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Toralfs vermeintlicher Scherz

Amüsantes/Satirisches · Kurzgeschichten
„Unsere Gurkentruppe hat aber am Dienstag einen Mist zusammengespielt. Die haben wie die Weihnachtsmänner auf dem Platz gestanden”, witzelt Toralf zu seinem Kumpel Uwe, der ihm rein zufällig bei seinem morgendlichen Gang zur Arbeit über den Weg gelaufen ist. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hatte das Testspiel gegen die manchmal überhart agierende Kängeruhtruppe Australiens mit 1:2 verloren.
„ In der Form wären wir sogar noch fähig, dem Wiese eins einzuschänken”, antwortet Uwe mit seiner spitzen Zunge, mit einer Zunge, mit der er sogar imstande sein könnte, dem kultigen Dieter Hildebrandt die Schau zu stehlen. Die zwei Unzertrennlichen gehören als Stürmer zwar nur einem Verein der dritten Kreisklasse, dem FC Gurkenau an, wo sie mit ihren schönen, wenn auch nicht ganz so gelenken Beinen seit geraumer Zeit Fehlpässe wie am Fließband produzieren. Der Mann der Trainerin, die die Kommandobrücke nach dem Abstieg in die niedrigste Spielklasse Deutschlands notgedrungen übernommen hatte, da kein Mann bereit war, sich dieses Übel anzutun, war plötzlich von dannen gezogen. Der Trennungsgrund: Die Frau hatte nur noch das Runde, was ins Eckige muss, im Sinn – nicht aber mehr das schönste Vergnügen der Menschheit – gewisse Regungen, die ein Mann nun mal zum Glücklichsein braucht, und das nicht nur um den quietschfreudigen Federn des gemeinsamen Ehebettes auch wieder mal positiven Stress abverlangen zu können. Seither war diese Frau nicht mehr zu genießen - fast schon so ungenießbar wie der gefürchtete Knollenblätterpilz. Die Übungsleiterin ließ natürlich den aufkeimenden Frust mit aller Gewalt an ihren männlichen „Ballzauberern” ab. Doch Toralf und Uwe schienen etwas dagegen zu haben. Fortan hatten die beiden Schlawiner mit spektakulären Fehlpässen versucht, diese alles andere als schüchtern wirkenden Frau, vollends aus der Reserve zu locken. Doch selbst diese gekonnten, diese fast schon hollywoodreif initiierten Fehlpassfestivale, konnten diesen weiblichen Feldwebel nicht dazu bewegen, freiwillig das Handtuch zu werfen. So ist es nun mal. Die Frauen unserer schnelllebigen Zeit lassen sich nicht so schnell unterkriegen – im Gegensatz zu den männlichen Weicheiern, die selbst bei dem kleinsten Wehwehchen sich auf- und davonstehlen.



So, ich glaube, wir müssen fort, die Maloche wartet auf uns!” gibt Uwe zu verstehen.
„ Na dann,Tschüss altes Haus”, sagt Toralf, der zum Abschied Uwe locker abklatscht.

Als sich Toralf dem Firmenparkplatz nähert, sieht er, wie eine Frau sich superelegant aus einem funkelnagelneuen Citroen C4 schwingt.
In Toralfs Kopf dämmert es. „Das ist doch die Frau, die mir erst am Sonntag bei der peinlichen 0:10 Heimschlappe gegen den VfL Brüllstadt den Ball zugeworfen hatte, unmittelbar nachdem das Streitobjekt über die Seitenauslinie gekullert war.”


