5


2 Seiten

Der gnadenlose Dieter Möchtegern

Romane/Serien · Amüsantes/Satirisches
Täglich bekam Dieter Möchtegern tausende von Gedichten, Kurzprosa und Romane zugeschickt. Doch bisher hatte es niemand geschafft, ihn zu beeindrucken. Er galt als gnadenlos in seinem Beruf als Lektor.

Zu verdanken hatte er seinen Beruf dem Zufall, als er eines Tages einem netten alten Herrn von 90 Jahren über die Straße half. Dieser ältere und auch schon leicht senile Herr war von dieser Heldentat so beeindruckt und darüber so dankbar, dass er Dieter fragte, ob er nicht irgendetwas für ihn tun könne. „Nun ja, ich brauche einen Job“, antwortete Dieter. Da stellte sich heraus, dass dieser Mann Besitzer eines Verlages war. Kurzerhand entließ er seinen Enkel, der den Verlag führte und stellte Dieter ein. Er änderte sogar sein Testament, und als er ein paar Wochen später starb, war Dieter der neue Besitzer des Verlages.

Darauf war Dieter so stolz, dass er sein Studium schmiss und beschloss als Lektor Karriere zu machen. „Dieter Möchtegern“ stand auf seiner Visitenkarte und darunter „Lector“. Diese Visitenkarte ließ er massenfertigen und verteilte sie dann persönlich auf der Straße. Stets war er auf der Suche nach neuen Talenten.

Bald häuften sich die Werke. Doch er war knallhart, niemand bekam eine Chance von ihm. Dies teilte er den Schreibern auch immer gern durch seine bescheidenen Kritiken mit. Einmal schrieb er zu einem 180-seitigen Roman, den er nicht einmal bis zur Hälfte durchgelesen hatte, weil er nichts verstanden hatte, eine Kritik von über 300 Seiten. Das musste schließlich sein, wenn jemand auf so einem absolut niedrigem Niveau schrieb, dachte er sich.

Er war einfach der beste. Zwar hatte er selbst noch nie etwas geschrieben, außer Aufsätze in der Schule, von denen kaum einer besser als 4- war, aber er wusste, dass er Talent hatte. Die schlechten Noten in den Schulaufsätzen hatte er nur bekommen, weil die Lehrer völlig inkompetent waren.

Dem Verlag ging es finanziell immer schlechter, da er kein einziges Buch erschienen ließ. Aber was sollte er machen, wenn er nur so niveaulose Texte bekam. Doch er beschloss, den Verlag retten, indem er endlich von seinem großen Talent Gebrauch machen und selbst einen Roman schreiben wollte. Ein Bestseller sollte es werden. Massenweise würde das Buch gekauft werden. Aber leider erschien sein Buch nie, nach zehn Seiten gab er auf, weil ihm nichts einfiel. Schließlich ging der Verlag wirklich Pleite, er hatte es geschafft, einen Familienverlag, der über Generationen erfolgreich geführt wurde, zu ruinieren.

Aber immerhin hatte er anschließend erfahren, dass man Lektor mit k schreibt und nicht mit c, wie er es fälschlicherweise die ganzen Jahre geschrieben hatte.

Eines Tages sah er, dass von einigen Leuten, die ihm ihre Werke zugeschickt hatten, Bücher erschienen waren. Er konnte es nicht begreifen. Welcher Verlag konnte nur so niveauloses Geschreibe veröffentlichen.

Irgendwann fiel ihm auch ein, dass er nie begriffen hatte, was eigentlich der Unterschied zwischen einem Roman und einer Novelle war. Es wird wohl dasselbe sein, dachte er sich…
 
Wenn du registriert und angemeldet bist und selbst eine Story veröffentlicht hast, kannst du die Stories bewerten, oder Kommentieren. Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diese Story kommentieren.
Weitere Aktionen
Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diesen Autoren abonnieren (zu deinen Favouriten hinzufügen) und / oder per Email weiterempfehlen.
Ausdrucken
Kommentare  

Genau so läuft es im wirklichen Verlagsleben!

Wilhelm Ruprecht Frieling (04.10.2006)

Hallo, ich bin gerade mal wieder über diese herrliche Geschichte gestolpert. Wie oft einem im Leben doch so ein Dieter Möchtegern begegnet. Unglaublich. Neulich habe ich schon wieder Einen getroffen. Wenn ich demnächst mal auf der AIDA sein sollte, werde ich ja sehen, ob er seine Musik dort macht *rolling on the floor laughing* Kommst du mit zum Applaudieren? Gruß Sabine

Sabine Müller (04.10.2006)

Danke für die vorschläge, werd die story nochmal überarbeiten und versuchen ein wenig daran zu feilen.

