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38 Seiten

Ihr Herz in seinem Lande

Romane/Serien · Romantisches
© Damian
Die Kutschenfahrt

„Ich möchte nur helfen“, sagte Prinzessin Mioniko.
„Aber es wird doch sehr schwer sein, wenn ihr vermählt seid“, meinte der Kutschenfahrer.
„Ihr solltet besser eure Zunge zügeln, sonst wird dies eure letzte Fahrt“, sagte sie energisch. Der Weg nach Tigra war nicht mehr weit, doch die Prinzessin verlangte trotzdem eine Rast. Ihr Bewacher, ein Soldat ihrer königlichen Familie, war strickt dagegen, doch der Fahrer sprach ihm gut zu, und sie hielten an einem Fluss, keine zwei Stunden vom Schloss entfernt.
„Redet nicht so mit mir! Wir werden noch rechzeitig ankommen, also lasst mir meine Freiheit zum Ausruhen von dieser unbequemen Holzkiste“, erwiderte die Prinzessin dem Soldaten als sie zum Fluss ging.
„Sie ist launisch“, sagte der Kutscher zum Soldaten.
„Sie muss irgendjemanden heiraten den sie nicht kennt. Ist aber trotzdem nicht ihre Art so zu sprechen.“
Die Prinzessin saß eine halbe Stunde auf einem Stein, der perfekt zu ihrer schönen Rundungen am Po passte, bis etwas plumpste. Sie zuckte zusammen, und sah dann einen Fisch vorbei schwimmen.
„Es ist Zeit, Prinzessin“, sagte der Soldat. Daraufhin stand sie auf und folgte ihm zurück.
„Ich habe einen Wunsch, Soldat“, sagte sie, worauf der Soldat fragend zu ihr schaute, „Ich möchte beim Fahrer sitzen, um ihn zu befragen.“
„Jawohl“, sagte der Soldat, und stieg alleine in die Kutsche ein. Der Fahrer fütterte die Pferde, und kam dann zu seinem Platz, als die Prinzessin versuchte, bei ihm aufzusteigen. „Wartet, ich helfe euch aufzusteigen.“ Er packte sie an der Hüfte, und erblickte dabei kurz ihr Höschen unter ihrem schönen Kleid. Die Prinzessin erschrak, und gab ihm einen Fußtritt ins Gesicht. Verwundert stand er dann da, mit einem Abdruck im Gesicht.
„Verzeiht!“ sagte sie, errötete im ganzen Gesicht, und stieg auf. Der Fahrer stieg von der anderen Seite auf, und lächelte ihr zu: „Nein, nein. Ich muss mich entschuldigen. Ich hoffe, dass euch euer Fuß nicht schmerzt. Und ich möchte ihnen sagen, dass euer Höschen, gepunktet wie es ist, euch sehr gut steht.“ Eine Ohrfeigte wie ein Dampfhammer folgte.
Dann brachte er den Wagen in Bewegung. „Was möchtet ihr hier auf meinem unbequemen Sitz?“ fragte er nach kurzer Zeit, um die Situation zu lockern.
„Ich… ich… ich wollte nur etwas von den Menschen hier erfahren. Von eurer Position, um genauer zu sein.“
„Oh, die Menschen hier sind freundlich, doch…“
Banditen versperrten ihnen den Weg. Der Soldat sprang aus der Kutsche heraus, und rief: „Was wollt ihr?“
„Ich grüße euch“, rief der Fahrer.
„Hallo, schön euch kennen zu lernen. Ist heute nicht ein schöner Tag, um ausgeraubt zu werden?“ fragte der Kleine aus einer Gruppe von einem halben Duzend. Der Soldat griff nach seinem Schwert.
„Wartet!“ schrie der Kutscher, „Zieht nicht Euer Schwert!“
Der Soldat hörte nicht hin, und zog es.
„Also wollt ihr doch Streit! Dann passt das ja“, sagte der kleine Bandit, und machte eine leichte Handbewegung zu einem kräftigen, haarlosen Riesen mit einer Axt.
„Das hätte er nicht tun sollen“, meinte der Kutscher. Die Prinzessin sah in seinem Gesicht Besorgnis und Wut. Der Kampf entflammte sofort, und dauerte wenige Sekunden. Der Soldat lag schwer verletzt am Boden, und gab kein Geräusch von sich, sowie auch keine einzige Bewegung.
„Und ihr, Kutscher? Seid jetzt ihr dran?“
Der Kutscher zog ein Messer aus seinem Schuh, und sagte mit einem Lächeln im Gesicht: „Mein erster Kampf gegen Banditen. Welch Ehre, welch Premiere. Wird vielleicht lustig.“ Der Riese schaute grimmig und wütend, als ob er eine Ohrfeige bekommen hätte. Dann rannte er auf den Kutscher zu, der schon am Boden stand, und wedelte mit seiner Axt in der Luft. Der Kutscher zog gezielt mit seinem Messer einem Ruck über die Brust seines Gegners.
Der Riese fiel zu Boden, und der Kleine sagte nur: „Ha! Du hast ihn besiegt!“ Die Prinzessin stieg vom Wagen herunter, und rannte sofort zum Soldaten.
„OK, Leute. Wir verziehen uns. Aber merke dir eins: das bekommst du zurück, Kleiner!“ Der Kleine kam zum Riesen und half ihm auf. Das tat auch der Kutscher beim Soldaten.
„Oh, nein! Seid ihr in Ordnung, Soldat?“ fragte die Prinzessin erschrocken.
„Wir müssen sofort zum Schloss. Es könnte sein, dass er verblutet“, sagte ihr Kutscher, packte den Verwundeten, und schmiss ihn in die Kutsche.
„Wie könnt ihr ihn so schlecht behandeln?“ schrie ihn die Prinzessin an. Er schaute sie nur verwundert an, und zuckte kurz mit seinen Armen. Eine halbe Stunde vor der Stadt eilte die Kutsche schneller voran. Der Kutscher rieb sich die linke Backe, und das nicht ohne Grund: eine leuchtende, rote Fläche zeichnete ihn jetzt aus, die überragend war; und wehtat.
„Aua!“ klagte er laut. Die Prinzessin hörte ihn, doch reagierte nicht darauf, denn sie hielt die tiefe Wunde im Körper des Soldaten zusammen.
„Warum haben sie uns angegriffen?“ schrie sie.
„Weil er sein Schwert gezogen hatte“, antwortete ihm ihr Kutscher. Für eine kurze Zeit traf Stille ein. Die Prinzessin hatte gemerkt, dass sie nichts mehr tun konnte. Nach jahrelangem Interesse für Medizin war sie jetzt am Ende. Ohne Hilfsmittel konnte sie ihn nicht retten. Sie band die Wunde noch fester zu, und lehnte sich aus dem Wagen. „Sie hätten uns getötet wenn ihr nicht wärt“, sagte sie traurig, „Ich danke euch. Ihr werdet dafür vom Prinzen belohnt.“
„Ach, i wo!“ antwortete er ihr fröhlich, dass es sie verwunderte. „Sie hätten euch nichts getan, weil dass wahrscheinlich die Männer von Valentin waren.“
„Wer ist das?“
„Valentin ist ein berühmter Bandit in unserem Land. Er ist stark und gefährlich, aber nicht gewalttätig, wie ihr es euch bestimmt vorstellt.“
Sie brachte damit ein Lächeln zustande, da sie froh war, einen starken Begleiter auf dem Weg zu haben. Ein Zuschauer dieses Schauspiels sprang von einem Ast auf den Boden, und entfernte sich unauffällig von der Straße. Er ging sehr lange, sodass ein Stunde verging, und ihn seine Männer fanden.
„Valentin, wo warst du?“ fragte einer von zwei Männern.
„Shiuso ist zurück“, sagte dieser.
„Na und? Er ist Kutscher, das ist seine Arbeit. Was ist? Du …“
Valentin ließ ihn nicht ausreden, und lachte aus vollem Bauch heraus, und als er keine Luft mehr hatte, da nahm er sich welche, und lachte noch einmal. Seine Männer schauten ihn ratlos und verzweifelt an.


In der Stadt

Der Soldat wurde zum Arzt gebracht, und beide warteten im Wartezimmer, bis die Krankenschwester sich zum ersten Mal zeigte, und sich sofort erschrak: „Meine Güte, was ist mit dir passiert? Woher kommt diese rote Backe?“
„Ach, das ist von einer leicht reizenden Person. Meine Fracht sozusagen.“
„Fracht?“ fletschte die Prinzessin leise, ohne dass die Anderen es bemerkten.
„Du solltest ein kaltes Tuch darauf legen, weil du sonst so ziemlich lange nicht gescheit essen wirst“, meinte die Krankenschwester.
„Das ist alles wegen meiner Fracht. Die ist Schuld. Ich hab nichts…“ Die Prinzessin stand hurtig auf, und lief ins Bad. Ärztehäuser sahen für sie alle gleich aus, doch sie lief hin, weil: „Du hast sie beleidigt! Schämst du dich denn nicht?“ fragte ihn die Krankenschwester. Er jedoch lächelte nur. Veralbert ging sie ihm ein nasses Tuch holen, und knallte es ihm dann voll auf die wunde Stelle. „AUAAA!“ schrie er auf. Dann ging er später hinaus, und überlegte sich, womit er sich entschuldigen könnte. Doch es war hoffnungslos.
„Du bist wieder zurück!“ flüsterte ihm Holly ins Ohr. Sie war eine angesehene Person in der Stadt; ein junges Mädchen mit beachtlichem Vermögen. Ihm kam ein seltsames Gefühl entgegen, und plötzlich hörte er noch jemanden kreischen: „Du bist wieder da!“ Dieses Mal von einer ganzen Gruppe von Mädchen. Sie umkreisten ihn wie immer, und kreischten um ihn herum. Er freute sich natürlich, und lachte.
„Ich bin doch nur zwei Tage weg gewesen.“
„Ich hab dich so vermisst!“ - „Ich auch!“ - „Und ich erst!“ - „Kommst du zu Hollys Party?“ - „Oh, ja! Bitte komm!“ - „Du musst kommen! Du musst uns von unseren Nachbarn erzählen!“ - „Au ja! Du musst uns alles erzählen!“ - „Du wirst nicht glauben, was alles passiert ist!“
„Mach ich, mach ich…haha!“
Sie redeten auf ihn ein, als ob er eine halbe Ewigkeit weg wäre. Doch es ging für ihn weiter, und sie ließen ihn gehen. „Bis morgen, du Held“, rief ihm Holly hinterher. Entlang der Straße schaute er sich um, bis er ein kleines Mädchen heulen sah.
„Was ist denn? Was hast du, kleine Lady?“ fragte er höflich und zuvorkommend.
Sie schniefte rum, und war ganz traurig: „Ich… wollte… ich… ich wollte mir ein paar Süßigkeiten kaufen,… aber der Onkel… wollte mir keine geben. Buhuu!“
Er lächelte ihr zu, und nahm sie auf seine Schultern. Er fragte sie nach ihren Namen und ihren Eltern. Ihr Name war Karo, und sie sagte, dass ihre Mutter arbeitete, und deshalb nicht bei ihr war, sondern bei der Arbeit im Restaurant. Guten Gewissens nahm er sie mit zu einem Freund, der ein feines Süßwarengeschäft hatte.
„Wieder da, was?“ fragte ihn der Verkäufer im Laden. Er hieß Argon, und sah eher einem Metzger gleicht. Dieser sah nur das kleine Mädchen, und wusste sofort, was er zu tun hatte: „Dreifache Portion, stimmt doch, oder?“ Beide nickten lächelnd.
„Ach, Argon, ich hätte noch etwas zusätzlich.“
„So? und was?“
„Ich brauche etwas, um mich bei einer ganz besonderen Person zu entschuldigen, und um mich zu bedanken.“
„Und wie heißt die Schönheit?“
„Öhm… sie… äh… ich hab’s vergessen!“
Wie immer, dachte sich Argon, und gab ihm ein hübsch eingepacktes, kleines Paketchen mit. Draußen ließ er die kleine Karo herunter, gab ihr die Süßigkeiten, und ging wieder zurück. Vor dem Ärztehaus stand Prinzessin Mioniko schon bereit ihre Fahrt fortzusetzen.
„Ihr solltet nicht so alleine stehen“, sagte er zu ihr.
„Warum denn?“ fragte sie.
„Na weil die Jungs sofort Schlange stehen würden, bei einem so ästhetischem Mädchen wie euch.“ Sie lief sofort rot an, als sie das hörte. In die Kutsche konnte sie nicht mehr einsteigen, weil ja alles voll Blut war, also setzte sie sich neben ihm hin. Die Krankenschwester, Sini hieß sie, gab ihr neue Kleider, weil ihre genauso vom Blut beschmutzt waren. Als sie so langsam vorankamen, da fragte sie ihn woher, er so kämpfen gelernt hatte. Mit nur einem Schlag war ja sein Gegner K.O. gegangen. Und da faselte er seine Vergangenheit vor ihr herunter. Er erzählte ihr, dass sein Vater mit ihm von hier fort ging als er drei war. Bis jetzt sind zwanzig Jahre vergangen, und sein Vater war nicht mehr. Das war vor fünfzehn Jahren. Er hinterließ ihm Formulare, die eine Einreise nach Tigra ermöglichten. Bis dahin aber musste er volljährig sein, und seine Schule, ein Kampfsportkloster, vollenden. Er bekam die höchste Auszeichnung, und prallte nur so davon. Beim Schloss ließ man ihnen sofort Einlass, und eine Eskorte brachte dann die Prinzessin ohne ihren Kutscher zur königlichen Familie. Doch davor noch: „Wie ist denn eigentlich euer Name, Kutscher?“
„Mein Name ist Shiuso.“

„Da ist der Frauenschwarm wieder“, sagte Prinz Surfur am Fenster.
„Herr, Prinzessin Mioniko ist gekommen. Und eure Mutter ist schon bereits unten“, sagte ein Diener.
„All diese Geheimniskrämerei um sie sind lächerlich. Der ganze Weg bis hierher hätten unsere Soldaten schneller geschafft, als dieser Tölpel.“ Er drehte sich vom Fenster weg, und folgte dem Diener nach unten.

