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9 Seiten

Auf der anderen Seite der Welt

Romane/Serien · Spannendes
20 Januar 2001, Meldung Herald Tribune
Dr. Amos Crowley, für den zweiten Nobelpreis nominierter, amerikanischer Wissenschaftler emigriert nach Deutschland.
Es gehen Gerüchte rund um die Universität von Columbia, dass Dr. Amos Crowley, ins Rampenlicht der Forschung getretener Spezialist auf den Gebieten der Nuklearmedizin, Bioenergetik und Astronomie, den USA zumindest für einen gewissen Zeitraum den Rücken zukehren wird. Nach unbestätigten Meldungen aus Universitätskreisen, hat der allseits hoch anerkannte Forscher, ein Anwesen in Westdeutschland, genauer gesagt, eine mittelalterliche Burg am Rhein, erworben.

12 Februar 2001, Deutschland, St. Goarshausen

Der Regen ging böenartig über den mächtigen Fluss, der sich zwischen schroffen, spärlich begrünten Berghängen hindurch ausbreitete. Die seit Tagen anschwellenden starken Niederschläge, hatten den Fluss an vielen Stellen über das Ufer treten lassen. Die Strassen die, die Ortschaften direkt an ‚Vater Rhein' miteinander verbanden, drohten, bald nicht mehr in Betrieb zu sein, denn der Pegel des Wassers stieg immer höher. Plötzlich auftauchender, dunstiger Nebel, tauchte die uralten Dörfer entlang des großen Stroms in eine graue Suppe, die sie surrealistisch erscheinen ließen. Der amerikanische Professor und seine beiden Assistenten Dr. Judith Winter und Dr. Ben Pritchard, konnten das alte Gemäuer hoch über dem Dorf nur erahnen, das sie gerade durchquerten. Ihr komfortables Wohnmobil wurde von drei LKWs mit Überseecontainern gefolgt, die ein komplettes Labor für wissenschaftliche Versuchszwecke enthielten. Trotz der anstrengenden Reise hatte es sich Dr. Crowley, der bei weitem ältere, der drei Forscher, nicht nehmen lassen, den Konvoi anzuführen und saß selbst am Steuer des Wohnmobils. Müde, aber gleichzeitig begehrlich, das alte Gemäuer endlich mit eigenen Augen zu sehen, dirigierte er den Konvoi die kleine, holperige Landstrasse entlang, die sich zur Burg hinaufschlängelte. Seine zwei Mitarbeiter dachten, er hätte seine kurzfristig gekaufte Immobilie wenigstens schon einmal besichtigt, doch das war nicht der Fall. Dr. Amos Crowley, von seinen beiden Assistenten mehr liebevoll ‚The Crow', hinter seinem Rücken tituliert, hatte das alte Gemäuer aufgrund von Photos, von einem international tätigen Immobilienhai erworben. Nach ca. zehnminütiger Fahrt im Kriechgang den Berg hinauf, erschienen die Umrisse der alten Wehrbefestigungsanlage durch ein Meer von Nebelschwaden. Dr. Judith Winter, die ihren Chef von der Seite musterte, betrachtete mit leichten Schaudern, wie sich das fahle Mondlicht auf der Narbe vom Kinn bis unter das rechte Auge des Professors immer wieder kurz spiegelte. Ein Chemieunfall vor 30 Jahren, der Professor war schon immer experimentierfreudig gewesen. Ein Mann im dunklen Anzug, erwartete sie schon am Portal vor der Zugbrücke.
"Ah, Dr. Crowley, und wie ich sehe, nicht nur pünktlich, sondern auch mit komplettem Gefolge", säuselte der Mann im akzentfreien Englisch.
"Nun gut Mister Börner, dann wollen wir mal keine Zeit verlieren."

