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Der Traum (Fergana)

Poetisches · Trauriges
Im flirrenden Licht lag das Tal von Fergana
Das wilde, das schöne, das stolze Fergana

Mein Auge schaute weit übers Tal von Fergana
Die Kuppeln, die Mauern, das Land von Fergana

Ich selbst lebte einst am Hof von Fergana

Die Sonne steht tief am Himmel und ihre Wärme tut meinem gebeugten, ausgemergelten Körper wohl. Endlich habe ich es geschafft, nur zwei oder
drei Stunden Weges noch und ich bin wieder daheim.

Daheim, dort unten im Tal von Fergana? Siebenzehn Jahre ist es jetzt her, das uns das Schicksal davon spülte.
Davon spülte auf einer Woge des Hasses, des
Blutes, des Todes. Wenige außer mir haben überlebt.
Und ich habe mich oft gefragt, wieso gerade ich am Leben geblieben bin.
Ich wäre gern mit tausend Qualen gestorben, wenn es das Leben meiner Liebsten bedeutet hätte.


Der Jüngling, der Träumer, das Licht von Fergana
Die Jahre die schwanden, das Glück es verging
Die Flucht aus dem schönen Fergana

Ich war damals gerade auf einer weitläufigen Reise und führte Verhandlungen
mit mehreren unserer tributpflichtigen Fürsten, als mich die Nachricht
erreichte. Ein getreuer Bote hatte als einer der letzten noch die Flucht aus Fergana geschafft und das Grauenvolle berichtet.

Bittere Tränen erfüllten mein Antlitz und auch heute noch, nach all den Jahren sind meine Augen nicht trocken.

Und heut liegt der Tod überm Tal von Fergana
Die Kuppeln, die Mauern, die Städte verweht
Als Leichentuch deckt der Sand heut Fergana
Das reiche, das schöne, das stolze Fergana

Der Feind überrollte mit Windeseile die Reiche, und ich floh gramgebeugt mal hierhin, mal dorthin. Ein einstmals stolzer Aar, dem man die Flügel gestutzt
hatte konnte nicht wehmütiger sein. Ich fasste mein Schwert und mit ein paar wenigen getreuen Gefährten meiner Gefolgschaft versetzten wir dem Feind
Nadelstiche, wo immer wir ihn fassen konnten. Aber es war, als wenn eine kleine Biene einen großen wilden Bären stach.


Oftmals, wenn ich an den Feuern der Steppennomaden saß und ihren Geschichten lauschte, hörte ich einen singen von Fergana.

„Kein Leben mehr drunt im Tal von Fergana
seit Blut dort den Boden gedüngt
Die Menschen an Feuern besingen Fergana
Die Mythen, die Lieder, den Traum von Fergana“

Jetzt da auch der Feind einem anderen weichen musste, lenkte die Sehnsucht meine Schritte wieder der Heimat zu. Still schaute ich über das Tal, sah den Wind mit dem Sand spielen, sah wie die Dattelpalmen sich ehrfurchtsvoll vor ihm neigten, und meine Augen sahen nichts.

„Mit Sehnsucht im Blick und im Kopf nur die Trauer
gedenk ich der Zeiten zurück
als Stolz war in mir, und Liebe und Glück
dort drunt einst im Tal von Fergana“

Mühsam erhob ich mich von meinem Teppich, nachdem ich ein stilles Gebet gesprochen hatte und schlurfte hinunter ins Tal. Wenigstens sterben wollte ich unten in Fergana, wenn schon ein Leben mir dort nicht vergönnt war.
 
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Kommentare  

Wesentlich hüscher als nur das Gedicht allein. Das ist überhaupt eine tolle Idee, das Gedicht mit einem kurzen Text zu mischen. Der Text ist gut. Er ist schwermütig-romantisch und bildreich. Hat mir wirklich gut gefallen. Natürlich könnte noch ein klein wenig daran herum gefeilt werden, um ihn NOCH toller zu machen. Experiment geglückt kann man dazu nur sagen.

Jochen (27.12.2009)

Ich glaube hier kommt das Schicksal Ferganas besser ans Licht

Wolfgang scrittore (27.12.2009)

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