Am Abend wehte eine leichte Brise voll vom Geruch des Sommers. Shiuso sah schon eine Wende heraneilen, weil er es wirklich nötig hatte. Zu lange hatte er darauf warten müssen, und die Anderen auch. Dann dachte er über Prinzessin Mioniko nach. „Wie wird deine Zukunft aussehen, Prinzessin?“ fragte er sich, dann faste er seine Backe an. „Wie hart wirst du später zuschlagen?“

Prinzessin Mioniko nieste. „Nanu?“ fragte sie sich vor dem großen Fenster ihres Zimmers. „Spricht da jemand über mich?“
„Schätzchen, du holst dir noch eine Erkältung wenn du dort noch weiterhin sitzt“, sagte eine etwas füllige Dienerin.
„Danke dass ihr euch um mich sorgt, doch ich brauche ein wenig frische Luft.“
„Wenn das so ist, dann komm doch morgen einfach mit uns mit. Wir gehen dann auf eine hübsche Feier, wobei oft niedliche Jungs dabei sind.“
„Aber ich bin nicht so!“ widersprach sie.
„Keine Sorge. Der Prinz wird es wissen, und es wird ihm auch sicher nichts ausmachen. Außerdem gibt es da genauso viele hübsche junge Damen wie dich, sodass du keine Probleme haben wirst. Und zusätzlich sind es nette, und ordentliche Jungs, und keine Schweine. Zumindest die meisten.“
Prinzessin Mioniko willigte dann ein, und wollte sich schlafen legen. Als sie da so lag fragte sie die Dunkelheit: „Du bist irgendwie ein Querkopf, Shiuso. Aber wirst du Morgen auch dort sein?“ Dann schlief sie ruhig ein, und träumte süß.

Shiuso nieste, und fiel vom Dach. „AUAA!“ klagte er am Boden zerstört, inmitten von Holzkisten und Fässern.


Die Party - Teil 1

Der Abend näherte sich immer schneller, bis die Berge die Sonne berührten, und sie sich schlafen legte. Prinzessin Mioniko unterhielt sich mit einer jungen Dienerin über das Aussehen ihres Kleides.
„Warum zieht ihr denn nicht so was an? Es ist doch eine Feier“, sagte Prinzessin Mioniko, die auf ein wunderschönes Kleid zeigte.
„Nein, Herrin. Ich habe nicht das Geld dafür, und außerdem ist es doch nur eine Party!“ meinte sie.
„So?“ fragte sie erstaunt, „Wenn das so ist, dann möchte ich sehen, was ihr heute tragen werdet.“
„Wirklich?“ Die Dienerin überglücklich lief los, um ihr Kleid zu holen. Prinzessin Mioniko betrachtete das Kleid sehr lange, bis sie aufstand, und ihren Kleiderschrank öffnete.
„Was sucht ihr denn, Herrin?“
„Dein Kleid sieht so schön aus, obwohl es so schlicht ist.“ Prinzessin Mioniko lächelte zu ihr, und wand sich wieder dem Schrank zu. Nach einer langen Suche durch den Meterlangen Strang an Kleidern fand sie endlich das Passende für sich.

„Pff!“ Shiuso langweilte sich schon recht lange. Beim Aufschauen spürte er einen stechenden Schmerz. „Es wird heute regnen“, sagte er, „und morgen wird es wieder schön. Aber es wird bald anders sein, mein Vater.“ Er stand auf, und sprang vom Dach. Dabei fiel er wieder auf …: „AUA! Verdammte Fässer!“ klagte er. Schnell umgezogen, und fein gemacht (in seiner Standartkleidung) ging er los. Lange brauchte er nicht, und sah schon ein bekanntes Gesicht aus einem Haus unsicher herauskommen. Kurz bevor sie noch hinfiel fing er sie auf.
„Verzeihen sie mein Herr, ich ...“ Sini schaute ihm ins Gesicht, und verzog es grimmig. „Wie lange stehst du schon hier?“
„He, nichts zu danken. Ihr hättet euch euer Kleid ruiniert. Ich habe aber mich für euch hingeworfen, und …“ Doch sie ließ ihn nicht ausreden.
„Charmant wie immer! Ich danke dir“, sagte sie jetzt mit einem Lächeln. Nach einem recht amüsanten Spaziergang verfiel Shiuso plötzlich einem einzigartigen Blick. Dabei sagte er: „Wow! Das sind ja neue Gesichter hier!“
Mehrere Barden spielten ihre Stücke herunter. Das Partyhaus war Hollys Eigen; ein Hotel, das sie von ihren Eltern bekam.
„Was du nicht sagst!“ erwiderte ihm Holly. Sofort begrüßte er die Gastgeberin, und ging mit Sini am Arm und Holly neben sich zum Haus hin. Er hörte schon das Gelächter der vielen Personen, und seine Nase stopfte sich mit dem Geruch der vielen Parfümerien. Das Haus war riesig, und alle fanden Platz. Holly und Sini trennten sich dann von Shiuso, und der ging seines Weges - Trinken.

Mioniko schaute nervös nach vorne. Ein Zittern in ihren Händen machte sich breit.
„Keine Angst“, sagte Fiola, eine der Dienerinnen im Schloss, „Du bist hier inkognito. Außerdem machen diese Partys einfach spaß!“
„Du redest nicht mehr so wie eine Dienerin“, sagte Mioniko, und ihre Hände lockerten sich auf.
„Jetzt sind wir Menschen! Oder Freundinnen! Alle die hier sind denken nicht nach Position, sondern nach Menschlichkeit und Charakter. Also amüsiere dich, ich gehe jemanden suchen, OK?“
„Aber was soll ich machen?“ fragte sie hastig.
„Sag einfach du bist neu. Und frag nach Holly. Die kennt mich, tschau!“
Alleingelassen machte Mioniko einen Schritt nach dem anderen, und fragte dann eine Mädchengruppe nach Holly. Eine von ihnen führte sie zu ihr.
„Da du neu bist muss ich dir sagen, dass es hier kaum Männer unseres Alters gibt.“ Sie hatte Recht. Überall nur Mädchen. Dann erblickte sie einen Jungen, auf einem Sofa sitzend und mit einem Mädchen im Gespräch verfangen.
„Du bist also mit Fiola gekommen?“ Mioniko nickte. „Dann bist du ...“
Mioniko blieb die Spucke im Hals stecken. Holly schaute sie mit großen runden Augen an, dann sprach sie weiter: „Du bist aus Narninis! Toll, das passt doch! Toll!“
Holly nahm sie mit zu einer vierer Gruppe voller Schönheiten, und sagte: „He, Leute! Ich habe hier einen Experten für unser Problem!“


Mädchengeflüster (Schönheit der Blume)

„Wie bitte?“ fragte Mioniko.
„Bedeutet das, dass du Narninis kennst?“ fragte sofort eine.
„Ich? Äh …“
„Sie kommt gerade von dort. Komm lass uns was von deinem Land hören“, meinte Holly, und blinzelte ihr mit einem Auge entgegen.
„Nun, ja, ich habe dort gelebt“, sagte Mioniko mit unruhiger Stimme.
„Dann kennst du die Blume Narninis?“
„Ja!“ sagte sie sofort.

1: „Sie hat doch magische Kräfte, oder?“
Mioniko: „Nein, wieso?“
3: „Weil sie verjüngen kann!“
4: „Ja! Man wird doch dadurch auch hübscher, habe ich gehört!“
M: „Hübscher wird man, ja, aber ...“
2: „Die Nebenwirkungen.“
M: „Richtig! Die Nebenwirkungen sind Hautausschlag, Falten und trockene Haut.“
4: „WAS???“
1: „Es ist also keine Magie, sondern Medizin.“
Holly: „Seht ihr, es ist besser, wenn man natürlich bleibt.“
M: „Nein, überhaupt nicht!“
H: „Und warum nicht?“
M: „Wenn man die Pflanze richtig verwendet, dann kann das die Haut stärken, und man bleibt fast ewig jung. Bei uns sind Leute an ihrem Alter gestorben, obwohl sie aussahen wie 25.“
3: „Wow! 25!“
H: „Das heißt aber nicht, dass die Prinzessin dort dies nicht nimmt.“
M: „...“
2: „Meinen Informationen nach hasst die Prinzessin künstlich produziertes …“
H: „Nein, dass meinte ich nicht damit! Ich meine, wenn sie so hübsch ist, dann muss sie einen Haufen an Make-Up auftragen.“
M: „Nein. Nur ein kleines wenig!“ (Kicher!)
1: „Wundert mich nicht!“
H: „Warum?“
1: „Weil Schönheit sehr positiv auf das Volk wirkt. Und somit mein Motto: Ist die Familie gut aussehend, dann geht es auch dem Volke gut.“
M: „Ja, so kann man es dort sagen! Hihi...“


Fiola und Shiuso

Fiola: „Shiuso! Wo zum Teufel hast du gesteckt!“
Shiuso: „Hö?“
F: „Was machst du grad?“
S: „Ich rede hier mit den neuen Damen hier, um ihnen …“
F: „Nein! Das tust du nicht! Lass doch den Anderen Jungs auch mal 'ne Chance!“
S: „Eh?“
F: „Ich muss mit dir über deine Arbeit reden!“
S: „Na gut.“
F: „Da du manchmal im Schloss bist will ich, dass du deine Finger von der Prinzessin lässt! Haben wir uns verstanden?“
S: „Finger von ihr lassen? Warum das? Ich mache doch nie was.“
F: „Genau DAS ist es! Du näherst dich ihr auf gar keinen Fall!“
S: „??? -Eh- ???“
F: „Sie ist für den Prinzen bestimmt, und wenn so was wie mir passiert, dann wird das in einer Katastrophe enden!“
S: „Warum sollte es?“
F: „Weil sie sich sonst vielleicht in dich verliebt!“


Die Party - Teil 2

„Huh? Was hast du?“ fragte Shiuso sie, „Du bist ja ganz rot im Gesicht.“
„Ichichich…“ Ihre Hände wurden zu Krallen.
„Ich werde sie sowieso sehen. Warum das Gerede?“ Sein typisches Lächeln trat zum Vorschein. „Außerdem ist es gefährlich, sich mit dem Prinzen anzulegen … hm …“
„Was?“ fragte Fiola mit zusammengebissenen Zähnen.
„Gefahr ist mein Gebiet! Ich werde sehen, was ich mit ihr tun kann. Vielleicht stehle ich ihr Herz. Oder bist du vielleicht eifersüchtig?“ meinte er ironisch. Doch Fiola sah das ganz anders. Mit einem Ruck sprang sie ihm an den Hals. Er verlor sein Gleichgewicht, und stolperte zum Fenster hinaus. Kein Rums, es krachte nicht, weil der Heuhaufen so zart und weich unter ihnen war. Jedoch: „Autsch, wo bist du?“ fragte Fiola wütend.
Sie versuchte aufzustehen, doch ihr Knöchel war verletzt.
„Warte. Ich hole Sini“, sagte Shiuso aus dem Heuhaufen springend.
„Halt, warte!“ rief sie hinter ihm her. Dann bog er um die Ecke, und war aus ihrem Blick verschwunden. Schnell fand er Sini, und brachte sie zu ihr.
„Der Knöchel ist verstaucht“, sagte Sini.
„Keine Sorge, Fiola. Ich angle mir heute einfach ein Mädel, und schließe sie in mein Herz. Dann wäre die Prinzessin aus der Reihe.“
„Shiuso!“ kreischte sie hinter ihm, und er verschwand ein weiteres Mal.
„Und solch ein Text von ihm. Der plant doch etwas“, meinte Sini, und half Fiola aufzustehen. Shiuso lief wieder ins Haus, und lief Mioniko direkt in die Arme.
„Verzeihung“, sagte er.
„Mehr fällt dir nicht ein?“ fragte Holly. Shiuso schaute blöd, wie aus einem Rohr. Holly ließ enttäuscht den Kopf sinken, und sagte: „Na? Möchtest du dich denn nicht auch amüsieren?“
„Ich bitte vielmals um Verzeihung“, sagte Shiuso, „Ich würde mich freuen, wenn ich mich mit einem Tanz entschuldigen könnte. Es wäre das größte Vergnügen für mich.“
Mioniko nahm mit einem Lächeln und einem leichtem Nicken an. Die Musik spielte weiter fröhlich und heiter. Sie tanzten, und sie lächelten. Bis die Musik stoppte. Alle schauten sich fragend um. Keiner verstand warum.
„Shiuso!“ schrie Fiola, „Du bleibst, wo du bist!“ Sie humpelte mit Hollys Hilfe zum Tanzsälchen. „Wo steckt er? Holly, wie konntest du nur?“

„Warum ich? Ich habe doch nichts getan“, hörte man Sini sagen. Jedoch sehr schwach, denn Mioniko hörte sie nicht mehr. Dann kam aber ihre Frage: „Wohin gehen wir?“
Shiuso drehte sich um, und sagte: „Komm! Lass dich überraschen.“
Mionikos Herzschlag pochte auf einmal. Sie fühlte sich innerlich berührt, wusste jedoch nicht wie und wieso.


