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32 Seiten

Das Licht der Hajeps Band 6 Zarakuma - Kap. 7

Romane/Serien · Fantastisches
© doska
Wenig später sträubte sich Margrit vergeblich wach zu werden, aber der eigenartige Geruch, welcher ihr plötzlich in die Nase gestiegen war, forderte sie brutal dazu auf.
Sie hörte ein komisches Fingerschnippen und dann einen schmerzvollen Laut. In einiger Entfernung begann etwas zu summen.Sie spürte zwei Hände, die sie packten. Man hatte ihr vermutlich etwas Aufmunterndes in die Nase gesprayt, dennoch hielt sie die Lider krampfhaft geschlossen.
Während ihre Sinne ganz allmählich zurückkehrten, merkte sie, dass sie wohl nicht mehr irgendwo lag, sondern inzwischen von etwas starkem, festen umgeben war. He, das fühlte sich ja fast wie ein warmer Körper an! Ihre Arme baumelten kraftlos hinab und ihr Kopf wankte leicht hin und her, während sie fort getragen wurde.
"Bist wach!" hörte sie die raue Stimme des Feindes dicht an ihrem Ohr. "Nicht hummeln ... hm ... schummeln! Augen auf!"
Wind wehte irgendwie um Margrit herum, also waren sie noch immer im Freien und dann hörte sie nicht nur dieses ihr inzwischen recht vertraute Surren und Summen ganz in der Nähe, auch das hässliche Quaken des seltsamen´Flugdings´, das wohl gerade ganz in der Nähe gelandet war.
"Schummeln!" verbesserte sie ihn schläfrig und riskierte zunächst nur ein Auge. Es war dunkel und sie sah Äste, von schwachem Lampenlicht bestrahlt, über sich schaukeln.
"Andere auch!"
"Naaa gut!" Sie schaute ihn mit beiden Augen an. Sein Gesicht, die nackten Arme, ja sogar seine Schultern leuchteten in einem sanften Hellblau, da diese noch immer vom Lämpchen an seiner Stirn bestrahlt wurden. Sie atmete tief durch, versuchte sich zurechtzufinden, denn wieso war der Hajep eigentlich - sie schluckte - nackt? Was war passiert? Hatte er inzwischen, als sie ohnmächtig gewesen war, mit ihr so ein bisschen herum gema....? Oh Gott, schrecklich, grausig, einfach nicht auszudenken! Sie betrachtete daher den Hajep, leise schnaufend, so gut, wie es von seinen Armen aus ging, gründlich von oben bis unten, denn vielleicht konnte sie sich ja auch geirrt haben, schließlich war ihr ja noch so ein kleines bisschen schwummerig!
Er beobachtete sie seinerseits - wenn auch ausgesprochen vorsichtig - unter diesen seltsamen, leicht gesenkten Lidern. Puh, Gott sei Dank trug er ja noch sein Unterhemd! Uff! Wie beruhigend! Ziemlich tief ausgeschnitten das Hemdchen allerdings! Und völlig verrückt diese Farben! Quietschgrün mit neongelben und schockorangefarbenen Blümchen drauf. Na ja! Und wie stand es nun mit dem Rest seines Körpers? Der konnte nämlich – sie errötete bei diesem Gedanken – trotzdem unbekleidet sein.
Wirklich eine reichlich groteske Vorstellung, aber man konnte ja nie wissen! Ihr Herz pochte abermals wild, während sie einen langen Hals machte, um über die Schulter des Feindes nach hinten hinab zu schauen. Hm, sehen konnte sie bei dieser Dunkelheit leider, leider kaum etwas und außerdem war die Frage, weshalb er sich denn bis aufs Hemd ausgezogen hatte, damit auch noch nicht so recht geklärt.
So zog sie sehr nachdenklich den Kopf zwischen ihre Schultern ein, lehnte sich an die breite Brust des Hajeps und beleckte sich dabei angespannt ihre Lippen. Was zum Kuckuck war wohl inzwischen passiert? Die schmalen Augenbrauen über ihrer Nasenwurzel schoben sich zu einer kleinen Falte zusammen, und nebenbei fiel ihr auf, dass sie eigentlich keinen Schaum mehr auf ihrer Zunge schmeckte!
Sie fuhr deshalb sofort wieder hoch und betastete eingehend mit beiden Händen ihr Gesicht. He, das ganze Zeugs war ja wirklich weg! Die Haut fühlte sich zwar so ein bisschen klebrig und ähnlich wie Pergament an, aber trotzdem, das war schon mal recht tröstlich. Sie seufzte und wollte sich die Brille auf ihrer Nase zurecht schieben, aber die – nanu? – klebte ja fest! Furchtbar, grässlich ... wutsch! Doch noch abgekriegt - puh! Der eingehaltene Atem verließ keuchend ihre Lungen.
Doch dann fiel ihr plötzlich etwas anderes siedendheiß ein, nämlich: war sie selbst eigentlich immer noch ... nackt? Sie konnte sich nämlich nicht entsinnen, sich vorhin noch irgendwas übergestülpt zu haben! Margrit zog daher das Kinn etwas fester an den Hals und betrachtete sich selbst verblüfft. Da war ja etwas ... Hauchdünnes zwar, aber immerhin! Es schien aus einem spinnwebenartigen, elastischen, seidenweichen Material zu bestehen und die unwahrscheinlich weiten Ärmel wehten um sie herum. Verdammt, d ... dddas war ja SEIN Hemd? Warum trug sie plötzlich SEINS? Gott, hing jetzt viel Stoff über ihre Hände!
„Na–ah? Richtick nurrfi das Hemdschinn, chesso?“ Die roten Augen funkelten stolz. “Das is würgelisch serr, serr nett von mir, chesso?“
Sie nickte verstört. “Ja, richtig nett!“
“Und das ist auch würgelisch serr, serr romatschig!“ setzte er – weiterhin völlig begeistert - hinzu, während er Margrit immer schneller vorwärts schleppte. „Siehst du, siehst du, ich weiß, was das ist! Habe nur wenig Zeitick, um zu dir noch viiiel romatschiger zu sein! Xorr, Zarakuma wartet bereits!“, setzte er etwas knurrig hinzu.
„So schnell schon? W .. wwollen wir wirklich von hier weg?“, ächzte sie entsetzt. Er nickte gleich zwei Mal.“Also nein“, schwatzte sie schnellstens drauflos. „Also ... he ... wollen wir zwei beide nicht lieber so ein kleines bisschen...“, sie brach ab, denn ihr fiel bei dieser Eile eigentlich gar nichts ein, womit sie ihn noch ein wenig aufhalten konnte, denn hatte er Margrit erst mal nach Zarakuma geschafft, war die Möglichkeit doch noch zu entkommen, für immer vorbei. “Na, du weißt schon ... äh ... plaudern?“ sagte sie jetzt und ihre langen Wimpern flatterten dabei bettelnd auf und nieder. „So miteinander, meine ich! He, wir haben doch noch gar nicht...“, sie schaute ihm tief in die Augen, „... nichts geklärt, zum Beispiel so richtig...“ Sie beleckte sich wieder sehr aufgeregt ihre Lippen, “... äh, philosophisch oder so!“
„Kommt alles noch, Ninschinn!“, knurrte er und wollte die Lumanti nun über die Tür des Molkats heben, da er diese wohl nicht mehr aufbekommen hatte, und in den Beifahrersitz bugsieren. “Daaas kommt bestimmt noch, versprecher ich dir!“
„Super, aber ... he! So warte doch ... nur noch einen winzigen Moment!“ Sie strampelte dabei so heftig, dass es ihm nur zur Hälfte gelang, sie in den Sitz zu befördern. Breitbeinig - ihre nackten Beine baumelten dabei über der Tür - und nach hinten gelehnt, zwinkerte sie ihn weiterhin freundlich an. “Du, ich ... äh ... glaube, wir zwei haben da etwas GANZ Wichtiges vergessen!“
Aber komischerweise war dieser hirnrissige Satz wohl gerade das Richtige für den Hajep gewesen, denn er sagte plötzlich. „Stimmt, Ninschinn! Du hast ja so rischtick .. .hm ... recht!“ Und dabei war sein Blick kurz - aber es schien ihr dafür, - umso gründlicher zwischen ihre Schenkel geglitten.
Automatisch zupfte sie deshalb einen der langen Zipfel des Hemdes zwischen ihre Beine und keuchte entsetzt: “Womit ... äh ... habe ich recht?“ Ihr Herz pochte – irgendwie alarmiert!
Sie lag so merkwürdig in diesem tiefen und mit weichem Fell gepolsterten oder eher bewachsenen Sitz, dass es ihr gar nicht so schnell gelingen wollte, die langen Beine endlich von dieser grässlichen Tür hinunter zu bekommen.
„Damit!“, brummte er und nun sah sie zu ihrem Schrecken, dass der Hajep nicht nur seinen seltsamen Lendenschurz bereits von sich geworfen, sondern auch seine noch viel verrücktere Hose geöffnet hatte. Er wackelte gerade, mit den schmalen Hüften ziemlich sexy, das merkwürdige Bekleidungsstück seine wohlgestalteten Schenkel hinunter. Rein reflexmässig war Margrits Blick dabei zu jener Stelle gehuscht, wo auch er bei ihr genauer hingeschaut hatte.
“Äh, bist du dir sicher, dass wir uns beide richtig verstanden haben?“, schnaufte sie mit hochrotem Kopf. Puh, in dieser Hinsicht waren Hajeps wohl den Menschen geradezu verblüffend ähnlich ... und dabei außerdem nicht gerade unterentwickelt, denn dieser Fetzen einer hochelastischen, quietschgrünen Unterhose mit grellem Blümchenmuster – natürlich passend zu dem Hemd - zeigte wirklich alles sehr detailliert.
Margrit schob sich deshalb die Brille auf ihrer Nase zurecht und keuchte anschließend leider noch lauter.
„Ninschinn ich bin mir sogar vollkommen sicher!“, hörte sie seine dunkle Stimme etwas angespannt, da er nun bemüht war, sich auch noch die Stiefel von seinen Füßen zu fetzen, während sie sich weiterhin abrackerte, ihren anscheinend viel zu langen Körper endlich in eine vernünftigere Position zu bringen.
„Nein“, brüllte der Feind gebieterisch, während sie so strampelte und sie verharrte deshalb schreckensstarr.„Bleib so wie du bist!“
Alles Blut wanderte diesmal aus Margrits Gesicht, denn sie sah, dass dieser halbnackte und gewiss total verrückte Hajep nun auf sie zu hechtete.„Xorr, Ninschinn“, knurrte er wild, kaum dass er sie erreicht hatte. “Jetzt wird´s NOCH romatschiger!“ Und seine seltsamen Hände krallten dabei nach ihren beiden Fußgelenken, die sie ihm sofort wieder entriss.
„A ... aber ich denke, wir ... haben keine Zeit?“ nuschelte sie undeutlich, dafür aber sehr hastig und schlug dabei auch noch mit ihren Füßen nach seinen Händen.
„Gibt altiss Sprichwörd bei euch ... Unsinn ... es gibt ein altes Sprichwort, das geht so ...“, schnaufte er und schon hatte er ihre Beine erneut gepackt und einfach wieder über die Tür geworfen.
„Ach ja ...“, krächzte sie, „... unterhalten wir uns doch ruhig noch so ein kleines bisschen. Sprichwörter, ja, das ist das Richtige. Ich kenne zum Beispiel auch eins, das ...“
„Du lässt mich ja gar nicht ausreden!“, brüllte er und riss dabei ihre Beine auseinander. Gott sei Dank hatte sie sich noch vorher das Hemd unten an beiden Zipfeln zusammen gebunden und zwar mit einem Doppelknoten, aber sie schaute sich trotzdem in diesem seltsamen Flugdings nach allen Seiten um, ob da nicht irgendetwas hartes, griffiges und möglichst schweres in der Nähe lag. „Na, dann leg los! Äh? Puh!“ Was sagte sie eigentlich? „Schieß los! Quatsch ... äh ... rede, meinte ich doch!“
Er hob den Kopf und sagte nun sehr langsam. „Soviel Zeitick ... hm ... Zeit muss ... hm .... rein!“
„Soviel Zeit muss sein und nicht ... äh ... rein!“ keuchte sie und versuchte ihn dabei so ein bisschen in den Bauch zu treten.
„Hich?“ ächzte er.
Hatte sie ihn etwa getroffen? Eigentlich viel zu schön um wahr zu sein. „Wieso hich?“ erkundigte sie sich deswegen sicherheitshalber. Der verrückte Kerl antwortete nicht, sondern trat nur einen Schritt von ihr zurück. Wollte er etwa einen Anlauf nehmen um ...? Leider behielt er währenddessen – jetzt zwar nur mit einer Hand – den Griff um ihre Beine bei, aber er zupfte nun ein wenig von oben an diesem grellen Fetzen von Unterhose, als habe er vor, sich auch dieses merkwürdige Stück vom geschmeidigen Pantherkörper zu streifen. Was, zum Donnerwetter, kam jetzt ? Ach, sie war wieder völlig fertig!
„Xorr, ich sollte dir besser diesen Pluno ...?“ Er brach ab und blickte sie dabei fragend an. „Och, n ... nnnicht nötig!“, beeilte sie sich ihm zu sagen. “Behalt ihn ruhig drin ... äh ... behalt diesen Pluno ruhig an, meinte ich natürlich!“, jappste sie, nochmals knallrot im Gesicht geworden. „Aber vielleicht ist es so einfacher ...“, überlegte er trotzdem, zäh wie er nun mal war, und hatte den komischen Fetzen auch schon so ein bisschen hinunter. Klar ging´s ohne Unterhose einfacher! Du meine Güte, so hacke konnte der Mann doch fast gar nicht sein! „Nö, nö!“ schnaufte sie und schaute deshalb schnell zur Seite. “Lass nur ... äh ... geht schon so!“
„Zai?“ Er hielt fragend den Kopf schief und die kleinen Schellen in seinem Haarkamm klirrten dabei. Dann warf er seinen Haarschmuck auf die andere Seite.“ Zaiii ?“ fragte er abermals.
