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20 Seiten

Die Muse

Romane/Serien · Schauriges
1
Als vermögender Mann mittleren Alters und guter Abstammung aus einer Familie, deren Anfänge sich bis in das sechzehnte Jahrhundert zurückverfolgen lassen, habe ich mich vor nunmehr zwei ganzen Jahren zur Ruhe gesetzt. Da man auch im Alter eine Beschäftigung braucht, um, wie viele meines Standes dies heute mit sich geschehen lassen, nicht als Bohemien oder Träumer zu enden, fasste ich den Entschluss, mir eine solche zu suchen.
Ich entschloss ich mich dazu, mein Leben mit der Genealogie und dem Bereisen jener Gegenden auszufüllen, die seit jeher das Herz und den Geist meiner Väter und Vorfahren gerührt und beseelt haben. Nach dem Reisen und der Genealogie wollte ich, sollte ich dazu noch die Zeit haben, mich der Malerei oder der Lyrik, der Bildhauerei oder der Schriftstellerei widmen. In meiner Familie finden sich nicht wenige Künstler und Komponisten, die zu ihrer Zeit Großartiges geleistet haben, heute jedoch aufgrund der Natur ihrer Schöpfungen unpopulär geworden sind.
Denn durch ausnahmslos alle Werke meiner Vorfahren zieht sich ein gewisser dunkler Unterton, der sie auf den ersten Blick als ausgesprochene Freidenker, gar als Nihilisten ausweist.
Heutigentags werden diese Einstellungen zwar nicht gutgeheißen, früher jedoch waren sie aufgrund der vorherrschenden puritanischen Denkweise und der strengen kirchlichen Dogmen mit schrecklichen Strafen geahndet worden, die über den eigenmächtig vom Dorfpfarrer ausgesprochenen Kirchenbann bis zur Folterung reichten.
So suchte ich die bevorzugten Orte herauszufinden, welche jene anderen schon vor Jahrhunderten aufsuchten, um ihre Muse anzuregen, die ihnen die Inspiration zur Schöpfung solch bizarren Schönheiten wie dem „Flügel des Cthullu“ gab.
Nach etlichen Monaten, die ich im Archiv der städtischen Bibliothek und dem Einwohnermeldeamt Arkhams, sowie der Familienbibliothek verbrachte, stieß ich auf die Namen zweier Orte. Beide liegen sie an der Westküste New Englands liegen. Ihre Namen klingen ebenso alt und verwittert wie sie selbst es heute sind. Eine von ihnen ist das nahe Slave’s Lot, dessen Häuser windschief dem Atlantikwind trotzen und deren zur See gerichtete Seiten bedeckt sind mit einer dicken Patina aus Salzkruste. Ich kam im Herbst vor zwei Jahren bereits einmal durch Slave’s Lot und war beeindruckt von der rauen Gleichgültigkeit der beiden titanischen Klippen, zwischen die sich die Stadt drängte wie in den Schoß einer Frau und in deren unterspülten Füßen sich Höhlen fanden, die noch vor hundert Jahren dunklem Gesindel als Versteck für Schmuggelware aller Art dienten. Ich war also schon ein wenig vertraut mit der Geschichte der Stadt, ihrer besonderen Abgeschiedenheit und dem lokalen Phänomen, das dort auftrat. Irgendein dunkler Umstand oder lokaler Umwelteinfluss, welcher der Öffentlichkeit bis heute unbekannt geblieben ist, führt dort seit Jahrhunderten zu grotesken Veränderungen in der Physiognomie der Einwohner dieser Stadt.
Wer in Slave’s Lot lebt, nennt es vor Außenstehenden nur den Sklavenfluch. Seit dem Ende des Sklavenhandels in Slave’s Lot traten jene kaum untersuchten Veränderungen erst vereinzelt, dann en masse auf, bis keine Sippe mehr frei war von den außergewöhnlichen Missbildungen.
Die Einwohnerbehörde, die kurz nach 1870 eine Bevölkerungszählung vornehmen ließ, nannte es das Ergebnis eines seit Jahrhunderten andauernden Inzests. Betreffend jene merkwürdigen Entstellungen der Entwicklung und dem Aussehen der Bürger der nämlichen Stadt erschienen zwischen 1876 und 1878 sogar einige Artikel im New England Science Magazine. Doch niemand interessierte sich wirklich dafür, da es in Amerika ganze Landstriche gab, deren inzestuöse Bräuche ihre Einwohner nachgerade auf natürliche Weise entstellten.
Nun sollte man meinen, die Bevölkerung hätte unter den gravierenden Veränderungen ihres Aussehens und der allgemeinen Ächtung und Meidung durch die umliegenden Städte zu leiden, doch das Gegenteil war der Fall. Tatsächlich waren Fremde in der Gemeinde wenig willkommen, es gab sogar Gerüchte von tätlichen Übergriffen auf eine Familie aus New Hampshire und unzusammenhängendes Gerede über Leute, die in der Gegend verschwanden. Zwar waren diese Gerüchte nicht so verbreitet wie die überschatteten Garne, die man in Arkham, Kingsport Head und Portsmouth über Innsmouth spann, doch jeder der davon hörte blieb der Stadt fern, da sie ob der ungewöhnlich drastischen Art der Geschichten als nicht geheuer galt.
Der bleiche Mond ist wohl der beste Vergleich mit der Physis der Gesichtspartien der Bewohner von Slave’s Lot. Zwar waren alle Organe mehr oder minder vorhanden, doch waren sie in den meisten Fällen merkwürdig rudimentär und zeichneten sich durch das fehlen individueller Merkmale aus. Ebenso wurde von Einzelfällen berichtet, in denen die Ohren- und Nasenknorpel sich völlig zurückgebildet hätten. Ihr Wuchs war merkwürdig hoch und schlank – beinahe skelettartig, was gegen innerfamiliäre Fortpflanzung sprach.
Jedenfalls ist die Natur des Einflusses für das ungewöhnliche Aussehen der Einwohner bis heute nicht hinreichend geklärt worden. Die einzigen Nahrungsquellen der Einwohner bestanden aus einer kränkelnden, mageren Ochsenzucht von ungefähr 800 Tieren, nebst einigen Korn- und Gemüsefeldern. Haushalts- und Alltagsgegenstände stellte man in einer privaten Manufaktur her. Tagsüber war dort kaum jemanden auf der Straße, doch konnte man aus den Augenwinkeln in den Hinterhöfen der Stadt mehr Schatten sehen und mehr verstohlene Geräusche hören, als einem Menschen lieb ist.
Die heutige Kleinstadt war einst einer von drei großen Anlaufpunkten für die stinkenden Sklavenschiffe aus Nord- und Mittelafrika. Eingefangen von den Führern ihrer eigenen Leute, war ihnen in diesem fremden Land ein grausames Los beschieden. Sie wurden noch auf den Schiffen verkauft, während die Körper der armen Teufel, die die Überfahrt nicht überlebt hatten, einfach in den Hafen geworfen wurden.
Der Handel wurde jedoch schnell in einen anderen Hafen verlegt, als die Bewohner der Stadt merkten, das die Profite des Menschenhandels an ihnen vorbeigingen, sie dagegen nur die Krankheiten der Entführten und den Unmut der Seeleute ernteten. Nicht lange dauerte es, bis in der Stadt der Typhus wütete und sie zu einem Ort der Ausgestoßenen wurde, gemieden und vergessen von allen, denen das Heil ihres Körpers und Geistes lieb war.
Kurz gesagt, Slave’s Lot versank unter der Krankheit in der Bedeutungslosigkeit. Nur wenige kamen hier vorbei oder besuchten erkrankte Verwandte. Und eben in dieser Stadt fanden sich vage Spuren meiner Familie. Offensichtlich waren zwei Vettern meines Urgroßvaters dort mehrere Jahre offiziell als Bürger eingetragen.
Unbeglaubigten Papieren zufolge sollen sie auch einige Jahre lang als Ärzte tätig gewesen sein, was möglicherweise der Wahrheit entspricht. Doch heuer fand ich zu meiner Enttäuschung außer dem genannten nichts in jener dem Augenschein nach sterbenden Stadt, bis auf alte, verworrene Andeutungen und unzusammenhängendes Gerede niedrigsten Niveaus. Nicht einmal die Sterbeeinträge der beiden Vettern konnte ich finden, weder in Slave’s Lot, noch hier in Arkham.
Lediglich die beeindruckende, offene Allgewalt des weiten Meeres war hier dazu angetan mich anzuregen. Doch war mir dies nicht genug und so verließ ich die sich selbst zersetzende Stadt an der See auf der Suche nach meiner Muse.

