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Ein Arztbesuch im Jahre 3058

Amüsantes/Satirisches · Kurzgeschichten
Bald wird die Wissenschaft so weit sein, dass sie durch Genabänderungen die Lebenszeit der Menschen verlängern kann. Dann kann ich, wenn ich mich mal wieder zu alt fühle, schnell zum Zeitungskiosk laufen und mir ein Jahr Lebenszeit kaufen. Das ist so eine kleine Pille, die in einer Packung, ähnlich den Handykarten, steckt. Nach der Einnahme brubbelt es ein wenig im Bauch und zwei Stunden später sieht man ein Jahr jünger aus.
Psychologen werden eine neue Dienstleistung anbieten. Mit Hilfe eines neuen Gehirnabtastgerätes können sie schreckliche Erlebnisse ausfindig machen und sie dann löschen. Das ist viel besser als Verdrängen und die Patienten sind sofort von jeglicher Schizophrenie oder anderen Psychose geheilt. Außer es ist Hirnbedingt und hat nichts mit Erfahrungen zu tun. Dann muss der Nervenarzt das Hirn wechsel. Kostet aber mehr als eine Brust-OP. Und die Krankenkasse bezahlt den Wechsel nur, wenn man ansonsten für immer in eine geschlossene Anstalt kommen würde. Dann decken sich nämlich die Kosten.
Ja, im Jahre 3058 wird sich viel in der Medizin getan haben. Tun wir einfach mal so, als wenn die Menschheit dieses Zeitalter erreicht.
Und tun wir auch einmal so, als wenn wir erkältet sind und uns gerade in dieser Zeit befinden. Lassen Sie uns mal zum DR. gehen.
Wir nehmen aus unserer Hemdtasche, wir sind altmodisch und tragen noch Kleidung, ein Taschentuch, dazu einen Füller und schreiben auf das Tuch, die Adresse des Doktors. Sofort entfalten sich die Lagen des Schnupfenfängers, wir steigen auf und brausen auf einer ziemlichen Höhe über die Schluchten der Kilometer hohen Bauten.
Unter uns fliegt gerade ein Kollege. „Musst Du nicht auch um 08:00 Uhr in der Firma sein“ fragt er. Ich deute auf meine Nase. „Schnupfen?“. Hinter mir fliegt schon Jemand anders heran. Wir müssen weiter. Ich ruf noch „Genau“. Um sicher zu gehen, ob er mich gehört hat, spule ich im Flug mit Hilfe meines eingebauten Chips noch einmal sein Gesicht hervor. Es schaut verdutzt, er hat also nichts mehr gehört. Mit Hilfe meiner Gedanken tippe ich eine kleine Kopfmail und sende sie über mein Receiver an seinen Kopf. Hoffentlich ist er online.
Da hinten ist auch schon das Krankenhaus. Natürlich schön weiß und mit einem roten Kreuz versehen. Bis in die Wolken reicht der Bau. Wir landen direkt auf dem Balkon des Arztes, das Tuch faltet sich zusammen und schwebt in meine Hemdtasche und natürlich sind wir nicht allein. Zahlreiche Menschen stehen vor dem Puster. Das ist ein Gerät, mit dem sich der Doktor gegen Seuchen absichert. Nur wenn der Patient ordnungsgemäß durch eine vorgesehene Röhre pustet, eine Kamera überwacht das Ganze, öffnet sich die Tür. Die Maschine kann im Bruchteil einer Millisekunde den Atem auswerten und wenn irgendwer etwas Pestähnliches hat, kommt neben der Tür ein kleiner Kasten heraus und beamt den Menschen in den Keller. Was da passiert weiß keiner. Natürlich hat Jeder Angst, wenn er den Puster betätigt, denn woher soll man wissen, dass man sich nicht auch irgendeine Seuche eingefangen hat und dann einfach verschwindet. Vor mir steht ein Mann, der gerade erzählt, dass er nur Aids hat. Das wird man schnell behoben haben. Bei meinem Schnupfen sieht es da schon anders aus.
