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7 Seiten

Dopingverdacht

Fantastisches · Kurzgeschichten
Murad Marat Hon durchmaß den Raum bedächtig und mit großen Schritten, blieb vor dem erwartungsvollen Abdullah stehen und sagte fast flüsternd.
„Ich will dir mal ein Geheimnis verraten und ich muss gestehen: Ich hab’s bis vor kurzem selbst noch nicht gewusst!“
Er lachte, jetzt aus unerklärlichen Gründen und fuhr fort:
„Also: Du weißt doch, wie mich die Zeitungsfuzzis von der Yellow Press in ihren Lügenblättern immer wieder ausschmieren und die Paparazzis mir überall auflauern. Jetzt endlich habe ich den Beweis, dass die sich alles, was sie über mich schrieben, aus den Fingern gesogen haben. Nun ist endlich der Augenblick gekommen, wo ich sie zu guter Letzt alle verklagen kann, alle, die meinen guten Namen, wie die Trampeltiere, in den Dreck getrampelt haben.“, er machte stampfende Fußbewegungen, die aussahen, als scharre ein Pferd im Sand!
„Jetzt fehlt es nur noch, dass du wieherst!“, dachte Abdullah angewidert setzte aber seine interessierteste Miene auf und lauschte seiner Erzählung: „Es sind weder Amphetamine, Kokain, Ephedrin und Koffein noch Testosteron (was ich ja als ordentlicher Mann ohnehin zur Genüge besitze) oder irgendwelche Anabolika, wie es in diesen Gazetten be-hauptet wurde, die mich zum schnellsten Schnellläufer aller Zeiten machten. Ich bin also nicht gedopt! Ich sage dir: Da kannst du zehnmal ins Röhrchen machen oder es zehnmal erzählen, es sogar eidesstattlich versichern, dass ich mit diesem Dreckszeug nichts am Hut habe, die glauben’s einfach nicht! Aber jetzt habe ich’s schwarz auf weiß!“
Murad Marat Hon hätte von Abdullah jetzt, wo er von dem größten Missverständnis seines Leben sprach, gern etwas Mitleid gehabt oder gesehen, aber weil nichts dergleichen geschah, gab er noch ein paar martialische Einzelheiten zum besten:
„Es war zwar nicht gerade billig für mich! Stell dir vor: Es hat mich zwei meiner schönsten Sklavinnen gekostet, aber was tut man nicht alles für seinen makellosen Ruf und für eine lückenlose Rehabilitierung. Also begab ich mich bei einem namhaften Professor in Behandlung. Da war aber nichts mit harmlosen Dingen wie Fieber messen oder Puls und Blutdruck, nein, der schnitt und laborierte einfach so an mir rum! Es sei im Dienste der Wissenschaft, hat er geplappert! Ich dachte, wegen der zwei Sklavinnen drückt der Mal ein Auge zu und stellt mir blanko ein Attest mit vielleicht folgendem Wortlaut aus:
„Aus gesundheitlichen Gründen, ist Murad Marat Hon der schnellste Schnellläufer aller Zeiten!“
Oder:
„Murad Marat Hon ist gesund, besitzt eine Pferdenatur und braucht kein Dopingmittel!“
Oder:
„Murad Marat Hon ist zwar nicht ganz so kräftig, aber dafür schneller als ein Pferd!“
Wären das nicht Aussagen, die, jede für sich so schlagkräftig wäre, dass allen Zeitungsfuzzis die Tinte in den Federn stocken müsste?“ Seine Augen leuchteten mit wichtiger Miene, wobei sein Gesicht noch spitzer wirkte, dann hob er seine Stimme zu einem Brüller: „Aber nein!“, Abdullah zuckte zusammen, nickte aber zu Murad Marat Hon`s Zu-friedenheit schnell und beflissen: „Der Prof ließ mich zur Ader, schröpfte mich, mit so heißen, durchsichtigen Kugeln und ließ saugwütige Blutegel an mir rumschlappern! Und dann geschah das Schärfste“, Abdullah hörte noch immer aufmerksam zu. Er tat jedenfalls so! Dabei hatte er seine Arme auf dem Rücken verschränkt, konnte sich ein Lachen nur schwer verkneifen und ließ es, nachdem ihm das nicht mehr so recht gelang, nach einem Räuspern klingen! Murad Marat Hon schaute ihn durchdringend an und fragte: „Wolltest du was sagen?“
