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Lottogewinner gesucht

Amüsantes/Satirisches · Kurzgeschichten
„Lottogewinner gesucht“ lautete die Überschrift der Zeitungen im Kioskständer, an dem ich heute Morgen vorbei ging. Wieder jemand, der nicht mitbekommen hatte, dass er im Lotto gewonnen hat, dachte ich. Ich fragte mich, wie so etwas passieren konnte. Neugierig blieb ich dort stehen, um den Artikel zu lesen.
„Lieber Lottogewinner, melden Sie sich. Auf Sie warten fünf Millionen EUR.“ Fünf Millionen?! Wie kann man als Lottospieler nur so blöd sein und nicht darauf achten. Fünf Millionen! Ich ließ es auf der Zunge zergehen. Fünf Millionen, was man davon alles machen konnte. Ich hätte mir davon eine Eigentumswohnung gekauft, mit vier Zimmern, großer Küche und schönen Bad oder direkt ein kleines Haus. Vielleicht hätte ich mir noch eine kleine Zweitwohnung gekauft, in Berlin zum Beispiel, vielleicht auch in London. Meinen Eltern hätte ich was gegeben, auch einigen guten Freunden. Und danach hätte ich immer noch genug übrig, um ausgesorgt zu sein. Ich hätte dann in Teilzeit weiter gearbeitet, aber nur, damit es nicht zu langweilig würde. Fünf Millionen! Ich konnte es immer noch nicht fassen. Ich würde niemals so viel gewinnen, wenn aber doch, würde ich es garantiert merken.
„Nicht zu fassen“, meinte ich zu der älteren Kioskverkäuferin und zeigte auf den Artikel.
„Dat hab ich auch jedacht, als ich dat jelesen hab“, meinte sie.
„Haben Sie denn wenigstens wat jewonnen?“, fragte sie mich dann.
„Ich? Ich spiele kein Lotto“, meinte ich.
„Sie waren doch Freitag spät am Abend hier und haben einen Lottoschein ausgefüllt“, erzählte sie. „Wissen Se dat nicht mehr? Na ja, Sie waren ja schon ziemlich betrunken. Nit, dat Sie hier der Lottojewinner sind!“ Sie lachte und meinte den letzten Satz vermutlich scherzhaft. Ich war letzten Freitag auf einer Party und war wirklich ziemlich besoffen gewesen. Aber das war das einzige, woran ich mich noch erinnern konnte. Ich wusste am nächsten Morgen, als ich mit tierischen Kopfschmerzen aufwachte, nicht einmal mehr, wie ich überhaupt nach Hause gekommen war. Plötzlich wurde mir ganz mulmig.
„Ich habe wirklich einen Lottoschein ausgefüllt?“, fragte ich nach. Da gewesen schien ich wirklich zu sein, denn woher wusste sie sonst, dass ich so voll gewesen war. Aber ich hoffte, dass es mit dem Lottoschein nur ein Scherz war.
„Ja, Sie hatten misch da noch jefracht, welche Zahlen Se denn nehmen sollen. Da hatte ich noch jesacht, dat Se einfach den Tach und den Monat von Ihrem Geburtstach nehmen sollen, Ihr Alter, Ihre Schuhgröße, Ihre Hausnummer, die Hausnummer von Ihren Eltern und die 13, weil dat ja eigentlich ´ne Glückszahl ist. So hätte isch et jemacht. Können Sie sisch jar nit mehr erinnern?“
„Nein“, meinte ich nur kreidebleich. „Stehen da die Lottozahlen drin?“
Sie hielt mir die Zeitung hin und zeigte auf die Stelle. 4, 8, 13, 24, 31, 36, 44, las ich. Ich fand darin, mein Alter, meine Schuhgröße, meine Hausnummer…, all die Daten, die mir die Verkäuferin genannt hatte, wieder. Das passte alles.
„Ich… ich glaub, das sind meine Zahlen“, sprach ich langsam.
„Dat jibt et doch nich. Sich erst lustig machen und dann sind Se ´t selbst. Wo haben Se den Lottoschein?“
„Der muss irgendwo Zuhause liegen“, meinte ich.
„Na, wat stehen Se dann noch groß hier rum? Wie kann man so betrunken sein, dat man hinterher nicht mal weiß, dass man Lotto gespielt hat. Dafür müsste man Ihnen glatt die Ohren lang ziehen.“
Schnell rannte ich nach Hause. Die Arbeit war jetzt erst einmal unwichtig. Ich musste den Lottoschein finden und abgeben.
Ich suchte alles ab, doch ich konnte ihn nicht finden. Ich hatte ihn wohl im Suff verloren oder weggeworfen.
 
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Kommentare  

Moin, eine gelungene Geschichte. Und sehr
ärgerlich. Wahrscheinlich findet der Prot. den
Schein irgendwann wieder - wenn es zu spät ist.
Und schade, dass die Frau nicht Zeugin sein kann...


Sabine Müller (15.12.2012)

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