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Die Schachtel in der Wohnküche

Nachdenkliches · Kurzgeschichten
Es war einmal ein alter Mann, er lebte mit seinen zwei Söhnen in einem kleinen Haus auf dem Land. Als es Zeit war, zu gehen, da stand eine Schachtel in der Wohnküche, mit dem Testament, man möge den Inhalt gerecht aufteilen.
Neugierig stürzten sich die Söhne auf den Karton.
Ein Lederbeutel mit Goldstücken war darin zu finden, ein Kleeblatt für das Glück, eine Feder für die Kreativiät und eine hölzern geschnitzte Hand für Freundschaft.
Der ältere der beiden Söhne krallte sich das Geld und meinte: "Der Rest ist für dich, was soll ich mit Kleeblatt, Feder und Holzhand? Mit dem Geld kann ich mir all' das kaufen."
Der jüngere Sohn grübelte ein wenig, gab aber dann nach.
Er hatte zwar kein Geld, aber dafür zwei Teile mehr als sein Bruder. Vielleicht war es gerecht so und gegen seinen großen Bruder hatte er bisher nie keine Chance gehabt. Der Ältere ging in die Dorfkneipe, bestelle Bier für sich und die Grazien und feierte bis spät in die Nacht. Der Jüngere ärgerte sich ein wenig, weil er keinen Groschen in der Tasche hatte.
Behutsam berührte er die hölzerne Hand, das Kleeblatt und die Feder.
Wie schön die Feder war, so rein und weiß und leicht.
Er blies sie in die Luft, ließ sie schaukeln und im Anschluss auf seiner Handinnenfläche landen. Wie sehr wünschte er sich, auch einmal so federleicht durch die Luft zu fliegen. Doch wenn er in sich kehre, so er konnte das. Er hatte Träume und Phantasie und diese schrieb er aufs Papier - bis in die Nacht.
Der Bruder kam gegen Mitternacht in die Wohnküche getorkelt und lachte ihn aus. "Na, Bruderherz, bist du wieder am Schreiben? Tss". Dann ging er ins Bett.
Er schlief bis zum nächsten Nachmittag, scherte sich nicht um den Haushalt, tat keinen Handschlag.
Der kleine Bruder war schon früh auf und machte einen Spaziergang, um sich inspirieren zu lassen. Er traf einen armen Wandersmann und kam mit ihm ins Gespräch. Der Wandersmann erzählte von der Freiheit, den Menschen denen er begegnet war und von den Vor- und Nachteilen dieses Lebens. Gern' hätte der junge Mann dem Wandersmann etwas Gutes getan, doch er hatte ja selbst nichts. Da fliel ihm das Kleeblatt ein. Er gab es ihm mit für seinen Weg. Der Wanderer dankte ihm und in seinen Augen war ein zufriedenes, glückliches Blinzeln, als er sich wieder auf den Weg machte. Die kleine Holzhand in der Hosentasche des Jungen machte sich bemerkbar. Er spürte Wärme und ein Klopfen, dachte sich aber nicht viel dabei.
Die Wochen und Monate zogen ins Land und die zwei Brüder fristeten ihr Dasein in der Hütte des verstorbenen Vaters. Während der eine Bruder das Geld auf den Kopf haute, faulenzte und das Leben genoss, arbeitete der andere Bruder, brachte geflochtene Körbe auf den Markt und verkaufte Grußkarten, die er mit der Feder malte und schrieb. So hielt er sich über Wasser. Mehr brauchte er nicht zum Leben.
Im Herbst wurde das Geld des großen Bruders langsam knapp. Es klopfte an der Türe. Der Wandersmann vom Frühjahr kam des Weges . Der jüngere Bruder erkannte ihn sofort an seinem warmen Gesichtsausdruck und dem Kleeblatt am Hut. Der Wandersmann bat um Lager im Stall und um eine kleine Mahlzeit. Freundlich wollte der jüngere Bruder ihn hineinbitten. Da brüllte der größere Bruder "Wir haben selbst kaum noch etwas" und knallte die Türe zu.
In der Nacht geschah etwas grauenvolles. Es entfachte ein schrecklicher Brand in der Küche. Der große Bruder hatte das Feuer im Kamin nicht gelöscht. Ein Funken entflammte.
Überall qualmte es und die bedrohlichen Flammen drangen immer mehr in die Schlafgemächer der beiden Brüder. Plötzlich hörte der jüngere Bruder ein Klopfen. Die hölzerne Hand auf dem Nachttisch bewegte sich. Dann bemerkte er auch das Feuer und eilte aus dem Haus, dass kurze Zeit später in Flammen aufging.
Seinen Bruder konnte er nicht mehr retten. Vom Vollrausch schlief er so tief und fest, dass er nichts bemerkte.
Der jüngere Bruder war sehr traurig und dachte lange nach. Er hatte seinen Bruder verloren, den er doch trotz seiner Habgier mochte, seinen Vater und sein Heim.
Im Nachhinein war er aber glücklich, sich für die kleineren Dinge im Leben entschieden zu haben. Vielleicht wäre er sonst auch taub und blind geworden, von all' dem Geld.
Einige Tage später traf der Junge den Wandersmann wieder und setzte mir ihm seinen Weg fort. Er hatte nun einen richtigen Freund. Sie hatten nicht viel, gerade so viel, wie sie brauchten. Aber dieser Weg war durch Glück, Freundschaft und Kreativität begleitet, so dass sie zufrieden bis ans Ende ihres Lebens waren ...
 
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