„Wirklich, das geht!“ Sie versuchte ihm nun ein, möglichst mutmachendes, Gesicht zu präsentieren. „Versuch`s einfach mal ... a .. aaaber eile dich nicht!“, setzte sie schnellstens hinzu. „Lass dir nur ordentlich Zeit!“
„Na, wenn du meinst?“, knurrte er, immer noch so ein bisschen skeptisch. „DU musst ja später damit klar kommen!“ Und dann sah sie mit großen Augen, dass er ihr seine viel zu lange Hose erst über das eine und dann über das andere ihrer nackten Beine zu streifen begonnen hatte. Also war Pluno wohl die Bezeichnung für eine Unterhose und dass die wohl wesentlich einfacher anzuziehen ging, war denkbar, zumal diese schon mal nicht derart lange Beine hatte. Als der Hajep den Saum auf eine bestimmte Art und Weise mit ganz besonderen Handgriffen von unten nach oben hochkrempelte, um die Hosenbeine zu verkürzen, schien plötzlich Leben in dieses sonderbare Material gekommen zu sein.
Es knisterte alsbald leise und schob sich über Margrits Haut hin und her, etwa wie ein, mal hinauf und mal hinunter, kriechendes Reptil und wurde dabei so weich wie hauchdünner Gummi. Die verschiedenen seltsamen Faserbahnen, die der Hajep immer wieder gegeneinander gedrückt hatte, verbanden sich schließlich, klebten fest zusammen, wurden zu einer Masse und schließlich dehnte und streckte sich der sonderbare Stoff wieder, glich wohl auf diese Weise die frisch entstandenen Unebenheiten völlig aus.
Obwohl die Hose eigentlich auch viel zu weit hätte sein müssen, zog sie sich, ebenfalls nach ganz bestimmten Berührungen des Hajeps, eng an Margrits Körper und wurde schließlich sogar passgenau.
Der Hajep war dies wohl gewohnt, korrigierte auch das Hemd auf diese Weise noch so ein bisschen hier und da - fragte schließlich sogar höflich, ob es Margrit vielleicht so oder so besser gefallen würde, und dann saß die Lumanti wirklich sehr ordentlich angezogen im Sitz neben dem Feind und nur wenig später erhob sich der Molkat leise surrend mit ihnen in die Lüfte.
Sie flogen diesmal mit halb geöffnetem Verdeck, weil ´Zuita´ trotz des zwar kurzen aber heftigen Wutanfalls des Hajeps und dreier Faustschläge nicht mehr in der Lage gewesen war, sich zu schließen.
„Und was erwartet mich in Zarakuma?“ fragte Margrit den Feind, der gerade auch den Bildschirm – allerdings mit der anderen Hand- traktierte, dabei völlig Unverständliches in sich hinein grummelnd.
„Ulbanatoro,Godurbodamaun,“, zählte er einfach auf, „Rafangagawa, Gowinpatra, Bukurnuva ... hm … willst du würgelisch die Namen sämtlicher Wissenschaftler Zarakumas wissen?“
„Nein, eigentlich nicht!“ krächzte sie und schaute dabei zu, wie sie über die bunten Baumwipfel des Parks dahinsegelten. Nun war es zu spät für sie, doch noch zu entkommen. Das grässliche Zarakuma würde bestimmt ziemlich bald erreicht sein.
„Bei Ubeka und Anthsorr ...“, schimpfte er. „Warum spielt jetzt auch der Niniti ver ... verrockt? Nosje!“, hörte sie ihn. “Kos to atti? Was ist passiert? Kir wan dos? Tes wan?“ Er brach ab, schnaufte nur noch, schüttelte wild mit dem Kopf und berührte nun ziemlich hektisch dieses und jenes Sensorenfeld.
„Ach, ich meinte doch ganz etwas anderes ... ich meinte ...“, Margrits zittrige Finger suchten leider vergeblich nach einem Taschentuch in diesem Hemd. “Ist ja doch alles egal!“ Sie wischte nun einfach so an ihren Augen herum. Ob sie ihm wohl diesen kleinen schnuckeligen ... äh ... Schraubenzieher, oder was es sonst auch immer war, so ein bisschen über den Haarkamm ziehen konnte, aber dann stürzten sie womöglich ab!
„Xorr, tes wan ganli! Ich ahne, was du meinst!“, stellte er nach kurzem Nachdenken fest, und dann nahm er ihr einfach das nette schwarze Ding aus der Hand und legte es in ein Fach neben sich, das sich, nach einer kurzen Berührung, einfach von alleine an der Seitenwand des Molkats gebildet hatte. „Aber keine Fuischt, es wird schon nicht allzu schlimm für dich werden, chesso?“ Das Fach verschloss sich wieder von selbst.
„Ja, das sagt sich so einfach“, schniefte sie, “wenn man nicht selbst dran ist!“ Margrits rot geweinte Augen musterten nun das flache, eckige Ding, das leider auf dem Hintersitz lag. Vielleicht konnte man das ihm ja mal .... „Warum hat dieser ... hm ... Molkat eigentlich überall außen diese ... äh ... seltsamen Schuppen?“, schwatzte sie deshalb ablenkenderweise drauf los.
„Diese ´Pacobis´, Schuppen, wie du sie nennst?“ fragte er angespannt, während er das Bild im Niniti mit der Landschaft unter sich verglich. “Unn ... urujak!“, knurrte er.
„Richtig, richtig!“ Sie nickte eifrig und lehnte sich dabei schon so ein bisschen nach hinten.
“Sie bestehen aus ´Janadan´, der Hajep reckte nun einfach den langen Arm über die weich gepolsterte Lehne und gab dem Kasten einen kleinen Schupps, so dass Margrit an den nun auch nicht mehr heran kommen konnte. “Es ist ein ähnlisches Material wie das Hemd und die Hose, die du gerade trägst, welches zum Beispielt die Sonneneinstrahlung aufnehmen und speischern kann, etwa wie einer Echse, und in diesem Fall in ´Kiridin´, jenen für die Natür völlig unschädlischen Kraftstoff verwandelt, welschen wir hier gerade brauchen um fortzufliegen.“
„Aha“. sagte sie. „Nun bin ich beruhigt!“ Das war sie natürlich überhaupt nicht, denn weiter sah sie hier nichts, womit sie den Feind wenigstens so ein bisschen schläfriger machen konnte. Ach, das war ja so schrecklich! Margrit kämpfte wieder mit den Tränen. Bald würden sie in Zarakuma sein und dann? ´Nur als Leiche kannst du Zarakuma je wieder verlassen!´ hatte sie noch die Worte eines alten Mannes sehr gut im Ohr.
„Nischt weininn.“ Der Hajep holte ein kleines Tüchlein aus einem Fach in der Seitenwand und reichte es Margrit.Im Nu war es mit Tränen durchtränkt. Angeekelt schaute er der Lumanti dabei zu, wie die nun auch noch mehrmals hinein schnäuzte. Er hielt sich die Hand über Nase und Mund. „Wurf es weg!“, schnaufte er. „Einfach so ... aus dem ... äh ... Fenster?“
„Warum nischt? Ihr seid ohnehin eine Wegwerfgesellschnaft!“
„Tschüß!“, sagte sie zu dem Taschentuch als hinunter zum Park segelte. „Du darfst wenigstens frei sein!“ Und schon brach sie wieder in Tränen aus. Der Hajep schüttelte deshalb wieder ziemlich unwirsch den Kopf und dann riss er ihr – hatte er etwa noch einen Wutanfall? – einfach ein kleines Eckchen vom Fell des Sitzes ab und drückte es in Margrits entsetzte Finger. “Wir haben nichts zum Auffangen so füller Körperflüssigkeiten“, machte er ihr zähnknirschend verständlich. „Darum nimm dies! Is sooo nurrfi, würgelisch!“, fügte er etwas sanfter hinzu.
Sich die Nase in diesem Fell auszuschnäuzen war noch gar nichts, gegenüber dem was nun kam, denn die fehlende Stelle im Sitz wuchs von alleine in aller Ruhe wieder nach. Margrits Tränenfluss versiegte deshalb urplötzlich, denn dieser Anblick konnte einem schier das Blut in den Adern gefrieren lassen. Ach, wie entsetzlich mochte erst die Technik in Zarakuma sein. Margrit war sich sicher, dass sie schon allein deswegen ziemlich bald verrückt werden würde.
Sie hielt den Atem an und lauschte, denn seltsamerweise glaubte sie plötzlich - noch zusätzlich zu dem ungleichmäßigen Summen und Rauschen des Molkats – ein Brummen von Motorrädern aus der Ferne zu vernehmen! Aber das hatte er doch wohl auch bereits gehört oder? Sein Gesicht wirkte momentan ziemlich grünlich, da es vom Licht des Bildschirms angestrahlt wurde und er schien immer noch nervös über irgendetwas zu sein. „Motorräder knattern wohl dort unten?“ nuschelte sie darum wie beiläufig hinter ihrem Fellbüschel hervor – das kleine Stückchen war eigentlich wirklich irgendwie knuddelig für die Nase! Er zuckte mit den Schultern. „Es können durschaus noch einige Lumantis in der Stadt leben, Ninschinn! Das stört uns Hajeps kaum! Hauptsache ihr werdet endlisch weniger!“
“Hach, du süßer kleiner Zyniker! Aber diese Motorräder kommen näher!“
„Warum nischt? To pin mai fidiako!”, murrte er schon wieder und runzelte die Stirn. Tatsächlich taumelte ´Zuita´ plötzlich wirklich etwas und die vier hauchdünnen Flügelchen zitterten sogar dabei.
“W ... wollen wir nicht so ein kleines bisschen notlanden?“, fragte Margrit daher freudevoll, aber dann hatte er das Ding, indem er hier und da einige Felder berührte, leider wieder in der Gewalt. “A molkat juk uko silfanon!“, zischelte der Hajep schon etwas zufriedener hinter den zusammengepressten Zähnen.
´Also doch nach Zarakuma, puh!´ Ein wirklich fürchterlicher Gedanke blitzte plötzlich in ihr auf. He, würde dieser Hajep sie etwa sofort in Zarakuma diesen Wissenschaftlern übergeben, ähnlich wie eine Labormaus? Sah sie diesen Verrückten dann etwa nie wieder? Nein, das durfte auf keinen Fall passieren! Denn irgendwie hatte sie das Gefühl, trotz allem Schlimmen, was sie so bereits mit ihm durchgemacht hatte, dass es gut für sie war in seiner Nähe zu bleiben und darum fragte sie ihn auch sofort: “Wenn wir in Zarakuma sind, wirst du mich doch nicht einfach abgeben, nicht wahr?“
„Doch wahr!“, knurrte er und dann horchte er, immer noch ziemlich nervös, auf das Fluggeräusch des Molkats.
Selbst Margrit meinte mit einem Male ein merkwürdiges Rattern hinten im Heck zu hören, aber das war ihr jetzt ganz wurscht.
“Dann bist du nicht mein Freund!“, sagte sie leise.
Er schaute sie überrascht an. “Isch denke, isch kann keines Menschen Feund sein?“ knurrte er böse. “Xorr, du konntest mir doch aus diesem Grund noch nischt mal deinen Namen nennen! Und du hast richtick, denn wie sollte ein Versuchskaninschinn der Freud eines Hajeps sein!“
„Ich heiße Margrit Schramm!“, sagte sie sehr, sehr leise.
„So so“, brummte er immer noch missmutig. “Das ist ein aufgesprechlichter ... hm ... ausgesprochen hässlicher Name, aber der rischtige ... pwi ... für so ein Nischinn!“ Er warf ihr dabei einen geringschätzigen Blick zu.
Oho, der konnte aber ´Körbe´ sehr schwer vertragen. War ja direkt nachtragend!“Und wie heißt du?“, fragte sie eben so leise und vorsichtig wie vorhin.
Er warf sich – richtig eingebildet, wie Margrit fand – in die ohnehin ziemlich aufgeblähte Brust. „Oworlotep!“, sagte er so langsam, als würde er dabei jeden Buchstaben auf der Zunge zergehen lassen.
„Aha“, sie kratzte sich in ihrem arg verwühltem und leider auch recht klebrigem Haar. “Irgendwie ägyptisch, was? Aber nicht sonderlich schön! Richtig hässlich ist vor allem auch noch dieses ´tep´ hinten dran. He, was wollt ihr denn mit euren großartigen Versuchen überhaupt herausfinden?“ Kam sie einfach wieder auf dieses Thema zu sprechen. “Etwa, wie man friedfertig sein, wie man lachen, wie man weinen kann?“
„Akir! Ja, all das!“, rief er begeistert. “Und wie man gültig ... gückisch?“
„Glücklich werden kann?“
„Rischtick!“ Er nickte. “Makitt Schwamm, darum brauchen wir die Gene eurer Spezies. Wenn nicht für uns ... ach, wie oft schon haben wir uns eure Botenstoffe die euch gückicht...“
„Glücklich!“, verbesserte sie ihn wieder und musste dabei lachen.„...glücklich machen ...“, sprach er sehr langsam und deutlich aus, “... in unsere Körper gespritzt, doch sofort waren sie wieder verbraucht, und unzählige Male haben wir Organe von eusch in unsere Körper verpflanzt, Teile eurer Gehirne aber nischts davon funktionierte so gut wie bei euch. Und wenn wir schon nischt ... hm ... glücklich sein können, so wollen wir doch wenigstens zufiedden sein.“
„Zufrieden!“, sagte sie jetzt.
„Ja, zufrieden ...“, wiederholte er plötzlich mit der Bettelstimme eines Kindes, “... aber nischt einmal das will uns gelingen!“ Er atmete tief durch, ehe er weiter sprach. „Und so habe isch gedacht, dass es zumindest für die nach uns kommenden Generationen gut wäre, wenn sie ...“, er schaute dabei sehnsuchtsvoll auf ihren Mund, „... wenn sie lächeln könnten ... so wie Lumantis!“