Das Thermometer ist bereits in dieser Morgenstunde, die an diesem Tage nicht nur Gold im Munde haben dürfte, auf über zwölf Grad geklettert, viel zu warm für jenen Morgen im Monat...?
„Richtig, diese Morgenstunde hat nicht nur Gold im Munde, sondern auch jede Menge Schalk, geistert es durch den Kopf dieses notorischen Scherzboldes, als die junge zierliche Frau ihren Wagen verlassen hat.
Ohne lange Gedanken verschwenden zu müssen, strebt der Zweiundzwanzigjährige federnden Schrittes auf dieses göttliche Wesen zu.
„Guten Morgen schöne Frau”, ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass die Luft von ihrem rechten vorderen Reifen gewichen ist“, sagte er ihr forsch, und dieses auch noch hinter ihrem Rücken.
Bereits nach den ersten Worten ist die Hübsche vor Schreck so zusammengezuckt, als hätte in unmittelbarer Nähe eine Bombe eingeschlagen.
Instinktiv – aber dennoch anmutig elegant wie eine Eisprinzessin - zelebriert sie eine Drehung um 180 Grad. Einen Hauch später treffen ihre schönen kristallblauen Augen seine.
„Das darf doch nicht wahr sein!” macht die Frau ihrem Unmut lautstark Luft.
Immer noch vom Schreck gezeichnet, begibt sich das Mädchem mit dem kurz geschnittenen pechschwarzen Haar, das sich akkurat um ihre zierlich-kecken Ohrläppchen kringelt, zum Ort des Schadens.
Ein kurzer Blick genügt - schon fängt das Mädchen an zu poltern, und dieses in einer Heftigkeit die darauf schließen könnte, die dunkle Gestalt eines Teufels hätte sie gepeinigt.
Da ist doch überhaupt nichts! Eine bodenlose Frechheit ist das, was du dir da erlaubt hast!”, fährt die Kleine wild gestikulierend fort. Längst schon haben unansehnliche Wutfalten im Gesicht dieser schönen Fee Position bezogen.
„Was ich mir erlaubt habe, ist nichts anderes als ein kultiger Scherz.
April April!”
Die Gebrandmarkte atmet drei Mal tief durch und plötzlich glättet sich sogar die geschmeidige Haut ihres Gesichtes. Ein ganzes Heer von Lachfältchen, umspielt von frechen teichförmigen Grübchen, hat auf einen Schlag die grausigen Zornesfalten davongescheucht, Zornesfalten, die ihrem Wesen völlig fremd sind.
„Dass du so ein Schelm bist, würde ich nicht mal im Traum von dir erwarten!” sagt sie mit einem triumphal lächelnd.
Toralf ist so verlegen, dass er nicht mal ein einziges Wort über die Lippen bringt, während die Drähte in seinem smarten Kopf anfangen zu glühen.
„Du warst doch die hübsche Schnecke, die mir am Sonntag den Ball zugeworfen hat?”
„Wer sollte es denn sonst gewesen sein! Übrigens: Ich bin die Torine. In meinem Ausweis steht zwar der Name Marlene, da ich jedoch seit Jahren die Torschützenkrone beim VfL Brüllstadt trage, nennen mich alle nur noch Torine.”
„Toralf und Torine, das passt ja wie die Faust aufs Auge!”, stellt Toralf euphorisch lächelnd fest.
„So ist es!“, antwortet die Ballvirtuosin schmerzlos kurz und trocken.
Anfangs platzt aus Torines heißen Lippen ein helles Gelächter heraus. Blitzschnell ist auch Toralf von diesem Lachvirus infiziert.

Da hat doch ausgerechnet der rotzfreche Toralf mit der angehenden Wirtschaftskauffrau, deren zweites Lehrjahr sich allmählich dem Ende neigt, einen tollen Fisch an Land gezogen. Schöne hellblaue Augen, die gar nicht mal so selten ganz schön frech aufblitzen, eine tolle sportliche sexy Figur mit einem knackigen Po, der Männeraugen magisch anzieht, ein draller wohlgeformter Busen, der ihr hellrosa farbenes Blusenkleid bespannt, dessen tiefes, mit gewagt-weiten Schwüngen geschnittenes Dekolletee nicht verhindern kann und vermutlich auch nicht verhindern soll, dass sich ein nicht unerheblicher Teil ihrer nackten Brüste durch dessen Ausschnitt mogelt. Toralfs unablässig stierende Katzenaugen nehmen diesen genüsslichen Schmaus wohlwollend zur Kenntnis, indem sie sich in diesen, von knuspriger Bräune durchzogenen Regionen, förmlich festsaugen.
Torine entgeht das natürlich nicht und gibt ihren Lachmuskeln erneut die Chance, ihre Fähigkeiten auf den Prüfstand zu stellen.
„ So, leider müssen wir uns fürs Erste trennen. Mein Chef wartet sehnsüchtig auf mich.”
„Meiner leider auch!” stellt das coole Girl klar.
„Etwas müssen wir aber doch noch klären. Wie wäre es, wenn du mich am Sonntag auf dem Gurkenauer Fußballplatz besuchen könntest. Da haben wir nämlich ein Pokalspiel gegen einen höherklassigen Verein. Da bräuchtest du wenigstens die Männer deines VfL Brüllstadt nicht mit Brüllkanonaden zum Sieg zu schreien.
„Werde ich machen. So kann ich wenigstens meinen Mund schonen, der mir ja deshalb angewachsen ist, um mit zahllosen Küssen Speichel und listige Bakterien von Mensch zu Mensch transportieren zu können.”
„April April”, setzt der schelmisch grinsende Spaßvogel Torines ulkigen Worten entgegen.
„Nicht doch!”, schießt die Frohnatur mit gleicher Münze zurück.
„War ja auch nicht sooo ernst gemeint”, sagt Toralf ihr leise ins Gesicht.
„Ich spür es doch.”
Zum Abschied ergreift überraschend Torine die Initiative. Überglücklich zieht sie ihren neu gehobenen Schatz fest an sich heran, drückt ihn und schenkt ihm zur Belohnung,einen dicken, wenn auch nur kurzen Kuss - wenngleich auch dieser Appetit auf mehr macht - auf seinen reichlich Nikotin verströmenden kirschroten Mund.



