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… oder einfach mal auf IneS hören (Teil 7)

Romane/Serien · Amüsantes/Satirisches
© Middel
In der Bahn konnte ich mir dann noch die Geschichte mit Maria durch den Kopf gehen lassen. Irgendwie hatte sie was. Einerseits unschuldig, fast schüchtern, vermittelte sie andererseits den Eindruck, dass sie es faustdick hinter den Ohren hat. Dazu diese wundervollen dunklen Augen und eine atemberaubende Figur. Fast ein Wunder, dass ich sie heute Abend schon wiedersehen durfte. Doch um sie dann auch von mir zu überzeugen, bedurfte es noch einen Anruf. Und da war jetzt wohl die beste Gelegenheit, den zu tätigen.
„Sven? Ja hi. Sag mal, hast du immer noch die Karten? Ja supi! Ich würde die dann doch nehmen. Was? Du weißt, dass ich Student bin und so gut wie keine Kohle habe? Mach mir mal ein realistisches Angebot.“ Drei weitere Verhandlungsminuten später besaß ich (zumindest theoretisch) zwei Karten für das am Abend stattfindende Konzert von Gossip. Selber kannte ich zwar nicht viel von denen, aber „Heavy Cross“ war mir durchaus ein Begriff und als ich eben jenen Schriftzug auf Marias T-Shirt las, wusste ich, wie ich sie doch noch zu einem Wiedersehen bewegen konnte. Und jetzt war aus der kleinen Notlüge („Ich hab da zufällig noch eine Karte über“) zumindest eine Tatsache geworden. Wenn jetzt nichts mehr schief ging, konnte zumindest der Abend noch ganz interessant werden. Hoffentlich.

Neben mir unterhielten sich gerade zwei ältere Damen darüber, wie unsicher es doch heutzutage im öffentlichen Nahverkehr sei.
„Erst heute Morgen haben sie einen Kontrolleur krankenhausreif geschlagen. So'n jugendlicher Gewalttäter war das. Der hatte nicht mal eine Fahrkarte, Hilde, die Jugend verkommt immer mehr.“
Der jugendliche Gewaltverbrecher hatte jedenfalls noch eine Station, bevor er raus musste. Ironischerweise kommt natürlich kein Kontrolleur, wenn man eine Karte hat, dachte ich, während ich mein Spiegelbild im Fenster betrachtete. War ich eigentlich gut vorbereitet auf die Prüfung? Sicher, ich hätte mehr und besser lernen können, unter anderem gestern, anstelle mich mit Martin rumzutreiben, aber alles in allem beherrschte ich den Stoff doch ganz gut. Wenigstens wollte ich nicht durchfallen.

Die Prüfung lief dann alles in allem auch ganz gut, die Fragen waren nicht besonders schwer und der Dozent hatte wohl auch einen guten Tag erwischt. Ziemlich früh war klar gewesen, dass ich nicht durchfalle und der Rest dann Formsache. Mein erster wirklicher Erfolg an diesem Tag und ich hätte IneS fast vergessen, wenn sie mich beim Rückweg nicht auf drei merkwürdige Gestalten an der Haltestelle aufmerksam gemacht hätte.
Ungeniert traten sie gegen alles, was irgendwie zerstörbar aussah und mich verwunderte es keineswegs, dass außer den Dreien niemand sonst dort stand.

„Weg von hier“, riet IneS mir knapp. „Ach ja? Und wie soll ich rechtzeitig nach Hause kommen?“ Wenn alles gut gelaufen war, lagen dort inzwischen die Tickets für das Konzert heute Abend im Briefkasten und leisteten meinen Zweitschlüsseln Gesellschaft. Trotzdem blieb ich stehen und schaute mir die drei Typen erst einmal genauer an.
Sie sahen wirklich nicht gerade so aus, als wenn sie jedem Ärger zwingend aus dem Weg gehen würden. Ganz im Gegenteil. Jugendgang nennt man sowas wohl Neudeutsch und ich musste unwillkürlich an die zwei älteren Frauen von vorhin denken, die mich mit solchen Typen auf eine Stufe gestellt hatten. Nun gut, wer konnte es ihnen eigentlich verdenken? Sie kannten mich nicht und bei dem, was heutzutage alles geschieht, lag der Schluss wohl nahe, dass das, was heute Morgen passiert war, ein Akt jugendlicher Gewaltbereitschaft gewesen war.

Während ich noch dastand und meine Gedanken schweifen ließ, merkte ich plötzlich, wie die Drei kurz miteinander sprachen und dann auf mich zuschlenderten. Heute, da musste ich IneS zustimmen, blieb mir auch wirklich nichts erspart. „Ey du. Kollege. Isch kenn disch.“, polterte auch schon der Erste in perfektem Nichtdeutsch los, ehe sein Kumpel grammatikalisch nicht ganz einwandfrei anfügte: „Du bleiben stehen. Wir korrekt labern.“
Da ich immer noch die Hoffnung hatte, dass sich alles in Wohlgefallen auflösen würde und man Menschen nicht zwingend nach ihrem Äußeren beurteilen sollte, blieb ich (nicht auf IneS hörend) stehen und wartete auf die circa 18jährigen Gesellen.

Wie ich und meine liebe IneS bereits befürchtet hatten, waren die netten Jungs auf Ärger aus. Was sich unter anderem daran ausmachen ließ, dass sie mich schon kurz nachdem ihr Vokabular (welches vor allem in rudimentären Sätzen ohne Artikel bestand) scheinbar aufgebraucht schien, vor sich her schubsten.
 
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Kommentare  

Ich denke auch, dass er es ein wenig schwer haben dürfte, sich gegen die drei Jugendlichen durchzusetzen, denn wer ist schon Spiderman oder Ähnliches. Und wie würde es dann später mit der Verabredung zwischen ihm und Maria aussehen? Na, vielleicht kann ihm ja mal IneS mit einem listigen Ratschlag helfen, anstatt immer nur zu zetern* Grins*

Jochen (16.04.2010)

Oh,oh, na wenn das mal gut geht, mit den drei Typen. Hätte er vielleicht in diesem Fall doch lieber auf IneS gehört? Schönes spannend-humorvolles Kapitel.

doska (14.04.2010)

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