Veranda und Bett - Teil 1

Im höchsten Zimmer angekommen schaute sich Shiuso um. Mioniko tat es ihm gleich. Sie trat ein und sah sich in einem großen Zimmer. Alles etwas dunkelrot und das Bett mit Federn beschmückt. Es sah herrlich aus. Ein wunderschöner, romantischer Ort zum verlieben.
„Hier ist er“, sagte Shiuso, umhüllt von sanften, weißen Federn, „Der Schlüssel liegt hier immer im Bett. Up, pfu!“ Er spuckte Federn. Viele Federn, und nichts als Federn. Eine leichte Bö fuhr durchs Zimmer, die Federn umkreisten die Beiden wie Laubblätter, die im Herbst durchs Land ziehen. Schnell verflog aber auch dieser Zauber. Shiuso ging mit dem Schlüssel zur Veranda, und öffnete die Tür dazu.
„Komm!“ lächelte er zu ihr.
„Was hast du mit mir vor?“ Mioniko war sich nicht recht sicher. Sie glaubte daran, dass er einen Grund hatte, sie hierher zu führen. Aber sie schien ihm zu vertrauen. Shiuso ging hinaus, machte kehrt, und bat Mioniko mitzukommen.
„Schau!“ sagte er, doch ohne zu lächeln, und ohne Fröhlichkeit. Mioniko schaute auf. Leicht zogen Wolken am Himmel entlang. Der Wind streichelte leise die rührenden Bäume des Diebeswaldes.
„Der Wald singt Lieder“, sagte Shiuso, „und wenn du genau zuhörst, dann verstehst du ihn. Und alles hat wie immer mit einer Geschichte angefangen.“ Mioniko schaute ihn an. Er, verfangen und umhüllt vom flüchtigen Schimmern des Mondes, stand wie ein leidender, und doch glücklicher Ritter da, der viele Geschichten kannte, und sie durchlebt hat. Jeder Teil seines Körpers erkannte den Schmerz, und seine Art verriet das Leben, welches er hatte. Er hatte wohl das Leben erkannt, dachte Mioniko, und sagte: „Erzähle mir bitte eine Geschichte aus diesem Wald.“
Shiuso setzte sich aufs Geländer, und schaute zum Himmel; strahlend, stark, entschlossen. Dann sprach er.


Geschichten des Waldes - Teil 1

Sie klingt so wie jede andere. Ein bisschen von dem und ein bisschen von dem steckt in ihr. Wahrlich kann ich sie nicht ganz erzählen, weil ich sie nicht ganz kenne. Es begann alles mit einem jungen Mann. Er hatte einen Traum: stark zu sein, und eine Frau zu heiraten. Die Frau, welche er aussuchte, war hübsch, doch traurig. Keiner sah jemals ihr Lächeln, und keiner glaubte, dass sie irgendwann lächeln würde. Ihr war alles egal. Sie hatte etwas, was er brauchte. Aber am Anfang war dies anders. Einmal, wie jede Woche, ging sie in den Wald, um Pilze zu suchen. Ihr Weg führte tief in den Wald, der an diesem Tage nicht sang. Da sie nun auf dem Boden saß, musste sie alles um sich vergessen haben. Ein Bär wartete nämlich hinter ihr, und holte zum Schlag aus. Kurz davor war auch der Mann im Wald. Nicht besonders weit entfernt, jedoch unwissend von der Gefahr des Bären trainierte er mit seinem Schwert. Doch der Wald sagte es ihm. Er war eins mit ihm. Der Junge bemerkte auch sofort die Stille, und rannte zu ihr, ohne zu wissen, was seine Reaktionen bewirken sollten. Als er den Bär sah holte er aus, und verletzte ihn am Arm. Das Mädchen erschrak, und der Bär schlug ihn mit seiner Pranke weg, weil er sich vor das Mädchen schmiss. Er krachte gegen einen Baum und war bewusstlos. Als er seine Augen öffnete, da sah er sie, nahm sie in die Arme und hielt sie lange fest. Soldaten kamen plötzlich bei ihnen an. Es waren die des Mönchs, dem Höchsten des Landes, der die Macht an sich gerissen hatte. Die Soldaten ergriffen den Mann, und verschleppten ihn. Es begann für ihn die härteste Zeit seines Lebens, denn das Angreifen eines Tieres, wie den Bären, war eigentlich eines Todesurteils gleich. Der Junge hätte sich retten können, doch er hatte diese eine Sache nicht bei sich. Er hatte sie irgendwo im Wald verloren. Die Soldaten wollten ihn zuerst ausliefern, doch entschieden sich, ihn zu verkaufen, weil er ja sehr stark war. Als Gladiator lernte er viel. Seine Kraft ließ ihn nie im stich. Über fünf Jahre reifte er zu einer Killermaschine. Doch er dachte nach einem Ausweg aus seinem Sklavenleben. Die Chance bot sich ihm, als er in einem Kerker mit einem Dieb eingesperrt wurde. Dieser Dieb hatte Unterstützung von Außen, sodass der Junge ihm Treue schwor, und der Dieb ihn mitnahm als er flüchtete. Der Gladiator wurde zum Dieb. Ein Jahr verging, und ein weiteres Mal sah er sich im Wald der Diebe. Er erkannte ihn nicht, doch der Wald empfing ihn herzlich. Der Weg der Diebesbande war ohne Probleme bewältigt, dass es die Männer fast grauste. Sie kamen zu einem geheimen Lager eines Banditen. Dieser Bandit war wirklich etwas besonderes, denn es war ein acht jähriger Junge. Und sein Name war Valentin, der Bandit. Keiner weiß, wie er es geschafft hatte, mit nur acht Jahren eine ganze Schar zu führen, und der Beste von ihnen zu sein. Es war Winter als sie ankamen, und Valentin interessierte sich sehr für den Mann. Valentin brachte dem Mann bei, wie man stahl und trickste. Er brachte ihm Strategie und taktisches Denken bei. Valentin war und ist heute noch ein Genie. Und sie wurden gute Freunde. Doch als der Sommer kam, da war die Aufruhr bei der Bande groß. Soldaten durchsuchten den Wald. Und ein weiteres Mal sprach der Wald zum Mann. Dieser erinnerte sich an damals, und lief mit seinen Freunden los. Ein weiteres Mal tief im Wald traf er sie. Sie lag am Boden, und bat die Soldaten um Gnade. Als der Soldat mit seinem Schwert zum Schlag ausführte, da griff der Mann ein. Er hatte ein Berserkerschwert, und schnitt die Soldaten samt Pferde in Stücke. Seine Freunde halfen ihm dabei, hatten jedoch keine Chance und starben einen ehrenlosen Tod. Doch der Mann hielt durch und schlachtete den Rest im Alleingang ab. Und als es vorbei war, da kamen weitere Soldaten an. Die Frau lief zu ihnen, und erklärte, dass die Soldaten von den Dieben angegriffen wurden, und er sie schützte. Dann fiel ihr Kopf ab. Sie hat den Tod verdient, wenn sie sich ihrem Verlobten widersetzt, sagte der Soldat. Dann kam Valentin zum Vorschein. Er betrachtete das Schlachtfeld, und warf dem Mann ein Medaillon zu. Dies hätte ihn vor Jahren gerettet, aber er hatte es ja verloren, und jetzt gab es ihm Valentin zurück. Er zeigte es den anderen Soldaten, und als ihre Furcht ihnen den Verstand raubte, da schrieen sie immer wieder: Weg, weg, weg hier! Doch es hatte keinen Sinn, Valentins Männer empfingen sie bereits. Die Soldaten starben schnell. Der Mann nahm den Leichnam der Frau, vergrub ihn, schnitt sich in seine Hand und hinterließ mit dem Blut einen großen Fleck an einem Baumstamm. Dann fiel er beim Mönch ein und tötete ihn.


Veranda und Bett - Teil 2

„Das ist eine traurige Geschichte“ sagte Mioniko.
„Einige Jahre später heiratete er eine Frau, die ihn dann aber verriet, und er mit einem Dreijährigen flüchtete.“
„Dreijährigen?“
„Das war die Geschichte meines Vaters.“ Shiuso wippte fröhlich hin und her.
„Es tut mir Leid.“
„Warum? Es ist bekannt, dass hier mehr Böses als Gutes getan wurde. Soll ich dir aber auch eine lustige Geschichte erzählen?“
„Ja. Ich hoffe aber, dass sie dieses Mal nicht brutal ist. Ich mag so was nicht.“
„OK, here we go!“
„Wie meinen?“


Geschichten des Waldes - Teil 2

Es war ein Jahr nach meiner Einreise. Ich konzentrierte mich auf meine innere Ruhe. Ich kommunizierte sogar schon mit den Feen. - He, das stimmt. Ich kann das. Was gibt es da zu kichern? - Nun, ich meditierte weiter. Dann war da ein Geräusch. Ich schaute mich um und sah zum ersten Mal Sini. Sie sammelte gerade Zutaten für den Arzt. Sie lächelte zu mir, und ich fragte die Feen, was sie hier mache. Diese lachten nur. Ich meditierte weiter. Nach drei Tagen weckte mich Sini, weil sie dachte, ich wäre tot. Ich erzählte ihr dann von meinen Übungen. Ich konnte so fast eine Woche lang sitzen, bis ich dann endlich so großen Hunger bekam, dass ich schon sterben konnte. - Hunger gehört mit zur Übung. Ist so, hab ich nicht erfunden. Außerdem verpflegten mich die Feen. Die können sogar starke Wunden heilen. - Sie weckte mich auf, und wir redeten dann einwenig. Ich erzählte ihr von den Feen, und sie fand das faszinierend. Sie schaute mich die ganze Zeit ganz genau an. Ich merkte dies nicht. Die kleinen Feen umkreisten uns dann auf einmal. Ich verstand es damals noch nicht. Ich blickte in Sinis zarte, leuchtende Augen. Durch ein Schubsen einer Fee fiel sie mir in die Arme. Und unsere Lippen banden sich. Dann ließ Sie los, umarmte mich fest, und ich verfiel ihren Reizen. Wir haben - dank meiner Meditation - zwei Tage dort wie im Himmel gelebt. Das war … boha!


Veranda und Bett - Teil 3

„Du bist ein Schwein!“
„Nein. Ich gab mir nur einen Ruck.“ Er stand wieder normal am Boden, und kam nahe zu ihr. Dann legte er seine rechte Hand auf ihre Brust. Mit der linken bat er um Ihre Hand. Ihr Gesicht errötete sofort.
„Kann ich dich um einen weiteren Tanz bitten?“ fragte er.
„Ich…“
„Du bist hier ein einfacher Mensch.“ Er schaute ihr tief in die Augen. Dann betrachtete er langsam ihren Kopfschmuck, ihren Schleier zum Schmuck, und ihr Kleid. Und wieder richteten sich seine Augen ihren zu. „Du hast süße Sachen an. Vor allem der Schleier verzaubert.“ Er kam ihr nah ans Ohr, und flüsterte: „Gib deinem Herzen einen Ruck, Mioniko!“ Und wie auf Befehl hob sich ihre rechte Hand, und legte sich in seine. Er roch an ihrem Haar, und sagte: „Wie schön dein Haar riecht. So natürlich, und fein, und klar.“ Ihr wurde ganz warm, und trotzdem bekam sie eine Gänsehaut. Und ihr Herz schlug schneller und schneller. Sie bewegten sich nur Zentimeter, doch so langsam, dass die Zeit wie eine Ewigkeit wirkte, und der Weg nie endete. Sie sah die Federn herumwirbeln, und bei Mond strahlten sie so schön und bezaubernd. Ein leichtes Streifen zog an ihrem Hals vorbei, das bis zur Schulter lief, und sanft eines über ihre Lippen. Die Federn fielen auf sie, so als ob sie nichts mehr hielt oder trug. Alles war verschwommen, doch dann sah sie klar. Sie lag auf dem Bett, und niemand war mehr im Raum. „Shiuso?“ fragte sie die Leere, „Wo bist du? Oh, nein!“ Sie fasste sich an ihre Lippen: „Oh, nein! Er hat … er hat … mein erster …“

Shiuso sprang leise und unbemerkt vom Dach auf einen nahe gelegenen Baum. Er landete sanft auf dem Boden, und lief los. Die Bäume flogen wie Blüten an ihm vorbei. Manche Äste mit Dornen versehen zerrissen ihm seinen rechten Ärmel. Und weit weg von der Stadt saß ein Beobachter auf seinem Baum, und guckte leicht verträumt zum Himmel und in die Landschaft der Wälder vollkommen klar in der Nacht. Ein kleines Blinken zwischen einer sehr großen Eiche erweckte seine müden Augen, und seine Hand griff nach einem langen Horn. Es grölte zwischen den Bäumen, und Shiuso lief weiter seines Weges. Der Baum des Beobachters war direkt vor ihm.
„WAS?“ schrie der Mann erschrocken als er Shiuso plötzlich mit einem Mal bei sich oben fand. „Wie konntest…“, sagte er, und griff gleich mit seiner linken Faust an. Shiuso, flink wie immer, wich noch in der Luft aus, und schlug seinen Gegner mit einem Fußtritt von seinem Posten. Äste und Knochen brachen, bis der Körper am Boden mit einem dumpfen Geräusch aufschlug. Sein Leben war vorüber. Shiuso kam ohne Mühe auf dem Boden an, und ging weiter. Sein Weg war leichter zu durchqueren als vorher, doch er ging trotzdem ruhig und gelassen. So war er stundenlang unterwegs, und der Wald veränderte sich nicht im Geringsten; es hätte bald Sonnenaufgang sein sollen, doch vom Licht war keine Spur am Himmel zu erkennen. Es streiften Wolken den Himmel, und Wasser fiel. Shiuso ging weiterhin gelassen seines Weges. Keine Tiere in der Nacht störten ihn, und auch keines war zu hören. Der Regen übertönte dann jede Bewegung.
„Was glaubst du, was du hier tust?“ rief eine kräftige Stimme. Shiuso blieb stehen. Er glitt durch sein nasses, kurzes Haar, und spuckte auf den Boden. Aus einem Schatten kam eine Person heraus; Valentin.