2
An manchen Stellen zwischen Innsmouth und Arkham besitzt der Miskatonic, dort wo er beinahe auf das Meeresufer trifft, oft eine Anzahl von kleinen Nebenläufen, besonders im Herbst, wenn die See wild ist und mehr Wasser den Strom hinunter fließt als im Sommer.
Wenn der Fluss anschwillt und die Flut den Meeresspiegel für wenige Stunden nach dem Festland greift, bilden sich beizeiten sogar kleine Deltas heraus. Verlässt man Arkham in nördlicher Richtung und fährt fünfzig Kilometer an der Küste entlang, dann findet man eine solche Stelle.
An diesem Platz haben Wasser und Zeit sich in den Boden gefressen und auf diese Weise ein Netz breiter, seichter Gräben geschaffen, wo das Wasser sowohl aus dem Fluss in den Atlantik als auch umgekehrt fließt, wenn nur der Wasserspiegel genügend ansteigt. Inmitten dieser Gräben befindet sich ein der Welt unbekannter Hügel, der den Namen Khufus Hill trägt.
Auf ihn stieß ich durch ein unbetiteltes, selbstgebundenes Buch aus der Familienbibliothek, das den Druck eines Holzstiches enthielt.
Auf eben jenem Holzstich erkannte ich zwei Männer die, den Ergebnissen meiner Nachforschungen zufolge, wahrscheinlich die zwei Vettern darstellten, welche vor mehr als über Hundert Jahren in der Stadt Slave’s Lot aufgefallen waren. Jedenfalls schloss ich das aus dem untenstehenden Namen, der bis 1835 der unserer Familie gewesen war. Die beiden standen nebeneinander und waren umgeben von allerlei Wanderausrüstung. Einem schien ein Arm zu fehlen. Das Bild schätzte ich auf ein Alter von gut 125 Jahren, wobei ich dies nicht mit Sicherheit sagen kann. Der Großteil des das Bild betreffenden Textes war von der Zeit nun aber so stark ausgeblichen worden, dass er nicht mehr lesbar war. Der Schreiber hatte offenbar eine minderwertige Tinte benutzt. Lediglich einen einzigen Absatz vermochte ich noch mit der Hilfe einer starken Leselupe zu entziffern.
In diesem Absatz fand sich die merkwürdige Rede eines alten Sioux.
„Westlich von Ipswich, wo sich der Miskatonic und das Meer vereinen, liegt der Khufus Hill. Er ist ein gemiedener Ort, über den wir unter uns nicht sprechen, der tabu ist. Dort wohnt der Gesichtslose Bote der älteren Götter. Er war hier, seit Diener eine Zuflucht auf Erden schufen. Dort wie andernorts taucht er auf, wie es ihm beliebt. Selbst in seiner Abwesenheit hinterlässt er einen Teil von sich, den die Menschen in die Welt hinaustragen können, wenn ihr Inneres dies wünscht. Dort in der Welt spaltet er sich und geht in den Menschen auf, um in den Menschen den Glauben zu mehren, der ihm Kraft verleiht. Dieser Glaube ist Wahnsinn. Es ist nicht gut an einen Ort zu gehen, an dem das kriechende Chaos wohnt.“
Auf den nachfolgenden Seiten stand noch mehr, doch war die minderwertige Tinte ab dieser Stelle absolut nicht mehr lesbar. Leider konnte ich den genauen Grund für das Auftauchen meiner Vorfahren an jenem Ort dem Buch nicht entnehmen, geschweige denn etwas über die Identität des ominösen Gesichtslosen herausfinden.
Vielleicht, so dachte ich, fand sich allein im Wissen der Siuox um diesen Boten der Grund für den Besuch meiner Vorfahren an jenem Hügel. Vielleicht, so dachte ich, fand sich dort auch die Muse nach der ich suchte. Denn obwohl die Worte des Sioux selbstredend völliger Humbug waren, musste der Ort in der Zeitgeschichte einen gewissen Eindruck hinterlassen haben, denn oft sind Legenden nichts als verklärte Parabeln für geschehene Dinge, was für mich bedeutete, das Khufus Hill durchaus einen Besuch wert war. Gesetzt der Tatsache das es den Ort heute noch gäbe, wollte ich mein Lager in Ipswich aufschlagen, dem Ort, den der Sioux erwähnt hatte.

3
So schickte ich mich eine Woche später also an, dorthin zu reisen. Wie sich herausstellte, ist Ipswich heute ein völlig verfallener Ort ohne Reiz oder Kultur, der eben wie Slave’s Lot ein eher schläfriges Dasein führt, wenn auch ohne die beängstigende Aura verstohlener und verborgener Dinge. Die Einwohner zählten zu den widerlichsten Menschen, die ich je gesehen habe. Es waren graue, gebeugte Gestalten, die sich nur in ihrer Familie fortzupflanzen schienen und des Resultates dieses ekelhaften Brauches wegen mental und körperlich degeneriert waren. Es gibt keine Polizei in Ipswich, keine Bibliothek, kein Theater und die Kirche ist nicht mehr als ein trauriger Schuppen. Dafür hatte das einzige Lokal, welches den rustikalen Namen Thirsty Hog trug, den ganzen Tag geöffnet. Der Friedhof dort ist ein eingezäunter Bereich, der unter ein paar fleischig anmutenden Birken angesiedelt ist, auf dem die Toten schlicht und ohne die Letzte Ölung beerdigt wurden. Nur mit größter Anstrengung zwang ich mich dazu, ein Zimmer in einer der leerstehenden Baracken zu beziehen, doch der Wunsch mehr über das Treiben meiner Vorfahren zu erfahren und besonders der nagende Drang nach kreativer Stimuli, der Erfüllung meiner genealogischen Forschungen und deren Offenbarungen, war zu groß, als das ich hätte umkehren können.
Nachdem ich diesen Moloch das erste mal betreten hatte, konnte ich mir beim besten Willen nicht denken, was mich dazu getrieben hatte, hier Quartier zu nehmen, da ästhetischen Regungen der Aufenthalt in dieser Pocke einer Stadt nur abträglich sein konnten.
Nachdem ich meine Sachen in dem kärglichen Raum eines verlassenen, zerfallenden Hauses untergebracht hatte, wollte ich nicht unnötig Zeit verlieren und jeder Sekunde meiner Anwesenheit einen Sinn verleihen, um so schnell wie irgend möglich diesen Ort wieder verlassen zu können. Meiner Suche nach etwaigen Spuren meiner Ahnen gab ich hier keine wirkliche Chance, doch wenigstens einen einzigen Versuch musste ich unternehmen. So nahm ich mich zusammen, atmete tief ein und überquerte die so genannte Hauptstraße nach der Kneipe, die in einem umgebauten Wohnhaus eingerichtet war. Da es in der Stadt kaum nennenswerte Arbeit gab, war das Thirsty Hog zu jeder Tageszeit gut besucht.
Mit dem Betreten des Schankraumes konnte ich mich des, zugegebenermaßen aus meinen vorherigen Eindrücken entwachsenen Gedankens, nicht erwehren, das bestimmte Individuen sich hier bereits häuslich eingerichtet hatten. Der Form halber bestellte ich ein Bier, oder was man in Ipswich dafür ausgibt und setzte mich zu zweien der betrunkenen Einwohner, die weniger dumpf und degeneriert schienen als diejenigen, die mir bisher begegnet waren.
Mich weiter nicht beachtend unterhielten sie sich über den schlechten Hafer, der ihren Pferden Bauchschmerzen bereitete und andere ähnliche Themen. Nach einiger Zeit des Zuhörens stieg ich in das Gespräch ein, um überhaupt in Kontakt zu kommen, was mir jedoch nichts als die frostigen Blicke meiner Tischnachbarn einbrachte.
Dieses unmissverständliche Zeichen ignorierend nahm ich die Aufmerksamkeit zum Anlass mich vorzustellen. Eine nicht gelinde Überraschung erfuhr ich an der Reaktion der beiden, als ich mich, aus einer spontanen Laune heraus, nicht mit meinem bürgerlichen Namen vorstellte, sondern den 1880 abgelegten Familiennamen des Zweiges meiner Vorfahren nannte, der damals aufgetaucht war und sagte, ich wäre auf der Suche nach Khufus Hill.
Schlagartig fiel die misstrauische, unfreundliche Miene des angeredeten in sich zusammen und hinterließ einen obszönen Ausdruck wahrhaftiger Angst.
Mein anderer Tischgenosse sprang bei der Nennung des Namens so heftig auf, dass sein Schemel polternd umstürzte. Der Mann machte das Zeichen gegen den bösen Blick und floh hinaus, auf die Straße. Völlig perplex ob der in meinen Augen absolut übertriebenen Reaktion war ich nicht in der Lage zu sprechen. Der zurückgebliebene, vor Angst fast gelähmte Mann warnte mich mit dem fistelnden Zerrbild seiner vormals so körnigen, lauten Stimme davor, jenen unheiligen Namen noch einmal laut auszusprechen.
Er sagte, am Anfang des Jahrhunderts hätte man mich dafür sehr wohl gehängt oder mir schlimmeres angetan, doch dies wären andere Zeiten, in denen der fluchwürdige Name nicht mehr die Kraft und den Schrecken von einst besaß. Doch von dem verlorenen Hügel sollte ich mich fernhalten und wenn ich wirklich daran dachte dort hinzugehen, würde ich erleben wie ungesund es sein konnte, wenn man alte und totgeschwiegene Dinge aufweckte.
Mehr zu sagen war der erschreckte Kauz nicht gewillt und so verließ ich das Thirsty Hog, in verwirrter und gedrückter Stimmung. Ich fragte mich, weshalb ein längst vergessener Name aus dem vorigen Jahrhundert so aggressive Reaktionen hervorrief, was meine Vorfahren getan hatten, um ihn so mit Angst und Zorn zu beladen. Damit, dass ich in diesem Dorf eine Antwort bekommen würde, rechnete ich jetzt freilich nicht mehr. Und was hatte der Bauer mit alten, totgeschwiegenen Dingen gemeint? Nachdem ich mir den dreckigen Dunst der Tränke abgewaschen und mich ein wenig beruhigt hatte, sah ich auf die Uhr. Ich stellte fest dass es noch nicht zu spät war, meine Exkursion zum Khufus Hill und bereitete die nötige Ausrüstung vor. Kurze Zeit später befand ich mich, der Warnung des abergläubischen Bauern nicht achtend, auf dem Weg.
Da es in Ipswich weder ein Automobil noch eine Kutsche gab, war ich gezwungen, die fünf Kilometer die Stadt und Küste trennten, per pedes hinter mich zu bringen. Auf der Straße machte ich mir ungewollt wieder Gedanken über meine Urvettern und das Rätsel, das sie und den Hügel umgab.