2

Drei Monate später. Der Wonnemonat Mai wärmt großzügig das malerische Flusstal, die Weinstöcke die in Terrassen nahe dem Strom angelegt sind, stehen im vollen Saft. Die neuen Burgbewohner haben in den vergangenen Wochen keine Kosten und Mühen gescheut, die Burg im inneren in ein Hightech-Zentrum zu verwandeln. Kurzfristig hatten sie alle, in der am fuße des Berges, gelegenen Gemeinde verfügbaren Handwerker unter Beschlag genommen und mit astronomischen Sonderprämien dafür gesorgt, dass sie erst einmal nur noch für den Innenausbau der Burg tätig wurden. Dementsprechend zügig war der Zauber geschehen und zwei von einander unabhängige Zellen, der Wohn- und der Laborbereich, waren im inneren des Mittelalters entstanden. Die meiste Arbeit hatte der Laborbereich, im Keller der Burg gelegen, gemacht. Für die Installation komplizierter Apparaturen der Medizin wie auch der Satellitentechnik, waren eigens aus den USA eingeflogene Spezialisten geholt worden, die auf die restlichen Handwerker, wie eine schwarz gekleidete militärische Spezialeinheit wirkten. Nun waren sie fertig, die gesamte Einrichtung wartete darauf, ihrer Bestimmung zugeführt zu werden.

Diesem Moment hatten vor allem Dr. Winter und Dr. Pritchard entgegen gefiebert, die sich zwar vorstellen konnten, was man alles mit den technischen Wunderwaffen im Keller der Burg anstellen konnte, aber dennoch das Ziel der Mission noch nicht kannten. An diesem Samstag abend, so hofften sie, würde die alte Krähe mit der Sprache rausrücken. Und sie sollten nicht enttäuscht werden.

Als um 19:00 Uhr die alte englische Standuhr im Besprechungsraum der Burg, die routinemäßige Lagebesprechung einläutete, ließ der Professor sich einen Whisky kommen, ein sicheres Zeichen dafür, das er in Verkündungslaune war.

"Meine liebe Judith, mein lieber Ben, jetzt ist der Moment gekommen, an dem ich meine treuen Helfer über den Sinn unserer Anwesenheit, hier an diesem windigen Örtchen, am schönen Rhein aufklären möchte. Da ihr beide nicht auf den Kopf gefallen seid, könnt ihr erahnen, was mit den ganzen Maschinen in unserem Keller möglich ist. Möglich, im Sinne von machbar." Er räusperte sich kurz und fuhr nach einem kleinen Schluck der goldbraunen Flüssigkeit fort:
"Es ist eine Reise in die Zukunft und eine anschließende Reise zurück in diese nette Behausung. Meine Wahl fiel auf diesen Ort, weil wir hier die nötige Abgeschiedenheit besitzen und CNN uns keine Reporter auf den Hals hetzen kann."

Ben und Judith schmunzelten über die letzte Bemerkung, wussten sie doch von der Verachtung, die der schrumpelige Alte für Journalisten übrig hatte.

"Es geht sehr weit in die Zukunft, für mich zumindest, bis zur nächsten Reinkarnation." Die beiden anderen starrten Dr. Crowley etwas ungläubig an, war der Alte auf seine alten Tage etwa auf dem Esoterik-Trip gelandet?

"Ja sie staunen, doch nichts ist so endgültig wie der Tod, glauben wir zumindest. Im Tod machen wir unsere wertvollsten Erfahrungen. Wir werden wieder eins mit dem Kosmos, die Energie des Geistes verbindet sich wieder mit der kosmischen Materie. Wir begreifen alles, jede Frage wird beantwortet, ohne Ausnahme.
Doch leider geht dieses Wissen wieder verloren, sollten wir durch ärztliche Hilfe wieder in das irdische Leben zurückgeholt werden. Jede Akte der Dokumentation, von sogenannten ‚Nahtod-Erfahrungen' bei Menschen, sagt dieses aus. Und doch berichten die Leute, von unglaublichen Erfahrungen, dem absoluten Wissen über die Entstehung unserer Erde. Sogar die Zusammenkunft mit einem höheren Wesen wird geschildert, dass Glückseligkeit spendet, zugleich aber auch keine Frage unbeantwortet lässt. Es vermittelt sozusagen umfassende Erkenntnis, und ist es nicht das, wonach wir alle streben?"