Valentin

„Ich weiß es, aber ob du es weißt? Und halte bitte deine Männer zurück!“ erwiderte ihm Shiuso.
„Dieser Mistkerl hat Dama auf dem Gewissen! Dieses Schwein hat ihn umgebracht!“ schrie der kleine Kerl, der die Kutsche angefallen hatte.
„Halte dich zurück!“ sagte Shiuso kalt. Daraufhin hob der Bandit eine Armbrust, und schoss auf Shiuso. Dem Pfeil wich Shiuso leicht mit einer kurzen Kopfbewegung aus, hob sein Bein, und nahm sein Messer in die Hand. Beachtlich schnell flog es an Valentin vorbei, in des kleinen Kerls Gesicht. Alle Banditen zogen ihre Schwerter, und kamen aus ihren Verstecken heraus. Shiuso schaute sich um.
„Das hatte er vor, ihr Tölpel! Eure Deckung ist jetzt für ’n Arsch!“ meinte Valentin, „Nehmt sofort eure Waffen runter!“ Gehorsam waren ihm seine Männer, denn sie taten das, was er sagte! Mutig und selbstbewusst schritt Valentin zum eins stillen Kutscher.
„Deine Kleidung sagt aus, dass du ein östlicher Krieger bist. Liege ich richtig?“ fragte ihn Valentin.
„Ich bitte euch um Hilfe, und biete dabei auch meine Dienste an.“
„Etwas unklug, wenn man von mehreren, gefährlichen Männern umgeben ist, und dennoch halbwegs Vorderrungen stellt!“ Die Banditen lachten Shiuso aus.
„Ihr möchtet das Selbe wie ich! Aber was wäre, wenn es jemanden gäbe, der diesen Plan gefährden würde?“ fragte Shiuso laut schreiend. Die Stimmen erklangen nicht mehr, und der Regen übertönte alles. Valentin trat dann ganz nah an Shiuso heran. „Vorsicht, Chef! Der Kerl ist gefährlich!“ - „Ja! Wer hätte gedacht…?“
„Still!“ schrie Valentin. Und wieder erklang nur der Regen. Seine kraftvolle Stimme klang verärgert. Dann begann Valentin Shiuso zu umkreisen. Er betrachtete ihn sehr genau; ob für Schwachstellen, oder zur Verunsicherung war dies eine gute Taktik. Doch sein Gegenüber stand locker und unbeschwert da, als ob er dies erwartet hätte.
Valentin blieb stehen, und sagte: „Du bist nicht besonders klug.“
„Und ihr verschwändet eure Zeit!“ sagte Shiuso energisch und genervt.
„Was glaubst du wer ich bin? Eine Fee, die dir jeden Wunsch erfüllen kann? Nein, mein kleiner Held. Für den Tod an meinen Kameraden werde ich dich hängen lassen.“ Auf einmal hielt ihm Shiuso einen Brief vor dem Mund, und sprach: „Dies sollte ich euch geben. Er ist nicht geöffnet, und wurde von keiner Menschenseele gelesen. Nur ihr sollt ihn lesen, und ihn vernichte, wenn ihr euch entschieden habt!“
Valentin schlug ihm hart ins Gesicht, wobei er zu Boden fiel.
„Zusammenschlagen! Aber verletzt ihn nicht zu stark, und hinterlasst keine Narben!“

Es war schon Mittag, als Shiuso endlich zu sich kam. Sein Körper quälte sich unter den Schmerzen, die im Valentins Männer zugefügt hatten. Am liebsten würde er kotzen, dachte er. Kurze Zeit darauf übergab er sich. Sein Ansehen war in einer Hütte (wohl bemerkt in Valentins Versteck). Es war schon hell, als Shiuso seine Augen öffnete, und eine Schüssel Suppe auf dem Boden sah. Blut lief ihm über die Lippen, und als er sich sicher war, dass Valentin sich gleich zeigte, um mit ihm zu sprechen, da erlosch sein Augenlicht ein weiteres Mal.
„Du hättest ihn nicht noch einmal schlagen müssen. So verschwändest du nur unsere Zeit mit ihm“, sagte ein Bandit, als er Valentin aus der Hütte rausgehen beobachtete. Er hieß Barta, und war in etwa im selben Alter wie Valentin.
„Mein guter Freund, ich tat das nicht, um Stärke zu zeigen.“
„Wozu war es dann gut?“
„Ein sehr alter Freund hat mir einmal eine Bitte ausgesprochen, die ich mit meinem Blut versprochen habe zu erfüllen.“
„So? Aber mit meiner Vermutung lag ich doch nicht daneben, oder?“
„Nein, du hattest Recht.“
Ein unerwartetes Geräusch, hart und laut, kam von der Hütte, und vor ihnen krachte die Tür auseinander. Barta zog sein Schwert, als er Shiuso am Boden liegen sah. Valentin aber, ganz lässig und unverwundert, brachte ihn mit einer Handbewegung dazu es wieder einzustecken.
„Ich habe das Brot vergessen. Geh ihm welches holen!“ sagte Valentin, nahm Shiuso unter seine kräftigen Arme, und trug ihn so wieder ins Haus hinein.
„Du bist ein Idiot!“ sagte Valentin, und setzte Shiuso hin.
„Warum hast du dir den Brief nicht angesehen? Es hätte so vieles an Zeit gespart“, erwiderte ihm Shiuso mit einem frechen Grinsen.
„Du bist nicht hier um Fragen zu stellen, sondern um mir hier ein paar Erklärungen zu liefern! Also was willst du hier?“
„Die Heirat in einer Woche muss stattfinden!“
„Das wird sie. Aber warum sollte ich die Heirat verhindern? Ich bin ein ehrlicher Bandit, falls du es vergessen hast.“
„Nein, das habe ich nicht. Aber ich habe einen weitaus besseren Plan entwickelt, als du es je machen könntest. Und nur mit mir ist er zu verwirklichen!“ Shiuso nahm die Suppenschüssel in die Hand, und warf sie Valentin direkt ins Gesicht. „Ich will mich beweisen.“
Valentin wischte sich die Suppe vom Gesicht runter, und sagte: „Das war mehr als deutlich. Haben dir die Schläge meiner Leute nicht genügt?“
„Diese Amateure sind Flaschen im Gegensatz zu dir! Kann ich danach auch mein Messer haben?“
„Nein“, sagte Valentin, und gab ihm sein Messer schon jetzt zurück, „Ich mach dich zur Schnecke. Bis du Kopfschmerzen bekommst. Doch das wird lange dauern.“
„Ich bin hart im nehmen, Großer.“
Shiuso stand auf, und ging zur Tür hinaus.
Mein alter Freund, dachte Valentin, dein Sohn ist wahrscheinlich noch gefährlicher als du damals. Ich hielt mich nicht an deine Bitte, also verzeih mir. Ich habe aber keine Zeit mehr, als mir einen anderen Plan einfallen zu lassen, der schnell genug zum Ausführen ist. Und lange genug hat das Land gelitten. Aber seinen Bitte werde ich ihm erfüllen.


Ein neuer Anfang

Am nächsten Tag leitete man die Wende ein, von der Shiuso sprach. Er selber tat dies, als er zum Hof des Prinzen ging, und die Pferde fütterte. Die Prinzessin wurde zu einem neuen Zimmer gebracht, womit sie jetzt einen Balkon besaß, und sie auf die kleine Stadt schauen konnte. Ein herrlicher Tag war es. Wolken hingen am Himmel fest, und rührten sich nicht. Dafür rührte sich einige unter ihr. Sie hörte einen Soldaten laut aufschreien: „Was machst du hier?“ Es folgte eine kleine Pause, und dann schrie der Soldat wieder: „Du hast hier nichts zu suchen!“
Dann sah sie jemanden aus dem Stall hinaus zu gehen, und zum Soldaten schreien: „Halt dein Maul!“ Und dann ging sie einfach weiter. Der Soldat ließ sich nicht lange zurück, und schlug ihm mit einem Balken auf den Rücken.
„Shiuso!“ erkannte die Prinzessin die am Boden liegende Person. Weitere Soldaten kamen hinzu und trennten die Auseinandersetzung. Dabei nahmen sie Shiuso mit ins Schloss. Die Prinzessin lief sofort hinunter und informierte sich nach der Angelegenheit. „Er hat ihn nicht angegriffen. Er wurde angegriffen! Ich habe alles gesehen“ sagte sie mit ernster, und dennoch leicht verunsicherter Stimme. Die Soldaten widersprachen.
„Was ist hier los? Was soll der Aufstand, meine Liebe?“ trat auf einmal der Prinz zur Gruppe. Die Soldaten salutierten ihrem Herrn.
„Mein Verlobter, die Soldaten haben jemanden unschuldig in den Kerker gesteckt. Ich bitte dich, ihn frei zu lassen.“
Mit einem verunsichertem Gesichtsausdruck sagte er: „Egal was die zukünftige Königin sagt, es soll getan werden!“
Prinzessin Mioniko lief sofort Richtung Kerker, der sich natürlich unter dem Schloss befand. Steile Treppen führten hin, und brachten einen doch eher verwunderlich sauberen Gang. Kurz halt gemacht, und schnell umgekehrt lief sie zum Prinzen hin.
„Verzeiht, Prinz Surfur. Ich habe dumm gehandelt.“
„Was meint ihr damit, meine zukünftige Königin?“
„Ich bitte euch, schickt jemanden hin, um ihn da heraus zu holen.“
Der Prinz schaute sie nur stirnrunzelnd an, und gab einen Befehl: „Man soll den Mann freilassen, der vorhin eingesperrt wurde! Und man soll ihn zu mir bringen! Ich habe mit ihm ein paar Worte zu wechseln.“

Shiuso kam langsam angetreten an; seine Kleidung stank, und war zerrissen, sein Gesicht mit Wunden versehen. Prinz Surfur musterte ihn bei seiner Verbeugung, und gab dazu einen Kommentar: „Eine wahrlich gekonnte Verbeugung. Kutscher, ihr habt aber eine Menge an Wunden. Ist das im Kerker passiert?“
„Nein, oh Prinz. Ich bin gestern auf Räuber gestoßen. Diese haben mich ausgeraubt, aber dann auch noch zusammengeschlagen. Aber es wird in zwei Tagen wohl alles gut sein. Danke für eure Fürsorge“, sagte Shiuso.
„Ist das war?“ fragte Prinz Surfur.
„Ja. Sie sahen aber nicht so aus, als ob sie von hier wären. Es wahren mehrere Barbaren!“
„Hmm … Barbaren? Ich habe schon gedacht, dass Valentin wieder zugeschlagen hat.“
„Oh nein, mein Prinz. Das würde er nie tun!“ widerstritt ihm Shiuso.
Der Prinz nahm diese Aussage mit einem beleidigten Gesicht auf. Er schmiss Shiuso einen Beutel in die Hände, und winkte ihm zu, um zu gehen. Shiuso verbeugte sich mit einem Dank, und ging.
Prinz Surfur schaute böse zu Mioniko, und sagte ihr befehlend, und hoch erhoben: „Du wirst ihn nie wieder privat ansprechen. Und eine Begegnung, außer einer öffentlichen wirst du mit ihm meiden.“
„Jawohl, mein Prinz“, sagte Mioniko.