4
Ich marschierte bereits zwei Stunden als ich in der Ferne den Miskatonic sah, der hier parallel zur Überlandstraße zwischen Arkham und Innsmouth verlief. Und dahinter befand sich das Netz der ausgetrockneten Deltas, in deren Mitte sich ein einsames Waldstück befand, das merkwürdig aus der ansonsten so kahlen Heidelandschaft herausstach. Khufus Hill selbst war noch nicht zu sehen, dafür aber hörte ich das Rauschen der Brandung. Schwere Böen starken Windes trieben nach Verwesung riechende Seeluft landeinwärts, ein Geruch der mich so merkwürdig und eindringlich an die beunruhigend andersweltliche Atmosphäre von Slave’s Lot erinnerte, das mir ein Grabesschauder über den Rücken kraulte. Wenn der Wind nicht drehen würde, dachte ich angewidert, hätte ich den Gestank während meines ganzen Hiersein zu ertragen, doch ich hoffte, die den Hügel umstehenden Bäume würden ihn etwas abschwächen. Die ersten Bäume hatte ich hinter mich gebracht, da klang das Rauschen der See nur noch halb so leise an meine Ohren und je tiefer ich in das dichte Wäldchen vordrang, desto weniger war davon zu hören, bis nach mehreren zehn Metern nicht mehr als ein Wispern im Wind davon verblieb, das mit dem Geruch verbunden eine membranartige Glocke bildete, die unsichtbar und stillschweigend den seltsamen kleinen Wald vor der übrigen Welt trennte.
Auf eine nicht zu erklärende Weise berührte mich die fremde Atmosphäre tief in meinem Inneren. Sie schlug eine Saite in mir an, die mir bis dahin unbekannt war und der ich damals keinen Namen zu geben wusste. Während ich mir langsam einen Weg durch das Unterholz bahnte, mutmaßte ich, dass diese Wahrnehmung mit der persönlichen Geschichte dieses Ortes zusammenhängen musste, der ja einen Berührungspunkt zwischen mir und meiner familiären Vergangenheit darstellte und aus irgendeinem Grund mit einem Tabu belegt worden war. Doch neben diesem Gefühl erzeugte er auch eine unwillkommene Vertrautheit in mir, als wäre der kleine Wald nicht gänzlich unbekannt, als hätte er schon eine Weile in den Träumen gespukt, die man direkt nach dem vollständigen Erwachen wieder vergisst.
Allein, ich hatte erst noch zu entscheiden ob die erste Wahrnehmung etwas Gutes sei, da die näheren Umstände der Anwesenheit meiner Urvetter an diesem Ort und ihre Verflechtung mit den unergründlichen Mysterien nicht zu klären waren. Meine in diese Richtung gehenden Gedanken zu vertiefen bot sich mir dann aber keine Gelegenheit mehr, da der plötzlich auftauchende, andersweltliche Anblick der unnatürlichen Lichtung um Khufus Hill mich für kurze Zeit um jeden klaren Gedanken brachte.
Ich erkannte nun, dass ich mich in der Annahme, der bestialische Gestank käme von Meer, getäuscht hatte. Sowie ich das hohe, dichte Unterholz mühsam beiseite gedrückt hatte, überfiel mich jener, nach nicht enden wollender Verwesung stinkender Pestgeruch um ein Vielfaches stärker. Ich befürchtete, dass irgendwo auf der Lichtung ungesunde Gase aus dem Erdreich entwichen, benässte mein Taschentuch mit etwas Wasser und hielt es vor Mund und Nase. Dann erblickte ich den Hügel.
Das vier Mal acht Meter große und drei Meter hohe Gebilde hatte tatsächlich Ähnlichkeit mit einer unvollendet gebliebenen Stufenpyramide. Es waren jedoch nur drei Stufen von je einem Meter Höhe und einem Meter Tiefe. Die Lichtung war vollkommen frei von jeglicher Vegetation. Nur der bloße, nackte Erdboden, der nicht die für diese Gegend typische braune oder schwarze Farbe besaß, sondern in einem leicht ins Grün tendierenden, kranken Ocker in der Sonne glitzerte, befand sich zwischen mir und den seltsamen Stufen. Die Erde war vollkommen trocken, was eigentlich unmöglich war, wenn man bedachte, dass diese Lichtung sich keine Meile vom Meer entfernt – und dazu noch unter dem Meeresspiegel – befand.
In der Sekunde in der mein Stiefel auf der Lichtung aufsetzte, durchfuhr etwas Unnennbares meinen Körper. Meine Nackenhaare stellten sich auf und mir fröstelte, obwohl auf der Lichtung warm, fast tropisch war. Ein seltsamer Drang breitete sich in mir aus, umschlang mein Denken und stieß seine Adern in meine Triebe. Ich wollte – musste - mir den seltsamen Hügel jetzt näher ansehen. Er selbst bestand aus einzelnen Sandsteinblöcken, deren ungeheures Alter sich immer mehr offenbarte, je weiter ich herangelangte. Die Ecken waren von der Witterung rundgeschliffen und hier und da durchliefen Bruchspalten den Stein. Ich erklomm die drei Stufen um mich auf dem Bauwerk umzusehen. Das erste, was mir auffiel, war, dass ich mich augenscheinlich nicht drei Meter, sondern sehr viel höher über der Erde befand. Ich bildete mir sogar ein, ich könnte über die Baumwipfel blicken, wenn ich mich jetzt auf die Zehenspitzen stellen würde. Dann besah ich den Boden, auf dem ich stand, wodurch ich eine zugleich erschreckende und interessante Entdeckung machte.
In der Mitte des Bauwerks war ein zwei Mal zwei Meter großer, einzelner Quader eingelassen. Da Witterung und Zeit ihre Spuren hinein gegraben und so das Motiv nahezu gänzlich zerstört hatten, konnte ich beim besten Willen nicht erkennen, was dieses einmal darstellen sollte. Dreimal verfluchte ich mich dafür, dass ich Stift und Papier im Dorf hatte liegen lassen. Die noch erkennbaren Doppellinien zogen Bahnen und Kurven, die eine eindrücklich betörende Wirkung hatten, als ich sie mit den Augen nachzog. Schließlich kniete ich mich davor, um besser sehen zu können. Nun offenbarte sich aus der Nähe die hohe handwerkliche Kunst, mit der das Relief gefertigt wurde. Die Doppellinien blieben in ihrem Verlauf stets in exakt gleichem Abstand zueinander. Die Winkel und Kurven mussten einmal eine geometrisch berechnete, an Perfektion grenzende Qualität besessen haben. Mir fiel ein, dass ich ein Stück Kreide zu der Ausrüstung gelegt hatte, bevor ich aufbrach. Schnell durchsuchte ich den Rucksack danach. Keine Minute später malte ich eifrig, aber peinlich genau, die Vertiefungen nach. Vor mir entstand ein Negativrelief, das in seiner Perfektion und Schönheit, ja in seiner Endgültigkeit seinesgleichen suchte. Die Teile, die unkenntlich waren, vermochte ich erst nicht nachzuzeichnen, doch ging mir schon bald auf, dass das Dargestellte ausschließlich aus sich wiederholenden Elementen bestand. Diese Erkenntnis versetzte mich in die Lage, die unkenntlichen Partien behelfsmäßig zu restaurieren. Es dauerte eine kleine Ewigkeit, das Bild wiederherzustellen und selbst dann bemerkte ich, dass hier und dort unmögliche Kombinationen aus der mathematischen Perfektion hervorstachen. Schwitzend stand ich auf und betrachtete das so unkonventionell wiederhergestellte Bild. Es war schlicht genial. Es bestand aus komplexen Vierzackigen Sternen, die sich aus kleinen Kuben zusammensetzten, die wiederum ineinander verschoben waren. Sie alle wurden vom Webteppich der Doppellinien durchzogen. Ich wünschte, ich hätte die Möglichkeit diese … Schöpfung zu reproduzieren, aber das geschriebene Wort muss hier reichen.
Wie lange ich dort stand, die einzig mir je untergekommene elementare Perfektion betrachtend, weiß ich nicht. Aber es muss mehr als eine Stunde gewesen sein, die das Relief mich gebannt hatte, denn als ich zu mir kam war es stockfinster und sehr kühl geworden. Ich bemerkte, dass meine Haare und Kleidung nass waren, auch die Sandsteinblöcke war feucht von Wasser. Jedoch konnte ich mich nicht an einen Regenschauer erinnern. Erschrocken über diese Gedächtnislücke packte ich meinen Rucksack und kletterte die drei Stufen zur Lichtung hinab. Als ich dabei den Stein berührte, fühlte ich dass er seltsam warm war. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Die Sterne am Himmel schienen sich leicht verschoben zu haben. Auch hatte ich starke Kopfschmerzen, die ich mir nicht erklären konnte und fühlte mich auf eine nicht zu beschreibende Weise beschwert, als trüge ich nun eine Last mit mir, die zuvor nicht da gewesen war. Es waren aber nicht diese verstörenden Ungereimtheiten, die mich wirklich beunruhigten, sondern etwas anderes. Ich sah es als ich zurückblickte, hinauf zu der merkwürdigen Pyramide. Von ihrer Mitte aus, also von dort wo das Relief sich befinden musste, ragte etwas in den Himmel empor. Zu sehen war dort nichts, und kein Ton zu vernehmen, doch meine niederen Instinkte gewahrten, dass sich dort etwas Schreckliches, Unaussprechliches, oder der Schatten davon befand. Ich rannte los, hechtete, lief und stolperte halsbrecherisch durch das Waldstück mit den merkwürdigen Nadelbäumen, rannte die Senke hinauf zur Landstraße. Das ganze Land lag in blauem Mondschein. Noch einmal zurückzuschauen wagte ich nicht, selbst wenn das Ding oder die Ahnung davon mich verfolgt hätte. Der angedeutete Hauch einer so zaghaften Berührung damit reichte aus, um mich am Abgrund der Verlorenheit taumeln zu lassen. Zwar war ich völlig außer Atem und stand unter Schock, doch hielt ich in der kopflosen Flucht nicht inne. Irgendwann war ich bar aller Kräfte, schleppte mich erschöpft die Schotterstraße entlang, bis ich die Lichter von Ipswich sehen konnte. Als ich halb bewusstlos dort ankam, flüchteten die Leute vor mir, die noch auf der Straße waren. Vor meinem Zimmer brach ich fast zusammen, doch ich schaffte es aber noch ins Bett.