Spätestens in einem Jahr wird der Kalender wieder dieses ominöse Datum „Erster April” vergegenwärtigen.
Werden Toralf und Torine bis dahin schon in die Rolle von Nesthockern geschlüpft sein?
Zu gönnen wäre es ihnen.
Ein Sprichwort aus alten Zeiten hat auch heute noch seine Gültigkeit gewahrt:
„Frechheit siegt!” Am ersten Tag dieses „kalendarischen Vorwonnemonats” erst recht.
„April April! Weit gefehlt. Dieser Spruch eignet sich wahrlich nicht für einen Aprilscherz.
Diese markigen Worte sind ein Synonym der nackten Wahrheit.
Oder etwa doch nicht?
 
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Kommentare  

Hallo Gerald,

vielen Dank für den netten zustimmenden Kommentar, den ich mit großer Freude entgegengenommen habe.
LG. Michael


Michael Brushwood (19.04.2011)

Amüsant und kommt so frisch daher wie der Frühling.

Gerald W. (18.04.2011)

Hallo Fil und Nastar,
vielen Dank für das tolle Feedback, über das ich mich sehr gefreut habe.
LG. Michael


Michael Brushwood (16.04.2011)

Eine mehr als gelungene Aprilscherzgeschichte, die mich sehr amüsiert hat, und die mir sehr gefallen hat. Ein wahrer Lesespaß, auch noch für den nächsten Frühlingsmonat und kommende Sommermonate ...

nastar (16.04.2011)

Eine wirklich schöne frühlingsgeschichte.
Es war ja schon jeher brauch leute in den april zu schicken- doch möchte man selbst nicht diese scherzrerfahrung machen. Ich sehe es wie Dieter Halle, die kraft des frühlings macht mutig - alles wächst und manchmal wächst man über sich hinaus ...


Fil (14.04.2011)

Hallo Dieter,
vielen Dank für den netten Kommi zu meiner April-Geschichte.
Ich schließe mich voll deinen Worten an.
Dieses war auch ein gewichtiger Grund, weshalb ich diese Geschichte geschrieben habe.
LG. Michael


Michael Brushwood (11.04.2011)

Eine schöne Story für den Frühling. Der ist ja auch die beste Zeit für die Liebe. Und die Frühlingsluft macht auch mutig. So wie in deiner Geschichte.

Dieter Halle (10.04.2011)

Hallo Petra,

vielen Dank für den netten Kommentar.

Im ersten Augenblick ist man in so einer Situation auch tatsächlich angeschmiert - wer kann es einem schon verdenken. Das Mädchen hat eben in diesem Moment nicht zu denken gewagt, dass sie als "Opfer" eines vermeintlichen Aprilscherzes - eines Aprilscherzes, der nur als Mittel zum Zweck dienen sollte - auserkoren worden ist. Der Schreck war ihr anfangs jedoch zu sehr in die Glieder gefahren.
LG. Michael


Michael Brushwood (07.04.2011)

Erst angeschmiert und dann doch einen neuen Freund gefunden, vielleicht sogar fürs Leben, wer weiß? Hat mich amüsiert.

Petra (06.04.2011)

Hallo Doska und Ingrid,

vielen Dank für die netten Kommis zu meiner "Aprilscherz-Geschichte".
Diese ist mir erst kurzfristig meinem Kopf entsponnen.
LG. Michael


Michael Brushwood (04.04.2011)

ach ja, fußball verbindet, und der 1. april ist hervorragend zum knüpfen neuer "kontakte" geeignet...

Ingrid Alias I (03.04.2011)

Ich glaube ein bisschen frech sein, tut den Menschen ganz gut. Besonders, wenn sie dadurch näheren Kontakt zueinander finden können. Und dafür eignet sich der erste April ganz hervorragend. Hat mir Spaß gemacht, deine kleine Frühlingsgeschichte.

doska (01.04.2011)

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