Judith Winter stellte mit zitteriger Hand ihr Wasserglas auf einem Beistelltisch ab. "Sie wollen ihren eigenen Tod inszenieren und wieder auferstehen?", sagte sie leise.
"Nun ja, so könnte man es sehen, wenn man den religiösen Aspekt nicht außer Acht lässt."

Jetzt war es an Ben, sich dazu zu äußern:
"Ein künstliches Koma wäre kein Problem, nur müsste man selbstverständlich eine Herz-Lungenmaschine für den Notfall besitzen und ein EEG einsetzen. Damit überwachen wir die Gehirnströme und hoffen weiterhin, sie so unter Kontrolle zu haben, das keine Apoplexie eintritt."

Judith verzog das Gesicht: "Das ist ja mal wieder typisch, das Mister Pritchard sofort zur Praxis übergeht, und was passiert, wenn das alles versagt? Dann haben wir hier einen mausetoten Nobelpreisträger auf dem OP-Tisch liegen. Und wer hat bereitwillig mitgemacht und assistiert?"

Der Professor hielt sein Glas hoch und schwenkte es leicht über den übereinandergeschlagenen Beinen.
"Falls sie irgend welche rechtlichen Konsequenzen befürchten, meine Liebe, so habe ich dem natürlich Sorge getragen." Er zog einige Unterlagen aus seiner abgewetzten Ledertasche. "Hier sind alle eidesstattlichen Erklärungen die besagen, das ich dieses Experiment unter ausschließlicher Nichthaftung dritter, sozusagen alleine unternommen habe."

Judith Winter traten sofort die Tränen in die Augen und sie erhob sich aus ihrem Lehnstuhl, um in die Arme ihres alten Lehrmeisters zu stürzen. Während sie ihn, immer noch in seinem Ohrensessel sitzend verzweifelt drückte, schluchzte sie stammelnd: "Sie Scheusal, Sie..."
"Na, Na wer wird den um einen alten Mann weinen. Ich bin mir 100% sicher, das ich zurückkomme, außerdem kann ich dann ja auch ihre Wissbegierde stillen,
n'est pas?"

Beide Untergebenen wussten, das nichts den Professor von einem einmal getroffenen Entschluss abhalten konnte, so blieb ihnen nichts anderes übrig, als ihm wie immer, behilflich zu sein. Das Gespräch ging zum Versuchsaufbau über. Nach einer Stunde, vereinbarte die Forschungsgruppe, das Wagestück am nächsten Morgen zu starten.

3

Die Bäume und Sträucher, die das alte Gemäuer umsäumten, glänzten unter den ersten Sonnenstrahlen im Tau. Die Burg umgab ein dunstiger Schleier, sie schwebte auf einer Wolke stehend, ein paar Meter über dem satten, wilden Grün das sich bis hinunter zum Fluss zog. Die drei Wissenschaftler nahmen ein kurzes Frühstück, bei dem kaum geredet wurde. Jeder der drei, hatte genug mit sich selbst, und dem bevorstehenden Abenteuer zu tun.
Die Frage: "Was wäre wen...", schwebte über allen, aber keiner hatte den Mut laut zu denken. Die beiden Assistenten fühlten sich erlöst, als der skurrile Alte das Schweigen beendete, indem er aufstand und die Tür zur Kellertreppe aufhielt. Im Labor angekommen, hielt er es für angebracht, noch ein paar erklärende Sätze zu formulieren, die seinen Gehilfen die Nervosität rauben und die Gewissheit zu vermitteln versuchten, an einem außergewöhnlich wichtigen, wissenschaftlichen Experiment teilzuhaben.

Der Professor lehnte an einem großen, einem Kühlschrank ähnlich sehenden Laborschrank.