Homo Faber (28.07.2006)

Sehr lustig und nett geschrieben, herrlich absurd und doch lebensnah..
Der Schluss ist mir allerdings etwas zu plötzlich, ich hätte gern noch mehr über Dieters literarische Versuche gelesen!
Und den letzten Satz hätte ich persönlich drastischer gestaltet (der Unterschied zwischen Roman und Gedicht oder so..)
Im ersten Satz ist die Ellipse bisschen schief - tausende von Gedichten, Kurzprosa und Romane - mir würde besser gefallen: "tausende von Texten: Gedichte, Kurzprosa und Romane".
Trotz allem echt ein sehr lustiger Text.
LG Lena


Lena N. (28.07.2006)

die Story finde ich ganz gut von der Idee her!
An Deinem Ausdruck solltest Du noch feilen denn spitze Gedanken braucheneine spitze Feder um ein wohlwollendes, schmunzelndes Kopfnicken hervor zu rufen.


liely abraxah (03.06.2006)

Ach, mir gefällt die Geschichte sehr gut. Netter Hintergrund und lustig locker gestaltet. Die 3x wollte sind mir auch erst aufgefallen, als du darauf hingewiesen wurdest. Schön, dass du es abgeändert hast. Gruß Sabine

Sabine Müller (24.05.2006)

Danke euch für die kommentare. An der form könnte man natürlich noch etwas machen und es lebendiger gestalten. In erster linie ging es mir um den hintergrund.
Den satz mit den 3 x wollte habe ich übrigens schon abgeändert :-).


Homo Faber (24.05.2006)

Doch er wollte den Verlag retten, indem er endlich von seinem großen Talent Gebrauch machen wollte und selbst einen Roman schreiben wollte.

Hallo Holger, im obigen Satz ist 3x wollte!
Ich muß Rosmarin leider zustimmen. Der Inhalt der Geschichte als Satire wäre ein gutes Thema,
aber die Form der Geschichte liest sich wie Omas Apfelkuchenrezept. Genauso spannend. Hauch der Geschichte etwas Leben ein!
LG
christa


CC Huber (23.05.2006)

ihr zwei seid ja gut. ich finde nicht, dass das eine geschichte ist. ich erkenne weder eine handlung, noch eine entwicklung oder gar eine pointe. es mutet eher wie ein exposee zu einer längeren geschichte, novelle oder was sonst auch immer, an. immerhin ist es eine satire, eines gewissen lector betreffend. lol. und ich verstehe, was du, lieber, homo, damit sagen willst. verstehend nur für nichtverfolgende. lol. amüsier.
lg
rosmarin


rosmarin (23.05.2006)

Mir gefällts halt wirklich gut, vom Stil, als auch vom Inhalt. Du hast damit die sture Denkweise und das Verhalten von manchen Leuten gut erklärt. Solche Fälle gibt es leider immer wieder. Die Alles nur aus ihrem Blickwinkel betrachten und viel zu anspruchsvoll sind, obwohl sie selbst nichts auf die Kette bekommen. Es zeigt auch, dass viele Texte gut sein können, sprich der Kreativität keine Grenzen gesetzt ist. In fast allen Menschen steckt ein kleiner Künstler, die Talente schlummern und werden an die Öffentlichkeit gebracht, wie auch hier bei webstories. Daher auch ein kleiner Dank an alle ehrlichen Lektoren, die sich die Mühe machen, die Texte zu lesen und reinzustellen. Gruß Sabine

Sabine Müller (23.05.2006)

Danke, freu mich, dass sie dir gefällt. Ich wollte die ganze zeit schon etwas satirisches schreiben, das war ja die passende gelegenheit dazu :-)

lg Holger


Homo Faber (23.05.2006)

Ich habe mir die Geschichte gleich zweimal durchgelesen! :-) Grüßli Sabine

Sabine Müller (23.05.2006)

Herrlicher Schmöker! Das gefällt mir mal richtig gut! Ich finde die Geschichte hat eine schöne Aussage. Mit Hintergrund, Moral und und und. Ist mal etwas ganz Anderes. 5 dicke Punkte von mir ;-) Einen schönen Tag noch, Gruß Sabine

Sabine Müller (23.05.2006)

Login
Username: 
Passwort:   
 
Permanent 
Registrieren · Passwort anfordern
Mehr vom Autor
Ein Moment  
Die Eisbanditen und Corona  
Aussichtslos  
Die Eisbanditen als Kontrolleure   
Der Discomörder - Teil 7  
Empfehlungen
Andere Leser dieser Story haben auch folgende gelesen:
---
Das Kleingedruckte | Kontakt © 2000-2006 www.webstories.eu
www.gratis-besucherzaehler.de

Counter Web De