15


2 Seiten

das letzte Lächeln

Schauriges · Kurzgeschichten
Bläulich schien der Mond durch das gemauerte Verliesfenster und ein schmaler Lichtkegel durchbrach die Dunkelheit der Zelle. Der Ruf eines Kauzes war zu hören, wenn der Wind einen Augenblick lang davon abließ zu heulen. Die Nacht war kalt und unfreundlich.
In der Ecke eines finsteren Kerkers saß ein junger Mann, kaum zwanzig Jahre alt. Seine abgemagerten Fußgelenke waren in schwere Eisenketten gelegt und blutig gerieben. Frierend kauerte er an der kalten Steinwand angelehnt und starrte durch das blaue Licht hindurch zu einem leblosen Zellengenossen, der sich seit Tagen nicht bewegt hatte.
Dumpf und leer waren seine Gedanken geworden. Hunger und Durst plagten ihn, die Schmerzen in seinen Lenden trieben ihn in den Wahnsinn. Verstummt um griff er seine Beine, rieb seine Hände an den Unterschenkeln und umklammerte sich dann fester. Die Lumpen die er Trug, schützen ihn nicht im Geringsten vor der Kälte.
Ratten huschten um die tote Gestalt des Anderen umher. Der junge Mann schluckte, doch seine Kehle war zu trocken als dass es etwas half. Zögerlich versuchte er mit der Zunge seine spröden Lippen zu benetzten.
Keuchend würgte er dann ein Husten hervor, krümmte sich sogleich vor Schmerzen in seinen Nieren.
Tiefe Schatten lagen um seine Augen herum. Schon lange reichten seine Gedanken nicht mehr zurück, an jenen Tag, als er das letzte Mal gestohlen hatte um nicht zu verhungern. An dem Tag als sie ihn gefasst und in den Kerker gesperrt hatten, sah er zum letzten Mal das Licht der Sonne in voller Pracht.
Er wusste nicht mehr, wie viele Tage und wie viele Nächte er hier schon verbracht hatte. Er starrte nur unentwegt auf die Leiche des Anderen.
Die Schreie der Gepeinigten aus den Folterkammern war diese Nacht noch nicht zu hören gewesen. Selbst das Beten für diese armen Seelen hatte er aufgegeben. Gottverlassen waren seine einzigen Gedanken dem Schmerz in seinem Unterleib gewidmet.
Er starrte in die leere seiner Zelle, nahm kaum noch etwas wahr.
Er stand am Rande des Wahnsinnes, fast verrückt durch Hunger und Durst.

Selbst als in einem Moment vollkommener Stille das schwere Eisenschloss zurücksprang rührte er sich nicht. Die verbarrikadierte Tür wurde entriegelt und öffnete sich einen Spalt weit. Hinein traten zwei muskulöse Männer und kamen auf ihn zu.

Das letzte woran er sich erinnern konnte, war ein Lächeln, das über sein Gesicht huschte.
 
Wenn du registriert und angemeldet bist und selbst eine Story veröffentlicht hast, kannst du die Stories bewerten, oder Kommentieren. Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diese Story kommentieren.
Weitere Aktionen
Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diesen Autoren abonnieren (zu deinen Favouriten hinzufügen) und / oder per Email weiterempfehlen.
Ausdrucken
Kommentare  

insgesamt gefällt es mir, aber der schluss verwirrt mich ein bisschen mit der formluierung "Das letzte woran er sich erinnern konnte".
das klingt, als würde er den kerker mit einem mal vergessen, alles vergessen bis auf sein erleichtertes lächeln. aber weshalb wäre er erleichtert und würde lächeln, wenn er den kerker vergessen hätte?

ansonsten shcön rund und gut zu lesen etc^^ gefällt mir

lg darkangel


darkangel (06.02.2008)

^^
Der Schluss ist offen, daher werde ich dazu nichts sagen, denn jeder soll selbst darüber nachdenken.

Danke für den Kommi


Sandra Junghans (26.01.2008)

Sehr bewegt geschrieben. Man hat ein richtiges Bild vor Augen. Ein paar kleine RS Fehler haben sich eingeschlichen.
Am Ende Befreiung von der Qual. Wahrscheinlich ist er tot, aber erlöst? Oder was genau ist die Aussage? LG Sabine


Sabine Müller (25.01.2008)

Login
Username: 
Passwort:   
 
Permanent 
Registrieren · Passwort anfordern
Mehr vom Autor
Ein leeres Blatt Papier  
Mein Fluch  
Empfehlungen
Andere Leser dieser Story haben auch folgende gelesen:
---
Das Kleingedruckte | Kontakt © 2000-2006 www.webstories.eu
www.gratis-besucherzaehler.de

Counter Web De