"Die Wahrheit hat ein Gesicht. Zumindest in unserer Erinnerung. Wir sehen die Bilder, so wir sie empfunden haben, als wir sie sahen. Diese Erfahrung gilt es als erstes zu machen, und ich glaube das es wahrscheinlich, der für mich schmerzhafte Teil unseres Experimentes wird." Während er den zweiten Satz äußerte, betrachtete er etwas abwesend seine Fingernägel.
"Wissenschaftliche Studien haben ergeben, das ein sterbender Mensch im Zeitpunkt des Todes, sein eigenes Leben in Bildern an sich vorüber ziehen sieht. Unter der Voraussetzung, das der rechte Schläfenlappen am Kopf, sich in ordnungsgemäßen Zustand befindet."

Der gut geheizte Kellerraum lag im Halbdunklen, eine riesige Bildleinwand deckte eine Längswand des Gewölbes völlig ab. Davor der OP-Tisch und am Kopfende ein Beamer, der die Gedankenbilder des Professors projizieren würde.

Dr.Pritchard schaltete die Arbeitsbeleuchtung ein, die den gesamten Raum in ein bläuliches, aber dennoch klares Licht tauchte. Der Professor begann die nächste Phase des Projektes zu erläutern.

"Nach der Phase der Erinnerung, folgt die Phase des kosmischen Glücks. Ich habe sie so getauft, weil aller Voraussicht nach, die Farbe Orange eine große Rolle spielt, und positive Emotionen wie Wärme, Geborgenheit bei mir aufkommen werden. Sie Ben werden probieren, auch diese zu visualisieren, durch den sogenannten ‚Dream-catcher', der besonders die Empfindungen in meinem Unterbewusstsein an den Tag bringen wird. Ihnen Judith kommt vor allem gegen Ende dieser Phase die Aufgabe zu, die Tätigkeit der Herz-Lungen Maschine so anzupassen, das die Biologie uns nicht im Stich lässt."

Dr. Judith Winter senkte kurz den Blick, um den alten Mann umso entschlossener ins Antlitz zu blicken. Der Professor hatte sich den Schädel rasiert, so das der Elektrodenkranz bestens an der Kopfhaut haften würde. Er war nackt unter seinem Bademantel, da er während seines künstlich inszenierten Todes, die Kontrolle über alle Muskel verlieren würde, was die Ausscheidung von Fäkalien unumgänglich machte.

"Die dritte Phase nenne ich die Phase der kosmischen Erkenntnis. Diese dürfte die bei weitem interessanteste Erfahrung unseres kleinen Experimentes werden. Ich habe einen bestens sortierten Fragekatalog entworfen, den Sie auch besitzen. Er deckt weiträumig das medizinische Fachgebiet ab, speziell die Bekämpfung von Immunschwäche, Krebs etc. Der nächste Themenkomplex gilt der Katastrophenforschung, der Früherkennung von Naturkatastrophen und gesellschaftlicher Katastrophen, wie Krieg und Terrorismus. Ich werde mich später, meinem kleinen Hobby zuwenden und Fragen über den Kosmos, unser Universum stellen. Das wichtigste dabei ist, wie sie wissen, die lückenlose Dokumentation dieser Bilder, nichts darf verloren gehen! Wir stehen mit diesen Forschungsergebnissen in der Hand, höchstwahrscheinlich an der Stufe zu einer neuen Ära für die gesamte Menschheit."

Dr. Pritchard überkam das Gefühl, eine Zigarette rauchen zu müssen, obwohl er sich das Laster vor drei Jahren abgewöhnt hatte. Antworten auf Fragen von solch globalem Wert, würde das Forschungsteam zu den Megastars der gesamten Welt machen. Er sah sich bereits in völlig überlaufenen Universitäten Vorträge halten und lächelte selbstverliebt in sich hinein. Des Professors Erläuterungen zur Endphase des Experiments, brachten ihn wieder auf den Boden der Realität.

"Während der Rückholphase muss eure gesamte Aufmerksamkeit dem vegetativen Nervensystem gelten." Der Professor zog aus einer Schublade eine Spritze mit einer 10 Zentimeter langen Injektionsnadel hervor.
"Ihnen Judith vertraue ich diese Adrenalin-Bombe an. Sollte das EEG abkippen, stoßen Sie mir die Nadel direkt ins Herz, sozusagen als Notbremse."