So jetzt darf ich Pusten. Ich spüre richtig, wie mein Atem eingesogen wird. Es klickt und klackt, die Tür geht auf und ich atme erleichtert auf. Der Kellerbesuch bleibt mir erspart. Eine Krankenkassenkarte brauchen wir nicht. Längst hat der Chip unsere Daten an den PC gesandt, der Arzt hat meinen Namen in seinem Kopf und wenn er Aids besiegt hat, wird er mich hereinrufen. Setzen wir uns einmal hin. Durch die Scheiben, können wir die zitternden Puster sehen. Bei jedem ist die Angst groß, das er im Keller landet. Das alleine reicht zur Unterhaltung. Mehr brauch man nicht. Da, der Typ sieht doch total krank aus. Sein Bauch ist ganz braun und er zittert ganz komisch. Wenn der nicht..... Oh, er kommt gerade herein und setzt sich neben mich. „Tolle Kleidung“ verarscht er uns. Seitdem Heilpraktiker in die Aura eine Heizung eingebaut haben, laufen die meisten Menschen nackt rum. Wir natürlich nicht, wir bleiben altmodisch, denn wir sind ja nur zu Besuch und sind an so eine Freizügigkeit nicht gewöhnt. Wobei das Gucken wirklich Spaß macht. Drüben stehen ein paar nette Frauen.
Ein kleiner Junge reicht kleine Gläser voll Endorphin. Manche gehen nur wegen diesem Schmankerl zum Arzt. Der Typ neben mir rutscht auch so ungeduldig mit seinem nackten Po auf dem Stuhl herum. Was er nicht weiß, aber wir uns denken können, ist, dass die Ärzte diese Stühle extra mit Bakterien verseuchen. So sehen sie die Patienten schnell wieder, verdienen ganz viel Kohle und alles landet auf einem Areal auf dem Chip im Kopf. Bargeld gibt es seit 1000 Jahren nicht mehr.
Der Aidskranke geht rein. Dauert also nicht mehr lange und wir sind dran. Seit ihr schon gespannt, wie es in der Arztpraxis aussieht? Ich total. Noch immer strömen neue Patienten vom Balkon herein. Bis jetzt ist noch keiner gebeamt worden. Wobei, da oben hängt eine flirrende Zahl, die immer kurz flackert, wenn gepustet wird. 23 steht darauf und bei Öffnung der Tür verändert sie sich nicht. Vielleicht sind heute schon 23 Menschen im Keller gelandet. Niemand vermag zu sagen, was da unten geschieht und die Ärzte selber haben ja Schweigepflicht. Manche reden von illegalen Versuchen, aber es ist ja nicht illegal, wenn sie eine schlimme Seuche haben. Viel mehr ist es für das Gemeinwohl unabdingbar, dass man sie beseitigt und vorher ein wenig schaut, dass man aus den Knochenmark Antikörper bilden kann.
Das ist human und schützt alle Gesunden. Also auch uns und das ist gut.
Ein strahlendes Gesicht stolziert gerade nackt aus dem Arztzimmer. Es ist der Aidserkrankte der sich als Zeichen, für „Alles in Ordnung“, zwischen die Beine greift. Ein paar Frauen tuscheln in einer Ecke machen es ihm nach und zeigen so, dass auch sie einmal Aids hatten. Das ist ein guter Umgangston in dieser Zeit. Man fragt nicht mehr, wie viele Freunde jeder hatte, sondern wie oft man an Aids erkrankt war. Um so mehr, um so höher ist die gesellschaftliche Stellung, denn wer viel Sexualverkehr hat, ist auch sonst gefragt. Da brauchen wir uns nichts bei denken, dass ist halt so. Nun muss ich aber aufgerufen werden. Die Frauen aus der Ecke schauen zu uns herüber. Ihnen gefallen wohl die Anziehsachen. Eine von ihnen, zieht an einer ihrer Brustwarzen und schaut fragend rüber. Was das heißen soll, weiß ich nicht. Wahrscheinlich ist es ein fremder Dialekt. Hätte sie sich an der Schamlippe gezupft, hätte ich gewusst, was es bedeutet.
