Gott sprach: „Es ist vollbracht,
die Erde lebt jetzt – Amen!“,
… als mitten in der Nacht
auch noch die Spinnen kamen.
Die Erde war schon voll
mit Pflanzen und mit Tieren!
Sie fragten: Wohin soll
das Spinnenvolk marschieren?
An Land war’s überfüllt
mit Pferdchen, Hündchen, Kätzchen,
mit Raubgetier und Wild. -
Es gab kein freies Plätzchen.
Im Wasser schwammen Hai
und Walfisch um die Wette.
Da blieb kein Platz mehr frei,
selbst wenn man Flossen hätte.
Auch in der Luft war’s schwer,
ein Plätzchen zu ergattern
bei diesem Hin und Her
von Fliegen, Segeln, Flattern.
Ein Spinnen-Opa sprach:
„Die Welt hat Platz für jeden! –
Kommt her und macht’s mir nach,
wir hängen uns an Fäden.“
So hing an manchem Ast,
an mancher Regenrinne,
auch am Antennenmast
bald Spinne neben Spinne.
Da plötzlich meldet sich
ein Spinnenmann, ein junger:
„Vom Hängen kriege ich
allmählich aber Hunger.“
Und er begann sodann,
den Ausweg zu ersinnen:
„Los, Spinnen, strengt euch an,
lasst uns mehr Fäden spinnen!
Zu Netzen müssen wir
die Fäden noch verweben.
Kommt dann ein Fliegentier,
dann bleibt es vielleicht kleben.“
Seitdem geht’s Fliegen schlecht,
ob draußen oder drinnen:
Ein dichtes Netzgeflecht
ist Jagdrevier der Spinnen.
Die Menschen lernten die-
se Fangmethode schätzen.
Und seitdem fangen sie
die Fische auch mit Netzen.
Und siehst du mal ein Kind
mit Netz beim Fliegen-Fangen,
dann glaub es mir: Es spinnt,
wie einst die Spinnen spannen.
http://www.wolfgang-reuter.com/, 16. 01. 2007