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Quo vadis? oder Ohne Demokratie wäre alles halb so schlimm

Amüsantes/Satirisches · Kurzgeschichten
Die Französische Revolution war eigentlich gar nicht so teuer. Sie kostete 15000 Menschen die Köpfe, was nur einer Kleinstadt entspricht, was z. B. Stalin, der größte Meister aller Zeiten im Töten, und sein kleiner Bruder Hitler amüsiert als „Peanuts“ abgetan hätten.
Ach ja, es waren genau genommen 15002 Köpfe, denn der König und seine Gemahlin mussten ihre auch abgeben (oder wurden sie gehängt, wo der Kopf ja dann dranbleibt, wenngleich das Ergebnis dasselbe ist?).

Da nun plötzlich für jedermann sichtbar die Macht vom Volke ausging, z.B. durften sich jetzt auch mal die Bediensteten auf ihre Herrschaft drauflegen, kann man von der Geburtsstunde einer direkten und sehr handgreiflichen Demokratie sprechen, wenn man mal von den diesbzgl. Umtrieben von dem wenig zimperlichen O. Cromwell in England absieht.

Nein, teuer war diese Revolution nicht. Mal abgesehen von der Errungenschaft der Demokratie, deren großes Leiden aber schon damals anfing, schenkte sie den Franzosen die Begriffe Liberté, Fraternité und vor allem Egalité. Letzteres bedeutet doch nicht mehr und nicht weniger, dass vor dem Gesetz alle gleich sind – ein bisschen mehr, ein bisschen weniger. Aber darauf komme ich noch zu sprechen. Daneben bescherte die Revolution den Franzosen auch noch einen nationalen Feiertag mit einer Militärparade in Paris, bei der den Panzern mit ihren hochgestellten Rüsseln manchmal vorzeitig die Puste ausgeht. Dies nur mal am Rande.

Es dauerte eine Weile, bis sich die Demokratie in Europa rumgesprochen hatte. Aber einige ignorierten sie noch hartnäckig. Einer davon war zudem Franzose, d.h. eigentlich mehr Korse. Unverständlicherweise bekam dieser überragende Leidbringer für seine Ignoranz und Egozentrik zum Dank von seinem Volk auch noch eine prachtvolle letzte Ruhestätte. Doch letztlich setzte sich die Demokratie dann durch, wenn auch in „verfeinerter“ Form. Dass beispielsweise alle Macht vom Volk ausgeht, ist in ihrem modernen Gewande kaum noch zu erkennen. Aber es wurde die Gewaltenteilung eingeführt, und ferner, dass vor dem Gesetz nun wirklich alle gleich sein sollen. Letzteres offenbart allerdings in der Praxis seine Tücken. Die Unabhängigkeit der Gerichte war im übrigen ein weiteres Beispiel der Verfeinerung.

Dass in der Zeitung z. B. ein Bild auftaucht, wo sich der Richter tief vor dem Angeklagten verbeugt, mag als Übertreibung des Gleichheitsgrundsatzes und der Unabhängigkeit der Gerichte als Einzelfall durchgehen.

Die gänzliche Abschaffung der Stände mit ihren Privilegien (oder gar keinen) konnte als geglückt gelten. Aber dann tauchen plötzlich an ihrer Stelle die unterschiedlichsten Gehaltsgruppen in einer Weise auf, dass der Gleichheitsgrundsatz nun schwer ins Schwitzen gerät. Ein Vorstandsmitglied beispielsweise, das im Monat weit über 1 Million Euro verdient, müsste doch zur Rechtfertigung dieses monströsen Gehaltes gegenüber seinen Mitarbeitern und der Allgemeinheit mindestens 400 mal mehr für das Unternehmen leisten als seine Mitarbeiter. Eine solche volkswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Übergröße scheint schützenswert z. B. in dem Sinne, dass sie eine ungeschriebene strafrechtliche Immunität besitzen muss. Was würden sonst auch die ausländischen Investoren sagen, wenn man die Spitzenkräfte der (deutschen) Wirtschaft z. B. mir nichts dir nichts wie das gemeine Volk hinter Schloss und Riegel bringen könnte?