Abdullah hob abwehrend beide Hände: „Nein, nein, ich habe mich nur an etwas verschluckt!“
Murad Marat Hon bedachte ihn mit einem alles vernichtenden Blick, leierte sich mit der Zunge in seinen Pferdegebiss herum, schmatze laut und war aber bald wieder in seiner Geschichte gefangen: „Stell dir das mal vor: Ich musste in eine finstere, schwarze Röhre, um mich dort, wie mir der Prof versichert, angeblich schmerzlos in viele kleine Scheibchen schneiden zu lassen. Ohne irgendwelche Messer! Das war mir dann doch nicht geheuer, darum nahm ich sicherheitshalber mein Schwert mit in diese Höhle, um mich, wenn schon nicht gegen scharfe Messer, vielleicht gegen andere Widrigkeiten, wie etwa böse Geister, feuerspeiende Dra-chen oder schlimme Dämonen, wehren zu können! Man weiß ja nie, was einem, statt einem Messer, in solch einer „Teufelsröhre“ alles erwarten kann! Was soll ich Dir sagen, es war auch ein Höllenlärm in dieser Röhre. Solch ein Höllenlärm, dass sich mein Widerstand und meine Befürchtungen nur noch verstärkten.
Abdullah grinste nun unverhohlen und Murad Marat Hon sah ihn strafend an: „Grins nicht so blöd! Besser nie, als jetzt! Äh oder umgekehrt!“ und statt seine Räuberpistole hier enden zu lassen, setzte er sie prahlerisch fort: „Was glaubst du: Wenn ich mich schon in kleine Scheibchen auflöse, praktisch atomisiert werden soll, was wird dann erst mit meinem Schwert und was mit den Geistern, Drachen und Dämonen geschehen? Hä? Da fällt dir auch nichts mehr ein! Hättest du dich auch so heldenhaft verhalten? Naaa?“
Abdullah erklärte gleichmütig und schulterzuckend: „Sicher nicht!“
„Du Schisshase, bei so was hat man doch keine Angst! Guck mich an!“, er warf sich in die Brust: „Es war zwar mächtig laut, so dass man meinen könnte, dass überall das leibhaftige Böse lauern würde! Aber es tat nicht weh, kein bisschen, sag ich Dir, meinem Schwert geht es auch gut! Schau!“, er zog blank und ließ die Waffe wieder zurück gleiten. „Und ich habe es, neben einer unverzichtbaren Lebenserfahrung, schwarz auf weiß, dass meine Erscheinung ein Phänomen ist!“
„Gab es da nun wirklich Geister, Drachen und Dämonen?“
Er trat ganz dicht an Abdullah heran und winkte ab! „Quatsch! Aber, was viel wichtiger war, erklärte mir der Prof nach dem letzten Test!“ Murad ließ den Unterkiefer hängen, riss die Augen auf und trompetete los: „Er meinte, dass ich ein „Homo Unikumus sei“!
Abdullah begann sich angesichts der Offenheit, die Murad Marat Hon an den Tag legte, in Sicherheit zu wiegen und frotzelte unüberlegt:
„Wissenschaftlicher Homos Unikumus? Beim Scheitan! Muss ich das verstehen?“
Murad Marat Hon erwiderte gereizt, lächelte aber hintersinnig: „Ja! Nein! Du Hohlkopf! Es ist rein wissenschaftlich. Pass auf: Der Prof fand heraus, dass meine Person, mein Körper, ja, mein gesamtes Denken und Handeln von einem sogenannten SCHNELLLAUF-GEN gesteuert wird!“
Abdullah glotzte und schnappte wie ein Karpfen: „Schnelllauf-Gen?“
Murad Marat Hon´s hintersinniges Lächeln gefror ihm im Gesicht, er hob beide Hände gen Mekka und rief: „Oh Allah, was gibst du mir für ein eseliges Personal! Wenn es echtes Mitgefühl zeigen soll, ist es Essig damit, hört es hingegen etwas von einem Schnelllauf-Gen, wähnt es Mitgefühl zeigen zu müssen, weil es wahrscheinlich glaubt, dass ein Schnelllauf-Gen mit einem Krebsgeschwür oder gar mit AIDS gleich-zusetzen ist!“
Abdullah erschrak und wusste nun überhaupt nicht mehr, was richtig oder falsch war. In seiner Not rief er:
„Herzlichen Glückwunsch, eure schnelle Leichtfüßigkeit! Aber was sollen mir diese Worte nun sagen?“
Murad Marat Hon geriet in Zorn und äfft Abdullah nach:
„Was sollen mir diese Worte sagen!“
