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Sebastian, eine Geschichte für Kinder und Erwachsene, Teil 1 von 3

Nachdenkliches · Kurzgeschichten
Bis vor einem halben Jahr waren Sebastian, seine Mutter und sein Vater eine ganz normale Familie gewesen.
Wenn Sebastian nach der Schule nach Hause kam, war seine Mutter meist schon vor ihm zu Hause. Sie arbeitete in einer Buchhandlung, aber nur in der Zeit, in der Sebastian in der Schule war.
Sein Vater kam erst am Abend nach Hause. Er war dann müde und mochte nicht mehr mit Sebastian spielen. Aber am Wochenende nahm ihn sein Vater manchmal mit zum Fischen. Oder sie gingen zu dritt irgendwo hin. Das war schön.

Aber nun war alles anders geworden. Sein Vater war arbeitslos.

Zuerst fand es Sebastian ganz gut, dass sein Vater nun immer zu Hause war. Manchmal saß er nach der Schule mit ihm vor dem Fernseher und kuschelte sich in seinen Arm. Fernsehen am Nachmittag hatte ihm die Mutter nie erlaubt.
Seine Mutter arbeitete nun den ganzen Tag in der Buchhandlung, sogar am Samstag. Am Abend kam sie mit einer großen Einkaufstasche zurück und verschwand in der Küche, um das Abendessen zu kochen. Sie hatte keine gute Laune.
„Wenigstens einkaufen könntest du“ sagte sie zu ihrem Mann. Aber das wollte Vater nicht. Er wollte nicht, dass die Leute sehen konnten, dass er so viel Freizeit hatte. Und kochen wollte er auch nicht. Das könne er nicht.
„Man kann alles lernen,“ sagte die Mutter „wenn man nur will“.
Da ging der Vater vom Tisch ohne fertig gegessen zu haben und schlug die Türe zu. Mutter ging in die Waschküche, um die Wäsche abzunehmen.
Sebastian blieb alleine am Tisch. Dann stand er auf und räumte das Geschirr weg. Er sah, dass seine Mutter zu viel Arbeit hatte mit dem ganzen Haushalt und mit ihrem Beruf. Er wollte ihr gerne helfen. Er merkte auch, dass sein Vater nicht eigentlich wütend, sondern traurig war.
Nein, es war nichts mehr so wie vorher.
Sein Vater begann anders auszusehen als früher. Er rasierte sich nicht mehr jeden Tag. Er saß manchmal den ganzen Tag im Trainingsanzug vor dem Fernseher. Und er lachte nie mehr. Das machte auch Sebastian traurig.
Er mochte sich nicht mehr zu seinem Vater vor den Fernseher setzen. Er ging lieber in sein Zimmer und las. Oder er ging vor das Haus und spielte mit den anderen Jungen.
Die waren aber älter als er. Sie spielten meistens Fußball. Manchmal durfte Sebastian mitspielen, manchmal musste er einfach zusehen. Wenn schlechtes Wetter war, spielten sie lieber zu Hause mit ihren Spielkonsolen.
Er hätte auch gerne eine Spielkonsole gehabt. Aber als er dies seiner Mutter sagte, fand sie, dass eine Spielkonsole viel zu teuer sei. Seit der Vater arbeitslos war, mussten sie mit dem Geld sparsam umgehen.
„Man kann nie wissen, wie lange das noch dauern wird“ sagte die Mutter. Danach traute sich Sebastian nicht mehr nach seinem Taschengeld zu fragen.

Einmal in der Woche rasierte sich sein Vater und zog sich vernünftig an. Dann gingen sie alle drei am Morgen zusammen aus dem Haus. Sebastian ging zur Schule, die Mutter in die Buchhandlung und der Vater auf das Amt. Es war ein wenig wie früher, obwohl Sebastian nicht genau wusste was das Amt war. Sonst ging sein Vater nie aus dem Haus.
Wenn der Postbote kam, holte er gleich die Post aus dem Kasten und riss die Briefe auf. Aber dann legte er sie wieder weg, auf einen Stapel, der immer höher wurde. Sebastian sah, wie traurig sein Vater war. Er fand keine neue Arbeit.
Auch Sebastian wurde immer trauriger. Sein Vater saß vor dem Fernseher und trank Bier. Und wenn die Mutter von der Arbeit nach Hause kam, gab es Streit. Er mochte nicht, wenn sich seine Eltern stritten. Er ging dann früh zu Bett und konnte lange nicht einschlafen.

Und dann passierte etwas.
 
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