Shiuso ging aus dem Schloss direkt zu den vorherigen Soldaten hin, und fragte nach Parse. Der Soldat erschien sofort.
„Und?“ fragte Parse.
„War nicht schlecht. Aber ich glaube, dass ich jetzt nicht so erwünscht sein werde, da drin. Ach ja, hier mein Dank“, sagte Shiuso zu ihm, und warf ihm seinen Beutel hin. „Aber ich habe da eine Bitte!“
„Ja?“ fragte Parse beim Zählen von vielen goldenen Münzen.
„Bekomme ich vielleicht die Hälfte? Es ist nicht für mich, aber für jemanden, die Süßes einfach nicht ausschlagen kann!“
Parse lachte unglaublich laut auf. Er gab ihm exakt die Hälfte, und Shiuso machte sich auf seinen Weg. Und in der Stadt traf er auf Holly; d. h. er lauerte ihr auf, als er sie sah. Mit einem vollen Korb quälte sie sich in Richtung Heim, was nur bedeutete, dass sie wohl Besuch erwartete. So wartete Shiuso hinter einer Ecke, und als sie grad um die Ecke kam, da sprang er mit einem lauten Schrei vor sie hin. Dann flog er zur Ecke zurück, mit jeder Menge an Obst und Gemüse. Holly hatte ihn gesehen, und vorausgeahnt was er vorhatte, und ihm den Korb mit voller Kraft entgegen geschleudert. Da lag er nun da, röchelte und gluckste. Ein lang ziehendes, leises „a“ ertönte aus seinem Mund. Wahrlich ein lustiger Anblick; Tomate auf einem Auge, Gurke auf dem Anderen, Kohlkopf und Äpfel auf dem Bauch, und Banane auf … na ja.
„Wie kannst du nur?“ sagte Holly ganz laut. „Jetzt sieh dir das an! Das ist alles deine Schuld! Ich habe heute viel zu tun, und du kommst auf die Idee mich zu ärgern! Dafür schuldest du mir was!“
Ohne ein weiteres Wort sammelte Shiuso alle Sachen ein, die wegen seiner Schuld verstreut lagen, auf, und trug den schweren Korb, ohne Mühe hinter Holly her. Bis zum Hotel war es nicht weit, also dachte er sich, er hätte noch genügend Zeit, um eine Revanche zu erhalten. Die bekam er in Form von Zutaten zubereiten …
„Warum muss ich denn kochen?“ fragte er.
„Das ist die Strafe dafür, und außerdem bist du darin besser als ich“, huschte Holly fröhlich durch die Küche, mit einem Tablett. „Außerdem hab ich jetzt niemanden hier.“
Shiuso schaute sich jetzt erst richtig um, und sah niemanden. Aber den Koch konnte er in einem Nebenzimmer der Küche singen hören. Grässlich wie ein Opernsänger, dachte er. Mit einer guten Präzision und Schnelligkeit zerteilte er alle Stücke auf seinem Tablett, und schob sie in eine Schüssel. Dann brachte er diese dem Koch. Eigentlich hatte er ja nicht wirklich viel in diesem Korb gesehen, doch die Arbeit reichte bis zum Abend. Shiuso schrie plötzlich nach Holly. Wütend kam sie angelaufen und schrie zurück: „Was?“
„Ich hab irgendwie gepennt“, sagte er, und zeigte ihr seine Blutige Hand. Sie, ohne zu zögern, holte schnell kaltes Wasser, und wusch ihm die Hand.
„Das ist ein tiefer Schnitt. Du Trottel!“
„Was soll denn das heißen?“ erschrak Shiuso, als es anfing zu brennen.
„Den Finger wirst du lange nicht benutzen dürfen“, sagte Holly, und gab ihm einen Kuss auf seine Wunde.
„Warum bist du so gemein zu mir?“ fragte Shiuso jetzt im Nachteil. Sein Spiel hatte sich gewendet?
„Ich lasse nicht zu, dass du etwas Dummes tust. Also behalte ich dich bei mir.“
Holly drehte sich gerade um, und wollte gehen, da rutschte sie aus. Der Boden war ganz schön hart, und sie stöhnte kurz auf, bis sie sich vor Wut herumbeklagte. Shiuso stand nur da, und schaute ihr zu. Da bemerkte er, dass der Koch nicht mehr anwesend war; es deutete darauf hin. Er ging schnell zum Kücheneingang, und schaute hinaus. Doch da war niemand.
„Sie sind vor wenigen Minuten gegangen. Es ist ja auch spät. Aber sag mir warum!“ sagte Holly dicht hinter ihm. Shiuso drehte sich um, schon warf sie sich um seinen Hals, und beide fielen zu Boden. Sie ist ja üppig bestückt, dachte Shiuso jetzt. „Sag es mir, bitte!“
Shiuso spürte etwas feuchtes, und kühles seine Wange herunter fließen. Sie war ihm ganz nah. „Ich werde dir alles sagen, wenn du mich schon so bittest. Aber es wird wohl wehtun. Doch sage mir zuerst was du meinst.“
Eine tiefe Pause entstand. Shiuso spürte ein leichtes Pochen in seiner Wunde, das sich ausbreitete. Er hörte Tropfen fallen, und den Wind draußen wehen. Dann brach ein Ast; es war Zeit zu gehen. Doch …
„Fiola.“ Holly drückte sich fest an ihn, dass sich sogar etwas bei ihm regte.
„Was ist mit ihr?“
„Sie hat mir gesagt, was du tun wolltest.“
„Und?“
„Und?“ schrie sie ihm ins Ohr, dann hob sie sich leicht vor sein Gesicht. Sie weinte, und sah fassungslos aus. Etwas Schreckliches ist wohl passiert. „Du kommst einfach mit und daher?“
„Ich weiß doch nicht was du meinst.“
„Du hast ihr etwas versprochen. Schon vergessen?“
Shiuso dachte nach. Sehr lange, aber nicht worüber sie sprach, sondern über sie. Ihre Lippen luden schon zum Küssen auf, und er wollte ihre Tränen versickern lassen. Doch er konnte es irgendwie nicht. Es wäre so leicht, doch er konnte nicht …
„Du würdest das nächste Mädchen suchen, und sie in dein Herz schließen. Das hast du ihr versprochen. Aber … aber …“ Sie schluchzte, und gluckste. Tränen befleckten Shiusos Kleider. Es fielen nicht viele, doch sie hörten nicht auf. Hollys Nase errötete, die Wangen ein rundes Rot.
„Das war ein Scherz. Du kennst mi …“
Doch sie ließ ihn nicht ausreden, und sagte: „Du hast ihr ein Versprechen gegeben. Das ist kein Witz, kein Scherz. Du musst dein Versprechen einlösen! Du Idiot!“
„Warum?“ sagte er, dann bekam er eine mächtige Ohrfeige. Holly stand auf, und lief zur Tür, wo sie sich kurz stützte, und mit dem rücken zu ihm sagte: „Sag bitte keinem, dass ich geweint habe. Okay?“
Sie wollte schon zur Tür laufen, aber etwas griff nach ihrem Arm. Ihr ganzer Körper bebte vor Schreck. Ein Arm fuhr um ihren Bauch herum, und drückte sie zurück. Sie prallte leicht gegen Shiuso. Seinen Atem spürte sie am Nacken, dann sein Kinn an der Schulter, und schließlich seine Lippen an ihren. Sie hatte ihren Kopf gedreht, und ihre Lippen trafen sich. Durch Zufall oder doch Absicht? Schicksal oder Lüge? Und ließ sie die Trägheit dann auch nicht mehr los? Es schien so, doch dann wich Shiuso ein wenig, und drehte sie um. Ihr die Tränen abwischend sagte er:
„Ich habe es versprochen, ohne mir darüber Gedanken zu machen. Verzeih, aber jetzt muss ich es ja wohl einhalten. Ich werde es tun, mit diesem Kuss hier versprochen. Spätestens bei der Hochzeit werde ich mein Versprechen eingelöst haben. Doch es steht noch niemand fest.“
„Oh, nein“, sagte sie jetzt fröhlich. „Du hast sie schon lange bestimmt. Oder sie dich ausgewählt…“, sagte sie und ging. Shiuso leckte sich die Lippen ab, dachte dabei an eine Süßspeise, und ging beim Hinterausgang der Küche heraus. Draußen wehte der Wind immer noch, doch viel stärker als zuvor. Shiuso fegte ein Windstoß fast von den Füßen, doch er hielt stand, und ging in Richtung Diebeswald. Es war schon fast Mitternacht gewesen, als er von Hollys Hotel zu einem Baum kam. Dort stand er nun.
Viele Leute, aus der Umgebung, mieden diesen Ort. Einen Ort der Trauer, des Blutes, des Leids. Und auf wundersame Weise war es doch nicht so ruhig, wie man solch einen Ort erwarten hätte. Kein Gläubiger der Geschichten des Waldes lief auf Shiuso zu. Zuerst erkannte der flüchtige Mann ihn nicht. Und dazu hatte er auch keine Gelegenheit bekommen.
In den Jahren, die Shiuso hier lebte, war er dennoch kein einfacher Kutscher. Und der am Boden tot liegende Mann auch kein gewöhnlicher Waldläufer. Shiuso brachte schon eine Menge an Spionen zur Strecke, ohne Spuren zu hinterlassen.
Nach der Spurenvernichtung kam er wieder zum Ort der Tat. Er streifte über die Haut eines großen, abgesägten Stammes, und spürte kleine Ritze, die nicht durch die Natur entstanden, sondern durch ein Schwert.


Die runden Augen des Landes

„Es wird nicht mehr viel Blut fließen müssen, Vater“, sagte Shiuso. Und auf dem Heimweg traf er verwundert Sini. Er grüßte sie zur späten Stunde, und war wirklich überrascht sie zu sehen.
„Shiuso, du musst etwas für mich erledigen!“ sagte sie.
„Hö?“ entsprang aus dessen Mund.
„Komm mit! Ich erzähle es dir in der Arztpraxis.“
Also gingen sie los. Es dauerte schon etwas, bis sie vom Stadtrand zur Praxis kamen. Und den langen Weg hatte er keine Antwort auf seine Fragen, die er stellte, bekommen. Es war der zweite Tag der Wende, doch das soviel bei ihm passieren würde, und nicht anderes? Das ausgerechnet die kleinen Dinge noch so wichtig waren.
„Trödel nicht rum und komm rein!“ sagte sie.
So trat er ein, und fand alles dunkel vor sich. Das Wartezimmer war nicht gerade groß, doch er hätte hier nicht einmal eine Kolonie von Soldaten sehen können.
„Was treibst du da? Komm her!“
Eine Tür rechts vor ihn öffnete sich, und ein schrilles Licht strahlte ihm ins Gesicht. Dem folgte er und so fand er sich in einem kleinen Zimmer wieder. Ein Zimmer, das er nicht kannte. Das er in Wirklichkeit nie besuchen wollte.
Es war hübsch eingerichtet: ein Kleiderschrank so breit wie er selber, ein kleines Schränkchen neben einem recht üppigen Bett, und ein kleiner, runder Tisch in der Mitte von allem. Selbst sein Zimmer war größer.
„OK, bringen wir es hinter uns“ sagte. Shiuso schaute zum Kleiderschrank, und sah Sinis Kleider herunterfallen. Sofort drehte er sich um, und konnte seine röte schon deutlich im Gesicht spüren. Ein Brandmahl seines Lebens. Erneut entflammt.
„Was ist? Du hast mich so doch schon gesehen. Sei nicht so scheu!“ sagte sie, sich ein Pyjama anziehend.
„Tut mir leid, aber ich bin doch lieber ehrlich, und schaue nicht hin. Das gehört sich nicht. Und verraten werde ich auch …“
Sini war angezogen, und trat auf ihn zu. Er drehte sich nicht um, und da sagte sie: „Weißt du, du warst der erste.“ Auf einmal hustete Shiuso; nicht ohne Grund, und sagte: „Was?“
„Ja“, sagte Sini, und setzte sich aufs Bett. „Komm her, oder hast du Angst?“
Shiuso blickte jetzt nichts mehr. Weitgehend hatte er sonst alles unter Kontrolle, doch seit der Begegnung mit Hollys Korb glitt alles aus seinen Händen. Doch seine Hände hielten jetzt Sinis, und diese glühten.
„Was ist denn? Du wirkst nervös.“
„Ach ja? Nun, … einiges läuft mir gerade … aus dem Ruder, aber sonst geht’s mir gut“, stotterte er vor sich hin, gerade und steif sitzend.
„Was ist los mit dir?“ fragte Sini jetzt verärgert. „Hast du dich jetzt entschieden?“
„Was?“ fragte Shiuso. Sini hielt sich den Mund zu. Da sprach er weiter: „Was ist hier los? Sag bloß, du hast auch das Ding mit dem Versprechen mitbekommen?“ Sini sagte immer noch nichts. „Warum hast du mich hierher gebracht? Ist es wegen dem? Was ist …“
„Es ist nicht nur wegen dem!“ sagte sie traurig. „Aber auch deshalb hab ich dich hierher gebracht. Eigentlich wollte ich nur, dass du mir etwas besorgst. Kannst du von mir einen Auftrag annehmen?“
„Hä?“ gab Shiuso von sich.
„Es tut mir Leid, aber ich kann da nicht hin“, sagte sie.
„Wechsel nicht das Thema!“
„Shiuso, hör jetzt zu!“
„Okay.“ Eine 180° Drehung.
„Also, bring diese Sachen nach deiner Fahrt zur Prinzessin. Ich habe sie gewaschen, und gepflegt. Aber das ist noch nicht alles.“ Shiuso schaute neugierig. „Bring ihr doch bitte eine Blume mit“, sagte sie lächelnd.
„Hä?“ Shiusos Verwirrung stieg.
„Sie hat dem Soldaten das Leben gerettet. Und mir viel Arbeit erspart. Außerdem will ich mich in seinem Namen bedanken. Und da gehört es sich, ihr eine Blume zu bringen.“
„Blumen, ein Zeichen des Lebens?“ sagte er.
„Ja“, sagte sie lieb. „Und jetzt komm, warum ich dich eigentlich hierher kommen ließ … Gewähre mir dies zum letzten Mal, vor deiner Entscheidung.“
Ein merkwürdiger Auftrag, dachte Shiuso. Aber dieser Gedanke ließ in ihn einen Blitz entfachen. Baum und Blume und Leben, diese Wörter schossen ihm durch den Kopf, als ob sie eine völlig andere Bedeutung bekamen.
Drei Wörter. Es gibt also drei. Und somit auch einen dritten Weg … Vater, es muss keiner sterben. Der Prinz dieses Landes muss nicht sterben, wie einst der Mönch. Nein, wird er nicht. Und dadurch öffnet sich ein neuer Weg für deinen Wunsch. Das Volk kriegt seine Macht zurück. Auch wenn es …
Shiuso drückte Sini seinen Zeigefinger auf ihre Lippen. „Kein Wort mehr“, sagte er, und ließ ihre andere Hand los. „Kein Wort mehr“, wiederholte er sich, und stand auf. „Ich werde deinen Auftrag annehmen, nachdem ich wieder zurückkomme. Auf Wiedersehen, und gute Nacht.“
Schnell verließ er die Praxis, und schwang seine Beine Richtung Heim. Und zum Morgen überlegte er sich auch wieder was Lustiges.