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„Das ist ja gut, dass euer Oten sämtliche Lichter am Bug und am Heck des Molkats leuchten lässt!“, jubelte Boktafton, während er und Xuraduton auf jeweils einem Motorrad dem dicht über den Baumwipfeln dahin segelnden Flugschiff hinterher bretterten.
Gulmur hatte ihnen recht schnell beibringen können, auf welche Weise diese altertümlichen Fortbewegungsmittel zu handhaben gingen. Dieser nickte nun dazu nur flüchtig, denn er hatte große Mühe den Jisken mit diesem alten Rennrad zu folgen. Ubeka sei es gedankt, war er stark und die Jisken konnten mit den Motorrädern nicht richtig umgehen, weil er ihnen die Gangschaltung nicht erklärt hatte. Seine halb-tierischen Muskeln konnten fix arbeiten und noch dazu sehr ausdauernd sein.
„Kontriglusia, du sagst es, Kamerad, so können wir diesen Molkat trotz der Finsternis sehr schön sehen!“ überbrüllte stattdessen Nobajapal ebenso freudevoll das laute Geknatter der beiden Maschinen.
Er kauerte im Beiwagen von Xuraduton und hatte seine Waffen genau wie alle anderen bereits feuerbereit.„Schade, dass wir noch so weit entfernt sind, sonst könnte ich den Molkat gleich mit diesem Jolbata herunter holen.“ Er winkte dabei Oktikilta - der in einem kleinen Anhänger hinter Boktafton einher schaukelte - mit seinem Gewehr zu.
„Bezähme deine Ungeduld, Kamerad“, knurrte Boktafton, “denn ich habe den Molkat vorhin, als der noch im Baume saß, mit meiner Akramur von unten getroffen. “Bei Ubeka, der zweite Flug wird diesem kleinen Flugschiffchen nicht mehr so gut bekommen! Das sage ich dir!“
„Xorr, du hast ja so recht!“, ächzte Gulmur verwundert. “Seht nur wie es taumelt!“
„Bei sämtlichen Göttern des Alls“, kreischte nun auch Xuraduton begeistert und seine weite Jacke knatterte im Fahrtwind, „der verliert ja bereits an Höhe!“
„Kontriglusia, hervorragend, das geht schneller als ich es eigentlich gedacht hätte!“, bestätigte Boktafton ebenso aufgeregt. „Lasst uns ranklotzen, Kameraden!“
„Poko, poko!“, brüllte auch Nobajapal und suchte mit seinem Jolbata den nachtschwarzen Himmel ab. “Lasst uns aus diesen alten Kisten heraus holen, was wir nur können, damit wir schnell genug da sind!“
„Xorr, damit wir sehen können, wohin dieser Molkat stürzen wird“, setzte Gulmur ziemlich knurrig hinzu und dann trat er heftig schnaufend noch schneller in die Pedalen, den wahnwitzigen Gedanken dabei habend, doch noch der erste bei dieser wilden Hatz zu sein, um den Oten ganz alleine zu fangen.


