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Postwurfsendung

Amüsantes/Satirisches · Kurzgeschichten
Wollen Sie wenig Geld, in sehr kurzer Zeit, ganz schnell zu ganz viel Geld machen?
Das Zauberwort heißt Sparen.
Sparen heißt kurz und bündig; nicht sofort verbrauchen.

Was machen Sie mit dem Teil Ihres Einkommens, den sie nicht verbrauchen? In welcher Form sparen Sie?

Jedermann spart, ob er will oder nicht. Allerdings weiß er es häufig nicht einmal. Alle Arbeiter und Angestellten zum Beispiel sparen jeden Monat bis zu 20 % ihrer Arbeitskraft ein. Ehemänner sparen an Komplimenten und der liebe Gott spart da mit Liebe, wo ein Kind von einem Laster überrollt wird.

Und auch Sie könnte dieser Laster überrollen, denn Gottes Unliebe ist groß und es gibt viele Straßen, die sie am Tage überqueren. Überlegen Sie einmal, ob sie das wollen. Wollen Sie jetzt schon sterben und ihren Dackel ganz alleine lassen? Und von einem Laster überrollt, was werden da die Leute sagen?
Dann haben Sie jeden Monat was zur Seite gelegt und Ihre Kinder versaufen das Geld. Wollen Sie das? Oder wollen Sie viel lieber das Leben genießen, die Seele baumeln und sich den Luxus um die Ohren wehen lassen? Die Chance dies zu tun bietet sich gerade in diesem Moment mit diesem Brief, der an Sie adressiert ist und nicht an Ihren Nachbarn.

Genau, an Sie liebe Frau Müller. Da brauchen sie keine großen Augen machen. Machen sie lieber knitterfreie Lippen und freuen sich.

Wir als neue deutsche Firma aus dem wunderschönen Bobitz, gelegen an einem ehemaligen KZ mit ohne Seeblick, haben Sie auserkoren reich zu werden. Wie das Küren vonstatten ging, könnten wir ganz einfach aufführen, aber warum sollten wir Ihre Augen belasten, wenn alleine die zwei Wörter reichen; „Alles seriös“?
Und das ist es liebe Frau Müller. „Alles seriös“.
Wir haben uns zum Ziel gesetzt die Menschen fröhlich zu machen und da Geld am fröhlichsten macht, wollen wir das mehren. Wer will nicht viel Geld, ein Zweitauto, Fernreisen und die neuesten technischen Geräte zum angeben haben? Doch nur Leute, die im Koma liegen oder nicht? Frau Müller oder wie?

Dr. Hans Pfeschenleck von Hohenhöhe hat vor zwei Jahren die Firma gegründet und bürgt mit seinem guten Namen für diese karikative Sache. Finanziellbenachteiligte Menschen, denen es besser gehen kann zu unterstützen. Und auch ich sehr geehrte Frau Müller möchte Ihnen mit meinem guten Namen, ich heiße Thomas, versichern, dass hier alles mit rechten Dingen zugeht. Leider müssen wir das immer wieder sagen, denn es treiben sich viele böse Menschen da draußen rum, die den Leuten das Geld aus der Tasche leiern wollen und die Leute sind einfach verschreckt, wenn sie so ein tolles Angebot bekommen, wie sie gerade.

Doch unsere Kunden sind sehr zufrieden und schwören auf uns. Damit Sie sich ein Bild davon machen können, hab ich einmal ein paar Kommentare unserer Kunden mitangehängt.

Auf meiner Bank hatte ich immer einen Notgroschen liegen. Das waren so an die 2500 Euro. Das ist nicht viel, aber als Hilfsarbeiter bei Blohm und Voss, verdient man ja nicht so viel und das man in der Nähe von der Reeperbahn wohnt, kostet ja auch. Erstens wegen der Wohnung und zweitens kosten die Mädchen ja was. Hätte ja auch gerne eine Umsonst-Frau, aber wenn die hören, dass ich auf der Reeperbahn wohne, denken die immer gleich, dass ich Zuhälter bin.
Na ja und dann hatte ich diesen Brief im Kasten.Ich hab mich tierisch gefreut und noch tierischer hab ich mich gefreut, als aus meinen 2500 Euro 25 000 Euro geworden waren. Das war schon nach einem halben Jahr so und jetzt hab ich 5000 Euro eingezahlt und freu mich schon auf 50 000 Euro. Das ist wirklich kinderleicht. Ich geh auch nicht mehr zur Arbeit und hab jetzt jeden Abend ne andere Frau.