Dr. Winter wurde leicht blass um die Nase, angesichts der einsatzbereiten Spritze, die ihr der Professor in die Hand drückte. Sie bereute in das Projekt eingewilligt zu haben, den der alte Mann war weit mehr, als nur ein Vorgesetzter für sie.

"So meine Lieben, da nun jeder von Ihnen weiß, was zu tun ist, sollten wir beginnen: ‚Veni Vidi Vici', wir werden zusammen dem Tod ein Schnippchen schlagen und der Menschheit einen unschätzbaren Dienst erweisen!"

4

Der Professor legte sich auf den OP-Tisch und Dr. Pritchard brachte 27 daumennagelgroße Elektroden an seinem kahlrasierten Schädel an. Weitere Elektroden wurden im Bereich der Brust angelegt, alle möglichen futuristisch ausschauenden Apparate eingeschaltet, sowie ein Katheder gesetzt. Nachdem die Funktionsweise aller Maschinen nach einer Checkliste mit ‚OK' abgehakt werden konnten, kam der Moment der Spritze.

Zwei Milligramm Natriumpentobarbital reichten aus, einen Menschen in die ewigen Jagdgründe zu schießen. Judith Winter verabreichte ihrem Chef die Injektion, die den Atem des Professors flacher werden ließ. Auf Außenstehende hätte der Alte gewirkt, als ob er schliefe, so friedlich wie er da lag. Der Assistentin dagegen, brach der kalte Schweiß aus.

Plötzlich warf der Beamer riesige Bilder an die Längswand des Gewölbekellers. Zunächst sah man nur Rauch und Nebel, aus der sich langsam die Umrisse einer Stadt erkennen ließen, die wie durch den Zoom einer Kamera langsam größer wurden. Die Universität von Columbia, vor einigen Monaten. Die beiden Assistenten sahen sich selbst, wie sie im Institut für Medizin über die Tatsache lachten, das der Professor mal wieder vergessen hatte, sich Socken anzuziehen. Die nächsten Erinnerungen, zeigten den Professor in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, in seinem Eigenheim mit seiner Frau beim Abendessen - ein inniges Bild der Zuneigung. Waren die ersten Bilder zunächst schemenhaft auf der Leinwand aufgetaucht und dann immer schärfer geworden, so wurde die Abfolge der Bilder nun schneller. Amsterdam im Jahre 1942, an den Uferstraßen der Grachten wurden Menschen mit Koffern auf wartende Lastwagen verfrachtet. Weitere Schreckensbilder des zweiten Weltkriegs lösten sich in kurzer Reihenfolge ab. Die Bilder zeigten das, worüber Dr. Amos Crowley mit niemandem bisher gesprochen hatte, seine persönlichen Kriegserlebnisse als Heranwachsender unter dem Namen Amos Growling in den Niederlanden. Dann mehrere Bilder einer Frau in einem hochgeschlossenen, mit Spitzen besetzten Kleid. Das musste des Professors Mutter gewesen sein. Die Macht der Bilder entsetzte die Assistenten, beide hatten das Gefühl an etwas teilzuhaben, das nicht für sie bestimmt war.

Das digitale Aufnahmegerät neuester Generation, erhöhte seine Geschwindigkeit parallel dazu, wie der Trafo eines Fahrradfahrers der plötzlich zum Sprint übergeht. Der Bildersturm hielt noch eine viertel Stunde an, in der, der Körper des Professors ekstatisch auf dem Tisch zuckte. Dr. Winter überprüfte ständig alle wesentlichen Körperfunktionen ihres Chefs. Das plötzlich erscheinende Licht, tauchte das Labor in Orange und Wärme. Die Assistenten konnten gerade noch nach ihren Schutzbrillen greifen, bevor die Intensität der Farbe sie vollends blendete. Die Körpertemperatur des komatösen Professors erhöhte sich auf 40 Grad Celsius, wobei sich sein Körper völlig entspannte. Er schien zu lächeln.

