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4 Seiten

Fornax

Fantastisches · Kurzgeschichten
Unweit des Zentrums der Galaxie HW 21 strahlte ein unglaublich dichter Sternhaufen sein Licht in die Unendlichkeit. Hinter dem kalten funkeln tausender Zentralgestirne zogen Planeten ihre ewigen Bahnen. Die "Mission", ein extrem schneller Raumgleiter, schoss auf ihr Ziel zu. Ihr Pilot, Soldat Hollister, aktivierte die Abwehrschirme und war damit praktisch unsichtbar, ganz gleich mit welch modernen Spürsystemen man ihn auch zu orten versuchte. Alles Routine. Ein neuer Horchposten in den Weiten des Kosmos. Planeten belauschen und dabei selbst unsichtbar bleiben, so war seine Aufgabe definiert. Und er hatte viele Kollegen die genau wie er in den Tiefen des Alls kreuzten. Er wusste, dass er nie zurückkehren konnte. Seine Erkenntnisse, würden als lichtschnelle Botschaften, in einer weit weit entfernten Zukunft die Erde erreichen.
Aller nur erdenkliche Komfort an Bord seines Gleiters und das immer wieder faszinierende Wunder neuer Welten, waren der Lohn für seine Abgeschiedenheit, für ein Leben ohne Kontakt zur eigenen Rasse. Und dieses Leben währte bis zu seinem Tod. Doch Soldat Hollister klagte nicht. Er genoss die Annehmlichkeiten seines Daseins, genau so, wie er seinen Auftrag ernst nahm und bis zur letzten Konsequenz erfüllte. Auf seiner endlichen Reise galt es, die Bewohner dieser Galaxie zu ermitteln, zu beobachten, den Grad ihres technologischen Fortschritts festzustellen, ihre Verhaltensweisen, sowie ihre physische Erscheinungsform zu dokumentieren. Er gab seinem neuen Forschungsobjekt den Namen "Fornax".


Es war kalt auf dieser Welt. Eisige Stürme fegten über die zerklüftete Oberfläche, liessen das Vorhandensein lebender Organismen auf den ersten Blick als unmöglich erscheinen. Doch die Signale waren eindeutig gewesen. Dieses Leben musste sich nicht unbedingt im sichtbaren Bereich des Planeten abspielen. Denn dazu hätte es einer Existenz bedurft, die beispielsweise eine Temperatur von minus 160° schadlos überstehen konnte. Natürlich hatte er derartige Lebensformen schon entdeckt. Doch die Widrigkeiten dieser Welt beschränkten sich nicht nur auf die Oberflächentemperaturen. Wie die ersten Analysen bestätigten, gab es kaum feste Landmasse. Riesige, bis zu einer Tiefe von zweihundert Metern zugefrorene Meere, bildeten eine undurchdringliche Schale. Nur auf der Äquatorlinie erhoben sich teilweise schroffe Gebirgszüge, so als seien Sie aus dem ewigen Eis herausgewachsen. Nein, wahrlich keine einladenden Bedingungen. Soldat Hollister überlegte, ob er eine Sonde nach unten schicken sollte, dorthin wo er das Leben vermutete. Im Wasser, unter der gigantischen Schicht aus Eis. Er durfte keinesfalls durch eine solche Aktion entdeckt werden. Doch seine Instrumente an Bord lieferten ihm nur unzulängliche Daten. Er musste es wagen. Dazu wählte er eine mit Aerosol gefüllte, torpedoähnliche Sonde aus. Die kontrollierte Abgabe dieses hochexplosiven Gemisches würde sich lautlos einen Weg durch das Eis schmelzen. War sie erst einmal auf dem Grund des Meeres angelangt, aktivierten sich ihre akustischen und visuellen Systeme. Aber um diese Daten auswerten zu können musste er den Fisch zurückholen.
Mit grösster Sorgfalt bereitete er das Unternehmen vor. Drei Tage waren für die Schnüffelreise vorgesehen. Während dieser Zeit konnte er seine Bedürfnisse nach Unterhaltung und sexueller Entspannung geniessen. Bevor er sich zurückzog kontrollierte er in der Kommandozentrale noch einmal alle Systeme. Der Start der Sonde verlief problemlos und kurze Zeit später drang sie in den Panzer des gefrorenen Ozeans.
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Das larvenähnliche Wesen zog seine Saugnäpfe aus den Proteinkulturen die unter dem Schlamm des Meeresbodens gediehen. Seine empfindlichen Sensoren meldeten die unbekannte Wärmequelle. Fast gleichzeitig trafen die Meldungen tausender Geschöpfe auf telepathischem Weg in der Leitzentrale des gewaltigen Höhlensytems ein.
"EINDRINGLING!"

In den meisten Alarmfällen waren es harmlose Besucher aus den Weiten des Alls, wo sie über Jahrmillionen herrenlos umhergeirrt waren. Und plötzlich, eingefangen von der starken Anziehungskraft des massereichen Kerns von Fornax, bohrten sie sich mit unvorstellbarer Energie in das harte Eis. Die dabei freiwerdende Reibungshitze zerschmolz sie und nur ganz wenigen, grossen Exemplaren gelang es, bis auf den Grund zu gelangen.
Doch die Bewohner von Fornax erkannten schnell, dass es sich diesmal um den Schnüffler einer fremden Intelligenz handelte. Sie hatten nicht viel Zeit, um die in einem solchen Fall notwendigen Vorbereitungen zu treffen. Der Späher sollte ein absolut totes Meer vorfinden und die vorher durchgeführten Analysen als Fehlschlag erscheinen lassen.
Als die Sonde die Wassergrenze erreichte, lastete ein ungeheuerer Druck auf ihrer titanlegierten Ummantelung. Kaltes, blaues Licht aus gasgefüllten Scheinwerfern, erhellte einen Halbkreis von gut zwanzig Metern. Eigenartige, in der Tiefenströmung des Wassers, sich träge hin und her bewegende Gebilde wurden von den Aufzeichnungsgeräten erfasst. Der gesamte Meeresboden war damit bedeckt und einem U - Boot gleich, glitt die Sonde lautlos durch diesen Wald aus wurmähnlichen Gewächsen. Eine unheimliche Reise durch die Finsternis des Planeten Fornax begann.