5
Am nächsten Morgen erwachte ich auf einen Schlag völlig. Ich fühlte mich sehr erschöpft und ausgelaugt von dem, was am Vorabend geschehen war. Nachdem ich aufgestanden war, setzte ich einen starken Kaffee auf, den ich sofort, nachdem er aufgebrüht war, in großen Schlucken trank.
Die ganze Zeit musste ich um Beherrschung kämpfen, um nicht in Verzweiflung zu geraten und bekämpfte den Schock des vorabendlichen Erlebnisses mit aller Ignoranz, die ich aufbieten konnte. Nachdem ich genügend Kräfte gesammelt hatte, um meine Sachen zu packen, verließ ich die Stadt gleich einem unerwünschten Paria. Die Menschen, die bereits auf der Straße waren, machten das Zeichen gegen den bösen Blick als sie mich sahen, beschimpften mich und hielten ihren dumpfen Kindern die Augen zu. Ich lief, nicht die staubige Schotterstraße nach der Aylesbury Pike, sondern querfeldein Richtung Arkham. Ich hatte großes Glück, denn nach ungefähr fünf Meilen, nachdem ich wieder auf die Straße traf, nahm mich ein Armeelaster mit. An jenem Tag schwor ich allen genealogischen Forschungen endgültig ab, fragte mich auch nicht, was meine Vorfahren am Khufus Hill getan haben mochten und was es mit dem Boten, den der alte Sioux erwähnte, auf sich hatte. Ein Feuer im Kamin verschlang all meine Aufzeichnungen, die ich bis dahin über den Familienstammbaum angelegt hatte und auch das Buch, welches mich auf die Spur des Hügels gebracht hatte, wurde ein Opfer der Flammen.
Da ich Nervenärzte aus Prinzip ablehne, vertraute ich ganz auf meine Selbstheilungskräfte und wandte mich einer anderen Grille zu. Ich fing an kurze, unheimliche Novellen zu schreiben und diese mit eigenen Illustrationen zu versehen. Die Geschichten blieben zunächst sperrig und schwer zu lesen, dann jedoch gewann ich an Sicherheit im Umgang mit Stilmitteln, Satzstrukturen und verschiedenen Arten des Erzählens. Zwar blieben die Geschichten nach wie vor ein wenig umständlich zu lesen, doch eine gewisse Atmosphäre wohnte ihnen inne, die selbst in mir, ihrem Autor, noch ein gewisses Angstgefühl erweckten.
Dies lag jedoch größtenteils daran, dass sich auf unmerkliche Weise einzelne Schlüsselelemente aus meinem Erlebnis bei Khufus Hill in die Zeilen flochten, die ich aber meist erst bei mehrmaliger Durchsicht entdeckte.
Hier tauchte ein unheimlicher Wald auf, dort eine bizarre Erscheinung und in mehreren Geschichten fanden sich verderbliche, unsichtbare Einflüsse, die den jeweiligen Protagonisten lähmten und seine Seele verwirrten, den Geist jedoch unversehrt ließen, so das es der Person selbst erst gar nicht auffiel. Ich nahm an, dies wären Ausdrücke der unbewussten Ängste, die sich damals tief in mich eingefressen hatten und die ich durch ihre Niederschrift zu verarbeiten suchte.
Eine der Geschichten glich fast gänzlich dem Horror, den ich vor der Küste durchlebte, sie trug sogar einen passenden Titel: Die New England Pyramide. Sie war in meinen Augen auch die gelungenste, wenn auch ungewöhnlichste, denn sie hatte ein glückliches Ende, in dem der Protagonist entkam und sich retten konnte. Die brauchbaren Geschichten ließ ich unter einem Pseudonym herausgeben und kümmerte mich ab da nicht weiter um das Buch, da meine finanzielle Unabhängigkeit mir dies erlaubte. Ohnehin mochte ich nicht glauben, dass ernstlich ein Mensch Interesse daran haben könnte, solch simplen Geschichten mehr als nur flüchtige Aufmerksamkeit zu schenken.
Trotzdem musste ich mir eingestehen, dass ich bei Khufus Hill meine Muse gefunden hatte. Vom Vorgang des Schreibens bis zum Erscheinungstermin verging ein knappes Dreiviertel Jahr, in dem ich mir südlich von Arkham ein zweites, kleineres Haus bauen ließ, das ich im Frühjahr des nächsten Jahres für einige Zeit bezog, um ein gemütlicheres, ruhigeres Umfeld zum Arbeiten zu haben.
Hier las ich auch jene Zeitungsmeldungen, die mich so sehr in Schrecken versetzten, deren Berichte ein verspätetes Vorspiel zu den, schon zu diesem Zeitpunkt aktiven, schleichenden Entwicklungen waren, die noch weitaus tiefgründigere Folgen nach sich ziehen sollten. Den ersten Bericht las ich an einem Dienstagmorgen des Jahres 1886. Auf der Veranda nahm ich ein kurzes Frühstück ein, wonach ich mich der Lektur des Arkham Advertiser zuwandte.
Das Gros der Meldungen war, anders als heutigentags, erfreulich zu lesen. Es wurde berichtet, dass die Infrastruktur der neuen Countys zusammenwuchs und die Städte sich von ihrem Schmutz befreiten, will heißen, das die Regierung allerorts Kanalsysteme bauen ließ und ein Gesetz verabschiedet wurde, dass die Entsorgung von Müll in der Öffentlichkeit verbot. Auch die üblichen Meldungen über kleinere Verbrechen und Morde fehlten nicht. Eine aber war darunter, die ich genauer las, denn die darin geschilderten, bizarr tragischen Ereignisse berührten mich persönlich. Ein pensionierter General hatte auf offener Straße eine ihm unbekannte Frau mit seinem Säbel erschlagen, wurde hernach von drei Polizisten überwältigt und festgenommen. Der ehrenwerte Richter Coulton hatte den Mörder im Beisein zweier Ärzte persönlich vernommen und für geisteskrank erklärt. Denn die Antwort auf jede vom Richter gestellte Frage bestand nur in der ständigen Wiederholung eines einzelnen Satzes.
Das war an und für sich bereits unheimlich genug, doch für mich hatte es eine besondere Bedeutung, da der Titel meines Buches ebenso lautete wie die vom Mörder ständig wiederholten Worte: Die immerwährende Angst.

