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Böses Bärchen III

Amüsantes/Satirisches · Kurzgeschichten
Böses Bärchen
Wer hat Angst vorm Flohmarkt?





„Musst du unbedingt jetzt Wäschewaschen?“, fragte er genervt und drehte den Ton vom Fernseher lauter. „Immerhin warst du es, der die Cola über meine sauberen Klamotten gekippt hat“, gab ich im gleichen Ton zurück und verschwand im Badezimmer, bevor ich mir einen weiteren Spruch von ihm anhören musste. Ich genoss den Triumph, dass er mal nicht das letzte Wort hatte.
Eine Sekunde später stand ich wieder vor ihm. „Wo ist denn die Wäschetonne?“ Ohne ein Wort deutete er in Richtung Küche. Tatsächlich wurde ich dort fündig. „Was soll das nun wieder?“, fragte ich, inzwischen ebenfalls leicht angefressen. Dafür schien er jetzt wieder völlig entspannt. „Weil ich sonst nicht an die Flasche herankomme“, antwortete er. Betont ruhig und freundlich wies ich ihn darauf hin, dass ich die Cola auf sein ständiges Meckern hin ganz unten in den Kühlschrank gestellt hatte. „Die Cola schon. Aber der Rum liegt im obersten Fach und darum bist du auch selber Schuld, dass deine Klamotten jetzt fleckig sind.“
Er trank also Cola mit Rum. Na super. Und natürlich den teuren, den ich für besondere Anlässe aufgehoben hatte. Aber ich nahm mir fest vor, mich heute nicht von ihm ärgern zu lassen. Der Tag hatte so schön begonnen. Da ich am Wochenende gearbeitet hatte, gab es heute wenig zu tun und ich hatte mir erst einmal ein gemütliches Frühstück mit frischen Brötchen gegönnt. Dass er die Kaffeedose leer gemacht und einfach wieder in den Schrank gestellt hatte, nahm ich noch mit einem Schulterzucken hin. Als ich aber auch keine saubere Tasse mehr fand, da er sie alle benutzt neben der Spüle stehen ließ, spürte ich zum ersten Mal ein leises Grummeln in mir aufsteigen.
Schlimmer wurde es als ich schließlich unter der Dusche stand. Gerade hatte ich das neue Duschgel ausprobiert – das alte lasse sein Fell immer so stumpf aussehen, hatte er sich beschwert – da wurde das Wasser plötzlich eiskalt. „Ey, mach das Wasser aus!“, brüllte ich in Richtung Wohnzimmer. Leider streikt immer der Boiler, wenn man an zwei Stellen in der Wohnung das heiße Wasser aufdrehte. Natürlich wusste er das und natürlich hatte er auch mitbekommen, dass ich duschen wollte.
Da er auf mein Rufen nicht reagierte und der Strahl aus der Dusche eiskalt blieb, wickelte ich mich ins Handtuch und stampfte in die Küche. Er stand an der Spüle und ließ Wasser in die schmutzigen Tassen laufen. Sein ebenso unschuldiger wie fragender Blick musterte mich von oben bis unten. „Ästhetische Gründe kann die Evolution nicht gehabt haben als sie euch kein Fell hat wachsen lassen“, murmelte er und zog die Stirn kraus.
Viel zu deutlich spürte ich, wie meine gute Laune sich unwiederbringlich in Luft auflöste und stattdessen unangenehmer Gereiztheit Platz machte. Da ich die Antwort kannte, verzichtete ich darauf, ihn zu fragen, warum er unbedingt jetzt abwaschen wollte. Dabei machte er doch nie irgendetwas im Haushalt. Außer natürlich, er konnte mich damit irgendwie auf die Palme bringen. Dabei verwendete er so viel Spülmittel, dass der Schaumberg selbst dem Brocken alle Ehre machte und auch das Wasser sämtlicher Stauseen des Harzes schwamm mittlerweile auf meinem Küchenboden. Das aufgestapelte Geschirr erinnerte allerdings mehr an den schiefen Turm von Pisa.
Während ich noch überlegte, ihm zu verbieten, in Zukunft seine Tatzen von jeglicher Hausarbeit zu lassen und ob vielleicht gerade das der tiefere Sinn seiner ansonsten sinnlos erscheinenden Aktion war, plumpste er plötzlich kopfüber ins Spülbecken, fand keinen Halt im glitschigen Nass und japste dramatisch nach Luft.
Ich vergaß den Spruch über die ästhetischen Gründe der Evolution und meinen sonstigen Ärger und zog ihn mit einem beherzten Griff aus dem Wasser. Nass und zitternd klammerte er sich an mir fest, plötzlich nicht mehr vorlaut und mit großer Klappe, sondern erschrocken und verängstigt. „Warum kannst du dich eigentlich nicht einmal benehmen wie normale Kuscheltiere auch?“, fragte ich ihn und stellte fast ein wenig enttäuscht fest, dass mein ganzer Ärger wieder verflogen war.
„Diesmal“, schluchzte er, „wollte ich echt nur helfen.“ Ich sah mich in der Küche um und schüttelte den Kopf. „Indem du mich unter der Dusche abschreckst wie ein hartgekochtes Ei und dann die ganze Wohnung unter Wasser setzt?“ Er habe mir beweisen wollen, dass er sich auch nützlich machen konnte, protestierte er kleinlaut. Schließlich hätte ich doch gestern diesen Artikel über Flohmärkte geschrieben und welch tolle Gelegenheit sie seien, sich von überflüssigen alten Sachen zu trennen.
„Und da hattest du Schiss, dass ich dich beim nächsten Mal an ein Kind mit zu viel Taschengeld und zu wenig Geschmack loswerde?“ Sein beleidigte Blick und vor allem das Ausbleiben einer spitzen Entgegnung zeigte mir, dass ich ziemlich genau ins Schwarze getroffen hatte. In einem Anflug von Mitleid nahm ich ihn fest in die Arme und flüsterte dann: „Glaub mir, es gibt kein Kind, dem ich das antun würde.“
Den Rest des Abends – jedenfalls den Teil vom Abend, der übrig blieb, nachdem ich die Küche aufgeräumt hatte – verbrachte ich dann gemütlich mit einem Glas Cuba Libre vor dem Fernseher. Er verbrachte des Rest des Tages auf dem Wäscheständer, um nach dem unfreiwilligen Bad zu trocknen. Seinen Protest gegen die zwickenden Wäscheklammern überhörte ich, denn schließlich waren sie meine Versicherung, dass es keine weiteren unliebsamen Zwischenfälle geben würde.
 
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