Hein Mück (44) aus Hamburg

Gestern hab ich meine Auszahlung bekommen und war ehrlich gesagt total verblüfft. Zuerst dachte ich ja, was ist denn das für eine windige Sache, habe dann aber trotzdem aus Jux 1000 Euro überwiesen und nun hatte ich auf einmal 10 000 Euro. Ich werde mir jetzt schon einmal ein Haus anschauen, denn die 10 000 Euro wird ich schnell zu 100 000 machen und dann zu 1000 000 und dann mal gucken ob ich weitermache.

Sandra Leschart (31) aus Jüterborg

Mir ist schon richtig schlecht vom ganzen Geldverdienen durch nichts machen.

Markus Mustermann (18 – 99) aus Musterstadt

Sehen Sie, wie glücklich diese Menschen gemacht wurden. Unser Chef freut sich über jeden Bilanzbericht, den er erhält und es gab noch keinen Menschen, der bei uns nicht reich geworden ist.
Nun fragen Sie sich sicher liebe Frau Müller warum das denn nicht jeder so macht und darauf haben wir eine sehr gute Antwort: Frau Müller wir suchen uns unsere Kunden aus. Nicht sie uns und wir wollen mit Ihnen zusammenarbeiten und ihren Reichtum mehren.
Also seien Sie nicht töricht und gehen auf unser Angebot ein, denn es könnte sein, dass wir an Ihrer Stelle Ihren Nachbarn nehmen würden und wir glauben kaum, dass sie wollen, das dies passiert. Wenn doch vergessen Sie diesen Brief, denn dann meinen wir eine andere Frau Müller, die im gleichen Haus, in der gleichen Straße wohnt.

Ich möchte aber auch darüber sprechen, wie es zu so einer riesigen Gewinnmaximierung kommen kann und ich will ehrlich zu Ihnen sein. Es geht nicht mit rechten Dingen zu. Dr. Hans Pfeschenleck von Hohenhöhe hatte einmal das Amt des Bundesbankdirektors inne. Mit seiner Hilfe werden in einer gewissen Filiale, von einem gewissen Mitarbeiter Nullen an die Beträge gehängt. Leider geht es immer nur einmal pro halben Jahr und es kann nur eine Null rangehängt werden. Dies fällt dann nämlich dem neuen Bankdirektor nicht so auf. Das heißt, wenn Sie uns 10 000 Euro zusenden, bekommen Sie nach einem halben Jahr 100 000 Euro.
Und wir schämen uns unserer Praktiken auch nicht, denn wir tun es ja zu einem guten Zweck. Nur bitte erzählen Sie dies keinem liebe Frau Müller. Das haben Markus, Hein und Sandra auch nicht gemacht.

Die brauchen jetzt nicht mehr arbeiten, haben Freude am Leben und wenn Sie morgen ein Laster überrollt dann haben sie wenigstens gelebt.

Nutzen Sie diese einmalige Chance. Werden Sie Teil von unserem zufriedenen Kundenstamm und entscheiden sie selbst, wie viel sie uns zusenden wollen.
Benutzen Sie dazu bitte den beigefügten Überweisungsschein. Verträge machen wir nicht, denn es geht nach dem Grundsatz: Eine Hand wäscht die andere und Vertrauen ist uns das Wichtigste.

Lieben Gruß auch von
Hans Pfeschenleck von Hohenhöhe

Thomas
 
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Kommentare  

Einfach toll, besonders, dass sich die Firma ihre Pappenheimer aussucht. Sonst könnte ja jeder kommen :-))

Jürgen (16.08.2004)

Hihi, einschlägige Erfahrungen mit solchen Briefen gemacht, was?
Man mag es kaum glauben, dass es immer wieder Menschen gibt, die auf solche Angebote eingehen!
Immerhin sagt Pfeschenleck von Hohenhöhe ganz ehrlich, wie die Gewinnmaximierung funktioniert. Da würde ich jetzt mitmachen, wenn da nicht der Satz stünde "Also seien Sie nicht töricht und gehen auf unser Angebot ein"! ;-))

Gruss


Ingo Gärtner (31.07.2004)

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