An einem Restaurant angekommen sprang Shiuso von seiner Kutsche. Doch schon beim Sprung blieb er hängen, riss sich nicht nur die Hose auf, sondern knallte gegen den Karren, und fiel dann unsanft zu Boden. „Aua, aua“, klagte er, warf sich tapfer auf die Beine, was nicht so recht ging, und er wieder stürzte, und schleppte sich müde ins Restaurant ein. An der Rezeption fragte er nach Karo, der Süßigkeitsfanatikerin. Das kleine Mädchen kam mit einer Hostess, die sich als ihre Mutter herausstellte.
„Verzeiht, meine Dame, aber ich wollte sie fragen, ob ich diese kleine Lady mitnehmen könnte. Ich fahre mit einer Kutsche in eine andere Stadt, und hab mich gefragt, ob sie diese sehen möchte. Sie bekommt dort auch alles umsonst.“
„Warum sollte ich euch meine Tochter anvertrauen?“ fragte sie misstrauisch. „Es gibt hier schon genügend böse Menschen.“
Shiuso war gekränkt, und das sah man ihm an. Dann sprach Karo: „Mama, das ist der Onkel, der mir die Süßigkeiten gab! Das ist er!“
Karos Mutter schaute sie erstaunt an, und schaute wieder zu Shiuso.
„Mein Name ist Shiuso. Ich bin hier recht bekannt, wie ich weiß. Und mein Name soll nicht in den Schmutz gezogen werden. Hören sie sich um, aber ich habe langsam wirklich keine Zeit.“
Karo durfte schon nach einer Minute nach Shiusos Worten gehen, und sie freute sich richtig.
„Schauen wir beim Süßikgeitenonkel vorbei?“ fragte sie gespannt, und unruhig.
„Nein“, sagte Shiuso, und bewegte die Zügel mit seiner unverletzten Hand.
„Warum?“ fragte sie frech.
„Weil ich dir schon Süßigkeiten eingepackt habe.“
„Wirklich?“ sagte sie, und schaute sich um.
„Nicht so hastig, sonst fällst du mir vom Wagen. Und das wollen wir doch nicht.“ Er holte mit der linken, verletzten Hand eine große Tüte heraus, und legte es Karo auf den Schoß. Diese packte sie auseinander, und stopfte sich eine handvoll Süßes in den Mund. Er schaute böse, und verärgert auf sie. Doch ihr praller Mund, diese leuchtenden, runden Augen, und das liebliche Schmatzen verwandelten seinen Gesichtsausdruck in einen eher Mitleiderregendes Bild. So süß, und so lieb.
„Da deine Fingerchen noch nicht verklebt sind, kannst du so lange die Zügel halten. Na, willst du mal fahren?“ sagte Shiuso. Karo schüttelte den Kopf. „Na gut. Aber nenn mich nie wieder Onkel. Eher Bruder oder so, okay?“ Dabei nickte sie. „Ach ja, halte mal kurz.“
Shiuso gab ihr die Zügel, die sie festhielt. Dann stieg er auf das Dach der Kutsche, und legt sich hin. „Halte die Zügel ruhig, und immer auf dem Weg. Wenn wir abweichen, dann sag es mir schnell.“
„Was?“ schrie sie entsetzt.

Keine vier Stunden vergingen, und schon waren sie in einer Nachbarstadt, nördlich vom königlichen Schloss. Es war hauptsächlich eine Handelsstadt, und es gab jede Menge an Rummelplätzen, Riesenräder, schnelle, kleine Züge, und viele Süßigkeiten. Und Spielzeug. Der Kunde war ein netter Herr, und wollte, dass Karo die Stadt sah.
„Danke, Onkel mit dem langen Schnurrbart“, sagte sie mit einem fröhlichen Ausdruck, das sich sofort im Gedächtnis einbrannte.
Und der Onkel mit dem langen Schnurrbart freute sich auch, und bezahlte sogar die freie Zeit. Es dauerte nicht lange, doch dafür amüsierten sich alle prächtig.
„Es wird Zeit, mein Herr“, sagte Shiuso dann, und sie fuhren voll geladen zum Schloss zurück. „Es wird ein wenig holprig sein, mein Herr, aber sonst schaffen wir es nicht, Ihren Termin einzuhalten.“ Der Kunde akzeptierte, und schon ging es hurtiger los.
„Du, Bruder? Hast du eine Freundin?“ fragte ihn Karo auf ihrem Platz leicht hopsend.
„Ich? Nein. Ich hab keine. Warum?“
„Warum nicht?“ fragte sie frech.
„Du musst nicht alles wissen“, meinte der große Bruder.
„Doch! Sag! Biiiiiiiiiiiiitteeeeeee!“
„Also gut“, gab er nach. „Warum hab ich keine Freundin … hmm … keine Ahnung.“
„Los!“
„Ja, ja! Aber ich weiß es wirklich nicht. Ich kenne keine Person, die meine Freundin sein könnte. Ich habe die Richtige noch nicht getroffen.“
„Aha!“ sagte Karo, und stopfte sich wieder Süßes in den Mund.
„Wehe du machst mir hier Flecken“, schimpfte er.
Doch aus ihr kam nur wieder dieser einzigartige Blick hervor. Und ein „Mampf!“


Treffen

„Und? Wie gefällt es euch, Prinzessin?“ fragte ein Schneider Mioniko. Sie kreiste in einem Hochzeitskleid herum, vor großen Spiegeln, und eine Menge Dienern. Das Kleid war wunderschön, fand sie. Doch etwas fehlte. Eine Heirat sollte etwas Einzigartiges sein, dachte sie.
„Nein“, sagte sie. „Ich will dieses Kleid nicht tragen. Das passt nicht zu mir.“
„Aber Herrin“, sagte Fiola, „Dass Kleid ist doch …“
„Ja!“ unterbrach Mioniko sie, „Natürlich ist es wunderschön, doch ich will es nicht. Es ist genauso, wie zu dieser Party.“
Fiola verstummte, und ging aus dem Zimmer. Mioniko zog ihr Kleid aus, und wies die Anwesenden aus dem Raum. Sie hatte Lust, sich sogar die Unterwäsche auszuziehen, doch sie tat es nicht. Nicht gleich. Fiola klopfte an, und trat ein. Sie hielt ein nicht ganz so weißes Kleid in ihren Armen fest. Mioniko schien es alt, und grau, doch das war es nicht.
„Wegen der Party dachte ich mir, ihr möchtet etwas Schlichtes. Es ist euch nicht passend, aber das kann man korrigieren. Und noch etwas mehr beschmücken, da es jetzt oben sehr eng sitzt.
Mioniko schaute sie an, gab sich einen Ruck, und schaute sich das Kleid von nahem an. Dann sah sie die wahre Farbe: Silber. Er war versilbert, und fühlte sich an wie Seide, und war federleicht.
„Es ist wirklich eng“, sagte Mioniko, und kurze Zeit später fiel ihre Unterwäsche. Dann zog sie das Kleid über ihre nackte, sanfte Haut. Und sie fand es bezaubernd. Das Richtige. Das Einzige. Nur eines störte sie gewaltig. Sie schaute zu Fiola hin, und begutachtete ihre Oberweite. Dann sagte sie: „Es muss dein Kleid sein. Ich danke dir, dass du es mir ausleihen willst. Du bekommst es wieder, wenn ich es tragen darf.“
„Aber nein!“ sagte Fiola. „Das ist ein Hochzeitsgeschenk. Nehmt es an, oder ich schmeiße es weg!“
„Vielen dank“, lächelte Mioniko ihr zu.
„Sagt mir aber, woher ihr wusstet, dass es mein Kleid ist?“
Mioniko wartete kurz, und sagte dann in die Spiegel schauend: „Mein Busen ist nicht so groß wie deiner.“
„Eh?“ sagte Fiola verwundert.

Der Abend näherte sich langsam, doch die Sonne wollte, und wollte nicht untergehen. Mioniko schaute wieder einmal von ihrem Balkon auf die Stadt hinunter, als die ältere, üppigere Dienerin ankam, und sie fragte, ob alles in Ordnung sei.
„Warum fragt ihr?“ fragte Mioniko erstaunt.
„Ihr seht so unglücklich aus. Man sollte als Braut nicht so in die Hochzeitswoche schlendern. Das ist nicht gut für die Haut“, sagte die Dicke.
Mioniko kicherte, und bot ihr einen Platz neben sich an. „Ihr habt Recht. Aber es ist doch so, das ich den Prinzen nicht kenne. Selbst in den wenigen Tagen, die ich hier bin konnte ich mich nie mit ihm privat unterhalten. Ich kenne seinen Charakter nicht. Ich weiß nicht was er am liebsten isst. Und ich habe keine Ahnung ob er gutmütig, und weise ist. Ich weiß nichts, außer das dieser Kutscher der netteste junge Mann hier in dieser Stadt ist.“
„Deshalb schaut ihr hinaus. Um ihn zu sehen“, sagte die Dicke mit einer ruhigen, und zugleich beruhigend wirkenden Stimme.
„Ich bin nicht verliebt!“ sagte Mioniko, und ihr Kopf sank zwischen die Schultern, als auch sie stärker als die untergehende Nachmittagssonne errötete.
„Mein liebes Kind, wenn ihr euch verliebt habt, dann ist das gut so. Aber ihr müsst aufpassen. Es ist nicht gut, wenn diese Sache bekannt wird. Liebt diese Person, und versucht bei ihr zu sein. Das ist das Beste. Ihr seid bald die Königin, und ihr tragt viel Verantwortung auf euren Schultern.“
„Ich weiß es zu schätzen, was ihr mir sagt. Und dies habe ich auch erwartet. Ich danke euch.“ Sie hob ihren Kopf, und fügte ernst hinzu: „Aber ich habe mich nicht in Shiuso verliebt!“
Die Dicke lachte wie der Weihnachtsmann höchstpersönlich; nur 3 Oktaven höher. Das Gespräch war sehr amüsant. Oder?

Mioniko ging dann in den großen Garten. Keine Menschenseele war zu sehen. Das rötliche Licht verzauberte die Blühten der Blumen in eine sinnliche Farbe voller Magie und Faszination. Ein dunkles Rot mal hier, feilschendes Grün-Gelb, und ein ruhiges Tiefblau mal da. Es war einfach ein schöner Augenblick. Dann krachte etwas hinter ihr. Erschrocken drehte sie sich um, und wie nicht anders zu erwarten war der Trottel, der über ein paar kleine Steinchen fiel, Shiuso.
„Autsch!“ klagte er. Wobei das „u“ lange andauerte. Nicht umsonst, wie ein Idiot, hob er zuerst seinen Hintern, und versuchte sich dann gerade aufzurichten, doch er grub sich nur mit seinem Gesicht im dunklen Gras rein. Mioniko kicherte. Dann versuchte er es noch mal - der Trottel fiel erneut. Jetzt lachte sie schon, und ging zu ihm hin. Shiuso gab das Aufstehen auf, und kniete sich einfach hin. Und erst jetzt sah Mioniko, dass er etwas in den Armen trug. Sie erkannte nur eine große, schwarz befleckte, weiße, knuddelige Puppe. Doch da war noch mehr. Sie stand nun vor ihn. Doch dann kippte sie auf dem hohen Gras etwas um. Shiuso wollte ihr Halt bieten, und sprang auf die Beine, doch dann rutschte er wieder aus, und fiel vornüber auf sie. Das war auch nicht besonders klug …
„Verzeiht“, sagte er auf ihr liegend. „Ich wollte nicht … ich hab doch nur … ich meine, ich … ich habe euch was mitgebracht. Er stützte sich mit der unverletzten Hand etwas vom Boden ab, und nahm mit der anderen das große Etwas, was sich als eine plüschige Kuh herausstellte. Er stieg von ihr, und kniete sich erneut auf den Boden hin. Mioniko setzte sich in eine einigermaßen rechte Sitzstellung hin, und hielt sofort ihre Hände zwischen ihre Schenkel, um etwas sehr persönliches zu schützen.
„Ich wollte mich noch wegen meiner Unverfrorenheit entschuldigen, und habe euch dies hier gebracht.“ Er übergab ihr die Kuh, und ein kleines Päckchen. „Da drin ist die feinste Schokolade, die es in der Stadt gibt.“
Mioniko lächelte, und nahm die Kuh an sich. „Vielen dank. Und das da?“ sie legte die Puppe auf ihren Schoß, und zeigte mit einer Hand auf die Rose in seiner Hand.
„Ach, das hier. Das ist … weißt du, das ist …“
„Lieb von dir“, unterbrach sie ihn. Und Beide verstummten.
„Ich …“, fing Shiuso wieder an, doch er bekam es nicht zu ende. Sein sonst so stolzer Kopf sank etwas. Er schaute auf die Kuh, und fragte sie dann: „Freust du dich auf die Hochzeit?“
„Nicht besonders“, antwortete sie. „Es wird am Anfang schwer sein, doch es wird bestimmt gut gehen.“
Shiuso schaute sich um, bevor er sich vorbeugte, und ihr zuflüstere: „Weißt du, man sagt der Prinz sei ein richtiger Bulle: knautschig und knuddelig, wie diese Puppe.“ Mioniko kicherte, und konnte sich gerade noch das Lachen verkneifen. Dann fügte Shiuso dies hinzu: „Das heißt ihr seid die Kuh, die er rammelt.“ Er lachte ganz doll, und breit. Und schon fing er sich eine Ohrfeige ein, dass er zur Seite umkippte.
Und was sie dabei nicht wusste, dass war das, was Shiuso wollte. Und sie sagte auch, was er vorhersah: „Das ist so gemein.“
Shiuso gab darauf hin ein „Hehe!“ von sich. Doch Mioniko war noch nicht am Ende.
„Du darfst mich beleidigen, und ich darf das nicht. Du bist so gemein, es auch noch auszunutzen.“
Shiuso verstummte, und fragte: „Was?“
Doch er bekam keine Antwort. Nein, denn Mioniko stand einfach auf, und prügelte mit beiden Händen die Kuh festhaltend auf ihn ein. Er griff nach ihren Oberarmen, warf sie auf die Seite, und rollte sich auf sie. Er saß fast auf ihr drauf, würde er nicht knien.
„Was jetzt?“ fragte sie traurig. „Was wirst du jetzt tun? Es ist nur noch diese Puppe zwischen uns.“
Shiuso schaute ernst herunter, und schämte sich. Schämte sich, weil er zum ersten Mal die Hände gegen eine hilflose Person erhob, und sie vielleicht verletzt hatte. Er verletzte ihr Herz. So beugte sich sein Körper hinunter, und sein Mund sprach: „Da soll die hübsche Kuh auch bleiben.“
Jetzt erwartete er sie überrascht. Und dann würde er einfach aufstehen, und gehen. Seine Arbeit wäre getan. Doch das Schicksal spielte ihm nicht recht zu …
„Das im Zimmer, auf der Party, war das nur ein Spiel?“
„Was?“
„Der Kuss. Du hast mich geküsst, oder etwa nicht?“
Shiuso dachte kurz nach, und sagte dann: „Nein.“
„Aber …“
„Ich habe dir Federn von der Schulter und den Lippen weggepustet, als sie auf dich fielen.“
„Das heißt, dass du es nicht getan hast“, sagte sie traurig.
„Nein.“
„Das heißt, dass ich auf meinen ersten Kuss noch immer warten muss.“
Und ein drittes Mal sagte er das einzelne Wort, das Wände zum Einsturz brachte, aber auch selber wie eine große Wand stand. Er lächelte, und sprach es aus. Drei, eine magische Zahl. Benutze dreimal ein Wort für ein und dieselbe Sache, auch wenn es sich von jemandem anderen anders anhört. So hat dies eine tiefere Bedeutung, als es sich nur anhört. Denn dieses Wort ist unwiderruflich. Shiusos Augenlieder senkten sich, als er sich hinunterbeugte, und sie sich küssten. Die Kuh war direkt auf beiden Herzen in Kontakt. Und dies war gut so, denn die Herzschläge wären des Anderen Todesschlag gewesen. Als er seine Augen öffnete, und sich langsam erhob, da streichelte er ihre Wange, fuhr langsam über ihren Hals herunter. Dort, am Ende angelangt, hob er sie wieder hoch, und drückte seinen Zeigefinger leicht auf ihre Lippen, um sie zu verschließen.
„Alles kann schief gehen. Die Welt kann ins Chaos stürzen. Aber die Hochzeit darf nicht abgebrochen werden. Auf keinen Fall“, sagte er, und stand auf. Als er sich von ihr entfernte, da blieb er stehen, drehte sich um, und sprach. Ganz langsam, mit großen Pausen zwischen den Sätzen: „Deine Lippen schmecken nach Vanille und Erdbeere. Ein merkwürdiger Geschmack. Und jetzt habe ich die Person meines Herzens gefunden.
Ich habe mich verliebt, und wünsche dir somit eine gute Nacht. Träume süß. Mioniko …“
Er ging, ohne sich wieder umzudrehen.