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„Uuuarrrk! Wona hirem!“, kreischte Oworlotep entsetzt und seine roten Augen weiteten sich. „Halt dich fest, Markt Stamm, wir stürzen ab! Pekon!“
„Wirklich?“, quiekte Margrit geschockt, aber sie sah ja auch, wie sich der Bug des Flugschiffes plötzlich senkte. Ein heftiges Ruckeln und Zittern ging dabei durch die ganze Maschine. “Wo gibt´s hier Fallschirme?“, wisperte sie reichlich undeutlich, da sie dabei wieder das kleine Fellstückchen zur Beruhigung vor der Nase hatte.
„Fallstürme?“, Oworlotep verzog geringschätzig sein markantes Gesicht. “Zuita is mehrfach preisgekrönt ... er hat hervorragende Qualitititäten! Es gab und gibt keinen Molkat, der derart zuverlästig fuchsioniert wie Zuita“, begann er plötzlich zu schwärmen. „Nischts, was derart nurrfi gebaut ist, dass so schadstoffarm ... hich ... bei Ubeka? “ Er unterbrach sich endlich zu Margrits Erleichterung, indem er die vordere Wand des kleinen Flugzeugs ziemlich hektisch berührte, woraufhin etwas wabbeliges, eckiges und dann auch noch etwas ovales Festes hervorkroch – allerdings recht langsam und mühselig – das man mit sehr gutem Willen vielleicht für ein Steuersystem halten konnte und welches er auch tatsächlich gleich als solches von Hand betätigte. „Urujak!”, fauchte er dabei. „Buni, to sunch rademda!“
„Soll das heißen, es gibt hier gar keine Fallschirme? Also, diese Dinger an denen man langsam hinabsegeln kann?“, ächzte sie trotzdem wieder völlig entgeistert.
„Markt Stramm, das heißt nicht so, so ist es!“ erklärte er stirnrunzelnd und dann brüllte er den Molkat wieder an: „Lobi, kir wan dos to hadoro xabir molkat? Xer, to kos dendo noan!“ Und dann riss er den Molkat endlich mit aller Macht wieder empor.
Gott, war Margrit schlecht, als es wieder steil aufwärts ging. Blätter, Zweige, manchmal sogar Äste, streiften das kleine Flugzeug dabei, krallten sich fast in den Fenstern fest und auch mit dem verrückten Verdeck gab es Schwierigkeiten, weil das ja immer noch nur zur Hälfte geschlossen war. Doch gerade das sollte schließlich kein weiteres Problem sein, denn durch das ständige Rütteln und die vielen Schlangenbewegungen, die das Flugzeug nun machen musste, klappte das Oberteil plötzlich herunter und schnappte dabei ganz normal in den unteren Teil des Molkats ein.
„Puh, wenigstens wäre das schon mal erledigt!“, stöhnte Margrit hinter dem kleinen Fellstückchen hervor, dann hob sie überrascht die Augenbrauen, denn der Hajep begann plötzlich beinahe zärtlich und sehr einfühlsam wieder auf sein sonderbares Flugzeug in Hajeptisch einzureden.
„Xorr,utcha ka ti!! “, wisperte er. ”To jati dalunos to millik! Ulo kamto to tonkos? To zattu!” knurrte er zuletzt.
Nun, Margrit war ja schon inzwischen so einiges von diesem Hajep gewöhnt, auch dass er jetzt wieder fürchterlich zornig wurde. Das machte sie direkt ein wenig schläfrig. Sie wollte es sich deswegen in diesem schönen Fellsitz gemütlicher machen, als der Molkat erneut drastisch an Höhe verlor. Uuups! Ab ging`s! Wieder kopfüber.
Der Wind knatterte dabei sowohl durch Margrits verklebtes Haar als auch durch Oworloteps prächtigen Haarkamm. Wieder Blätter, wieder Zweige ... dann die Baumstämme! Oworlotep kurvte, irrsinnig laut dabei kreischend - Margrit hätte nie gedacht, dass Hajeps solch eine Angst entwickeln konnten, dass sie derart entsetzlich kreischen mussten - nur mit allergrößter Mühe und mit einem Affentempo um die vielen Baumstämme herum und dabei berührte der Molkat holpernd und polternd immer wieder den Boden.
Während der Molkat also immer weiter davonflitzte, spritzten schwarze Erde und bergeweise Blätter ihnen entgegen und dann mittendrin entdeckte Oworlotep plötzlich wieder einen Stamm. Diesmal einen riesengroßen, sehr breiten Baumstamm. Der gehörte wohl einer hundert Jährchen zählenden Eiche, und auf diese bretterte der Molkat jetzt unausweichlich zu. „Buniiii! Geh` weg da! Los, habe isch gesagt!“ brüllte Oworlotep ziemlich hirnrissig im Befehlston und dann knallte es unvorstellbar laut, es gab einen furchtbaren Ruck, knirschte entsetzlich und die beiden fühlten sich aus ihren Sitzen gehoben, aber dann rissen die Haltegurte sie wie zwei Puppen in die Sitze zurück.
Margrits Augen tränten, wie betäubt hing sie in ihrem Sitz. Das Verdeck des Molkats war durch die Erschütterung nochmal aufgesprungen und das kleine Flugzeug ähnelte wieder sehr einer weit geöffneten Auster. Oworlotep hatte sich nach heftigem Kopfschütteln nicht nur erneut abgeschnallt, da seine Tür nun auch klemmte, wollte er über diese einfach rüberhechten. Doch die sprang zu seiner Überraschung gerade in diesem Moment auf, wo er darüber sauste. Seine langen Beine verhedderten sich in der Tür und er flog kopfüber in einen der Laubhaufen, die der Molkat eben aufgewirbelt hatte. Aber schon war er, wenn auch prustend und schnaufend, wieder auf den Beinen, bunte Blätter wirbelten aus seinem Haarkamm, flatterten von seinen Schultern, während er nach vorne zum Bug des Molkats trabte, um den Schaden zu begutachten.
„Tes wan dendo chimalta!“, jammerte Oworlotep wenig später bedauernd und warf den Kopf dabei fragend hin und her. „Zai, zaaaai ... ke, to moi bjolkoro tabano malkat! Omteri rufin silfanon! Contriglus a uduane runa!”
Margrit machte ein verdutztes Gesicht, denn der bedauerte ja richtig seinen verrückten Molkat, fast wie ein Haustier?
“Zuita füllig hin! Tes wan ganli!“, schüttete Oworlotep schließlich sein volles Herz bei Margrit aus. “Wie ... wie konnte das alles nur passieren? Pekon! Xorr!“
Plötzlich meinte Margrit, ein Rascheln von der einen Seite des Waldes, in welchem sie gelandet waren, bis hierher zu hören. „Owortep, ich glaube da rechts hat sich jemand versteckt!“, wisperte sie daher aufgeregt zu ihm hinüber.
Er krauste die Stirn. „Wenn, dann Oworlotep!“ Er warf sich wieder in die Brust, duckte sich aber trotzdem. Dann fuhr er zusammen, denn ein feiner weißer Feuerstahl von rechts sauste plötzlich knapp an seinem prächtigen Haarkamm vorbei.
„Hich? Kir wan dos?“, rief er verdutzt und flitzte auch schon Richtung Molkat. „Orrf! Urujak!“ Schüsse fuhren knatternd in den Boden, wieder sehr knapp neben ihm.
Laub spritzte dabei auf, fing sogar teilweise an zu glimmen. „Kos to atti?“ zischelte Oworlotep wütend. ”Utcha ka ti, to millik!“ Mit der einen Hand riss er sein Gewehr von der Schulter und feuerte in jene Richtung, woher die Schüsse gekommen waren. „Ti ... to rademda!“, brüllte er fast gleichzeitig.
Ein überraschter Schmerzenschrei zeigte ihm an, dass er getroffen hatte. Darum öffnete er mit der anderen Hand einfach das Heck des Molkats, vor welchem er gerade stoppte.“Is jetzt hochmodern!“, erklärte er Margrit eilig aber trotzdem mit einigem Stolz, während er sich hinter dem Molkat duckte. „Brauche keine Murake mehr ... nein!“
Vor Margrits weit aufgerissenen Augen kletterten mit einem Male etwa nur einen halben Meter große, unbekleidete und geschlechtslose Wesen recht flink aus dem Heck.„Brauche zu meinem persönlischen Schutz!“, machte Oworlotep weiter verständlich.
Und es wurden immer mehr grauhäutige, zierliche Gestalten mit riesengroßen, spaltförmigen Augen, kaum einem Mund, geschweige denn einer Nase im beinahe dreieckigen Gesicht.„Enne juka tagarona! Enne jat dalunos!“, feuerte er die kleine Meute an. „Die Zukünft gehört den Shilkis!“
Es war eine richtige kleine Einheit, mit gewehrähnlichen Winzwaffen ausgerüsteter Bioroboterchen geworden, wie Margrit sie still bei sich selbst nannte, und die marschierte jetzt, wenn auch schwankend und leicht taumelnd, Richtung jenes Gebüschs, aus welchem die Schüsse gekommen waren. Oworlotep hatte dabei voller Stolz erst einmal auf die einschüchternde Wirkung gewartet, die sich jedoch bei den gut versteckten Angreifern irgendwie nicht zeigen wollte, denn weitere knatternde und zischelnde Schüsse nach seiner Person auch von anderen Seiten, veranlassten ihn, sich hinter dem Molkat in das Laub zu werfen, zumal einer nach dem anderen seiner seltsamen Schilkieinheit von ganz alleine auf halbem Wege umkippte oder irgendwie in sich zusammen fiel, wohl weil ihnen der Absturz des Molkats nicht so ganz bekommen war.
„Neiiin! Urujak! Tes wan pekon!“, kreischte Oworlotep deshalb entsetzt und in letzter Sekunde fiel ihm noch ein, dass ja die Lumanti noch immer schön angeschnallt – dabei mehr oder weniger in Erstaunen versunken, was sich so alles urplötzlich um sie herum tat - im Sitz geblieben war.
Ein schneller Griff, und schon hatte er nicht nur den Gürtel von ihren Schultern gelöst, sie auch neben sich hinter das Flugzeug gerissen. Margrit keuchte und rieb sich ihr Hinterteil, wie heute schon sehr oft, aber es war offensichtlich keine Sekunde zu früh gewesen.
Schon ratterte und zischelte es von allen Seiten. Überall waren die sonderbaren Gewehrsalven zu hören und Margrits Sitz hatte sich inzwischen in lauter Fransen aufgelöst.
Oworlotep fummelte währenddessen an seinen verrückten Ohrkapseln herum. Waren das etwa Kontaktgeräte? Setzte er sich mit seinen Kameraden auf diese Weise in Verbindung? Wie dem auch war, Margrit hatte keine Zeit darüber nachzudenken und wenig später feuerte Oworlotep nach allen Seiten zurück.
Doch die Angreifer schienen in der Überzahl zu sein. Damit nicht genug. Von oben war jetzt das eigenartige Gebrumm eines außerirdischen Militärfliegers zu hören. Oworlotep und Margrit schauten stirnrunzelnd hoch. Hinter den schwarzen Wipfeln der wunderschönen, uralten Bäume zeigte sich ein hochelegantes Tristine. „Hiat Ubeka, ta hi Jisk!“, fluchte Oworlotep zu Tode erschrocken in der Sprache seines Volkes und dann warf er Margrit einfach die beiden alten Revolver zu.


