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3 Seiten

Eine Geschichte in Konjunktiven

Amüsantes/Satirisches · Kurzgeschichten
© ThiloS
Jeder kennt diesen Zeitgenossen. Ich sitze in meinem Büro, simuliere ein wenig Arbeit, schiebe Papierstapel von einer auf die andere Seite (mache ich morgen - ganz bestimmt) und bin ansonsten mit dem Universum im Einklang.

Und da geht die Tür auf. Es ist Superschwätzer, nach seiner Ansicht mein bester Freund, der an einem Überhang Zeit leidet und mir nun unbedingt ein Gespräch geben will. Er will es nur ganz kurz machen, quasi mal kurz was fragen, also, nicht daß ich denke, es wäre etwas wichtiges, er will mich auch nicht lange von der Arbeit abhalten, ich hätte ja schließlich noch was anderes zu tun, wäre schon klar, hehe, also nur ganz kurz und ich könne ruhig sagen, wenn es jetzt schlecht wäre, kein Problem.

Also sage ich brav: Rüdiger, im Moment ist es schlecht.

Und genau das ist die falsche Antwort.

Denn jetzt hat mich Rüdiger am Schweif. Was ich mache, will er wissen und wie die Geschäfte, hehe, so gehen und eigentlich will er nur kurz fragen, was ich am Sonntag Abend vorhabe, weil, er hätte da eine Idee, das hätten wir schon lange nicht mehr gemacht und seine Frau sei nicht da und da hätte
er Zeit, weil ich ja wüsste, daß sie es nicht so gern sieht, wenn er mit mir unterwegs ist aber das "treibt" er ihr noch aus (nach 15 Ehejahren!) und eigentlich hätten wir das schon letzte Woche machen können, aber da hätte er mich nicht erreicht, ich wäre überhaupt so schlecht erreichbar in letzter Zeit, obwohl, wäre auch egal, weil er letzte Woche eh nicht so richtig auf dem Damm war, also eine leichte Grippe, also nichts Ernstes, da hätte er schon ganz andere Krankheiten gehabt, wenn er da an die Darmgrippe im Herbst dächte, oioioi, sein lieber Scholli, da wäre er ja stunden- ach was TAGELANG nicht mehr vom Topf gekommen, obwohl, das könnte auch eine Virusinfektion gewesen sein, weil er kurz vorher mit seiner Frau beim Chinesen gewesen wäre und man kenne das ja, man wisse ja nie, was diese kleinen gelben Typen in ihr Essen werfen, da hätte es in Düsseldorf mal so einen Fall gegeben, da hätten die eine Katze verwurstet, das hat ihm sein Schwager erzählt, der kommt nämlich aus Düsseldorf, also jetzt nicht Düsseldorf direkt, sondern aus so einem Vorort, aber er könne sich den Namen nicht merken, obwohl er sich normalerweise gut Namen.....

Ich überlege unterdessen, wieviel Jahre Knast es gäbe, wenn ich jetzt Rüdiger mit dem Brieföffner anfiele und ob das Mord oder nur Totschlag oder vielleicht sogar Notwehr wäre, bevor mir Blut aus den Ohren liefe und eigentlich würde sich Rüdigers Kopf ganz gut an der Wand zu meinem Büro
machen, so als Abschreckung für andere Babbeltaschen und ob es wohl Leute gibt, die Menschenköpfe ausstopfen oder schrumpfen, aber da müsste ich wohl an den Amazonas, wieviel das wohl koste.......

"ThiloS?"

"Hmm? Was?" Völlig in Gedanken über die für Rüdiger passende Todesursache habe ich garnicht gemerkt, daß er seinen Strom kaskadenartig sprudelnder Gedankengänge für einen Moment unterbrochen hat, da er augenscheinlich meine um den Brieföffner gekrallte Faust bemerkt hat.....

"Hörst Du mir überhaupt zu?"

"Jaja, aber komm jetzt mal zum Punkt. Was willst Du mir den vorschlagen?"

Rüdiger atmet hörbar auf und sagt, worum es geht, denn wenn ich am Sonntag Zeit hätte, also jetzt nichts mit der Familie vorhätte, er wolle mich natürlich keinesfalls Sonntags der Familie entreißen, er wisse ja, wie wichtig mir Familienleben wäre und a wären ja auch diese Ritterspiele.....

Ich gehe in die innere Emmigration, stelle die Ohren auf Durchzug und meditiere mit halb geöffneten Augen....

.....ob ich wisse, daß die Armbrust eigentlich letztendlich das Ende des Rittertums bedeutet hätte, da ab dann keine spezielle Kampfausbildung.....

Tatsächlich glaube ich, daß Gott eine Frau ist....

....außerdem wäre sein Großvater als einer der letzten aus Stalingrad rausgekommen, sein lieber Schwan, Glück für uns alle, sonst wäre ja Rüdiger nie geboren....

Ich denke für mich, daß es nicht immer die Besten sind, die aus Kesseln ausgeflogen werden, warum macht Gott so etwas.....

.....natürlich könne Rüdiger die Weltwirtschaftskrise auch nicht lösen, jedenfalls nicht alleine, hehe, aber wenn wir der dritten Welt einen Schuldenerlass......

Ich sehe meinen Körper mit halb geöffneten Augen unter mir sitzen, einen blöden Ausdruck im Gesicht und ich glaube mich zu erinnern, daß sich jetzt irgendwie gleich ein Tunnel öffnen müsste.... ganz leise vernehme ich Rüdigers komplexe Gedankengänge, die sich irgendwie um die richtige
Konstruktion von Autobahnbrücken drehen. Und als würden sich Gottes und meine Gedanken berühren, spüre ich den Stromschlag der Erlösung. Eine gewaltige Faust hämmert mich zurück in meinen Körper, ich öffne die Augen, öffne den Mund, öffne meine Poren und brülle Rüdiger aus Leibeskräften an:

"ICH KANN SONNTAGS NIE, WEIL ICH DA DEINE FRAU FICKE!"

Rüdiger starrt mich wie vom Donner gerührt mit offenem Mund an.

"Sag das doch gleich" meint er und dreht sich Richtung Tür. "Dann können wir ja garnicht zusammen ins Kino"

Er ergreift die Klinke. "Du schläfst mit meiner Frau?"

"Ja"

"Du Sau. Mit Dir rede ich kein Wort mehr" und er geht ab.

Hoffentlich hält er sich dran.
 
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Kommentare  

Wer kennt sie nicht, die lieben Mitmenschen, die einem Moos an die Backe labern ;)
Am besten fand ich das Ende und Rüdigers Reaktion, loool.


ISA (29.01.2006)

Super

Raoul A. RaoulYannik (09.01.2006)

Die Geschichte ist wirklich gut geschrieben und vor allem realitätsnah! (Die besten Satiren schreibt eh das Leben selbst.) Ich habe viel gelacht und so manche Nervensäge, die ich kenne, darin wiedererkannt. 5 Punkte :)

Nikolai Nowaczyk (21.09.2003)

Danke für die Story,ich habe viel gelacht.

Bina (04.03.2003)

Herrlich boshaft. Diese Sorte Quälgeister kenne ich nur zu gut. Bei mir arbeitet einer, der mir zum Beispiel während ich in der Pause was esse, haarklein seine Darmspiegelung erklärt hat. guten Appetit, kann ich da nur sagen!
Hast du fein geschrieben.


Stefan Steinmetz (09.01.2003)

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