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Mutter Specht hat Prinzipien

Kurzgeschichten · Für Kinder
Mutter Specht hat Prinzipien

Mutter Specht hatte ihren Baum gefunden. Eine stolze, hohe, breite und schön gewachsene Eiche im Park sollte es sein; genau dieser und kein anderer Baum und niemand und nichts würde sie aufhalten hier ihr Heim zu bauen. Sogleich machte sie sich ans Werk, behackte und behämmerte den mächtigen Stamm. Der Eichenbaum entdeckte den Störenfried und entschied: NEIN!
Den ganzen Tag schuftete Mutter Specht bis sie nicht mehr konnte und ihr der Kopf weh tat und als ob das nicht genug war, hörte sie zwei Bäume weiter im Süden den Kuckuck nach ihr rufen, der in einem Nest wohnte, das er nicht selbst gebaut hatte: „Dummkopf, Dummkopf Dummkopf!“ Sie mochte kaum glauben was sie da hörte und zwei Bäume weiter im Norden gab´s auch Gelächter, hier von einer Gruppe Tauben. Die hatten zu Mutter Spechts Getrommel getanzt und lachten HU-HU-HU-HUUU.“ „Lacht nur, dumme Vögel“ schimpfte sie und zum Kuckuck, der sein schönes Federkleid sortierte, „ich arbeite wenigstens hart, baue mir meine eigene Wohnung mit meines eigenen Schnabels Kraft und wie leben sie und ihre Familie?“, und frech kam´s zurück, „mal hier, mal da, hab keinen Ort, bin heute hier und morgen dort, für Familie keine Zeit, Kinder gar viele, weit und breit“, „und ich hab Prinzipien“, schrie sie empört über diese Unverschämtheiten ihrer Nachbarn und kaum hörbar klang´s aus den Tiefen des Baumstammes: „ Prinzipien, Prinzipien, Prinzipien.“
Am nächsten Morgen, kurz nachdem die Sonne aufgegangen war, nahm Mutter Specht wieder ihre Arbeit auf, hackte und hämmerte wie wild und der Baum schaute an sich herunter, entdeckte den Störenfried und entschied: NEIN!
Der Abend kam, Mutter Specht stöhnte und lehnte ihr schmerzendes Köpfchen gegen das Holz und der Kuckuck zwei Bäume weiter südlich rief erneut, „Dummkopf, Dummkopf, Dummkopf“!, bis er vom vielen Rufen ganz erschöpft - er hatte nämlich den ganzen Tag gerufen – im fremden Nest einschlief und die Tauben, zwei Bäume weiter nördlich, wippten noch immer zu Mutter Spechts längst verstummtem Getrommel und lachten „HU-HU-HU-HUUU“ und die schrie trotz des Kopfwehs, „ich hab Prinzipien!“,
Ganz ermattet schlief sie ein und hörte nicht mehr das dumpfe Echo aus dem Baumstamm klingen: „Prinzipien, Prinzipien, Prinzipien.“
Am nächsten Morgen kam Vater Specht herbei geflogen. Er setzte sich zwei Äste über Mutter Specht, die ihn gar nicht kommen sah, ihn ignorierte und bereits mit aller Kraft wieder auf den Baumstamm einhackte und hämmerte, während der Baum an sich hinabblickte, den Störenfried erneut wahrnahm und entschied: NEIN!
Vater Specht flog über den schmalen Bach, der durch den Park floss und Bäume, Sträucher und Blumen gleichermaßen mit Wasser versorgte. Auf der anderen Seite ließ er sich auf einer Buche nieder und begann daselbst eine Höhle in den Stamm zu hämmern. Drei Tage später war das Werk vollendet; eine wunderschöne, geräumige Wohnstube wartete darauf eingerichtet und bewohnt zu werden. „Mutter Specht“, rief er, Tag um Tag, denn er konnte die Wohnstube nicht verlassen, da andere Vögel am neuen Heim ebenfalls interessiert waren. Doch Mutter Specht hörte seine Stimme nicht, weil sie vor lauter Hämmern und Streiten mit den Nachbarn Vater Specht völlig vergessen hatte. Sobald sie etwas hörte, schrie sie nur: „Ich hab Prinzipien!“, und aus der Tiefe des Baumstammes klang´s dumpf hervor „Prinzipien, Prinzipien, Prinzipien ..“
Schließlich konnte es ihr kleines Herz nicht mehr verkraften; sie fiel von der mächtigen Eiche hinab ins Gras und die Engel trugen sie zum Herrgott. Der weckte sie auf. Sie schimpfte gleich los „ich muss meine Wohnung bauen, hab keine Zeit zum Streiten.“ Der Herrgott zeigte mit dem Zeigefinger hinab zur Erde: "Dein Mann hat die Wohnung gebaut.“ Da pickte sie wütend in die Hand des Vaters und schrie: „Ich hab Prinzipien!“
Was glaubt ihr wohl was geschah? Es gab einen fürchterlich lauten Donner und Blitze schleuderten Mutter Specht hinab zur Erde und das gesamte Universum schrie:
Dummkopf, Dummkopf, Dummkopf!
 
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Kommentare  

Wieder eine allerliebste Tiergeschichte, die man
auch leicht auf die Menschen übertragen kann.
Gruß von


rosmarin (15.06.2023)

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