Er bedachte Abdullah mit einem niederschmetternden Blick und begann wie ein Dozent zu reden:
„Mann, ich brauche Gegner, Schnellläufer aller Kategorien! Sprint, Staf-fel, Marathon, alles, einfach alles, was der Markt zu bieten hat und nicht im Vierfüßlergang daher kommt. Was ich nicht brauche sind diese Typen, die ständig auf der Wettkampfstrecke erscheinen, und die nur vorgeben Wettlaufgegner zu sein, aber in Wirklichkeit ihres Lebens überdrüssig sind! Das sollen uns diese Worte sagen!“
Murad Marat Hon schäumte und schrie:
„Mein Schnelllauf-Gen muss gehegt, gepflegt und beansprucht werden, sonst verkümmert es. Verkümmert! Verstehst du?“
Abdullah wusste gefühlsmäßig, was nun folgen würde und setzte, in der Meinung Gefahr für Leib und Leben zu spüren, alles auf eine Karte:
„Oh du mächtiger SCHNELLLAUF-GEN-GESEGNETER, jetzt haben wir aber ein Problem, im ganzen Land gibt es nämlich keinen einzigen Schnellläufer mehr!“
Murad Marat Hon klappt der Mund ungläubig auf und zu und schnaufte wutentbrannt: „Oh Abdullah, du dumpfbackiger Vertreter aller Spione!
Allah möge dich mit Blindheit strafen, wenn er das nicht bereits getan hat.
Wer behauptet: Es gäbe keine Schnellläufer mehr im Land?“
Abdullah witterte wieder etwas Morgenluft. Er wusste sich im Recht und glaubte sich der Wahrheit nun erst recht verpflichtet:
„Oh Murad Marat Hon, du erster Leibläufer des Sultans, oberster Herr aller langbeinigen Geparden, Gebieter über alle Gazellen, Springböcke und Wiesel! Ich behaupte das, denn alle Schnellläufer sind tot!“
Murad Marat Hon stand regungslos, wie gebannt und flüsterte ungläubig:
„Wie? Tot?“
Nun war es an Abdullah durch den Raum zu wandern. Er schaute seinen Herrn mitleidig an, baute sich breitbeinig vor ihm auf und sagte aufklärend: „Na eben tot. Steif, kalt und kopflos! So tot, wie man eben sein kann!“
Dann flötete er voller Ergebenheit, jedoch nicht ohne ein Quäntchen Spott: „Ihr, oh großfüßiger Langläufer, habt doch, nach jedem grandiosen Sieg von euch, alle Verlierer durch das Schwert des Scharfrichters hinrichten lassen!“
„Das ist ja eine bodenlose Unverschämtheit! Was wagen die sich? Die sind einfach so tot!“
Abdullah machte sich nun ein Spaß daraus, Murad Marat Hon`s Echo zu bilden: „Einfach so tot!“
Murad Marat Hon flüsterte, wie im Selbstgespräch: „Unvorstellbar! Und da lässt sich gar nichts mehr machen?“
Abdullah konnte sich, bei so viel Dummheit, nur noch schwer das Lachen verkneifen: „Leider gar nichts mehr!“
Murad Marat Hon s Blick bewölkte sich zusehends:
„Schweig du Hundsfott. Ich kann doch nicht gegen die Minister, Höflinge oder gar den Sultan antreten. Soviel Gold gibt es gar nicht, um den Henkersknecht für deren Hinrichtung zu erwärmen! Womit kann ich jetzt Prinzessin Shakira erfreuen, wenn der Frühsport nun nicht mehr stattfinden soll? Das schaffte mir jedes Mal so viel Spaß und Kurzweil.“
Seine Augen sahen plötzlich träumerisch durch Abdullah hindurch und er flüsterte: „Es gab mir einfach immer den besonderen Kick, wenn ich während meiner Wettkämpfe als erster die Ziellinie überschritt und die Prinzessin mir zujubelte!“
Murad Marat Hon sprang auf und schnappte sich Abdullah bei der Binde und keuchte, wie ein schizophrener Geistesgestörter, mit wechselnder Stimme: „Ich glaube, die Prinzessin steht auf Gewinnertypen wie mich! Ach wie gern würde ich ihr Herz gewinnen und gemeinsam mit ihr zum Frühstück aufwachen! Aber das scheint mir leider nicht vergönnt! Ge-statte mir also, aus diesem Grund, wenigstens eine kleine Freude!“
Abdullah legte unterwürfig seine Hand vor die Brust und verbeugte sich: „Jede, die der erste Leibläufer des Sultans, von mir verlangt!“