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Allerdings war dies nicht der einzige Schrecken, den der kurze Artikel mir bescherte. Da war nämlich noch die Rede von unerklärlichen Deformierungen im Gesichtsbereich des Täters, die zu ungewöhnlich waren, um vom Alter herzurühren, deren Untersuchungen aber keinen Aufschluss über die Ursache gaben. Ein paar der Veränderungen waren schriftlich aufgeführt. Alles in allem stand dort zu lesen, dass sich die Gesichtszüge des Mörders auf unheimliche Weise zurückgebildet hatten. Diese Absonderlichkeit erinnerte beunruhigend an das Aussehen der Einwohner von Slave’s Lot, der merkwürdig entrückten Stadt zwischen den Klippen am Meer, die kaum ein Mensch kennt und die abgeschieden für sich selbst sorgte.
Ungewollt warf sich in mir die Frage auf, ob es einen Zusammenhang zwischen dem, was man in Slave’s Lot den Sklavenfluch nannte und diesem tragischen, blutigen Ereignis gab. Auch meine damals in jener Stadt anwesenden Vorfahren kamen mir wieder in den Sinn.
Bewusst suchte ich die Zerstreuung in einem Ausritt ins Inland und mit dem Verlauf der Stunden vergaß ich die ganze Sache. Zwei Tage später aber kam ich nicht umhin, ganz ähnliche Meldungen zu bemerken, in denen im gleichen Zusammenhang der Titel meines Buches auftauchte. Ich war nun auf unbestimmte Weise heilfroh, unter einem nicht zurückzuverfolgenden Pseudonym veröffentlicht zu haben. Andererseits war ich aber reell entsetzt über diese so kurz zusammenliegenden, in der Vorgehensweise beinahe identischen Morde, das sich heimlich still und leise die Überzeugung in mir aufbaute, das ich von meinem Besuch bei Khufus Hill etwas mitgebracht hatte. Das ein Teil der außerweltlichen Kraft, die dort so heimlich in mich kroch, sich auf unbekannte und unbeschreibliche Weise in mir festgesetzt, und in meinen Geschichten seinen Niederschlag fand. Unwillkürlich dachte ich auch an das befremdlich schöne Relief, die Kubensterne und die erregenden Verflechtungen der Doppellinien.
Es schien es mir jedoch unmöglich dass meine Geschichten derartig grausam oder eindrücklich sein konnten, dass ein normaler, stabiler Mensch durch ihre simple Lektur einem regelrechten Mordrausch verfiel.
Allein, noch am noch selben Tag durchwühlte ich den Dachboden meines Stadthauses nach den Typusskripten um vielleicht, durch den gewonnenen Abstand, den das Vergehen der Zeit mit sich bringt, einen klareren Blick auf die Aussagen und Essenzen der Geschichten zu bekommen. So hoffte ich herauszufinden ob meiner ungesunden Überlegung nicht eine unglaubliche Tatsache zugrunde lag, denn mit dem Erinnern an das Relief kam auch die Erinnerung an das andere Ding, dieses betörende Grauen zurück, das ich nicht hatte sehen, sondern nur spüren können. Und das machte alles möglich.
Wohl war ich mir der abstrusen, krankhaften Ansicht Bewusst, die hinter meinem Vorhaben stand, doch mich ihrer zu erwehren war mir nicht möglich. Lediglich ein poröser Zweifel, dessen Zweck der reine Selbstschutz war, wehrte sich schwach dagegen die Tatsache zu akzeptieren. Die Kartons mit den Typosskripten entdeckte ich schließlich in dem alten Sekretär, an dem ich damals die Zeilen der Geschichten geschrieben hatte. Ich trug ihn ins Lesezimmer herunter, wo ich ihn sogleich öffnete, die dreihundert Seiten heraushob und mich an mehreren, zwischen die Seiten geklemmten Lesezeichen überzeugte, dass alle Geschichten vorhanden waren. Mit Zufriedenheit stellte ich fest, dass keine fehlte. Meiner durch die Suche staubig gewordenen Kleidung nicht achtend ließ ich mich in den Ohrensessel fallen und begann zu lesen. Ich hörte erst auf, als ich die tiefe Nacht gewahrte, die unbemerkt hereingebrochen war. Trotz des genauen Studiums der Geschichten fiel mir nichts weiter auf, das ungewöhnlich schien oder über das Maß einer durchschnittlich gruseligen, anthropozentrischen Geschichte hinausging. Lediglich in meinen Illustrationen erkannte ich jetzt hier und da einzelne Elemente aus dem Relief wieder, die trotz meiner nicht geringen zeichnerischen Begabung im Vergleich zum Original ungeschlacht und plump waren.
Doch die Überzeugung, dass etwas völlig im Argen lag, schwächte dadurch nicht ab - im Gegenteil - sie verstärkte sich eher noch und ließ mich im Sessel unruhig hin und her rutschen. Da ich wegen meiner Aufgeregtheit keine Lust mehr auf einen Fußmarsch nach meiner auswärtigen Wohnung verspürte, beschloss ich die Nacht im alten Haus in Arkham zu verbringen und zog mich zum Schlafen um. In der Hoffnung, Hypnos ein wenig unterstützen zu können, füllte ich ein Glas Rotwein und stürzte es hinunter. Der einzige Effekt war eine gewisse Benommenheit des Geistes und ein leichtes Schwindelgefühl. Notgedrungen ging ich damit zu Bett. Es dauerte lange, bis ich einschlief. In den kurzen Momenten vor dem Verlust des Bewusstseins rankten sich Bilder von Khufus Hill, der Stätte des gesichtslosen Boten unbekannter Götter. Hypnos war mir in dieser Nacht nicht gnädig gesonnen, denn den Bildern von Khufus Hill schloss sich ein Traum an der, soweit ich mich erinnern konnte, mein einziger je erlebter Alptraum war.
Ich sah das Relief, dessen Vertiefung mit einer silbernen Säure gefüllt war. Um das Relief standen, in einem nach Süden offenen Halbkreis, acht Männer in schimmernden Gewändern und metallenen Umhängen, die kunstvoll aus einzelnen Bronzengliedern gefertigt waren. Sie hatten die Arme verschränkt und die Köpfe bis auf die Brust geneigt. Dann gewahrte ich eine einzige unendliche Bewegung, die von den Sternen ausging und bis auf das Relief reichte. Die Männer – oder Wesen – hoben ihre Köpfe, in deren Miene der endgültige Ausdruck absoluter Ergebenheit und schieren Wahnsinns lag. Da sah ich, das sie selbst ebenso wenig ein Gesicht hatten wie das was sie anstierten einen stofflichen Körper. Es waren lediglich flache, ovale Scheiben, völlig ohne Profil. Wo die Nase sein sollte klaffte nur ein schwarzer Strich, darunter ein weiterer Quer. Die Augen waren lidlos, glotzten starr nach oben. Die Erinnerung an den Traum endet damit, dass ich bemerkte, dass dem zweiten Wesen von Links ein Arm fehlte.
Die Überraschung war nicht allzu groß, als ich mich am nächsten Morgen nicht besser fühlte als in den Abendstunden des vorhergegangenen Tages. Außerdem hatte jener Schwindel der leichten Trunkenheit sich nächtens zu einer groben Erkältung ausgewachsen. Auch mein Gesicht schmerzte ein wenig, als hätte ich einen Schlag auf jede Wange erhalten. Und mir schwindelte, ich war auch kaum in der Lage mich auf eine Sache zu konzentrieren oder darüber nachzudenken was ich an diesem Tag zu tun hätte. Eben aß ich noch mein Frühstück, da fand ich mich schon auf der Veranda, abwesend in den Garten hinausstarrend.
Mir wurde bewusst dass ich auf etwas wartete, wenn ich auch nicht bestimmen konnte worauf. Um kurz vor Sieben hielt ich die Unruhe nicht mehr länger aus und ging hinaus, um einen Spaziergang zu machen.
Kaum trat ich aus dem Haus, da fühlte ich mich erleichtert und nach ein paar Schritten schon verebbte auch meine Rastlosigkeit. Nur noch das brennende Gefühl im Gesicht blieb. Die noch unbelebten Straßen sowie die klare Morgenluft und der Tau auf den Blättern der Bäume in den Alleen, taten ihr übriges um mich zu beruhigen. An einer Straßenecke stand ein verschlafener Junge neben seinen zu verkaufenden Zeitungen und rauchte eine Zigarette. Kleingeld klimperte in meiner Jackentasche und da ich noch keine besorgt hatte, ging ich auf ihn zu um eine Ausgabe zu erstehen. Der Junge murmelte etwas Unverständliches auf meine Ansprache und so warf ich ihm, etwas pikiert über die Unfreundlichkeit, das Geld vor die Füße und nahm im Austausch eine Zeitung.