Mioniko blieb noch lange auf dem Boden liegen. Es war kühl, doch sie merkte nichts davon. Fest umklammerte sie das Stofftier, und schaute zum Himmel hinaus. Dann fielen ihre Augenlieder, und ihre Nase saugten ihre Lungen die frische Luft der Blumen und des Grases ein.

Shiuso lief weit aus der Stadt hinaus. Es dauerte lange, bis er ausgelaugt in Valentins Versteck eintraf.
„Ich habe einen neuen Weg gefunden“, sagte er den Leuten. „Einen, der nicht mit viel Blut vergossen wird. Denn wir müssen das Leben schützen, und es nicht zerstören.“
„Ich höre“, sagte Valentin interessiert.


Nachwort

Bist zur Hochzeit liefen Planung und Ausführung auf Hochtouren. Nicht nur auf der Seite der Hochzeitsplaner, sondern auch der Sicherheitsleuten und den Banditen.
Es fing schon an dem Tage an, als Shiuso den einen Mann tötete, und dann bei Valentin aufkreuzte.
„Ich habe euch einen weiteren Spion für euch entsorgt. Also haben wir nicht viel zu befürchten.“ Valentins Männer schauten Shiuso bei seiner Rede merkwürdig an. „Was ist?“ fragte er.
„Du sprichst von Spionen. Wir haben hier keine gesehen.“
„Klar“, sagte er zu einem Mann. „Ich habe sie, nachdem sie euch ausspioniert haben, getötet.“
Wieder trat Stille und Ungewissheit ein. Dann lief Shiuso herum, und gab jedem einen Zettel, und sagte: „Jeder von euch hat eine Rolle. Ihr könnt dadurch mitten in das Geschehen hinein. Ich wünsche viel Spaß bei der Ausführung eurer Dienste.“ Er grinste herum, als ob alles ein kleines Spiel wäre. Ein Spiel, in dem er sich schon als Sieger kürte. Es wurde noch herumgefeilt, und Verbesserungen an ihrem Plan gehandhabt.
„So ein Mist. Ich hab Mioniko ganz vergessen auf wieder sehen zu sagen“, sagte Shiuso beim Planen in Gedanken verfallen.
„Wie konntest du nur?“ sagte Valentin amüsiert, und lachte.

„Mein Prinz, kommt bitte schnell! Eure Mutter, die Königin, ruft dringend nach euch“, eilte ein Diener in des Prinzen Gemach.
„Ich komme“, sagte dieser, und ging schnellen Schrittes ihm hinterher. Beim Zimmer der Königin angekommen öffnete der Diener die Tür, und stieß den Prinzen gewaltsam hinein. Er zog ein Messer, und hielt es vor die Königsfamilie.
„Was hat das zu bedeuten?“ fragte die Königen.
„Ein Spion“, sagte Prinz Surfur, ohne sich darüber Gedanken zu machen, in welch einer Gefahr er und seine Mutter steckten. Der Spion griff den Prinzen gleich an. Auch eine sehr kluge Entscheidung, jedoch vergebens in seiner Ausführung. In nur ein paar Sekunden lag der Arm mit dem Messer des Spions auf dem Boden.
„Mörder meiner Tochter … meiner Familie!“ schrie der Spion, und verlor den Kopf. Prinz Surfur rief eine Wache herbeirufen, die den Körper wegtrug. Die Sicherheit sollte dann verstärkt werden.
„Was wollt ihr, Mutter?“ fragte dann Prinz Surfur, als die Arbeit getan war. Die Königin lief im Raum hin und her, bis sie an ein Fenster ging, und sich dort auf einen Stuhl setzte.
„Deine Spione sind Stümper. Nicht einer ist zurückgekommen. Und du willst König werden? Nicht einmal strategisch denken kannst du. Wahrlich ein Führer deines Landes bist du“, sagte die Königin.
„Warum sagt ihr so was? Habe ich etwa etwas falsch gemacht? Habt ihr Sorgen, die ihr mir vielleicht nicht offenbaren wollt?“ fragte Prinz Surfur.
„Gewiss habe ich Sorgen. Doch enthalte ich sie dir nicht vor. Im Gegenteil, ich sage dir jetzt sogar einen großen Fehler: dein Fehler ist dieser Kutscher, dieser Shiuso. Wenn du ihn nicht unter Kontrolle hast, dann wird er zu einer Plage werden. Dein Ansehen kann erheblich gestört werden.“
„Soweit wird es nicht kommen. Und außerdem hattet ihr Unrecht, was die Spione angeht. Nicht jeder blieb verschwunden.“
„Wie meinst du das?“ staunte die Königin. Prinz Surfur ging zu ihr hin, und lehnte sich ans Fensterbrett.
„Einer ist wieder gekommen. Und da hatten sie ihren perfekten Plan erstellt. Sehr klug durchdacht. Doch bevor sie sich überhaupt bewegen können, da werden sie schon von einem riesigen Trupp an Söldnern überrollt. Sie müssten schon kurz davor sein, die letzten Übriggebliebenen zu säubern.“
„Das ist fantastisch, mein Sohn!“ war die Königin entzückt.
„Narninis gehört mir. Und keiner wird mich daran hindern, Mutter. Und wir werden siegen. Wir!“ Prinz Surfur lachte laut, und lange. Ein wahnsinniges Lachen, voller Gewalt und Hysterie.

So kam der Tag. Es war Hochzeitstag in Tigra. Die Leute jubelten. Die Strassen waren voller Blumenblüten. Kleine Mädchen liefen in schönen, bunten Kleidern herum. Die Mädchen dieser Stadt haben ihre besten Kleider hervorgebracht. Die wenigen Männer standen mehr mit Uniform, und Krawatte da. Es herrschte eine Menge an Glücksgefühl in der Idylle.
Die Kutsche mit dem Brautpaar erschien. Eine große, weiße Kutsche ohne Dach, und sehr geräumig gebaut. Es passten locker sechs Personen hinein. Jedoch saßen nur zwei drin; die Braut und der Bräutigam. Der Prinz war ja einen Kopf größer als sie, und ragte deshalb etwas aus dem Bild. Und die Prinzessin fühlte sich auch noch um ein vielfaches kleiner, als sie aussah. Lächelnd winkte sie den Leuten zu; dabei schmissen einige Männer, die ältere Generation, ihre Hüte in die Höhe. Manche Paare konnte man am Rande sehen, wie sie tanzten, und sehr, sehr glücklich waren.
Es waren auch sehr viele Soldaten zur Sicherheit mobilisiert worden. Sie gingen neben der Kutsche her, sodass niemand zunahe kam. So ging es vom Schloss bis zur Kirche so. ein herrliches Bild von jungen Mädchen und älteren Herrn. So sah es nun eben aus.
Der Prinz hatte nun eine Prinzessin an seiner Seite, und das Land würde wieder einen König haben - nach 20 Jahren wieder. Das Brautpaar saß nebeneinander, und war sehr glücklich. Es war ja auch ihre Hochzeit. Und Shiuso saß mit dem Rücken zu ihnen.
Der Prinz hatte ihn persönlich um die Begleitung gebeten. Eine hohe Ehre, doch nichts im Vergleich zu dem, was Shiuso wert war. So brachte er sie vor die Kirche, und das Paar stieg hinein. Shiuso grinste als er mit der Kutsche wegfuhr.
Aber der Prinz war nicht besonders froh, wie Shiuso auftrat. Denn er hatte sich schwarz angezogen. Alle, die vom Schloss kamen, waren nur in heller Kleidung aufgetreten. Shiuso nicht.
Er parkte die Kutsche in einer großen Scheune, wo Soldaten davor standen. Shiuso war drinnen jedoch allein. Er stieg von der Kutsche ab. Ein Tropfen viel zu Boden. Gleich darauf reif ihm ein Soldat zu, auf die Kutsche aufzupassen. Sehr wohl, sagte ihm Shiuso, doch dabei kippte er leicht zur Seite. An der Kutsche hielt er sich fest, und ging langsam seines Weges. Draußen wurden erst einmal die Wachen überwältigt, und dann versteckt. Bei zwei Mann war dies ja auch kein Problem, doch dann kam das Eindringen in die Kirche. Sämtliche Ein- und Ausgänge waren besser bewacht als die der Kutsche. Der Prinz hatte ja die Wachen verstärkt, und somit hatte Shiuso doch ein Problem hineinzukommen. Oder etwa doch nicht?

