung näherte er sich Chen Li's Tisch und warf einen kurzen Blick auf die halbe Teigtasche.

- Hat es euch nicht geschmeckt Herr?

Chen Li wich etwas zurück. Der Wirt roch nach abgestandenem Schnaps und Urin.

- Vergebt mir, ich war nicht besonders hungrig.

Der Wirt schnappte sich die Reste der Teigtasche und die Weinflasche. Als er sie anhob merkte er, dass sie noch halbvoll war. Mit fragendem Blick sah er Chen Li an.

- Ehm, ich mache mir nicht soviel aus Wein. Ihr könnt ihn fortbringen, vielen Dank.

Der Wirt musterte Chen Li kurz, verzog das Gesicht und humpelte weg.

Seit Tagen versuchte Chen Li nun schon das Dorf zu erreichen, in dem sein Bruder lebte. Eine Nachricht, dass sein Bruder heiraten würde, hatte ihn erreicht und er freute sich, an der Zeremonie teilzunehmen. Er hatte schnell einige Sachen zusammengepackt und sich sofort auf den Weg gemacht. Als er durch dieses Kuhkaff schlenderte, hatte ihn ein plötzliches Hungegefühl übermannt und er war ins nächstbeste Lokal gestürmt um sich zu sättigen. Eine schlechte Wahl, wie er nun feststellte.

Chen Li stand auf und schnappte sich sein Bündel, das er neben sich auf dem Boden plaziert hatte. Er warf noch einmal einen Blick durch das Innere des Lokals und wandte sich ohne ein Wort um. Gerade im Begriff zu gehen, flog die Eingangstür auf und drei in schwarz gekleidete, düster dreinsehende Männer betraten das Lokal. Sofort schnellte der Wirt hinter seinem Tresen hervor und begrüßte die Männer. Er schmierte ihnen Honig um's Maul und beugte sich so weit hinunter, dass sein Oberkörper einen nahezu perfekten rechten Winkel zu seinen Beinen bildete. Die Männer traten leise ein und sahen sich im Lokal um. Einer von ihnen entdeckte Chen Li in einer Ecke und stellte fest, dass sein einschüchternder Blick auf das Milchgesicht in der Ecke scheinbar keine Wirkung zeigte. Der Lümmel durchbohrte ihn mit seinem Blick und schien nicht im Traum daran zu denken, seinen Blick zu senken. Er blieb stehen.

- Hoi! Cheun! Seht mal da!

Die zwei anderen Männer blieben stehen und sahen zu Chen Li herüber.

- Scheint, als hätten wir da einen besonders mutigen kleinen Scheisser, hm?

Sie gaben ein dreckiges Gelächter vom Kaliber "Ich habe deine Mutter geschändet" von sich und näherten sich langsam dem Tisch, an dem Chen Li immer noch bewegungslos stand, sein Bündel in der einen Hand, die andere lässig an der Seite herabbaumelnd.

- Mal sehen, aus was für einem Holz der Typ geschnitzt ist.

Hoi, Cheun und Hong, der auf Chen Li aufmerksam geworden war, gehörten zu einer insgesamt 20-köpfigen Bande namens "Die wilden Hunde", die in der Gegend Angst und Schrecken verbreitete. Sie erpressten Schutzgelder, entführten Kinder und Frauen um sie gegen hohes Lösegeld wieder freizulassen und scheuten auch nicht davor zurück, jemanden für gutes Geld umzubringen. Chen Li kannte diese Art von Männern. Wo auch immer man hinkam, gab es solche Halunken, die glaubten sich einfach alles nehmen zu können ohne dafür bestraft zu werden.

Die drei umringten Chen Li und musterten ihn verächtlich. Cheun zupfte an seinem Bündel.

- Seht mal, da hat er seine dreckigen Unterhosen drin. Er hat sich schon vollgeschissen, bevor wir überhaupt angekommen sind.

Erneutes dreckiges Gelächter.

- Seht doch nur, wie hübsch er ist! Ich wette, das ist gar kein Mann! Ich sage, wir ziehen ihn aus und schänden ihn!

Das Gelächter schwoll weiter an.

Hong, blieb direkt vor Chen Li stehen, streckte seinen Zeigefinger aus und hielt ihm Chen Li direkt vor die Nase.

- Jetzt werden wir dir mal zeigen, wie das hier bei uns läuft. Auf die Knie mit..

Chen Li benötigte exakt drei Sekunden um Hoi, Cheun und Hong mit Hilfe einer wirbelnden Kick-Attacke außer Gefecht zu setzen. Die drei überraschten Banditen stoben in verschiedene Richtungen davon und krachten besinnungslos auf Holzstühle und Tische. Beim Aufwachen würden sie über gebrochene Kiefer, Nasen und Jochbeine stöhnen, aber bis dahin würde es noch eine Weile dauern.

Chen Li verblieb weitere fünf Sekunden in seiner Kampfhaltung, ehe er sich aufrichtete, seine Jacke strammzog und sein Bündel, welches er während seiner "32 Wirbelwinde" Attacke fallengelassen hatte, aufhob um den Staub daraus zu klopfen.