7.
Nach zwei Stunden des Flanierens kehrte ich zu einem Kaffee in ein gerade geöffnetes Lokal ein, in dem ich mir einen Platz mit Blick auf die Straße suchte. Ein bediensteter
Kellner stellte eben die Gartenstühle vor das Café und baute die Tische auf. Während der Kaffee zubereitet wurde, begann ich meine Zeitung zu lesen. Die Telegrafengesellschaft hatte eine Annonce aufgegeben, in der Arbeiter aus der Gegend zum Aufstellen von Masten gesucht wurden.
Und direkt unter dieser Annonce fand sich ein weiteres Symptom des Schreckens, der mich zu verfolgen schien. An der Aylesbury Pike, jener Landstraße die am seltsamen und schreckensvollen Khufus Hill vorbeiführte, waren in den frühen Nachmittagsstunden des gestrigen Tages von der Militärpolizei eine Anzahl Leichen gefunden und nach Arkham gebracht worden. Dort wurde vom ehrenwerten Richter Coulton eiligst eine Untersuchung angeordnet. Diese ergab aber mindestens ebenso viele Fragen wie merkwürdige Seltsamkeiten, über die der Text sich seltsam ausschwieg. Offen stand dort nur das die Toten in Nachtkleidern aufgefunden wurden, ohne Ausnahme aus Arkham stammten und keiner von ihnen der Polizei bekannt war. Doch war noch in einem kleinen Abschnitt die Rede von seltsamen Veränderungen in der Physis der toten, besonders im Gesichtsbereich. Des Weiteren fand sich in der Hand einer der toten ein Buch, eselohrig und vollkommen zerlesen. Den Titel brauche ich hier, so denke ich, nicht noch einmal zu erwähnen.
Ich hatte nicht einmal gemerkt, wie der Kaffee an meinen Tisch gebracht wurde, da der beim Lesen erfahrene Schock meine Sinne einen Moment betäubt hatte. Ein von der Straße herübertönendes Gepolter brachte mich wieder zu mir. Ich bemerkte halbwegs den servierten Kaffee, wandte den Blick auf die Straße und erstarrte ein zweites Mal.
Die unsagbare Wahrheit, die ich noch am Vorabend für eine krankhafte Anwandlung meines irritierten Geistes hielt, es war nun zur harten Realität – dem was unabhängig unserer Wahrnehmung ist geworden. Das Chaos, das namenlose, sich windende Chaos war aus der Zeitung gesickert und trieb keinen Meter vor mir eine grausige Blüte. Draußen auf dem Gehsteig standen sich zwei Männer gegenüber. Einer von ihnen hielt einen Rapier, den er wohl aus seinem Gehstock gezogen hatte und stach damit in die Brust des anderen. Ich erkannte in dem Opfer den Kellner, der die Tische aufgebaut hatte. Der Mörder steckte seine Waffe weg und schritt unbehelligt von dannen. Auf dem gegenüberliegenden Gehsteig bemerkte ich einen Streifenpolizisten, der zu dem Mord jedoch keine Miene rührte. Bestürzt stand ich auf und rannte nach draußen, in der Absicht den Ordnungshüter darauf aufmerksam zu machen.
Der Gemordete lag in einer sich ausbreitenden Pfütze dunklen Blutes. Es waren nur wenige Passanten unterwegs, doch auch von denen kümmerte niemand um das Geschehene. Ich schrie zu dem Ordnungshüter hinüber, so laut ich konnte. Erst dachte ich, er hätte mich nicht bemerkt oder das der Schock meine Stimme erdrückt hätte, doch dann wandte der Uniformierte sich ab und ging auf einen Jungen zu, der ihn fröhlich, ja huldvoll, begrüßte. Sie wechselten ein paar Worte, ihre Lippen machten dabei merkwürdige Verrenkungen, als würden sie nicht englisch sprächen. Dann nickten beide. Der Polizist zog seinen Stock aus dem Gürtel und schlug ohne ein Wort das Kind zu Boden, holte aus und schlug noch einmal zu. Das Kind stand nicht wieder auf. Hinter mir, aus dem Laden, hörte ich eine weibliche Stimme fragen, ob der Kaffee nicht bekömmlich sei, ich hätte ihn ja nicht einmal angerührt. Ich drehte mich um. Entsetzen bäumte sich in mir auf, als mein Blick im Gesicht der Kellnerin erste Anzeichen für eine beginnende Verwandlung entdeckte. Irgendwo krachte Holz. Ein verletzter Hund lief quer über die Straße, verfolgt von seinem Herren, der ein Rapier schwang. Durch den Staub aus Schrecken vor meinen Augen drang nun ein leises, rationales Begreifen.
Mein Verstand begriff den Ursprung des Wahns und ich ergriff die Flucht. Das selbstgebundene Buch, der Absatz, Khufus Hill, meine eigenen Geschichten und Slave’s Lot. Ich geriet in Panik. Die schiere Angst vor dem Grauen trieb mich dem einzig sicheren Ort entgegen, der mir einfallen wollte - meinem Haus. All die Verrückten, die mir begegneten, wiesen nun einzelne Anzeichen der Rückbildung auf, dem Verlust ihrer Gesichtsmerkmale, der äußerer Ausdruck des vernommenen Rufes. Der blasphemische Bote hatte sich ausgebreitet, war aus dem Schatten des schwelenden Bewusstseins der Menschen gebrochen um seinen Fieberbrand zu entfachen.
An einer Straßenecke sah ich einen weiteren Toten an der Hauswand lehnen. Zwei Straßen weiter schleppte sich eine stark aus der Schulter blutende Frau die Straße entlang. Niemand kümmerte sich um die Toten oder um die drei weiteren, entsetzlichen Morde, die ich auf meiner Flucht sah. Ich geriet in Panik, als mir ein Mann etwas zurief und mich eine zeitlang verfolgte. Die ganze Stadt war innerhalb weniger Stunden verrückt geworden. Endlich erreichte ich mein Haus, doch fand ich es umlagert von ungefähr achtzig der degenerierten Verrückten. Sie alle standen einfach da, schweigend, die lidlosen Blicke auf mein Heim gerichtet. Ich konnte mir dieses Aufgebot nicht erklären, doch wähnte ich, dass es etwas mit diesem verfluchten Buch zu tun haben musste, meine ungewollt gegebene Fanfare zum Chaos, welche die Worte des Rufes zu den Menschen brachte. Die schreckliche, zwangsläufige Schlussfolgerung, die ich nun zog, war unumstößlich. Nahezu die ganze Stadt musste es gelesen haben.
Stehenden Fußes machte ich kehrt, floh so schnell meine Beine mich trugen aus der Stadt. Auf meiner Flucht sah ich Szenen unaussprechlicher Gewalt jeder Art. In der ganzen Stadt war das Hauen und Stechen ausgebrochen. Aus den Zwischenhöfen, Nebenstraßen, ja von überall her drangen Fetzen nervenzerreibender Laute an mein Ohr, die kein Mensch mit seinen Stimmbändern je hätte von sich geben dürfen. Und doch waren sie es, die diese Kakophonie phantasmagorischer Geräusche verlauten ließen, die Sprache des Boten und seiner Flötenspieler.
Häuser brannten, Menschen wurden aus Fenstern geworfen, Köpfe gespalten und zertreten. Irgendwann stimmte ich mit schrillem Kreischen und Brüllen ein in das Getöse, so laut ich konnte. Männer mit fehlenden Gliedmaßen wankten halbtot an mir vorüber. Ich wurde selbst dann nicht langsamer, als mein ganzer Körper von der ungewohnten Anstrengung schmerzte und brannte. Überall begegnete ich nun dem Titel meines Buches, in den Mündern der Wahnsinnigen, an die Häuserwände mit Blut geschrieben. Doch das schrecklichste war, dass ich auf der ganzen langen Flucht zu meinem zweiten Haus, in dem ich mich seit nunmehr drei Wochen versteckt halte, nicht einen einzigen Entsetzens- oder Schmerzensschrei vernommen habe. Nicht einen. Nur die huldigenden, betörend zersetzenden Ausrufe der Jünger. Nach einer vollen Stunde des Rennens brach ich im Hausflur zusammen, nicht zu einer Regung mehr fähig. Als ich mich schließlich wieder bewegen konnte, verrammelte ich sämtliche Türen und Fenster, schob die Möbel davor und schrieb diesen Bericht. Doch meine Flucht war vergebens. Ich war es, der das kriechende Chaos von Khufus Hill in die Stadt brachte.
Meine Vorfahren haben ihre Muse von den Sternen herabgerufen, um sie anzubeten. Bald werde auch ich meine Muse anbeten. Als ich heute früh zum ersten Mal seit langem in einen Spiegel sah, bemerkte ich, dass mein Gesicht sich zurückbildet. Die Nase verschwindet und die Ohren liegen dichter am Kopf. Meine Augenlider spannen, wenn ich sie schließen will. Bald werde ich das nicht mehr können. Bald werde auch ich dem Ruf des Wahnsinns folgen, der ein Lohn abseits aller Werte und Normen ist. Bald werde auch ich meiner Muse huldigen.
 