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„Komisch, weshalb uns wohl Pommi nicht mehr aufgemacht hat?“ fragte Gesine.
„Ja, sehr seltsam das ganze!“ brummte George, während er neben ihr, dabei auf einen kräftigen Ast gestützt, einher hinkte. „Schließlich haben wir bei ihm Sturm geklingelt! Aber immerhin konnten wir wieder ordentlich Luft nachfüllen! Der Jambuto wird uns also keine weiteren Schwierigkeiten mehr machen!“
„Aber es hing ja auch ein Schild in der Tür.“ Gesines Augen blinzelten in die Ferne, dorthin, wo sie den Jambo versteckt hatten. „Bin verzogen ... tzzz ... so ein Quatsch!“ Gesine schüttelte verwirrt den Kopf mit den langen, blonden Zöpfen.“Dabei haben wir ihn noch ganz deutlich rumpeln gehört!“
„Ja, aber erst als wir gegangen sind“, knurrte George. Verdammt, der Fuß schmerzte immer noch ganz schön. Er verlagerte sein Gewicht deshalb noch mehr auf den Ast.
„Stimmt, da hat er wohl einen Tisch oder so etwas ähnlich vor die Tür geschoben ... verrückt sowas, wirklich! Soll ich dir vielleicht helfen, George?“
„Nein, komme schon klar! Das alles darfst du dem Pommi nicht übel nehmen, denn wir haben ja heute auch schon so einiges erlebt. Wer weiß, wer zuletzt bei ihm gewesen ist! Womöglich diese vier Jisken!“
„Und dieser Trowe? Nee, George, wie denn? Zu Fuß kommt man nicht so schnell bis hierher!“
„Aber ich meine, als wir uns gerade durch Pommis dunklen Flur getastet haben, mit einem Male Motorgeräusche gehört zu haben! Puh, gleich sind wir da!“
„Motorgeräusche ... was für Motorgeräusche denn, George?“
„Vielleicht von Motorrädern? Ja, ich glaube es sind Motorräder gewesen!“, fügte er jetzt überzeugter seinen Worten hinzu.
„He, du meinst doch nicht im ernst, dass diese vier Jisken ...“„... und der eine Trowe!“ knurrte George.
„Also, dass die jetzt auf solchen Dingern durch die Gegend düsen?“
„Doch, meine ich. Oh, Gott, tut das weh!“
„Und dann willst du immernoch nach deiner Margrit weiter suchen?“
Er nickte.
„Bist ja verrückt! Haaach muss Liebe schön sein!“ fauchte sie.
„Lästere nicht, sondern hilf mir lieber in den Jambuto zu steigen!“, sagte er matt.
„He, was steht denn da vorne?“ Gesine war verwundert stehen geblieben, nachdem sie einen kleinen Blick Richtung Park geworfen hatte. „Siehst du auch, was ich dort sehe? Ist ja kaum glaubhaft!“
„Meinst du die vielen unbeschädigten Bänke dort im Kreis herum? Das ist wirklich eine Seltenheit!“
„Quatsch, bist du blind? Schau mal da.“ Sie wies mit dem Finger zum freien Platz zwischen den Bäumen. “Da stehen doch rechts diese zwei Bänke ... und an der hinteren, da lehnen Beutel ... sehr viele sogar. Alle sind wohl gefüllt! Warte, ich muss hinlaufen und mir das mal anschauen. Tschü-üß, kannst, ja auf mich warten!“
„He, hallo? Du wirst mir doch wohl nicht davonlaufen?“, schnaufte er.
„Sei artig, George, du hast Schmerzen!“
„Denke nicht daran!“, knurrte er, und dann hinkte er Gesine einfach hinterdrein."Puh ... was ist denn das jetzt?“
Sie war wieder stehen geblieben und lauschte.„Meinst du dieses feine Summen? Ja, das höre ich auch!“
„Kommt wohl von ganz weit hinten und dröhnt bis über den Park...“
„Verdammt, das ist doch so`n komisches ... hm ... wie hieß das doch?“ Er kratzte sich mit der freien Hand nachdenklich im Haar. „Molkat! Jetzt hab` ich`s! Ein Molkat erhebt sich gerade in die Lüfte! Müssten wir eigentlich von hier aus sogar sehen!“
„Das alles kann mir keine Angst machen, George!“ Und schon lief Gesine weiter Richtung Park. Es dauerte ein Weilchen, bis er sie endlich erreicht hatte und währenddessen hatte sich das eigenartige Summen des Molkats immer weiter entfernt. Er konnte, obwohl es zunehmend finsterer wurde, spüren, wie Gesines Augen vor Freude funkelten, während sie mit flinken Fingern die Beutel und Tüten durchstöberte. „Es sind nicht nur Nahrungsmittel drin, George, auch Medikamente. Oh Gott, welche Kostbarkeiten ... ist das schön!“ jubelte sie, dann wurde sie wieder etwas ernster. „Verrückt eigentlich, dass die hier jemand so einfach abgestellt hat! He, diese Sachen können dann doch jederzeit geklaut werden!“
Sie schaute sich dabei suchend nach allen Seiten um, wohl um den Besitzer dieser herrlichen Dinge doch noch irgendwo in der Nähe auszumachen, und dabei sah sie am Himmel, als kleinen, funkelnden Punkt den Molkat in die Ferne entschweben.
„Wer da jetzt wohl drin sitzt?“ fragte sie leise und gedankenverloren. „Na ja, Hauptsache, das seltsame Ding kommt nicht zu uns!“ Und dann durchstöberte sie weiterhin neugierig die nächste Tasche. “He, da ist ja auch so ein Zettel!“ rief sie verdutzt.
„Das sind Margrits Sachen“, ächzte George plötzlich aufgeregt, „die sie für die Spinnen haben wollte, denn ... he ... da hängt ja auch ihre Weste!“ Und er ergriff diese auch sogleich, nahm sie sich beinahe ehrfürchtig von der Lehne der Bank.
„Woher willst du wissen, dass das ausgerechnet Margrits Weste ist George? Hm ... ziemlich kleine Schrift auf dem Zettel!“
„Siehst du diesen roten Flicken an der Seite?“ knurrte er.„Nee, bei dieser Dunkelheit ist der für mich grau, George! Ach komm, lass uns von diesem leckeren Brot mal ein Häppchen kosten, ja?“
„Kommt überhaupt nicht in Frage! Mann oh mann, wenigstens haben wir schon mal Margrits Sachen gefunden! Na, das ist doch schon mal was!“ George legte sich Margrits Weste sehr ordentlich über den Arm. “Warum sie die wohl ausgezogen hat? Ich finde es gar nicht so warm!“ Er schüttelte sich dabei fröstelnd und dann horchte er plötzlich wieder in die Stille hinein. “Verdammt, Motorräder ... die ... die Jisken!“ krächzte er aufgeregt.
„Quatsch, das sind keine Jisken!“ Dennoch kauerte sich Gesine genau wie George erst einmal hinter die Bänke. Und da brausten sie tatsächlich an ihnen vorbei.
Vier schwer bewaffnete Jisken auf Motorrädern und in Beiwagen und ein Trowe auf einem Fahrrad, bei welchem der sehr kräftig in die Pedalen treten musste.
George atmete erleichtert aus. Es war klug, dass sie den Jambo gut versteckt hatten, aber diese Außerirdischen hätten den vielleicht ohnehin nicht beachtet. Viel zu sehr schienen sie damit beschäftigt zu sein, den Molkat nicht aus den Augen zu verlieren, der immer noch wie ein kleiner Leuchtkäfer am nachtschwarzen Himmel zu sehen war und mit einem Male zu taumeln begonnnen hatte.
Die merkwürdige Bande auf den Motorrädern krakeelte deshalb hysterisch und dann holte sie noch das Letzte aus den alten Maschinen und aus dem Fahrrad, heraus, was noch zu holen ging.
„Uff! Endlich sind sie weg!“, keuchte George und wischte sich den Schweiß von der Stirn mit seinem kleinen parfümierten Taschentuch.
„Ja, ja, und wir werden hier noch Kopf und Kragen riskieren, nur weil du unbedingt noch heute Nacht deine Margrit finden musst!“ Gesine war aufgesprungen und hatte sich ihre langen, blonden Zöpfe ärgerlich über die Schultern geworfen.
Aber dann war sie schon wieder etwas zufriedener, denn ihr Blick wanderte wieder zu den herrlichen Nahrungsmitteln. „George, dieses halbe Brot ist doch schon so zerfleddert, das können wir zwei beide ruhig verspeisen!“ Sie hielt es ihm entgegen. „Deine Margrit wird ganz bestimmt auch etwas davon genommen haben, so zerzupft wie es bereits ist! Hatte aber einen ganz schönen Hunger, hihi!“
“Nein, Gesine!“ sträubte George sich tapfer. „Margrit braucht all das, um damit endlich ihre Kinder frei zu bekommen und es muss einen sehr wichtigen Grund gegeben haben, dass sie diese kostbaren Dinge hier plötzlich stehen gelassen hat!“ Und dabei schaute er sich nun auch nach allen Seiten um, als ob er Margrit vielleicht doch noch finden könnte. Dann streckte er die Hand zu Gesine aus. “Reich mir mal diesen Zettel rüber!“
Gerade als Gesine ihm den Zettel geben wollte - ihre Wangen waren dabei ein wenig runder, da sie sich nämlich heimlich doch ein kleines Stückchen Brot in den Mund gesteckt hatte – hörten sie es in der Ferne mit einem Male furchtbar Knallen.„Du lieber Himmel .. .der ... der komische Mol...“, Gesine hatte vor Schreck einige Krümel in den Hals bekommen und musste husten, “... also, wie nennst du den doch gleich?“ „Molkat, aber so nenne nicht ich den ... so nennen DIE ihn, die Hajeps und ... ja, du hast recht! Mit dem ist todsicher gerade etwas passiert!“
„He ... und jetzt ... Schüsse?“, keuchte Gesine,„Verdammt, ja! Aber es wird auch zurück gefeuert, also sind die Insassen des Molkats wohl noch verteidigungsfähig!“
„Du, das sind bestimmt diese Jisken ...“„... und der Trowe!“ setzte George ebenso aufgeregt hinzu.„Und die hatten es wohl schon die ganze Zeit auf diesen kleinen Molkat abgesehen! Aber warum?“ George zuckte mit den Schultern und dann erstarrte er. „Hörst du das jetzt auch? Wird ja immer schlimmer! Ein Militärflieger ...“
Sie nickte. „Sieh nur“, wisperte sie erschrocken, „und dort hinten am Himmel ist es schon zu sehen. Sind das nun Jisken oder Hajeps?“
„Kann man von hier aus nicht erkennen, Gesine! Aber komm, wir nehmen jeder zwei Beutel. Damit geht`s so schnell wie möglich zurück zum Jambuto und dann fahren wir dort hin und schauen mal, was dort los ist!“
„Dort hinfahren ... pfft ... George, du bist wirklich echt verrückt!“