Murad Marat Hon winkte nachlässig mit zwei Fingern der rechten Hand und erklärte wie beiläufig: „Gut, so wirst du hingerichtet!“
Sein Spion empfing dieses Urteil, trotz des unbehaglichen Gefühls von eben, gelassen, denn er hatte augenblicklich einen Ausweg entdeckt, mit dessen Hilfe er dieser drohenden Ankündigung entfliehen konnte. Er kratze sich den Hinterkopf und entgegnete sachlich:
„Gemach, gemach, oh du oberster Verächter aller Schnecken und oberster aller Fußgänger, seid nicht zu vorschnell mit dem Richtschwert. Ich hörte da von einem Schnellläufer namens Mukhtar oh, du schnellster aller Wüstenwinde, der offiziell gegen euch antreten will. Der Sultan habe sein Interesse bekundet. Ich glaube, irgendwie steckt auch die Prinzessin mit dahinter…“
Murad Marat Hon stieß Abdullah von sich und bekam einen finsteren Gesichtsausdruck:
„So, so ein Schnellläufer, der mir den Rang ablaufen will, das ist gut, das ist sehr gut! Da bekommt ja mein Schnelllauf-Gen endlich wieder mal eine gebührliche Aufgabe. Aber, dass der Typ mit der Prinzessin, diesem zuckersüßen Ding, unter einer Decke stecken soll, das ist schlecht, das ist sehr schlecht!“
Abdullah glaubte Murad Marat Hon zu viel der Wahrheit zugemutet zu haben und versuchte die Sache zu verharmlosen:
„Man sagt: der Schnellläufer sei ein Geringer und obendrein noch klein, wie ein Zwerg, bucklig, wie eine Schildkröte und hässlich, wie die Nacht!“
Abdullah warf sich in die Brust und erklärte abschließend:
„Außerdem, so versicherte mir mein Informant, sei die Sache mit diesem Mukhtar und der Prinzessin rein platonisch!“
Murad Marat Hon lachte arrogant und niederträchtig: „Du glaubst doch nicht wirklich, dass diese Schildkröte ein ernst zu nehmender Gegner für mich sein wird? Bei allen Antilopen und Springböcken, ich habe alle besiegt, alle, die Rang und Namen haben, und da soll so ein Dahergelaufener…? – Nein, bei allem, was mir heilig ist, Ha, ha, ha. Ich lass mir doch von so einem Möchtegern-Schnellläufer, zumal alles nur platonisch sein soll, nicht die Show stehlen.“
Murad Marat Hon verfiel nun in ein dummes Gelächter. Abdullah schaute ihn furchtsam an, da er wusste, dass das nichts Gutes zu bedeuten hat. Murad Marat Hon wanderte mit boshaftem Blick, wie ein gefangenes Raubtier, hin und her, blieb plötzlich, wie im Sprung, vor dem Spion stehen, packte ihn erneut beim Kragen und zischte:
„Du lässt diesen Mukhtar, oder wie immer der auch heißen mag, nicht mehr aus den Augen! Verstanden! Du, du, du..!“
Da dem Schnellläufer keine neuen Schimpfworte einfielen, winkte er nur resignierend ab und flüsterte heiser:
„Finde raus, was dieses Nichts mit der Prinzessin gemein hat, finde und bestich seinen Coach, berichte mir alle Zeiten seiner Trainingsläufe! Nimm fremde Gestalten an, mache dich unsichtbar, mir ist jedes Mittel Recht, aber finde alles raus, alles, einfach alles, was es über diesen Niemand zu finden gibt! Hörst du, alles…! Im Notfall kannst Du ihn auch aus meinen Augen schaffen! Meinetwegen ausweisen oder umbringen mir egal!“ Hörst Du, ausweisen oder umbringen…!“
 
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Kommentare  

Murad Marat Hon fühlt sich herausgefordert von Mukhtar und ist außerdem eifersüchtig auf ihn, weil er für die Prinzessin schwärmt. Er scheint außerdem ein ganz schöner Angeber und Tyrann zu sein. Schön flüssig und humorvoll geschrieben.

Else08 (11.02.2012)

Aha, der große Schnelläufer wird auf Muhktar aufmerksam. Sympathisch ist mir Murad Marat Hon aber nicht. Abdullah muss leider gehorchen. Da wollen wir mal sehen wie Mukhtar mit all dem fertig werden wird.

Gerald W. (08.02.2012)

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