Er spazierte zum Haupteingang. All die Masse der Menschen staunten, und viele schrieen dann Shiusos Namen aus. Doch diejenigen, die ihn wirklich kannten, riefen nicht. Sini war einfach sprachlos. So ging er dort hinein. Für sie war er verloren. Und auch Holly stand nicht weit weg. Ihr fiel eine Träne herunter. Um sie herum dachten die Leute, sie würde wegen der Hochzeit weinen. Aragon stand auch da, doch er konnte nichts sehen. Karo erhob sich über allen, da sie auf den Schultern ihrer Mutter saß. Sie rief, aber nicht nach ihm, sondern nach: „Gib mir Süßigkeiten, Bruder!“
Shiuso wartete vor der Treppe kurz. Sini sah ihm deutlich an, dass er schwankte. Etwas stimmte nicht mit ihm. Und dann sah sie den Fleck an seinem Anzug. Es war ein schöner Tag, und so glitzerte auch der nasse Fleck auf seiner Kleidung. Shiuso stieg die Treppen hinauf. Er erwartete etwas Widerstand, oder zumindest jemanden am Eingang der Kirche. Es war dem nicht so. Er horchte an der großen Tür.
„Wir haben uns hier versammelt, um diesen Mann und diese Frau …“
Er hörte den Bischof laut hallend sprechen. Shiuso drehte sich von der Tür weg, und schrie: „Es ist soweit. Gleich ist es zu Ende. Lasst die Masken fallen!“ So gut wie jeder zweite Soldat schlug den anderen nieder, und alle verteilten sich um Shiuso an der Treppe. Viele Wächter kamen angelaufen, und schlugen in den Schutzwall ein. Viele fielen zu Boden, doch dann kamen andere Männer, aus den Zuschauerreihen, streckten eine Menge von hinten nieder.
Shiuso drehte sich erneut zum Eingang hin. Es dauerte, bis er das Tor öffnen konnte. Doch als er es offen hatte, da war es gerade noch rechzeitig. Der Geistliche war dabei seine Sätze zu Ende zu bringen: „Hiermit erkläre ich euch …“
„Halt!“ schrie Shiuso ihm ins Wort.
Alle sahen zu ihm hinüber, und bemerkten jetzt erst die Unruhe hinter dem Tor. Und so sahen sie Shiuso am Eingang stehen. Auch Valentin trat neben ihm ein.
Mehrere Frauen kreischten los.
„Halt, sage ich!“ rief Shiuso seinen Anzug aufknüpfend. Dann warf er ihn einfach in die Menge. Dieser fiel dann nicht auf irgendjemanden, oh nein. Es war einer der Banditen, die den Anzug auffing. Soldaten stürmten von vorne und von den Seiten auf die beiden zu. Shiuso beschleunigte nach vorne, schlug dabei die vier Soldaten nieder. Valentin vergoss bei den restlichen zwölf Blut.
„Aufhören!“ rief der Prinz. „Was glaubt ihr, wer ihr seid? Dies ist meine Hochzeit, und ich werde das nicht du …“
„Halt die Klappe!“ sagte Shiuso, fünf Schritte vor ihm stehend. Sein weißes Hemd war an einer Stelle mit Blut befleckt. Mit sehr viel Blut. Und es tropfte weiterhin. Mioniko erschrak zu sehr, sodass sie fast in Ohnmacht fiel. Der Bischof fing sie auch noch rechzeitig auf. „Halt die Klappe, jetzt rede ich!“
„Was soll das werden? Ein Attentat?“ fragte Prinz Surfur.
„Nichts dergleichen“, antwortete ihm Valentin, als er und manche der Soldaten (die zu seinen Männern gehörten) die Tür verschlossen, und sich dagegenstellten. Valentin kam auch zum Altar.
„Was habt ihr getan? Blut im Hause Gottes vergossen habt ihr“, sagte der Bischof, verstummte jedoch sofort, als er Valentins kalten Blick empfing.
„Es ist vorbei, Surfur. Valentins Männer sind unter den Soldaten. Du hast keine Chance mehr. Wehr dich nicht, und es wird dir ein leichtes sein, dich deiner Strafe zu entgehen“, sagte Shiuso wie ein König; hoch, mutig, adelig, laut.
„Ich soll was? Das ich nicht lache! Ein Kutscher meint alles machen zu dürfen. Warum? Und welche strafe? Habe ich etwas verbrochen?“ sagte Prinz Surfur.
„Das hast du. Ja, das hast du. Du hast deine perfekte Stadt gezüchtet. Und du hast Leute einfach aus dem Weg geräumt, die dir nicht passten. Man hört hier nichts, aber die Bauernzahl verringerte sich um etwa ein viertel. Sagt dir da etwas?“ sagte Valentin. „Du hast gemordet, Prinz. Wahrlich hast du meine besten Freunde ermordet, und verunreinigt.“
„Ein Bandit wie ihr und eure Männer haben eine Strafe verdient. Dreck des Volkes“, sagte Prinz Surfur.
Dann blieb es still. Bis nach fast einer Minute Valentin wieder sprach. „Meine Freunde sind die Menschen guten Herzens. Sie leben von diesem Land und lieben es so sehr wie ich. Ich werde dich dafür büssen lassen, was du so vielen angetan hast!“ so schrie er.
„Blödsinn! Wie wollt ihr denn solche bösen Anschuldigungen beweisen? Ihr seid ein Bandit. Mehr auch nicht. Ihr seid kein Robin Hood“, sagte Prinz Surfur schon sicher.
Ein Gemurmel ging in den Reihen der Kirche um.
„Sicher bin ich das nicht. Und das wollte ich nie sein. Ich wollte nur seit Anfang meines Lebens Rache. Jedoch habe ich lieber für die Menschen gekämpft. Dank eines Mannes, euren verstorbenen Königs. Nun bin ich hier, und verteidige den Namen des Königs, um ihn nicht noch mehr in den Schmutz zu ziehen. Ja, gemordet habe ich … die Schuldigen Soldaten, die gnadenlos Unschuldige töteten. Und ich habe es nicht genossen, obwohl es mir nie etwas bedeutete. Es blieb auch oft eine Familie zurück, ohne Vater; und manchmal ohne Mutter.“
„Genug!“ rief Shiuso.
„Ach ja, du bist auch noch da, Landesverräter“, sagte Prinz Surfur. „Was sind deine Absichten, Kutscher?“
„Meine sind sehr leicht zu nennen: Rache!“
Mioniko sah, wie Fiola in der vordersten Reihe ein Schwert in einer Scheide aus ihrem Kleid herausholte. Somit gehörte auch sie zu den Banditen.
„Euch beiden, und die anderen Verbrecher besiege ich alleine. Kommt her, und empfangt euer Urteil.“ Der Prinz zog sein Schwert, das er bei sich trug. Ein solides, dünnes Schwert: ein Degen.
„Du erhebst die Hand gegen einen vom königlichen Blut?“ fragte Shiuso.
Prinz Surfur blieb erschrocken stehen. Was hatte das zu bedeuten? Er will mich nur verwirren, dachte Prinz Surfur. Dann sah er, dass er im Unrecht war. Shiuso zog das Medaillon seines Vaters hervor.
„Des Königs persönliches Siegel“, sagte der Bischof, als ob er es schon einmal gesehen hätte.
„Woher hast du das?“ rief jetzt die Königin erschrocken. „Woher hast du es, du Dieb? Du hast meinen Mann umgebracht?“
„Wie soll das gehen, du Königin. Ich war drei Jahre alt, als man mir das hier gab. Und vor fünf Jahren durfte ich es tragen. Mein Vater gab es mir.“
„Dein Vater ist ein Dieb und ein Mörder! Er hat den König ermordet!“ schrie die Königin.
„Da du grad von Mord sprichst, Weib“, sagte Valentin, „Was glaubst du wer ich bin? Was glaubst du warum ich mich auch nach Rache sehne, wie dieser Junge hier? Auch du hast getötet. Und dein erstes Opfer war ich!“
„Was?“ erschauderte die Angesprochene.
„Das reicht!“ sagte Prinz Surfur, und griff an. Valentin blockte jedoch sorglos ab.
„Halt! Er ist mein Gegner. Du kämpfst für die Menschen dieses Landes. Also lass durch mich meine und deine Rache vollenden. So soll es sein.“ Er ging zu Fiola, die sich verbeugte, und ihm das Schwert hinreichte. Jetzt sahen es alle: ein Samuraischwert. Der Griff aus Elfenbein, und das Metall vom besten Waffenhersteller des Ostens machten das Schwert einzigartig. Leicht war es, aber auch stark, und wendig. „Dir zeig ich Gerechtigkeit, Bruderherz.“
Prinz Surfur griff sofort Shiuso an. Dieser weichte knapp aus. Mioniko sah Shiuso plötzlich röcheln. Prinz Surfur schnitt ihm leicht in den Hals. Jetzt ist er noch mehr verwundet, und seine Bewegungen waren auch schon mal besser, dachte sie.
„Ich bringe dich um, du Mistkerl. Wer immer du auch wirklich bist“, sagte Prinz Surfur auf ihn langsam zukommend.
„Das besondere an dieser Art von Schwert ist die Wendigkeit“, sagte Shiuso normal, und drehte sich einmal herum. Dabei schnitt er Prinz Surfur ins Bein, damit er zu Boden fiel. Es folgte ein Stich durch die rechte Schulter, wobei der Prinz seine Klinge zu Boden fallen ließ, und auch er sich langsam senkte. Zum Abschluss hielt Shiuso ihm das Schwert unterm Hals.
„Hört mir gut zu, ihr Leute hier“, sprach Shiuso nun. „Mein Vater hat für sein Land gelebt. Genau wie Valentins Freunde, und er selbst. Vor 20 Jahren wurde er betrogen, und durch seine eigene Frau gehetzt und gejagt. Er verschwand im Osten. Jahre später erzählte er mir, als ich von der Schule kam, dass ich königliches Blut besitze. Und ich würde es sein, der mein Königreich befreien würde vor Angst und Ungerechtigkeit. Er erzählte mir von meinem Halbbruder, einer von einem Diener gezeugten Jungen. Sollte er nur auch ein wenig seiner Mutter ähneln, so sagte er, dann bestrafe ihn. Wenn es sein muss, töte. Aber lass ihn leiden, so wie ich durch seine Mutter gelitten habe. Und nun seid meine Zeugen, und verkündet im ganzen Reich: der rechtmäßige Thronfolger ist erschienen. Mit dem Siegel meines Vaters und der Bestätigung des Bischofs durch die Echtheit bin ich der Erstgeborene, derjenige, der dem Thron näher als dieses Stück Dreck ist.“
Die Leute murmelten erneut.
„Jedoch werdet ihr ihn als König erhalten.“
Erneut trat wieder Stille ein. Die Leute im Raum wussten nicht wirklich, ob sie hier bleiben sollten, und sich die Worte eines Betrügers, oder des wahrhaftigen Prinzen anhören sollten, oder einfach vor Angst wegrennen sollten.
„Der Prinz ist zurück“, rief jemand aus der Hinteren Reihe.
„Lasst mich zu Ende sprechen!“ forderte Shiuso. „Ich werde auf meinen Thron verzichten müssen. Ich habe nicht die Erfahrung als König. Aber mein Bruder hat die. Und er wird König sein, sobald der Bischof seine Worte durch meine Erlaubnis beendet. Aber er wird nur König, und auch nur so lange bleiben, wenn nichts Schlechtes von ihm zu hören ist. Und wird es bewiesen, dann kostet dies seinen Kopf. Und sollte der Prinzessin von Narninis etwas Schlimmes durch euch zustoßen, dann werde ich persönlich über dich richten. Hast du das verstanden, Bruder?“ Wie ein großartiger Sprecher beendete Shiuso alles, wofür Surfur kämpfte.
Jedoch sah es nicht nur nach dem Ende von Surfur aus. Auch dem von Shiuso war es. Die Königin hatte sich eine Armbrust von einem Soldaten gegriffen, und zielte auf ihn. Shiuso erblickte sie, und bevor er reagieren konnte, da flog Valentins Schwert an ihm vorbei, und durchbohrte der Königin Körper. So fiel kein Schuss.
Valentin ging zu ihr in, und sagte: „Meine eigene Schwester ist so ein Dreck. Dass ich mit nur ein paar Jahren überlebt habe, habe ich der frühen Wut auf dich geschafft. Ich danke dir, dass du mich verstoßen hast.“ Valentin zog das Schwert heraus, und köpfte sie. Alle sahen ihm dabei zu. Selbst Shiuso wunderte es.
„Du hast meine Mutter umgebracht“, sagte Shiuso.
„Möchtest du mich dafür bestrafen?“ fragte Valentin zornig.
„Nein, aber du hast ihr einen frühen Tod gebracht.“
Shiuso stieß Surfur von sich. „Beende dein Gebet, oder was auch immer“, sagte er zum Bischof, der dies tat. Das Land hatte nun wieder einen König. So ging Shiuso auch ohne ein weiteres Wort zu sagen aus der Kirche und verschwand.


Ende

Mioniko liefen die Tränen. Sie weinte aus innerstem Herzen.
„Es ist alles in Ordnung, Hoheit“, sagte ihr Fiola.
„Aber warum ist er gegangen?“ schluchzte die neue Königin. „Er hätte mich doch einfach nur entführen können. Und er war ja auch noch verletzt.“
Fiola sagte nichts mehr. Sie nahm sie mit und führte sie hinaus. Valentin hatte ihr bereits die Hochzeitskutsche bringen lassen. Alles war geklärt, und die Leute zeigten auch keinen Widerstand auf die Männer von Valentin. Doch Shiuso blieb verschwunden.
„Fiola“, sagte Mioniko.
„Ja?“ sagte Fiola.
„Bring mich zum kleinen Fluss. Bitte. Ich … ich muss …“
„Verstehe“, sagte Fiola sofort.
Und so fuhr Mioniko, Königin des Landes Tigra, los. Die Leute jubelten jetzt jedoch nicht mehr. Alle schaute das traurige Geschöpf, das dort in der Kutsche saß, und weinte. Ein Meer voller Tränen verdunstete, bis sie wieder nahe am Fluss angekommen waren.
„Wir sind gleich d…“ sagte Fiola, sprach aber nicht zu Ende. Sie sah einfach nur nach vorne. So schaute auch Mioniko hin.
Das, was beide sahen, war ein Schwarm voller kleiner Feen. Sie standen wie eine Mauer vor ihnen, sodass Fiola stoppen musste.
„Nur reine Herzen können sie sehen“, rief jemand hinter der dichten Wand. „Was wollt ihr hier?“
„Shiuso, du bist es!“ rief Mioniko.
„Äh, und ich dachte ihr erkennt mich nicht“, sagte er, und kam zum Vorschein. So plötzlicher er schien, so auch schnell sprang Mioniko von der Kutsche, und lief zu ihm.
Shiuso sah sich schon mit einer roten Backe, als sie ganz nahe war. Mioniko warf sich ihm um den Hals, und beide fielen hin.
„Ich will dich nicht verlieren“, sagte Shiuso.
„Dummkopf!“ weinte Mioniko. „Warum hast du mich weinen lassen. Mach das nie wieder!“
„Versprochen“, sagte und küsste er sie.

Die Fahrt ging weiter, und jetzt begleitete sie auch Shiuso. Fiola lag hinten auf den Sitzen, und schlief tief und fest. Mioniko saß bei ihrem Kutscher.
„Warum bleibst du nicht da, und wirst König?“ fragte Mioniko.
„Weil ich dich dann nicht in die Freiheit entführen könnte. Ich wäre ewig an die Leute gebunden. Und außerdem wird Valentin ein besserer Führer sein als ich. Nicht mein Bruder, sondern er wird regieren.“
„Du hast gewusst, dass ich komme. Nicht war?“
„Das habe ich.“
Da legte sie ihren Kopf auf seine Schulter.
„Wohin geht die Reise?“
„Ich habe gehört, dass es im Westen schöne Blumen geben soll. Die würde ich dir gerne Pflücken. So fahren wir nach Narninis.“
 
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Also alles in allem finde ich die Geschichte gut. Ich habe allerdings einige Probleme, was deine Schilderungen betrifft: WEm warf Valentin das Medaillon zu? Dem Vater oder Shiuso? War es der Vater, dann war er auch schon eine tragische Person, welche den Thron nicht besetzen konnte? Oder war es Shiuso? Wenn ja, wieso wird er von Valentin angegriffen? Shiuso sagt am Ende, dass Valentin seine Mutter getötet hat. Das bedeutet doch, da Valentin sie als ihre Schwester ausgibt, dass Shiuso sein Neffe ist? Was bedeutet: "Wenn man ein Wort dreimal sagt..."? Da ist einiges sehr verwirrend. AAaber: Du hast einen geilen Stil, Märchen zu erzählen:
"Ein Meer voller Tränen verdunstete,..." ist so eine tolle Stelle neben den vielen anderen wahrhaft schön geschilderten Landschaften oder Gefühlen.


Andre (22.01.2003)

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