„Herr Ostpfahl“ summt eine Computerstimme aus dem Tisch vor mir. Die Endorphingläser klirren sacht. Ostpfahl hab ich mich genannt. Wir stehen also auf, lenken unsere Fußspitzen auf das Zimmer des Arztes und verschwinden hinter der gepolsterten Tür. Ssssst und die Tür hat sich selbstständig wieder zugezogen.
Wo ist denn der Arzt? Und wo ist der Schreibtisch? Der gesamte Raum ist leer. Sogar die Tür ist weg. Sieht Einer von euch irgendwas? Hätte ja sein können.
„Hautprobleme?“. Aua, dass war laut. Eingeschüchtert sage ich „Nein“.
„Kleidung?“.
„Ja“.
„Bitte ziehen Sie, Herr Ostpfahl diese Kleidung aus“
Ich kann gar nicht anders und muss mich ausziehen. Das war mehr als ein Befehl und hat die Bewegungen meiner Hände ausgelöst, die jetzt meinen Slip über meine Knie ziehen.
Die Anziehsachen verschwinden im Nichts und dann summt irgendwas, wird schriller und ein Blitz knallt mir in die Augen.
Trau mir gar nicht, meine Augen zu öffnen, aber das Summen ist weg und irgendwie hab ich meine Kleidung wieder an. Ich spüre doch, dass mein kleiner Ostpfahl nicht mehr baumelt. Gut, ich wage es.
Was ist das denn? Ich bin wieder im Wartezimmer und die Computerstimme ruft schon den nächsten Patienten herein. Meine Sachen hab ich wirklich an. Alles korrekt an meinem Körper. Mein Hemd trag ich auf der Brust und die Hose ist auch nicht zur Mütze geworden.
Das Atmen durch die Nase ist auch wieder möglich. Was hat er gemacht? Ich hab gar nichts gespürt.
Die Frauen an der Ecke stehen immer noch da. Jetzt schauen sie aber erschrocken auf mich. Sogar ein wenig angeekelt. „Schnupfen?“ traut sich eine zu fragen, ich nicke und nehme die Ausgangstür auf einen anderen Balkon. Aus dem Hemd krame ich mein Taschentuch und wir können nach Hause fliegen. Mein Chip verrät, dass der Arzt mich heute krankgeschrieben hat. Längst weiß dass meine Firma und hätte sie mich wegen Fehlens gefeuert, wüsste ich auch das schon längst.
So im Flug brennt mein Gesicht ein wenig. Wir werden ein wenig langsamer fliegen. Mit meinem Füller schreibe ich die Tempoanzahl auf den Stoff.
Doch das Gefühl bleibt. Und als ich mich schnäuzen will, greife ich ins Nichts. Auch die andere Hand findet Nichts. Wo ist denn meine verdammte Nase? Kein Wunder, dass ich keinen Schnupfen mehr habe. Der Wind bläst mir in den offenen Nasenkanal. Fühlt sich an, als wenn es mein Gehirn fast erreicht. Was machen wir jetzt. Am besten eine Kopfmail notieren „War gerade bei Ihnen in Behandlung und musste leider feststellen, dass sie mich meiner Nase entledigt haben“. Per Gedankenkraft losgesandt und zwei Flugkilometer später hab ich auch schon die Antwort. „Menschliche Nase mit Atmungsdefekt, Sekretausfluss und Aknelöchern in Reparatur genommen. Hatten eine Nachricht auf ihren Chip gebrannt“.
Oh ja und wie ich so schaue, ist da auch der Hinweis, dass ich meine Nase in 2 Tagen wieder abholen kann. Woher soll ich das aber wissen?
Wir landen wieder. Das Taschentuch verkleinert sich, der Teflonboden empfängt unsere Füße und hier trennen sich unsere Wege. Sie, als Leser kehren zurück in das Jahr 2004 und ich werde dann in vier Tagen nachkommen. Die Zeit des Wartens werde ich mir schön versüßen, denn im Moment schaffe ich die Zukunft.
Mir ist gerade was aufgefallen. Ich kann doch mitkommen. Ich schreibe einfach, hiermit hab ich wieder eine Nase und sehen Sie, sie? Sehen Sie!!!
 
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