Der Wirt, der das Spektakel fassungslos mitangesehen hatte, humpelte herbei. Ungläubig richtete er den Blick auf die ohnmächtigen Männer und das Chaos, das Chen Li innerhalb kürzester Zeit im Lokal verursacht hatte.

- Das waren die "32 Wirbelwinde"!

Chen Li nickte stumm. Der Wirt packte ihn am Arm.

- Nur der Auserwählte ist imstande, einen Stil des Taifuns anzuwenden! Die "32 Wirbelwinde" gehören dazu! Wer seid ihr? Wo kommt ihr her?!

Chen Li ballte die rechte Hand zur Faust und drehte er sich langsam um.

- Laßt mich los.

Der Wirt flehte, langsam auf die Knie sinkend.

- Versteht ihr denn nicht? Ihr seid auserwählt! Seit hunderten Jahren wird in dieser Gegend schon prophezeit, dass eines Tages ein Auserwählter kommen wird, der den Taifun-Stil beherrscht und mit ihm Reichtum und Wohlstand! Ihr habt unwissentlich damit begonnen, diese drei wilden Hunde zu verprügeln, die seit Jahrzehnten die Schuld dafür tragen, dass sich in unserem Dorf kein Wohlstand ausbreiten kann, weil uns alles von diesen Halunken geraubt wird! Ihr seid der Auserwählte! Es ist eure Bestimmung unser Dorf zu retten! Ich kann es Euch beweisen!

Der Wirt sprang auf und humpelte weg. Seufzend drehte sich Chen Li um und verließ das Lokal. Vor dem Gebäude angekommen, blieb er noch einmal stehen. Es war wirklich eine verdammt schlechte Idee gewesen, hier einzukehren.

Das Geräusch von schleifenden Füßen ließ ihn plötzlich herumfahren. Aus dem Augenwinkel sah er den Wirt heranstürmen, in den erhobenen Händen ein Küchenbeil. Mit einer längst zu einem Reflex avancierten Abwehrbewegung mit den Händen schlug er nach den Armen des Wirtes, die sich jedoch bereits in einer Abwärtsbewegung befanden. Das Beil grub sich mit einem schmatzenden Geräusch in seine Schläfe und schaltete mit sofortiger Wirkung sein linkes Augenlicht aus. Chen Li taumelte zur Seite und ließ die Arme baumeln. Das Beil steckte tief in seinem Kopf. Panisch versuchte er den Griff zu packen um es herauszuziehen, aber die Klinge hatte sich tief im Schädelknochen verklemmt. Schließlich plumpste er auf den Boden und blieb kurz aufrecht sitzen. Während er sich noch wunderte, wie diese einäugige Mißgeburt seine "15 Hände" Abwehr umgehen konnte, kippte er seitlich weg und war tot.

Entsetzt biß sich der Wirt auf seine Handknöchel. Wie konnte das sein? Der Auserwählte war unverwundbar! Weinend sank er neben dem Leichnam auf die Knie und bettelte um Vergebung.

Die Legende besagte, dass in der Tat eines Tages ein Auserwählter kommen würde. Hoch von den Bergen würde er hinabsteigen und den Unterdrückten bei ihrem Kampf gegen das Unrecht zur Seite stehen. Seit seiner Geburt mit dem Wissen antiker Kampfstile ausgestattet, würde es keine, von Menschenhand erschaffene Waffe vermögen ihn zu verletzen. Zu seinen unbezwingbaren Stilen würde auch der des Taifuns gehören, der verschiedene Attacken beinhaltete: "Die Hand des Gibbon", "die Stahlklaue", "Kopf-gegen-Faust" und nicht zuletzt die "32 Windhosen".
 
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Kommentare  

Die Pointe habe ich schon kapiert. Vielleicht ist die Story einfach nicht mein Stil.
Vielleicht haben mich auch die Kampfszenen gestört, die du einfach nur benennst, die von der Action aber nicht rüberkommen.
Ich werde jetzt deine nächste Geschichte lesen, mal sehen, ob ich da mehr zu sagen kann.


Chris Stone (17.04.2005)

Darf ich fragen, was Dich an der Story gestört hat? Einfach zu schreiben, dass sie Dir nicht gefallen hat, ist ja okay, hilft mir aber nicht wirklich weiter. Wäre nett, wenn Du ein paar Zeilen Feedback geben könntest. Thx!

Habe übrigens selber den Eindruck, dass die Pointe der Story ein wenig untergeht. Möglicherweise muß man sie einfach nur ein wenig aufmerksamer lesen, vor allem das Ende. ;)


KaKe (15.04.2005)

Klingt, als hättest du eins von Jackie Chans Frühwerken in Worte gefasst, allerdings würde da der Protagonist nicht draufgehen.
Sonderlich amüsant fand ich den Text nicht.


Chris Stone (14.04.2005)

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