Die Temperatur stieg weiter im Labor. Der Raum schien sich mit der zunehmenden Intensität der Farbe zu erhitzen. Obwohl die Arbeitsbeleuchtung noch an war, was Dr. Pritchard überprüfte, war nichts mehr von ihr zu sehen. Beiden Assistenten lief der Schweiß in Strömen vom Körper, nur der Professor schien nichts mehr von der ansteigenden Hitze zu merken, zumindest schwitzte er nicht. Das Labor wurde zum Glutofen, die Leinwand zeigte einen gigantischen Wasserfall immer neuer, oranger Wellen, die sich wie heiße Kaskaden in den Kellerraum zu entladen schienen. Das Wandthermometer zeigte 70 Grad Celsius an, Tendenz rapide steigend. Kurz darauf verbrannten sich die beiden hilflosen Wissenschaftler, die Finger an den glühend, heißen medizinischen Geräten.

Ein Funkenregen aus der Herz-Lungenmaschine ergoss sich über Dr. Winter, deren Arztkittel sofort Feuer fing. Dr. Pritchard tat das, in dieser Situation einzig richtige: Er griff sich seine Kollegin, verließ das Labor mit ihr und verriegelte die schwere Brandschutztür von außen. Nachdem sich der Nebel des Feuerlöschers gelegt hatte, fand er den Notschalter, der die Stromzufuhr zum Labor kappte. Die durch das Notsignal alarmierte Rettungsmannschaft, betrat Sekunden später den Vorraum des Labors.

Die Sanitäter fanden einen fassungslosen Mann, sowie eine hemmungslos weinende Frau zusammen gekauert in der Ecke des Vorraums vor. Dr. Pritchard war der erste, der seine Sprache wieder fand:

" Irgend etwas ist außer Kontrolle geraten, der Professor ist noch im Labor. Dort drinnen ist es heißer als in der Hölle." Dr. Winter löste sich langsam von ihrem Kollegen und stand auf. Ihr von Schweiß und Ruß bedecktes Gesicht, bewegte sich in Zeitlupe.
"Er ist verdampft und wir haben zugesehen."

Ein Feuerwehrmann im Schutzanzug schob einen Teststreifen unter der Brandschutztür durch und zog ihn nach ein paar Sekunden wieder hervor. Er blickte etwas ungläubig seinen Kollegen an, in der Hoffnung in seinem Gesicht, die Antwort auf seine Frage zu finden.

Der andere zuckte mit den Achseln und sagte:
"Komisch, da drin scheint es jetzt gar nicht mehr so heiß zu sein. Wir gehen mal rein."

Kaum hatte er die Tür geöffnet, drangen glucksende Geräusche an sein Ohr. Beide Männer tasteten mit dem Strahl ihrer Taschenlampen, nach der Quelle der Laute. Von dem völlig verkohlten OP-Tisch aus, lachte ein neugeborenes Baby die beiden verdatterten Feuerwehrmänner an.
 
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Kommentare  

Sehr nette SF- Story. gefällt mir wirklich gut.
Fünf Punkte vom Drachenlord


Drachenlord (15.11.2002)

Spannend geschrieben, keine Frage. Aber das mit dem Baby habe ich nicht verstanden. Warum ist der Professor nun ein Baby?
[Sabine Buchmann]



Jurorenkommentare (03.05.2002)

Brecht nicht gleich in Tränen aus, Eure Lordschaft. Diese Geschichte habe ich sogar als Allererste gelesen. Hier also der Kommentar: Feine Science Fiction, wie man sie von früher kennt und schätzt mit einer gradlinigen Handlung. Schöner Schreibstil und die Pointe am Ende war der Schuss Tabasco, der den wohlschmeckenden SF-Eintopf zu einem echten Festessen machte. Five Points und eine SPITZE! von mir dazu.

Stefan Steinmetz (12.04.2002)

Eine kleine Perle, aber offensichtlich hat niemand Interesse, diese Story zu lesen. Schade, schade, schade ....

Lord B. (08.04.2002)

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