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Kommentare  

Hallo Killing Joke,

danke für Deine klare Antwort und Positionierung. Meine Anmerkung zielt darauf, dass es vielleicht einen Unterschied zwischen der »Generation Golf« und einer »Generation Fantasy« gibt (Man beachte den Wechsel von star trek zu stargate). In den 80er Jahren waren die Bildwelten weniger üppig und eher technisch geprägt. Dass Fantasy heute mehr Konjunktur hat, hängt sicher auch mit gesellschaftlichen Faktoren ab.

Wer der »Generation Fantasy« nicht angehört, vermisst hier und da die Politik, den Sinn des Lebens und den kategorischen Imperativ. Drei Dinge, die nicht mehr benötigt werden.

Lg
Nicolas


Nicolas van Bruenen (02.07.2007)

hallöchen,
das ist ja mal eine ausührliche antwort!
ob du es glaubst oder nciht, mir wird gerade einiges klarer:)
zum langen anfang: wenn dich das stört, dann überleg dir einfach, ob bestimmte informationen wichtig für die story sind und ob du dich nicht zu sehr verschachtelst, dann hättest du schon einiges gekürzt, denke isch mal:)
ich werde dann mal deine blutige andere story lesen:)
lg darkangel


darkangel (30.06.2007)

hallo,
ich muss gestehen, ich hätte nicht gedacht, dass ich diese zwanzigseitige geschichte zu ende lesen würde. den anfang habe ich demenstprechend nur überflogen, aber dann...
obwohl der stil wohl ein bisschen geschmackssache ist, hat es mir insgesamt gut gefallen.
der aufbau ist geschickt und der schluss sehr gelungen.
lg
martin


 (30.06.2007)

Mein Fehler. Ich will hier freilich auch niemanden reinreiten. Das passiert nicht wieder.

Wie gesagt, das geeignete Bild zu dieser Story findet ihr unter mattdixon.co.uk


Killing Joke (30.06.2007)

Wenn du keine Rechte am Bild hast, darfst du es hier nicht hochladen. Du bestätigst doch beim Posten deiner Story, dass alle Rechte bei dir liegen. Das gilt natürlich auch für ein etwaiges Bild.
Das mag jetzt vielleicht kleinlich klingen, aber wir haben keine Lust in irgendwelche Rechtsstreitigkeiten oder Ersatzansprüche verwickelt zu werden.


Robert Webmaster (30.06.2007)

Huch! Man verzeihe mir den Schrecklichen Umbruch. Das Bild oben ist übrigens von Matt Dixon. Erreichbar unter mattdixon.co.uk

Das Recht am Bild liegt ausschließlich bei ihm und nein - ich habe nicht geragt ob ich es hier hochladen darf.


Killing Joke (30.06.2007)

An: darkangel.

Wie angekündigt: Sei bedankt ob deiner, mich zum schreiben und denken motivierenden Kritik!
Ich habe sie jetzt mehrmals gelesen und mir ist - abgesehen von den Rechtschreibfehlern - so einiges anderes mehr aufgegangen, das ich noch umstellen und -werkeln sollte, um

gewisse Zusammenhänge zu verdeutlichen.

Um mit der ersten Sache gleich jetzt anzufangen: "Schdrugg-Dur" meint Struktur. Ein Wortfarbklangspiel. Ich wollte damit der Befürchtung Ausdruck verleihen, das ich mit dieser

Probleme hätte. Nun, du hast mir aufgezeigt, das die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Erscheinungen auf Khufus Hill, deren spätere Einflüsse auf den Prot sowie das, was

dadurch freigesetzt wird, nicht ohne einen ausgeprägten Detektivischen Spürsinn klar zu verstehen sind. Das muss ich also unbedingt bearbeiten.

Der Gesichtslose Bote ist Nyarlathothep. Das unsichtbare Ding ist eine Vision von ihm, die fast stoffliche Präsenz hat, das "etwas" von sich selbst, das er dort zurückgelassen

hatte, wie eine Ausscheidung. Der Prot hat es dann in sich aufgenommen und durch seine Geschichten verbreitet. Letzteres sagt der Prot nicht ausdrücklich, hauptsächlich aus dem

Grund, da der selbst nicht ganz den Überblick hat. Das ist eine der Fallen, die bei dieser Form des Erzählens leicht zuschnappen können, wie einige der anderen das schon im

Thema Erzählperspektive im Forum schrieben.

Ich hoffe das ich bereits übers Wochenende die Zeit finde die Geschichte auf deine Kommentare hin zu bearbeiten, wobei mir schwahnt, das dazu mehr als ein Wochenende nötig ist.

Was nicht unbedingt an der Fülle deiner Anmerkungen liegt - eher daran, das ich die Verdeutlichung oben erwähnter Zusammenhänge mit einem Riesen Formulierungspuzzle verbunden

sehe.

Zur gestochenen Sprache: Erwischt! Ja, das mache ich gern mal. Denn diese Sprache gefällt mir. Ich sitze teilweise eine halbe Stunde an einem Satz und bastel mit Feuereifer an

verschiedenen Möglichkeiten herum, etwas auszudrücken. Dabei enstehen schonmal Korkenziehersätze. Es kann auch passieren, das bei solchen Anfällen ein Satz entspringt, der sich

eher lustig liest (Ich musste teilweise wegen der entstehenden Formulierungen beim schreiben selbst ein paar mal laut lachen).

Aber da ist auch NOCH eine Sache. Du schriebst, der Anfang sei etwas anstrengend und langatmig. Anfänglich formuliere ich oft recht aufgeblasen und trocken, ich möchte sagen.

Ich will mal sehen, ob sich da was machen lässt (Ganz bestimmt!). Der Grund dafür mag sein, das mir Einleitungen und Anfänge schwer fallen und sich gut und gerne in die Mitte

des Hauptteiles ziehen. Dessen verdächtige ich auch meiner nächsten geposteten Geschichte, bei der ich mir nicht sicher bin, ob sie angenommen werden kann (da in Stücken ein

recht blutig und brutaler Scherz(wenn man das noch so nennen will)). Aber zurück zum Thema.

Die Sache mit der "Anbetung der Muse". Ist etwas pathetisch, ich weis. Aber das will ich so stehen lassen. Des Protagonisten Muse ist schließlich der vernommene Ruf des Boten,

der gleich zu setzen ist mit seinem höchsten Lohn - dem übertragbaren Wahnsinn(Siehe bericht des Sioux im Buch, das der Prot in der Familienbibliothek findet). Grmpf. Ich muss

da echt noch dran arbeiten!

Auch mit der Immerwährenden Angst ist das so ein Ding. Was ist sie? Einfach: Der Titel des Buches des Protagonisten. Er hat - sozusagen - die "Scheiße" des Boten (das "etwas"

von sich selbst, das er (der Bote, Nyarlathothep) dort zurückgelassen hatte) durch sein Buch unter den Menschen verbreitet :)))))

Puh! genug, genug, genug. Mir dreht sich der Schädel.

Noch vielen Dank für das Lob, das Du mir aussprichst und für die Wertschätzung die Du mir entgegenbringst indem Du Dir solche Mühe gemacht hast!


Killing Joke (30.06.2007)

An Nicolas van Bruenen: Danke, danke, danke! Es macht mir Freude, Dir Freude bereitet zu haben.

Zu "Die Lovecrafts und Tolkiens hatten - bei noch so üppigen Bildwelten - stets unsere reale Welt und Gesellschaftskritik im Hinterkopf (etwa Umweltschutz bei Tolkien)": Ich bin keiner von beiden und hege nicht die Absicht mit meinen Geschichten Aussagen zu machen oder einem der beiden Schriftsteller nachzueifern - obwohl ich zugeben muss, das Stilelemente beider Menschen mir gefallen und ich diese zu kopieren versuche. Dem Anspruch an eine Aussage meiner Geschichten aber bin ich fern. Ich Schreibe um der Geschichte willen und zu meiner eigenen Freude. Mal zu schweigen davon, das ich hoffe auch ihr habt welche beim lesen der Geschichte.

Trotz dem oben stehenden mag man eine Menge in die "Muse" hinein interpretieren. Zum Beispiel die Aussage, das Bücher böse sind und Wahnsinnig machen ;), das bleibt jedem Leser frei überlassen.

