1


5 Seiten

Das rote Zebra 1

Fantastisches · Kurzgeschichten
Auf dem Tierplanet, gleich bei Etaschel 3, kann man seine Biologiekenntnisse merklich aufbessern. Hierhin hat man alle Tierarten des gesamten Universums gebracht. Da kein Planet so viele Geschöpfe tragen kann, leben immer nur zwei Artgenossen des jeweiligen Lebewesens darauf. Eine Arche Noah im Weltenmeer.

Es gibt auch Gattungen von denen nur ein Exemplar hierher gebracht worden. Dies ist bei Selbstbesamer der Fall, die in der Lage sind sich selbst zu befruchten. Ego-Monogamen.
Die Population wird fortwährend durch selbstlenkende Überwachungsdrohnen kontrolliert. Die Tiere bekommen schon gar nichts mehr davon mit. Ständig surren sie über ihre Schädel hinweg, bleiben kurz in der Luft stehen, fotografieren das Paar und schweben dann zur nächsten Gattung.

Nimmt die Drohne nun eigenständig war, dass der Selbstbesamer aus irgendeinem Grund nun zu zweit ist, beseitigt sie diesen Makel sofort. Hierfür sind natürlich alle Tierarten und ihre jeweilige Populationsgrenze in ihrem Gehirn gespeichert. Ansonsten könnte es ja geschehen, dass dem Erpel die Entendame weggeschossen wird, weil dieses Überwachungselement denkt, er sei ein Selbstbesamer.

Um human und schnell arbeiten zu können, weiß dieser elektronische Überwacher auch, wie die Tiere alle am besten zu töten sind. Ein schnellgeworfener Speer könnte zum Beispiel bei dem Felsenfroll gar nichts auslösen. Da muss ein Photonenlaser her und der kann wiederum nichts mit dem Spiegelluchs anfangen.
So sind vielerlei Apparaturen in die Drohne eingebaut.

Und wo eingebaut wird, muss auch ein Einbauer sein und natürlich sind es die Nutznießer der ganzen Operation. Die Bewohner des Etaschelplanetensystem die den Planeten als großen Zoo aufsuchen. Sie haben wirklich viel zu sehen und man bleibt gewöhnlich 102 Tage um sich 10 % anzuschauen. Oft verschwinden Besucher und tauchen niemals mehr auf. Keiner weiß warum.

In der Hinterfestplatte der Drohnen sind die Fahndungsfotos dieser Verschollenen installiert aber auftauchen tun sie dadurch auch nicht. Man nimmt an, dass sie von irgendwelchen Fleischfressern aufgefressen wurden und nun alle Mägen aller Fleischfressern auszupumpen wäre wirklich zu viel Arbeit.

Die Besucher, die durch den Zoo streichen haben der Leitung jetzt immer wieder voller positiver Begeisterung von roten Pferden berichtet. Sie seien auf einmal durch das Gehege der Riss-Kehlchen galoppiert oder haben zwischen den Gumpen gegrast. Sie sollen ein solches glänzendes Rot an sich haben, dass es schwer fällt wegzuschauen. Komisch ist nur die Tatsache, dass keine roten Pferde auf dem Planeten verzeichnet sind. Der Zooleiter Blaciv hat noch mal in die Akten gedacht. Nein rote Pferde gibt es auch gar nicht. Die Besucher müssen von Tollkirschen genascht haben oder einfach nur verrückt sein. Allemal ist dies plausibler als dass es rote Pferde gibt.

Zwei Gestalten auf dem Zooplaneten wissen jedoch, dass es diese roten Geschöpfe wirklich gibt. Erst seit kurzem, aber es gibt sie.
Zwei Zebras vom Planeten Erde. Sie wissen noch ganz genau, wie sie hier hergekommen sind. Erst letzten Hochsommer hat man sie in Tansania vom brennenden Sand in einen kühlen Frachtraum eines Transporters hineinteleportiert. Das war irgendwie sogar sehr angenehm. Die Hufe hörten auf zu glühen und man hatte ihnen ein wenig Wasser hingestellt und eine Paste, die sie nicht kannten aber dann doch essen mussten. Ansonsten wären sie gestorben und am Frachtraumboden angetrocknet. Schmeckte im übrigen nach Zebra. Man hatte wohl gedacht, dass es Fleischfresser seien und die Zebras wussten vom eigenen Geschmack weil sie sich ja auch oft anleckten und an den Hufen knapperten. Ihnen lief ein schlittschuhlaufender Gänsehautknilch über den Rücken. Der Hunger war stärker.

Nach etlichen Tagen, Zebras sind im zählen sehr schlecht, wurde es wieder Licht. Ein ungeheurer Duft von ungeheuer viel verschiedenem Artenkot bratzte ihnen entgegen und sie wären womöglich sofort ohnmächtig hingeknallt, wenn sie nicht am Boden festgewachsen gewesen wären. Dies hat übrigens der Nährboden zur Folge der serienmäßig in diese Tierfängermobile auf den Boden ausgelegt wurde.