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Margrit starrte auf die beiden Pistolen. Was sollte das jetzt? Mit diesen Dingern war sie dem Hajep doch wohl kaum eine Hilfe, oder? Aus dem Augenwinkel sah sie, dass Oworlotep nicht nur in Sekundenbruchteilen den Lauf seines Gewehrs mit mehreren rohrähnlichen Aufsätzen extrem verlängert hatte – es ähnelte jetzt irgendwie einer kleinen, eleganten Kanone – sondern dieses auch noch mit nach oben weisenden Lauf zwischen seine Knie geklemmt hielt.
Verdutzt stellte sie außerdem fest, dass er ebenso blitzartig die linke Hand Richtung Himmel ausgestreckt hielt, als würde er das feindliche, außerirdische Flugzeug auf diese Weise grüßen wollen. Aber dem war nicht so. Vielmehr geschah jetzt etwas so sonderbares, dass Margrit meinte, dies alles nur zu träumen, denn der Militärflieger kam mit einem Male kaum mehr von der Stelle, wenngleich das Motorengeräusch zunahm und der Flieger sich immer mehr anzustrengen schien. Rückte der auch nur ein kleines Stücken weiter, wurde er sofort wieder wie von unsichtbaren Kräften an die gleiche Stelle geschoben.
Schließlich feuerte das jiskische Flugschiff wie wild aus allen Rohren. Aber es war nicht nahe genug, um den Hajep oder gar Margrit wirklich zu treffen. Xagamastrahlen sausten prasselnd von oben herab in das Laub, flitzten durch Äste hindurch, sengten Blätter an, ließen das Erdreich bei jedem Aufprall erzittern. Zudem sah man immer wieder, wie kleine, helle Blitze aus manch einem Gebüsch in der Nähe hervorzuckten. Also waren auch die ersten Angreifer noch immer nicht verscheucht worden, jedoch einer von ihnen anscheinend nicht mehr am Leben oder zumindest kaum mehr in der Lage auf den Hajep zu feuern, denn aus dieser Richtung kamen keine Schüsse mehr.
Sonderbare Munition fraß sich von allen Seiten in den Molkat oder sauste zwitschernd knapp über die Köpfe der beiden Angegriffenen hinweg. Die rechte Hand hielt Oworlotep trotzdem weiterhin Richtung Erde gesenkt, während er die andere noch immer erhoben hatte.
Er schien sich dabei jedoch so sehr zu konzentrieren, dass er in Schweiß ausbrach. Dicht neben Margrit und immer noch hinter dem Molkat hockte er auf diese sonderbare Weise, weshalb Margrit nicht aufhören konnte, ihn verwirrt mit großen Augen zu mustern. Er schien genau zu wissen, dass er diese höchst anstrengende Form von Telepathie nicht lange durchhalten würde.
„Dies is mein Tod Marktstamm“, wisperte er schließlich leise Margrit zu, „einmal musste es ja so kommen! Xorr, seit ich geboren wurde, trachtet man mir nach dem Leben! Aber bevor sie mich fangen möchte ich, dass zumindest du ihnen nicht in die Hände fällst! Du hast mir die letzten Stunden meines Lebens versüßt, dass ich dir deswegen, sobald ich für dich eine Möglichkeit zu entkommen sehe, den Weg freischießen werde. Das letzte Stuck ... hm ... Stüück wirst du allerdings ganz alleine und nur mit diesen beiden Pistolen bewältigen müssen. Wirst du auch mutig genug dazu sein?“
Margrit nickte mit einem Klos im Halse. Und wieder meinte sie ein warmes Funkeln in diesen seltsamen Augen zu erkennen „Faisan das ... Gück ... hm ... Glück möge auf deiner Seite sein Marktstramm!“, brummte er heiser während sich wieder ein etwa faustgroßer Ball in den Molkat einbohrte. „Fengi pa itun!“ In diesem Moment senkte er blitzartig die Hand, der ganze Schub, der auf vollen Touren laufenden Triebwerke, ließ es mit einem gewaltigen Satz nach vorne schießen.
Fast gleichzeitig sauste aus Oworloteps kanonenähnlichem Gewehr ein breiter, roter Feuerstrahl. Er schien aus unzähligen glühenden Splittern zu bestehen, welche zitternd und sich um die eigene Achse drehend, mit einer Wahnsinnsgeschwindigkeit, Richtung Flugzeug sausten. Sie donnerten mit solch einer Wucht in den Militärflieger, dass dabei der Rumpf des Trestins mit einem einzigen gewaltigen Bersten in zwei Hälften geteilt wurde, die nun beide zur Erde hinab trudelten.
Nur etwa ein Drittel der Feinde hatten sich dabei in kleine Gleiter retten können, oder segelten nun an einer Art Fallschirm der Erde entgegen, aber sie genügten, um den zwei Angegriffenen noch immer weit überlegen zu sein.
Schon waren sie in einer Tarnwolke verschwunden. Zwei der zehn Gleiter hatte Oworlotep kaum, dass sie sich ihnen nach kurzem Zögern genähert hatten, um in eine bessere Schussnähe zu kommen, mit Hilfe einer Pistole, die er durch das Anschrauben eines besonderen Aufsatzes in ein kleines, schmales Gewehr verwandelt hatte, mit einer Staubwolke enttarnt und hinterher mit der ´Kanone´ erschossen.
Nachdem er noch etwa vier derart ausgerüstete Jisken getötet hatte, begann er schließlich, einen etwa drei Zentimeter großen, orangefarbenen Stein, der an der linken Seite seines Gürtels befestigt war, wohl im Rhythmus eines kurzen Morsebefehls zu berühren und dann war auch dicht vor Margrits verwunderten Augen in sekundenschnelle ebenfalls ein Tarnnebel entstanden, der sie beide nun völlig einhüllte.
Die übrigen gleichsam unsichtbaren Angreifer wurden darüber so wütend, dass sie zunächst wahllos mit irgendwelchen Waffen Richtung des seltsam flirrenden Dunstes feuerten, der ähnlich wie eine Spiegelglasbrille funktionierte. Denn nach draußen konnte man schauen, war selber jedoch nicht mehr zu sehen.
Oworlotep hatte Margrit dazu angehalten sich auf keinen Fall zu bewegen, nicht das geringste Geräusch zu verursachen und nur sehr flach zu atmen. Seine Ohrkapseln waren nämlich inzwischen auf feinste Geräusche eingestellt, die noch nicht einmal Margrit wahrnehmen konnte.
Nach einer kurzen Schusspause feuerte Oworlotep mit einem Male scheinbar ziellos durch die schützende Nebelwand. Das war so überraschend, dass Margrit große Mühe hatte, weiterhin ruhig und flach zu atmen.
Nicht nur ein verblüffter Schmerzensschrei verkündete Margrit, dass Oworlotep getroffen hatte, auch, dass Sekunden später etwas recht schweres ins Laub klatschte. Über ihnen segelte indes der unbemannte und daher für sie gut sichtbare Gleiter ziemlich irritiert dahin.
Und weiter schoss Oworlotep mit seiner Kanone, die er immer noch zwischen den Knien hatte, ganz nach seinem Gehör scheinbar ins Leere hinein. Er war dabei ruhig und konzentriert, schien dies alles wohl gewohnt zu sein.
Auf die Dauer konnte er es allerdings nicht verhindern, dass es einem der vielen Angreifer doch noch glückte die feinen Staubkörnchen auf Oworloteps Tarnnebel zu feuern.
Wie eine weiße, riesengroße Käseglocke war der wundersame Dunst einfach in Stücke zerbrochen, und es sah ziemlich grotesk aus, wie die durch den Staub hart gewordenen Teile gleich riesiger Scherben nun zwischen den Bäumen und im Laub herum lagen.
Einen weiteren Nebelschleier konnten offensichtlich weder Oworlotep noch seine Angreifer so schnell erzeugen, weil wohl inzwischen viel zu viel Staub in der Luft herumschwebte.
Da Oworloteps Nase und die Lunge sehr empfindlich waren, musste er plötzlich ständig husten und niesen und das Zielen und Feuern nach den bemannten Gleitern, die sie nun umschwirrten, wie ein paar riesige Fliegen, schien ihm deshalb nicht mehr so gut zu gelingen.
Jubel brach deshalb unter den Jisken aus. Einer von ihnen war dermaßen gierig, als erster Oworlotep lebend zu bekommen, dass er recht nahe herankam und aus seinem etwa zwei Meter langen, rohrförmigen Gewehr Puktis abfeuerte, wie Oworlotep die winzig, kleinen Käferchen bezeichnete, die nun schwarmartig nicht nur in Oworloteps, sondern auch in Margrits Richtung sausten, wohl dabei nach Körperwärme suchend.
Margrit schrie angsterfüllt auf, Oworlotep hingegen schwieg wie immer, denn er bastelte schon wieder an einem rohrförmigen Ding. „Ich habe bereits mit etwa sechs Jahren als Xaburi, Kindersoldat, wie ihr das nennt, sehr gute Leistungen in der Kriegsführung vollbracht!“, hatte er Margrit flüchtig, jedoch nicht ohne Stolz erklärt, während seine eigenen Puktis plötzlich pfeilartig auf die feindlichen Käfer lossausten.
Die winzigen, fliegenden Roboter führten zu Margrits Überraschung nun miteinander einen völlig eigenständigen Krieg. „Xorr, mein Programm ist bessererer!“, schnurrte Oworlotep dabei fast entspannt.
„Furchtbar!“, entglitt es trotzdem Margrits Lippen.
„Das ist nicht fuischtba!“, protestierte er, „Das ist Tama ... die Gene ... UNSER Spiel mit dem Tod!“ „Blödes Spiel!“, fauchte Margrit trotzdem.
Wütend musste der Jisk indes mit ansehen, wie seine Puktis den geschickten Ausweichmanövern und Attacken von Oworloteps Minirobotern kaum Folge leisten konnten.
Nach einem kurzen Schusswechsel mit Oworlotep wurde auch er schwer getroffen. Nicht nur seine Puktis, auch er selbst stürzte lautlos von seinem Gleiter in die Tiefe.
Als Oworlotep aber wieder seine telepathischen Kräfte einsetzte, um sich endlich einen der unbemannten Gleiter zu ergattern, die in der Nähe von Margrit und ihm ziemlich hilflos einher flatterten, wurde er von dem nächsten Jisken in den Arm geschossen, dennoch holte er sich auch diesen hinunter.
Gerade als er sämtliche Lais mit seiner Kanone zerstörte, trafen ihn die letzten fliegenden Jisken in die Schulter und in die Brust. Stöhnend vor Schmerzen tötete er auch diese und brach dann an Margrits Seite zusammen.
Sie sah, dass er stark blutete. Auch aus den oberen zwei Rippen quoll immer mehr dunkles lilafarbenes Blut hervor. Oworloteps Lippen zitterten, waren grau und sein Atem ging rasselnd. „Lebe wohl Marktschwamm!“ keuchte er, während er sich zu Tode ermattet völlig ins Gras sinken ließ. „Dieses Spiel ist nun zu Gunsten der Jisken ausgefallen. Siehst du, da hinten kommen nun die Fallstürmspringer angelaufen! Die Zeit mit dir war kürz, aber sie hat mir ... wie heißt das doch ... Fäule? Feude ...?“
„Freude?“ schniefte sie und mühte sich, dabei seinen Kopf in ihrem Schoß zu betten. „Oh, was bist du schwer!“, ächzte sie dabei.
„Akir, Freude bereitet!“ Und wieder rang er nach Atem. „P..pass gut auf dich Marktschwamm, chesso?“, krächzte er und dann weiteten sich seine Augen entsetzt. „Hinter dir!“
Erschrocken schaute sie sich um. Zwei Jisken auf Motorrädern knatterten nun laut johlend und kreischend aus ihren Verstecken hervor. Begeistert wurde ihnen von den anderen Soldaten zugejubelt.
Schon zielte der eine im Anhänger auf Margrit. Ihr stockte der Atem. Die Spinnen hatten zwar Margrit das Schießen beigebracht, aber es war viel schwieriger, wenn sich etwas bewegte, als sie gedacht hätte. Außerdem trugen diese Jisken Helme und Uniformen, von denen es hieß, dass sie unzerstörbar für menschliche Waffen seien, und die besondere Stelle am Hals zu erkennen und auch noch zu treffen, war sehr schwierig, zumal Margrits Brille wohl noch immer so ein bisschen von dem komischen Schaum verklebt zu sein schien.
Oder was war plötzlich mit ihren Augen los? Sie feuerte zwar tapfer, doch sie kam sich angesichts der phantastischen Waffen des Feindes dermaßen lächerlich vor, als feuerte sie wie ein Kind wild um sich mit Knallplätzchen.
Das amüsierte nicht nur die Jisken, auch den Trowe, der plötzlich auf einem Rennrad angedüst kam. Das klobige Wesen sah zwar etwas grotesk aus, wie es so zusammengekrümmt auf dem kleinen Lumantirad kauerte, aber keineswegs lächerlich, da es sein ohnehin nicht gerade schönes Gesicht wie eine brutale Fratze verzerrt hatte, während es Margrit und den am Boden liegenden Oworlotep umkreiste.
„Wurf ti Waffinn robarr, lumanti!“, fauchte nun einer der Jisken Margrit zu.
„Welche?“, fragte sie jetzt einfach, um etwas Zeit zu gewinnen.„Aller Waffinn, Lumanti ... auch deiner!“ „Okay!“ Sie schlenkerte die eine bereits leer geschossene Pistole etwas unsicher in der Hand und dann schmetterte sie die einfach jenem Jisken, der mit seinem Motorrad noch näher gefahren kam, einfach mit voller Wucht gegen dessen Knie.
Schmerzerfüllt jaulte der auf. Da kamen alle ganz dicht zu Margrit heran gefahren und auch die Fallschirmspringer näherten sich ihr im Kreis. Sie johlten und grölten dabei so laut und wild, als wenn sie ein Rudel gieriger Wölfe wären.
„Lumanti!“ brüllte schon wieder derjenige, welcher auch vorhin mit Margrit gesprochen hatte. „Du willigst wohlig kleiniss Spielschinn mitte ons machern, chesso? Xorr, wir lieben dieses Spiiel!“
Zu allem Übel hörte Margrit jetzt auch noch ein erneutes Gebrumm aus feinen Düsen hoch am Himmel. Und da sah sie auch schon ein weiteres jiskisches Militärflugzeug hinter den kohlschwarzen Baumwipfeln auftauchen. Es hatte die Flügel flatternd ausgebreitet wie ein riesiger Drachen.
„Xorr, Jisk!“, rief einer der motorisierten Angreifer sehr zufrieden, nachdem dieser das typische rautenförmige Zeichen, das Auge, am Bauch des Fliegers erkannt hatte.
Und dann erschien noch so ein lederartiges, geschupptes Trestin am nachtschwarzen und inzwischen wolkenlosen Himmel. Kleine rote und gelbe Lichter blinkten dabei auf und dahinter wiederum eins.
Margrit war am Verzweifeln. Sie schaute sich um. Völlig Leblos und blutverschmiert lag Oworlotep inzwischen hinter ihr im Grase, atmete er überhaupt noch?
Der Trowe auf dem Fahrrad näherte sich ihm gerade von hinten, ein Messer funkelte dabei in dessen haariger Faust. Ohne richtig zu denken, hatte Margrit auf ihn geschossen. Sie hatte zu ihrer Überraschung nur diesen typischen Knall aus ihrer Pistole gehört und keuchend festgestellt, dass sie den Trowe tatsächlich in die Pranke getroffen hatte, denn das Messer fiel zu Boden und das gewaltige Wesen hielt sich heftig stöhnend die schmerzende Hand.
Margrit hatte aber keine Zeit, sich großartig darüber zu freuen, denn schon sprang sie jemand von hinten an. Sie spürte einen starken Arm um ihren Hals, dann, dass sich ihr schmerzhaft ein Knie ins Kreuz bohrte.