Kopfkino - selbstzweck? Die Zeile verstehe ich nicht, erläuterst Du sie mir bitte noch einmal? Äh... rein verständnisshalber, ich fühle mich keineswegs von Dir angegriffen.

Beinahe Silver Surfer? Brüchige Stimme? Es mag an der Uhrzeit liegen, ich bin Begriffsstutzig.

Sich auf Dich freuend: Der Killing Joke.


Killing Joke (30.06.2007)

hallo,
nu habe ich mich mal darangesetzt und muss sagen, dass sich das auch gelohnt hat^^
der einstieg ist meiner ansicht nach zu lang. du schreibst sehr hochgestochen, ich musste einfach mal ein beispiel rausnehmen, weil ihc an der stelle ziemlich lachen musste: "Völlig perplex ob der in meinen Augen absolut übertriebenen Reaktion war ich nicht in der Lage zu sprechen. Der zurückgebliebene, vor Angst fast gelähmte Mann warnte mich mit dem fistelnden Zerrbild seiner vormals so körnigen, lauten Stimme davor, jenen unheiligen Namen noch einmal laut auszusprechen" fistelndes zerrbild!!! köstlich:)
alsooo: dein text hat ohne zweifel eine sehr hohe sprachliche qualität. nur ist sie mir am anfang ein bisschen zu hoch. ich hatte nur lust, weiterzulesen, weil ich schon mal etwas von dir gelesen habe und es mir gefallen hat.

später besteht das problem nicht mehr, du schreibst sehr lebendig und man ist bis zum ende mitten im geschehen und kann sihc keine gedanken über irgendwelche von dir aufgestellten kriterien machen;)

wer ist denn schdrugg-duhr? der gesichtslose? oder dieses wesen, das in der nacht auf diesem tempel steht?

ich habe mir mal ein paar "notizen" beim lesen gemacht, anregungen, fragen, fehlerchen etc...

"Nur mit größter Anstrengung zwang ich mich dazu, ein Zimmer in einer der leerstehenden Baracken zu beziehen" >das ist eher widerstreben als anstrengung oder?

"Der Form halber bestellte ich ein Bier, oder was man in Ipswich dafür ausgibt(,) und setzte mich zu zweien der betrunkenen Einwohner"

"Mehr zu sagen war der erschreckte Kauz nicht gewillt und so verließ ich das Thirsty Hog, in verwirrter und gedrückter Stimmung" >das komma ist nicht nötig

"Schwere Böen starken Windes trieben nach Verwesung riechende Seeluft landeinwärts, ein Geruch der mich so merkwürdig und eindringlich an die beunruhigend andersweltliche Atmosphäre von Slave’s Lot erinnerte, das(s) mir ein Grabesschauder über den Rücken kraulte" >kraulte klingt seltsam, ich würde etwas wie "laufen" empfehlen

"Wenn der Wind nicht drehen würde, dachte ich angewidert, hätte ich den Gestank während meines ganzen Hiersein zu ertragen" >für mich klingt "Hiersein" seeehr komisch, es kann natürlich sein, dass du das bezweckst, ansonsten wäre mein tipp etwas wie "aufenthalt". außerdem bin ich mir nciht sicher, ob es nicht "Hierseins" heißen müsste (genitiv)?!?

"Die ersten Bäume hatte ich hinter mich gebracht, da klang das Rauschen der See nur noch halb so leise an meine Ohren" >es wird leiser, also wohl eher "halb so laut"

"In der Sekunde(,) in der mein Stiefel auf der Lichtung aufsetzte, durchfuhr etwas Unnennbares meinen Körper"

"Ich wollte – musste - mir den seltsamen Hügel jetzt näher ansehen. Er selbst bestand aus einzelnen Sandsteinblöcken" >mir wäre da ein absatz zwischen "ansehen" und "Er" sozusagen "angenhmer", weil zuerst der zustand des protagonisten und dann der ort beschrieben wird.

"Es bestand aus komplexen Vierzackigen Sternen" >"vierzackigen" kleingeschrieben

"Als ich dabei den Stein berührte, fühlte ich(,) dass er seltsam warm war" >ich glaubte, dass das komma nicht zwingend nötig ist, aber auf jeden fall ist es möglich und verbessert meiner ansicht nach die betonung... suchs dir aus:)

"Nachdem ich aufgestanden war, setzte ich einen starken Kaffee auf" >ääh ich dachte er hat sich irgendso ein versifftes zimmer genommen? oder lieg ich da jetzt falsch...

"unsichtbare Einflüsse, die den jeweiligen Protagonisten lähmten und seine Seele verwirrten, den Geist jedoch unversehrt ließen, so das(s) es der Person selbst erst gar nicht auffiel"

"Da sah ich, das sie selbst ebenso wenig ein Gesicht hatten wie das was sie anstierten einen stofflichen Körper" >schwer lesbar, vllt weißt du dir mit kommata o.ä. zu helfen

"Ein bediensteter
Kellner stellte eben die Gartenstühle vor das Café und baute die Tische auf" >äh.. wieso bediensteter? damit "ehrenamtlich" ausgeschlossen werden kann? oder sagte man das 1886 so?:)

"Offen stand dort nur das(s) die Toten in Nachtkleidern aufgefunden wurden"

"All die Verrückten, die mir begegneten, wiesen nun einzelne Anzeichen der Rückbildung auf, dem Verlust ihrer Gesichtsmerkmale, der äußerer (?) Ausdruck des vernommenen Rufes" >meinst du zb "äußere"?

dein motiv der "immerwährenden angst" gefällt mir, die muse dagegen... vllt habe ich am anfang zu unaufmerksam gelesen, aber bei dieser "anbetung der muse" muss es ja nicht zwangsläufig das wort muse sein, das mir irgendwie nicht so gut dareinpasst:)

insgesamt gibt es von mir 4p. du kannst eine ganze menge, nur war mir der einstieg zu langatmig und anstrengend.

lg darkangel


darkangel (29.06.2007)

Hallo Killing Joke,

ich finde Dein Text stellt eine schöne Bereicherung für diese Website dar.
Ich habe nur in einem Punkt Bedenken: Die Lovecrafts und Tolkiens hatten - bei noch so üppigen Bildwelten - stets unsere reale Welt und Gesellschaftskritik im Hinterkopf (etwa Umweltschutz bei Tolkien). Kann ein noch so tolles Kopfkino Selbstzweck sein?
Aber als Beinahe-Silver-Surfer habe ich aber eh nur eine brüchige Stimme.

Lg
Nicolas


Nicolas van Bruenen (29.06.2007)

Schmunzel...
Wenn Du mit den ersten Worten deiner 2ten Zeil auf die von mir geschriebene Zeile "Betrachtet besonders den Ablauf, den Aufbau der Elemente und ihr Ineinandergreifen" anspielst, so sei Dir versichert, das ich (unklar ausgedrückt) meinte, auf diese Dinge besonders kritisches Augenmerk zu lenken.

Aber hey - Lobeshymnen wären Klasse!

Und Rechtschreibfehler - du hast völlig Recht - sollte ich mir ansehen und werde das auch tun. Ich war beim Schreiben des Kommentars etwas aufgeregt. Entschuldigung.


Killing Joke (29.06.2007)

moooment... ich habe gerade keine zeit, deine story zu lesen, aber ich wunderte mich ein bisschen über deinen kommentar: willst du tipps oder lobeshymnen? ersteres wären auch hinweise auf rechtschreibfehler. aber die willst du ja nicht?!
wie gesagt, gerade habe ich keine zeit, werde mich aber darum bemühen, deine story heute noch zu lesen...:) und dann mal deine liste durchgehen und durch die gegend kritisieren;)
lg darkangel


darkangel (29.06.2007)

Uuuuund Hopsassa!
Meine zweite hier veröffentlichte. Sie Sämte bereits seit einiger Zeit bei mir herum. Seid ohne Gnade, gewährt kein Pardon. Oh und ich bitte Euch: Betrachtet besonders den Ablauf, den Aufbau der Elemente und ihr ineinandergreifen. Auch mit dem mythischen Wesen namens Schdrugg-Duhr habe ich noch so meine Probleme beim schreiben. Diesbezügliche Tipps werden mit Kusshand bedankt. Und bitte sagt mir Bescheid, wenn mein Kopfkinoprotokoll hie und da einzelne Dinge nicht ganz offenlegt. Dabei zwischen Andeutung und Fehlbeschreibung eines Ablaufs zu unterscheiden fällt (zumindest mir) schwer, doch ist auch dies ein Punkt, der mir ab und an bei einer Überarbeitung die Zehennägel hochklappt.

Ähm... wenn ihr Rechtschreibfehler findet, dürft Ihr sie behalten.

Und die (&%)§'' Regel mit dem Doppel s hinter den Kommata ignoriere ich erfolgreich seit ich denken kann.

Sincerly, your Killing Joke.


Killing Joke (28.06.2007)

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