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2 Seiten

IM GROßEN THRONSAAL: Der Despot

Fantastisches · Kurzgeschichten
Das Leben bei Hofe war frei jeglicher Last und voll des Wohlstandes. Alles geschah auf Geheiß des Sultans und nichts zufällig oder gar gegen seinen Willen. Kurz: Alles ging immer seinen gewohnten und sultanischen Gang. Der größte im Reich, war ein kleiner Mann, mit schwammigem Leib, unergründlichen Augen und sprunghaftem Wesen! Seine Leibesfülle verbarg er stets geschickt mit modischen und weiten Gewändern. Auf seinem Haupt thronte der mächtige Herrscherturban und er bedauerte es täglich, dass er nur 10 Finger besaß, um sie mit wertvollen Brillantringen zu besetzen. Seine täglichen Geschäfte bestanden aus lustlosem Regieren, belanglosen Audienzen sowie aus spannenden Hinrichtungen. Sein letzteres Freizeitvergnügen verlieh ihm den Ruf besonders böse und tyrannisch zu sein, doch das störte ihn wenig, weil er (allem Anschein nach) unter Realitätsverlust litt. So glaubte er ein besonders hohes Ansehen bei seinem Volk zu genießen und zu allem auch noch: Sultan aller Herzen zu sein.
Der Sultan hielt nichts von passiver oder aktiver Körperertüchtigung. Sport, egal in welcher Form, war ihm zuwider. Aber, indirekt schien er ihm doch wichtig, denn er diente ihm als alltägliches Mittel, um die Liste der Hinrichtungskandidaten immer gefüllt zu wissen!
Und es war Murad Marat Hon, sein erster Leibläufer, dem diese Aufgabe zu fiel, weil ein jeder seinen Kopf verscherzte, der einen Wettlauf gegen ihn verlor.
Die Wettlaufkandidaten indes wuchsen nicht auf den Bäumen oder nicht jeder, der gern lief, besaß auch das Bedürfnis oder den Ehrgeiz gegen Murad Marat Hon, diesen banausenhaften und einfältigen Profi-Läufer anzutreten! Kurzum: Nur die wenigsten der nationalen Laufelite, mochten gegen Murad Marat Hon laufen. Die Wenigen, die es aus Leidenschaft oder anderen ehrgeizigen Gründen taten, mussten ihren Entschluss mit dem Leben bezahlen! Und das sprach sich, obwohl alle Zeugen tot waren, dann doch irgendwie herum. So wurden nicht nur die Läufer knapp, sondern auch die Freiwilligen, die zum Schluss ganz ausblieben! Nun wurde, auch auf aller höchsten Ebene, guter Rat teuer. So ersann Rafid Raff El Gier, der zwar dem Finanzministerium vorstand, aber nichts unversucht ließ dem Sultan zu gefallen, einen Lauf, der, ob dieses Gerüchtes, im Volk bald als „Henkerslauf“ sehr gefürchtet war. Aber für diesem „Volkssport“ gab es ein Heer an Sklaven und für die leider kein Entrinnen! Die armen Delinquenten bekamen jedoch gnädiger weise noch eine Aussicht, ihr Leben zu retten! Jedoch diese Möglichkeit erwies sich als die Chance einer Maus, wenn sie von der Katze gefangen ist. Diese Chance war so fadenscheinig, dass sie unter dem Motto: „Lauf um dein Leben“ zu einem großen Trugschluss wurde.
Drohte jedoch mal ein Tag ohne Hinrichtung zu vergehen, so wurde des Sultans Blick trübe, seine Augen verloren ihre gewohnte herrschende Ausstrahlung, sein gekräuselter Backenbart, der seine mächtige Adler-nase, wie in einem Vogelnest thronen ließ, verlor alle Spannkraft und hing nach unten, wie gemähtes Gras, so dass es, selbst die vielen Edelsteine, Juwelen und Brillanten, nicht schafften, seinen Grimm und seine Entrüstung zu überstrahlen. Es waren die Tage, die sich leider immer öfter, wie ein leidvolles Jammertal, vor Sultan und Untergebenen auftaten. Tage, an denen weder von Murad Marat Hon noch von Seiten El Giers oder der Exekutive irgendwelche „strafwürdigen“ Personen geliefert werden konnten!
Und es waren die Tage, an denen der gesamte Hofstaat emsig wie ein Bienenvolk arbeitete, sich unauffällig verhielt, nachsann oder intrigierte, um in erster Linie nicht den eigenen Kopf zu verlieren, denn der Hinrich-tungsmanie des Sultans musste auch an solchen Tagen auf Biegen und Brechen geopfert werden.

Und da wollte es das Schicksal oder die Vorsehung, dass dem Sultan gerade an solch einem gefährlichen Tag die Kunde zu Teil wurde, dass sich eine fremde Person bei Hofe befindet, die sich freiwillig im Wettlauf gegen Murad Marat Hon messen und ihren Kopf verlieren wollte. Alle und alles im Palast atmete erleichtert auf, denn der Sultan rieb sich wunschgemäß beide Hände und rief voller Hochgefühl:
„Man möge unseren neuen Freund mit aller Wertschätzung begrüßen und ihn vor unsere Augen führen. Hach, wir sind so richtig unruhig, auch schon ein wenig aufgeregt und freuen uns auf den frischen Wind, der bald durch unseren Palast fegen wird! Ha, ha, ha!“
 
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Kommentare  

Der Sultan ist ein gelangweilter Mensch, bei dem Menschenleben gar nichts zählen. Schade, dass seine Tochter keinen Einfluss auf ihn nehmen konnte.

Gerald W. (15.02.2012)

Der ist ja ein schrecklicher Mensch, dieser Sultan. Ich wundere mich wie der zu so einer netten Tochter gekommen ist. Und wenn so schnell die Köpfe rollen, dann ist es nur zu verstehen, dass Murad Marat Hon, obwohl er siegesgewiss ist, trotzdem immer wieder ein wenig Angst vor einer neuen Herausforderung haben muss.

Else08 (11.02.2012)

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