Sie bekam kaum noch Luft, trotzdem wand sie sich wie ein Wurm. Währenddessen war der erste jiskische Militärflieger wohl hinter ihnen gelandet, denn sie hörte Stimmen, also sprangen vermutlich weitere jiskische Soldaten gerade ins Freie. Jubelnd wurden sie von ihren Kameraden, den Fallschirmspringern begrüßt, welche den Kreis um Margrit und Oworlotep bereits noch enger gezogen hatten.
„Xorr, kir pin to?”, fragte einer der soeben Gelandeten jenen Jisken der gerade ziemlich lustvoll mit Margrit rangelte.“Noi pine pir tai Lumanti a xaburai sunto!” erklärte der feixend.
Margrits nächster Schuss ging ins Leere und dann hatte der Jisk Margrit auch noch diese Waffe entwunden, sie ihrer letzten Chance beraubt.
Alle schauten dabei seelenruhig zu und die Insassen des Flugzeugs verteilten sich derweil,leise dabei miteinander wispernd, rings um den Kreis.
„Xorr, Lumanti“, hörte sie den Jisk dicht an ihrer Wange, durch den Helm dröhnen. “Jitzt holle isch mirr deininn Kopf und zwarr soforrta!“
Tränen verschleierten Margrits Blick, während sie noch sah, wie sich die frisch gelandeten, ebenfalls behelmten Flugzeuginsassen nun sogar ziemlich kess zwischen die Jisken schoben, die Gewehre dabei feuerbereit in den Händen haltend.
Einer von ihnen stand sogar hinter dem Trowe, der wohl große Schmerzen hatte und sich deswegen jetzt erst nach dem Messer bücken wollte, das immer noch am Boden lag.
„Kir pin to ti?“, fragte der Soldat nun auch den Trowe dabei freundlich. Dieser schaute deshalb verärgert über die wuchtige Schulter auf den seltsamen Jisken.
Margrit fühlte indes, wie ihr Widersacher sie bei ihren verklebten Haaren packte. Er zog ebenfalls ein langes Messer.
´Wie beim Schlachter!´ dachte sie. Hell blitzte es dicht an ihrem Halse auf. „Gehrrt ganse schnell!“ wisperte ihr der Jisk zähnefletschend ins Ohr.
Margrit schluckte, komischer Trost ... hilflos schloss sie die Augen ... und dann holte er aus.
In diesem Moment hörte sie erst ein kurzes Zischeln knapp an ihrem Ohr vorbei und dann ein überraschtes, schmerzerfülltes Keuchen.
Sie riss sie Augen weit auf, denn der Jisk stürzte, das Messer dabei immer noch hoch erhoben, mit einem weiteren verdutzten Ächzen auf den Lippen, wie ein gefällter Baum zu Boden.
Dabei hätte er Margrit beinahe mit sich gerissen, unter seinem leblosen Körper einfach begraben, doch die hatte vor Schreck eine heftige Seitwärtsbewegung machen können.
Nicht nur der Helm des Jisken war zertrümmert, auch das blaue, ein wenig gescheckte Gesicht. Das erkannte Margrit erst jetzt, als der Jisk so lang ausgestreckt vor ihr im Laub lag, den Arm mit dem Messer dabei noch über Margrits Fuß geworfen, den sie nun voller Ekel und Entsetzen einfach von sich weg stieß.
Währenddessen hatte große Panik Margrits ehemalige Angreifer erfasst. Voller Entsetzen stoben sie auseinander, denn Schüsse knallten von überall her, aber einer nach dem anderen wurde unbarmherzig niedergestreckt.
Auch der Trowe versuchte, obwohl es aussichtslos war, den als Jisken verkleideten Hajeps zu entkommen. Ja, es war dem Trowe nicht einmal gelungen, sich auf Oworlotep zu werfen und diesen somit noch als Schild gegen die Hajeps zu nutzen.
Schnell hatte ein Hajep den Trowe gefangen, schlug ziemlich brutal auf ihn ein und beschimpfte ihn dabei in seiner Sprache. Es war so furchtbar, wie sie den Trowe misshandelten, dass er Margrit schon wieder leid zu tun begann.
Jedoch war die Angst um ihr eigenes Leben so groß, dass sie sich nicht länger damit aufhalten konnte. Sie musste schnellstens von hier weg, aber wie konnte ihr das nur gelingen, wenn überall noch geschossen wurde, wenn sie förmlich von allen Seiten von Feinden umgeben war?
Diese Soldaten - inzwischen waren auch noch die anderen zwei Militärflieger gelandet, deren hajeptischen Zeichen nun recht gut zu erkennen waren und es sprangen noch mehr Hajeps ins Freie – waren Margrit gar nicht sympathisch, aber seltsamerweise tat ihr niemand von ihnen etwas.
Man ließ Margrit einfach dort stehen, wo sie war, als würde man sie gar nicht bemerken. Es sah hier inzwischen noch schrecklicher aus als vorher, denn überall lagen die Leichen der getöteten Jisken im Laub.
Restliche Überlebende hatten sich in die Büsche geflüchtet oder hinter Bäumen versteckt und nur wenigen war es gelungen in den Wald zu kommen, wo sie natürlich auch verfolgt wurden.
Jener Soldat, welcher wohl vorhin Margrits Widersacher erschossen hatte, schien seltsamerweise auch etwas verletzt zu sein, denn Margrit merkte erst jetzt, dass er die eine Schulter verbunden hatte. Er war sofort, nachdem er geschossen hatte, an Margrit vorbei zu Oworlotep gelaufen und schien nun sehr besorgt um ihn zu sein.
„Owor! “, hörte Margrit zu ihrer Überraschung eine dunkle, samtene Frauenstimme aus dem Helm des Soldaten klingen. “Weti to mai utchor?”
Die Hajepa kauerte sich nun mit einer eleganten, geschmeidigen Bewegung dicht neben ihn.“Kor wan rug tor?” Sie beugte sich über Oworlotep, ungeachtet des immer noch recht wilden Gemetzels um sie herum und ungeachtet auch, dass ein Mensch so dicht in ihrer Nähe war.
„Kedapar!“, fuhr die Hajepa einfach weiter fort. „Xerr, to moi tabano kadobai! A contriglus udane runa?“ Sie hielt Oworlotep nun eine grüne Feder, oder was es auch sonst immer war, über die drei Nasenlöcher. “Jelso ir tor!“, flehte sie. „Noi alhum tur el!“ Die Feder zitterte plötzlich und schon wurde die junge Soldatin aufgeregt. „Oworlotep ima bodendo jima!“, rief sie erleichtert ihren Kameraden zu und schob sich dabei wieder sehr dicht an Margrit vorbei, würdigte sie keines Blickes, als wäre sie nicht vorhanden.
„Udil! Wona jukan ejo nenzo jetaware!“, brüllte sie aus Leibeskräften und aufs Höchste aufgeregt. Zu Margrits Entsetzen näherte sich ihr, nun gleich von allen Seiten, eine ganze Meute von etwa dreißig Hajeps und etliche von ihnen folgten direkt der Hajepa, schoben sich dabei nacheinander und sehr vorsichtig, fast respektvoll, ebenfalls an Margrit vorbei, um auf diesem Weg schnellstens zu Oworlotep zu gelangen.“Pina Sumanok!“, verlangte einer von ihnen in deren Mitte und schien wohl ein Arzt zu sein, denn alles machte für ihn Platz.
Er öffnete einen kleinen Koffer, das heißt, dieser sprang eigentlich wie von selbst einfach auf und dann versorgte er Oworlotep, wohl erst einmal mit frischem Blut oder ähnlichem und legte ihm dabei wohl auch gleich so etwas wie einen festen Verband an.
Es waren aber alles ganz fremdartige Geräte und zwischen diesen vielen Hajeps, die sich so dicht wie eine Traube um Oworlotep drängten, waren sie für Margrit außerdem nicht gerade gut erkennbar.
Sie staunte, wie beliebt dieser Hajep anscheinend bei seinen Kameraden war, denn sie machten sehr viel Aufhebens um ihn. „Jelsu palte!“, riefen sie und „Edan pajon!“
Und so strömten immer wieder noch weitere Soldaten herbei. Die Menge schien schließlich vor lauter Aufregung schier den Atem anzuhalten. Nur noch wenige kämpften mit den restlichen Jisken. Plötzlich rollte etwas Hartes und Rundes aus dem Molkat direkt zu Margrit hinüber, wie ein von dort irgendwie losgelöster Stein und versank raschelnd völlig im Laub.
Margrit hatte trotz ihrer verklebten Brille oder was auch sonst mit ihren Augen los sein mochte, dennoch erkannt, was es war und erstarrte förmlich ob dieser Erkenntnis vor Schreck und Überraschung. ´Danox? Wieso jetzt der hier?´ zuckte es durch ihr Gehirn.
Klar, der hatte sich die ganze Zeit in diesem Molkat versteckt gehalten. Aber was konnte der denn bei Oworlotep gesucht haben? Egal, er durfte jetzt auf keinen Fall von den Umstehenden entdeckt werden.
Sie konnte ihm aber keine Befehle wie sonst immer erteilen, nicht einmal leise, denn auch das hätten die Hajeps womöglich gehört, aber würde man darauf achten, wenn sie sich plötzlich bückte?
Die Hajeps waren alle sehr angespannt, jeder der Handgriffe des Arztes wurde anscheinend scharf beobachtet.
Sie hielt den Atem an und wagte es, bückte sich und wie der Blitz hatte sie Danox im Ausschnitt ihres Hemdes verschwinden lassen. Sie richtete sich wieder auf. Kalt und unangenehm rutschte Danox, verborgen unter dem dünnen, seltsamen Stoff, ihre nackte Haut entlang und kam dann knapp über dem Hosenbund zum Stoppen.
Gott sei dank war das Hemd an dieser Stelle schön bauschig, weil Oworlotep das als schick empfunden hatte. Trotzdem hatte Margrit Mühe, ihren vor lauter Aufregung heftigen Atem zu bändigen.
„Ichta jetawaran?“, fragte indes die Hajepa mit besorgt klingender Stimme den Arzt.
„Ziet!“, fauchte der die Hajepa an. „Wona guonga ima clerte jetaware!“, fügte er dann doch beruhigend hinzu.
Nach einer weiteren kurzen Untersuchung sagte er an alle umstehenden Hajeps gewandt: „Pina udil! Jewalo ajo kort trestine!“ Er holte ein kleines, etwa nur einen halben Meter großes Brettchen aus dem Koffer, dass sich in nur wenigen Sekunden in eine recht stabile, etwa einen Meter breite und über zwei Meter lange Bahre verwandelte, auf welche man Oworlotep nun sehr behutsam bettete.
Margrit traute ihren Augen nicht, denn schon erhob sich die Bahre vom Boden in die Lüfte, nachdem der Arzt den linken Arm ausgestreckt hatte, und wanderte an allen vorbei, Richtung Flugzeug.
Im Nu war wieder Leben unter den Soldaten, alles lief ebenfalls zu den Flugzeugen zurück. Der Trowe, welchen man inzwischen völlig zusammen geschlagen hatte, wurde vom Boden hoch gerissen und Richtung Trestine gestoßen.
Nur Margrit ließ man zu ihrer Verwunderung noch immer völlig ungeschoren zurück. Die junge Hajepa war die einzige, die noch ein wenig bei Margrit verweilte. Sie schlich nun, irgendwie unsicher, näher zu ihr heran.
“Sahi, Lumanti! Du darfst gehen!“, sagte sie der überraschten Margrit in klarem und akzentfreiem Deutsch. „Denn wir haben gesehen, wie du Oworlotep verteidigt hast! Du hast dem Trowe das Messer aus der Hand geschossen! Wefiana Lumanti!“, knurrte sie anerkennend. „Darum werden wir dir heute nichts tun. Aber begegne uns nicht noch einmal! Nenulonto? Denn wir hassen die Menschen!“
„A ... aaaber warum?“, ächzte Margrit. „Warum hasst ihr uns?“
Die Hajepa beantwortete diese Frage nicht, legte nur ihre Hand auf Margrits Schulter: „Twacha usomi!“ sagte sie leise, kreuzte dann ihre Arme vor der Brust und neigte sich ein wenig vor. “Fengi pa itun!“
Dann wendete sie sich auf dem Absatz um, wollte wieder Richtung Flugzeug laufen, blieb aber auf halbem Wege plötzlich stehen.
Sie drehte sich sehr langsam und nachdenklich wieder nach Margrit um. “Du trägst Oworloteps Kleidung und sie passt dir. Also hat er sie dir passend gemacht. Kein Mensch weiß wie das geht. Niemand kann so etwas herausfinden, da besondere Morsezeichen dazu nötig sind.“ Sie machte eine kleine, fast feierliche Pause, ehe sie weitersprach. „Unter uns Hajeps ist es eine besondere Auszeichnung, wenn einer dem anderen seine Kleidung gibt. Es ist fast so wie eine ... wie sagt man dazu bei euch?“
„Freundschaft?“, wisperte Margrit verwirrt.
„Akir!“ Die Hajepa nickte kaum merklich und sehr schnell und dann lief sie, ja rannte sie fast zu den Militärfliegern, wo die Kameraden schon auf sie warteten.
Gerade als sich das erste der drei Trestine – in welches man vorhin Oworlotep hatte verschwinden lassen – erheben wollte, denn die Motoren brausten auf, wurde es unruhig in der Menge jener Hajeps, die in die zwei anderen Trestine hatten einsteigen wollen, als ob sie plötzlich einen überraschenden Befehl erhalten hätten. Die Soldaten schienen wohl über diesen Befehl völlig irritiert zu sein, denn sie erstarrten nicht nur, sie schauten sich nacheinander nach Margrit um.
Margrit wusste zwar nicht, was soeben durchgesagt worden war, aber an der Art, wie die Köpfe plötzlich in ihre Richtung herum gefahren waren, erkannte sie, dass irgendetwas nicht sehr Gutes über sie beschlossen worden war.
Rein instinktiv ergriff sie also die Flucht, fragte sich nicht, wer oder was wohl diesen Gesinnungswandel herbei geführt haben könnte. Sie rannte nur, so schnell wie sie konnte, den schmalen Waldweg entlang. Dann nahm sie eine Abkürzung, einfach durchs Laub, denn sie meinte, in der Nähe den riesigen Schatten, den Deich des Mains zu erkennen.
Dieser Fluss hatte zwar ein recht heftiges Gefälle, aber Margrit traute sich zu, trotzdem darin schwimmend entkommen zu können.
Hinter sich hörte sie inzwischen die außerirdischen Stimmen ihrer Verfolger. „Udil! Wona jukan tan dakanor! Tan wan udil! Kon wan tan?“ Sie klangen verblüfft.
Offensichtlich hatten es sich die Hajeps einfacher vorgestellt, die Lumanti in ihre Fingerchen zu bekommen.
Ein Flugzeug erhob sich inzwischen in die dunkle Nacht. Margrit hatte dabei nur kurz über ihre Schulter zurück geblickt. Es war jenes Trestin mit dem jiskischen Zeichen gewesen, welches die Hajeps wohl noch immer nicht entfernt hatten.
Die anderen blieben aber noch am Boden. Verdammt, weshalb blieben sie dort? Margrits Herz pochte, denn noch näher kamen jetzt die Verfolger. „Hiat Ubeka, bleib stehen Lumnati !“ hörte Margrit nun in ziemlich perfektem Deutsch. „Denn hier spricht Diguindi!“
´DIGUINDI?´ durchfuhr es Margrit und irgendwie wurde sie dabei doch ein wenig langsamer. Donnerwetter, dann hatte er aber inzwischen ganz erheblich seine sprachlichen Kenntnisse verbessert.
Er schien es wirklich zu sein, denn diese Stimme hatte seinen typischen geschmeidigen, katzenhaften Klang.
´Oh, Gott Diguindi, der gute Diguindi!“, pochte es heiß durch Margrits Gehirn. ´Vor dem brauche ich mich doch wirklich nicht zu fürchten oder?´
Sie spürte, wie Danox plötzlich ziemlich unruhig in ihrem Hemd herumkrabbelte, kaum dass Diguindis Stimme erklungen war und dann drang ein hoher, alarmierender Pfeifton in ihre Ohren.