Ohnmächtig wurden die Beiden trotzdem und hingen wie Wackeldackel auf ihren Gliedmaßen. Sie bekamen nicht einmal mit wie zivildienstleistende Etaschler sie mit einer flachen Brechstange vom Boden abknackten und auf den Planeten kickten.
Später war dann nur eine Einkerbung an den Hufen zu sehen und ein Schmerz im Hinterteil zu spüren.

Als sie wieder aufwachten befanden sie sich wieder auf dem Planeten. Dachten sie auf jeden Fall. Der Boden war genauso heiß, der Himmel war genauso blau und das Gras war genauso blond. Genauso blond? Als sie diesen Unterschied bemerkten stutzten sie ein paar Minuten lang. So lange stutzen können nur Zebras.
Natürlich ist die tansanisische Steppe im Hochsommer grasgelb aber doch nicht blond. „Das ist ein himmelweiter Unterschied“ dachte das weibliche Zebra und als sie das dachte, schaute sie auch noch einmal zum Himmel und der war gar nicht blau. Der war türkis und wunderschöne Wolken wehten an ihm herum. Sie waren viel zu perfekt weiß. Und so erkannten sie schnell, dass sie sich nicht in Tansania befinden können.
Und all die mysteriösen Tierarten. So was hatten Beide noch nie gesehen. Eine Art Schnabeltier mit gar keinem Schnabel lief ihnen über den Weg und merkwürdige dünne Blätter flogen durch die Luft und fauchten dabei wie Katzen.

Als sie dann das Gras kosteten erinnerten sie sich wieder an das Essen im Transporter. Die Grashalme waren gefüllt von Zebrablut und es tropfte in Schlieren aus ihren Mäulern neue Schlieren auf den heißen Boden. Dort angekommen bildeten die Blutfützen viele kleine Blutblasen die mit einem leisen Knistern zerflogen. Kreidebleich und zitternd stutzten sie dann ein zweites Mal, dann schaltete sich ihr Urinstinkt, der Wille zu überleben, ein und ihr Körper programmierte sich innerlich blitzschnell um. Aus Ihnen war mir nichts Dir nichts eine fleischfressende Art geworden.

Anfänglich spürten sie beim Fressen noch irgendwo so ein undefinierbares Unbehagen aber auch das verflog. Nach der geistigen Veränderung zog auch der Körper mit. Ihr Magen produzierte eine andere Magensäure, die Zähne wurden spitzer und ein wenig größer und die Hufe wurden zu gewaltigen Krallen.
Mit den entstandenen Pranken konnten sie gut nach den Wurzeln der Halme buddeln. Hier waren ein paar Zebrainnereien versteckt. Mhh lecker.
Die Umstrukturierung war schnell als schnell vollzogen.
Hätte man in der Zooleitung von diesem besonderen Evolutionssprung gewusst hätte man sich die Sache besonders genauer angeschaut.

So aber bekam Blaciv eine Woche später nur einen Vermerk in sein Gehirn gefunkt; „Neue Spezies vom Planeten Erde. Genannt Zebra. Schwarze Streifen auf weißem Untergrund. Beobachtet durch Zmas Zsasch. Gefangen durch eine unbemannte Transporteinheit. Fleischfresser. Brauch pro Tag Wasser, Sauerstoff, Sonnenlicht und Erde. Fortpflanzungsgefahr sehr niedrig. Ideal auch als Gartentier. Vielleicht eventueller Transport zum Gartenplaneten.“
Dazu wurde auch eine Live-Schalte ins Gehege mitgeliefert und er sah die zwei Tiere, wie sie sich gerade an ein Steintier lehnten und in der Sonne dösten.

Was bis dahin noch keiner wusste, war, dass dieser Beobachter Zmas Zsasch sich an den Drogen der Erde gütlich tat. Dies war zwar auch Bestandteil seines Auftrages aber er sollte nur minimale Mengen nehmen. Daran hielt er sich nicht und so war es nicht verwunderlich, dass er in seinen Berichten ein paar Tiere verwechselte oder einfach vergaß. Er war es, der den Zebras die Fleischfressereigenschaft angedichtet hatte. Dafür war ein weißer Hai nun dazu verdonnert auf Algenkost umzusteigen.
Eine Verwechslung die niemals drohte aufzufliegen. Bis zu diesem unangenehmen Zwischenfall der dem Etaschelplanetensystem fast seinen Zooplaneten kostete.

Wenn Zebrafrau und Zebramann sich nämlich sehr lieb haben dann kann es passieren dass sie sich fortpflanzen. Eigentlich kann man aus dem „kann“ auch getrost ein „muss“ machen. Als wenn sie es unterbewusst gewusst hätten, kopulierten sie als die Drohne sie gerade fotografiert hatte und 7,5 Monate später fiel ein Bündel in die rotzerplatzenden Halme als die Drohne gerade wieder wegflog.