Soldat Hollister tauchte ein in das Reich seiner virtuellen Spielgefährten und Erlebniswelten. Ein wohliger Seufzer entrang sich seinen Lippen, als er die warme Sonne des tropischen Eilandes auf seiner Haut fühlte. Zeit und Raum waren nun bedeutungslos für ihn und nur der programmierte Timer sorgte dafür, dass er rechtzeitig in die reale Umgebung des Schiffes zurückkehrte. Sein Körper ruhte während der Auszeiten in einer schalenförmigen Mulde, die seine Erfinder "Mutters Schoss" getauft hatten. Mittels einer kapuzenförmigen Kopfbedeckung wurde die sensorische Verbindung hergestellt, während gleichzeitig eine Armmanschette den Körper des Reisenden mit Nährflüssigkeit versorgte.

Während der Sprünge von System zu System, oder von Planet zu Planet, verbrachte er zweidrittel seiner Reisezeit in diesem Refugium. Da er dabei langsamer als auf der Erde alterte, war seine Lebenserwartung und damit auch sein Einsatz im Dienst der Erde auf die dreifache Zeitspanne verlängert. Natürlich verhinderte eine sogenannte "Death Line"-Sperre die Einstellung des Timers auf unbegrenzte Benutzung des Simulators. Vor Einführung dieser Sicherheitsschal-
tung war manches Schiff vorzeitig verloren gegangen. Die Versuchung für einsame Piloten war einfach zu gross gewesen.
Nichts störte die Stille im Innern der "Mission", die im Orbit des Planeten Fornax ihre Bahn zog. Drei Tage waren vergangen. Eine leiser Summton kündete Hollisters Rückkehr an.
Gestärkt und wohlig ermattet zugleich nahm der Reisende, wie immer in solchen Fällen, eine gründliche Inspektion des Schiffes vor. Alle Systeme arbeiteten einwandfrei und der ausgesandte Späher war bereits auf dem Rückweg. Zufrieden lächelnd erwartete er die Rückkehr der Sonde. Bevor sie an Bord durfte erfolgte eine gründliche Überprüfung auf fremde Organismen. Sicherheit war oberstes Gebot. Doch im Augenblick sorgte er sich um die Energievorräte in den Tanks des Torpedos. Das Eis erneut zu durchbrechen war keine leichte Aufgabe. Er atmete erst auf, als das Gefährt die dichte Wolkendecke des Planeten durchstiess. Auch die Zusammensetzung dieses Klimagürtels entschied über die künftigen Kolonisierungsmöglichkeiten für den Menschen.
Nun da alles gut gegangen war, richteten sich die Gedanken des Reisenden bereits auf das nächste Ziel. Und dazwischen lagen für ihn diese wunderbaren Traumwelten, ohne die sein einsames Leben unerträglich gewesen wäre.
Die Untersuchung der Sonde auf eine eventuelle Verseuchung verlief negativ. Über die vorgesehene Schleuse gelangte sie wieder an ihren ursprünglichen Platz, bereit für die Überspielung der Daten zur Erde und, nach dem Auffüllen des Treibstoffs, bereit für den nächsten Einsatz.

MehrereTage verbrachte er mit der Analyse der gewonnenen Daten. Irgend etwas beunruhigte ihn. Sein Stirnrunzeln nahm zu, als er die endgültigen Ergebnisse vorliegen hatte. Ein toter Planet? Er konnte es nicht glauben. Musste er eine zweite Expedition durchführen? Nein! Alle Messwerte waren eindeutig, ebenso wie die von den Kameras gespeicherten Bilder. Achselzuckend schloss er seine Arbeit ab. Wenn auch nur in wenigen Ausnahmen, so war es doch schon vorgekommen, dass manche der fremden Welten ihre Geheimnisse nicht preisgaben.
Er unterdrückte ein schales Gefühl und gab die Koordinaten für sein nächstes Ziel in den Bordcomputer ein. Der Planet Fornax blieb zurück und verlor sich langsam aber merklich in der Weite des Universums. Nach einem letzten Bord-Check kehrte der Raumfahrer zu den Gefährten seiner Phantasie zurück. "Mutters Schoss" umfing ihn, und nur seine Atemzüge waren bis auf weiteres das einzige Geräusch im Innern des Schiffes.

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Im schwachen Schein der Notbeleuchtung gedieh das fremde Wesen. Längst hatte es den Mantel der Sonde gesprengt. Eine mikroskopisch kleine Zelle, deren Existenz unbemerkt geblieben war, teilte sich wieder und immer wieder. Was sie gebar füllte nach und nach die Hohlräume des Gleiters. Soldat Hollister ahnte nichts von der Rache der Fornaxianer. Er war dem Tod geweiht.
 
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Kommentare  

Eine interessante Geschichte. Hat mir gut
gefallen.


Böhm,Michael (15.06.2001)

präzise geschrieben, gefällt mir gut

schwaen (08.03.2001)

AlIEN!!! :-)

 (07.03.2001)

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