ENDE


Tja, meine Lieben,damit ist leider der zweite Band `Zarakuma` erst einmal zu Ende. Ihr ahnt wohl schon, dass ich die nächsten Kapitel fast fertig habe, he, he?
Aber ich nehme diese Geschichte nun mal sehr ernst, was bedeutet, so lange ich selber mit all meinen Akteuren nicht genügend gebangt, gehofft, gelacht, geweint und sogar geschnurrt habe, ist sie einfach noch nicht fertig genug, um hier zu erscheinen.
Ich danke euch nun für das Lesen und noch mehr all denen, die Zarakuma bewertet und am allermeisten denen, die mir auch noch dazu einen Kommentar geschrieben haben.
So etwas macht Mut weiter zu schreiben. Habt jetzt nur ein wenig Geduld. Ich werde mich wieder mit einem Gedicht bei euch anmelden.
Twacha usomi und ganz liebe Grüße an euch alle Eure
Doska
 
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Kommentare  

Voller Spannung. Doch ich frage mich wie kommt man auf Namen, wie Oworlotep!?, die mir aber auch gefallen haben.Tolle Geschichte, da werde ich mal nachsehen was es noch so gibt.

Grübchen (11.01.2010)

Danke, Meerschweinchen.Das freut mich sehr. *Schmunzel*

doska (23.09.2005)

Voll geil !:)

Meerschweinchen (23.09.2005)

Wie, was, schon vorbei??? Ich will meeeehr!!!!
Nagut, dann erstmal ein Kommentar...
Wie immer natürlich ein sehr gutes Kapitel, in dem allerlei passiert.
Anscheinend hat es Margrit tatsächlich geschafft, so etwas wie die Freundschaft des Hajeps, der, wie wir nun wissen, Oworlotep heißt, zu gewinnen. Immerhin bekommt sie seine Kleidung und er will ihr sogar helfen, den Jisken zu entkommen, auch wenn er für sich selbst keine Hoffnung mehr hat. Sie allerdings verteidigt sein Leben, statt zu fliehen.
Georges und Gesine scheinen die beiden nur knapp verpasst zu haben. Kommen sie nun hinterher? Wie geht es weiter mit Diguindi? Und Muttchen, Julchen, Tobi und MUNK??


Conva (10.12.2004)

He,
das alles macht mir ganz doll Spaß!
Alles Liebe


Doska (10.11.2004)

jetzt muss ich mich aber einmischen
liebe doska
das kannst du nicht machen, der arme munk. wir müssen einen suchtrupp organisieren :) , ich trage die decke
aves kommt bestimmt auch mit, denke ich
liebe grüsse von mcgue


mcgue (10.11.2004)

Aaaaaaber wenn ich schon so lange warten muss auf die nächste Hajepgeschichte, dann würd ich doch gerne wissen wer mir das antut *grins* Naja, wenn du nicht willst, kann klein Aves nichts machen...

Aves (10.11.2004)

Tja, mein lieber Aves, du siehst das sehr richtig, noch bin ich ein "Nichts" aber DANN....! Hehe, kommt noch alles! Nee, mal im Ernst, ich finde das halb so wichtig, wie ´ne Geschichte.Was nutzt dem Leser das nette Zahnpastagrinsen irgendeiner Person mit Lebenslauf, wenn deren Story vielleicht langweilt? Darum erst die Geschichten, dann vielleicht irgendwann mal mein Konterfei. Sammle ja schon sehr brav schnuckelige Fotos! *Seufz!*

Doska (09.11.2004)

Aber aber Doska... wie soll ich dem Munkilein denn eine Decke umlegen wenn ich nicht weiss wo er ist? *g*
Sach ma Doska, wer 'bist' du eigentlich? In deiner Autorenrubrik steht nix über dich geschrieben... tät mich schon mal noch Wunder nehmen wer sich da so mir nichts dir nichts die ganze Story um Hajeps aus den Fingern saugt...


Aves (09.11.2004)

Hallo, Aves,
vielleicht lässt sich die ganze Zitterei für Margrit etwas besser aushalten, wenn du sie ein bisschen tröstest, ja? George hingegen ist nicht so alleine, da ist ja noch Gesine und die wird wohl schon auf seinen kranken Fuß achten, nehme ich an. Schlimmer steht es tatsächlich um Munk ... er ist so nackt, da kann er sich glatt erkälten! Ach, könntest du ihm bitte deshalb gleich mal eine Decke umlegen? Danke, Puh! So können wir wohl erst mal die nächsten Kapitel abwarten.
Danke für deinen Kommentare und die Bewertung * Schmunzel! *


doska (09.11.2004)

Oje, jetzt ist Margrit endlich den Hajeps entkommen und bei der spannensten Stelle hört die Story auf! :-(

Was mit den Kindern, Muttchen und Munk ist hab ich ja auch nicht mehr wirklich erfahren! *kopfschüttel* ;-)

Wie bitte schön, liebe doska soll ich denn die Tage und Nächte verbringen, bis du die Fortsetzung einstellst??? Ich bin doch soooo furchtbar gespannt auf die nächsten kapitel!

Bitte, Bitte schnell weiterschreiben! :-)


Bianca (09.11.2004)

NEIN!! Doska, tu mir das nicht an!! Jetzt lässt du mich also hier bei einer zitternden Margrit, einem verletzten George und einem - und das ist das schlimmste - verschwundenen Munk zurück!! Wie gemein... *heul*
Naja, die Story war natürlich super! Was mich noch intressieren täte, ist diese Hajepa die selbe wie diejenige, die George kennt??


Aves (08.11.2004)

du liebe doska
uns machst du alle hier verrückt mit deiner story, wir sitzen hier gerade in trauter runde, naja ich sage nur mcgue....
wir haben deine komplette story ausgedruckt, lesen sie gerade.
auch ich kann nur sagen, danke
liebe grüsse von mir


felix (07.11.2004)

jetzt muss mich aber aber auch mal äussern
liebe doska
ja mcgue hat mich etwas gepiekst
aber er hat ja recht, bei so einer schönen geschichte sollte man schon einen kommentar schreiben. schönen dank doska
caroline


caroline (07.11.2004)

liebe doska
schade das du erstmal pause machst, aber ich weiss ja, das schreiben kostet eine menge nerven. du schreibst aber so toll, da lohnt sich das warten auf die nächsten kapitel.
liebe grüsse
lorrie


lorrie (07.11.2004)

war ja klar, das du an der stelle aufhörst
liebe doska, du stellst uns wirklich an den rande eines nervenzusammenbruchs ;)
das war wirklich wieder ein schönes kapitel, aber wo ist denn der kater munk?
oh man, jetzt müssen wir wieder solange warten.
liebe grüsse von mcgue
ps. ich höre gerade "the white arcades" ....


mcgue (07.11.2004)

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