Doch was war das. Beide schauten auf den kleinen Nachkommen und fingen an wie wild daran herumzulecken. Sogar der Vater machte mit. Vielleicht vor lauter Schreck. Ganz bestimmt vor lauter Schreck! Auch als der Mutterkuchen beseitigt war, hielt die verstörte Haltung der Zwei an. Sie taten das, was Zebras am besten können. Sie stutzten erst einmal.
Da im Gras lag ein Zebrakind. Ja natürlich. Kam ja noch vor Sekunden aus der Frau heraus, aber es war knallrot. Es war auch nicht das Blut aus den zerknickten Halmen.
Dafür war es viel zu knallig.
Mühsam und zum ersten Mal öffnete das zusammengekrümmte Bündel seine Augen und stutzte. Natürlich nur für ganz wenige Millisekunden weil es ja noch nicht so eine Stutzerfahrung hatte. Die Eltern waren sofort hin und weg und vergaßen sofort, dass das Kind ein wenig anders aussah.

Das freudige Ereignis störte dann ein näherkommendes Sirren. Die Drohne!? Verdammt. Alle fingen an zu zittern. Alle außer die Mutter der eben nur die Nachgeburt hinausgeschossen war. Das hatte so ein ähnliches Geräusch gemacht. Doch im erleichterten Ausatmen schlich sich ein metallerisches Surren mit hinein. Die Zebraeltern wussten, was das bedeutet. Oft, seit ihrem Ankommen, hatten sie gesehen wie die Drohne ein neugeborenes Wachsgnu geschmolzen, einen Baby-Löwen erschossen oder ein frische BlitzSpinne abgeleitet hatte. Das hier irgendwer keine Kinder gerne sah, wussten sie. Das reichte auch. Die Hintergründe dahinter sind Horizonte weit weg.

Mit ihren silbrigen Flügeln surrte die Drohne gerade von den Regen-Rischen heran. Diese Gattung hatte erst letzte Woche einen Nachkommen verloren.

Mit dem flinkem Kameraauge taxiert sie die Umgebung genau und wenn sich irgendwo etwas bewegt, schaut sie genauer und knipst dann. Jede Tierart ist gut registriert mit all seinen Merkmalen. Dieses mechanische Kontrollelement weiß genau was ein Zebra ist und was eine Bisambärin.

Jetzt kam sie schon über den letzten Wipfel. Mutig versuchten die Zebras das Baby hinter sich zu verstecken, aber blitzschnell hatte die Drohne sie umrundet und schon alles fotografiert.

Die Tricks der Tiere waren alle gut programmiert. Sie kannte zum Beispiel diesen Trick der Affen, die ihr Kind an ihrem Körper verstecken. Oder diese Sache mit den Owas Ungas, den ständig lachenden Dempen. Die stecken sich ihre Neugeborenen in die Ohren. Hat die Leitung natürlich auch schnell rausbekommen, denn einem der Dempen ist der Kopf deswegen geplatzt. Owas Ungas wachsen schnell.

Alle zitterten. Nur das kleine rote Babyzebra stutzte und versuchte unwissend nach der Drohne zu schnappen. Ungläubig und starr standen die Eltern daneben, unfähig etwas zu tun, und warteten voller Schrecken auf ein Tötungsinstrument das sogleich seine Arbeit tun würde, aber das Kameraauge zuckte nicht, fokussierte nicht einmal das kleine rote Zebra. Und dann flog es auch schon ins andere Gehege.

„Wie...was..wo....aber?“ Das konnte doch nicht sein. Die Zebras konnten es nicht verstehen. Das rote Baby war doch genau vor der Kamera herumgesprungen. Sie hatte es sehen müssen. Was war das?

Am nächsten Tag passierte das Gleiche und irgendwann überraschte es die kleine Familie nicht mehr, dass das rote kleine Baby nicht beseitigt wird.

So wuchs es heran.
 
Wenn du registriert und angemeldet bist und selbst eine Story veröffentlicht hast, kannst du die Stories bewerten, oder Kommentieren. Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diese Story kommentieren.
Weitere Aktionen
Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diesen Autoren abonnieren (zu deinen Favouriten hinzufügen) und / oder per Email weiterempfehlen.
Ausdrucken
Kommentare  

Noch keine Kommentare.

Login
Username: 
Passwort:   
 
Permanent 
Registrieren · Passwort anfordern
Mehr vom Autor
Stütze Tagebuch - Inhaltsangabe  
Anna Haller Theaterstück - Inhaltsangabe  
Das Etagenplanetensystem - Inhaltsangabe  
Anmachen - Inhaltsangabe  
Stützes Tagebuch - Inhaltsangabe  
Empfehlungen
Andere Leser dieser Story haben auch folgende gelesen:
---
Das Kleingedruckte | Kontakt © 2000-2006 www.webstories.eu
www.gratis-besucherzaehler.de

Counter Web De