Von den Schwierigkeiten im praktischen Umgang mit dem Gleichheitsgrundsatz und der Unabhängigkeit des Gerichtes müssen zwei Spitzenmanager als Angeklagte gewusst haben. Der eine von ihnen, besagter Spitzenverdiener mit monatlich über 1 Million Euro, begrüßte gleich zu Anfang des Prozesses die nationale und internationale Presse mit dem Victory-Zeichen (obwohl er an Winston nicht ranreicht). Und dabei bleibt sein wissendes Lächeln unvergessen. Der andere, Habichtsnase, schaute so ungläubig in die Runde, als habe er sich verlaufen; zumal doch dieses Missverständnis seine Anwälte vorher hätten aus der Welt schaffen können. Oder?
Doch trotz allem war die Staatsanwaltschaft so dreist, Anklage zu erheben und diesen verdienstvollen und nicht ersetzbaren Spitzenmanagern einen Anklage-Cocktail aus Unterschlagung, Veruntreuung und vielleicht auch Betrug zu reichen. Denn so einfach war der Straftatbestand auf diesem Neuland dem alt-ehrwürdigen Strafgesetzbuch nicht zu entnehmen, dessen Schöpfern seinerzeit im vorletzten Jahrhundert einfach die Fantasie für eine solche Schweinerei fehlte, sich zum Nachteil der Eigentümer so dreist aus dem Betriebsvermögen einen solchen Berg an Geld zuzuschanzen.
Die ausländischen Investoren verfolgten den Prozess irritiert; zumal die Amerikaner konnten nichts Verwerfliches erkennen, klar. Und das Gericht war dann auch gänzlich überfordert. Die Richter, Staatsanwälte und smarten Verteidiger steckten also die Köpfe zusammen, wie diese Peinlichkeit lautlos und dezent aus der Welt geschafft werden könnte. Zu einer Verurteilung kam es nicht, nachdem der Freispruch erster Instanz von der Berufungsinstanz zur Wiederverhandlung aufgehoben worden war, und die überwiegende Presse nun eine Verurteilung für unumgänglich hielt. Irgendwie schaffte besagtes Triumvirat dann die Angelegenheit lautlos aus der Welt. Die Presse hatte bereits den Appetit an der Sache verloren. Wahrscheinlich bot eine Spende aus der Portokasse zugunsten einer sozialen Einrichtung die Möglichkeit zur Einstellung des Verfahrens. Oder gab es wiederum Freisprüche? Nein, undenkbar, denn diese hätte man ja aufwendig begründen müssen. Besagte Gleichheit vor dem Gesetz und Unabhängigkeit des Gerichtes hatten Urlaub genommen.

Und der Mann mit dem Siegeszeichen sitzt weiterhin auf seinem Vorstandsposten, siegessicherer denn je zuvor und hoffnungsfroh, dass sich seine Bezüge weiter mehren z.B. auch durch Gratifikationen für Stellen- und Sozialabbau.

Und Habichtsnase durfte seine gewaltige Abfindung behalten, die noch seine Nachkommen der nächsten Generationen ernähren wird.

Nun würde noch gerne in diesem Zusammenhang meine erboste Tintenfeder an den Fall von Softauge erinnern, der mit großem Aufwand dem deutschen Volk sog. Volksaktien (also Aktien mit Wachstum) verkauft hatte, und mit denen so mancher seine Ersparnisse einbüßte. Aber erstens wäre der Bezug zum Thema „Lifting“ von Grundsätzen der Demokratie nicht gegeben, und zweitens habe ich noch nicht gefrühstückt. Und auf nüchternem Magen ist der Fall, der natürlich auch mit einer Abfindung als Belohnung für Softauge endete, äußerst schwer bekömmlich.

Zurück also zur Demokratie, die es ohne Französische Revolution vielleicht nicht gäbe und damit auch nicht ihre Grundsätze, gegen die man dann auch nicht verstoßen könnte, so dass dann alles nur halb so schlimm wäre. Oder?

Anhang
Nun, es bedarf keiner Klimmzüge um nachzuweisen, dass die Moral und das soziale Verantwortungsbewusstsein in den Chefetagen insbesondere von Konzernen schon lange abhanden gekommen ist. Wen wundert es dann, dass sich die Mitarbeiter, ohnehin geplagt von Entlassungen und Kürzungen, obwohl es den Unternehmen wirtschaftlich blendend geht, zunehmend weniger mit dem Unternehmen und dessen Zielen identifizieren.
Es mag das Yalopp-Institut gewesen sein, das eine großangelegte Studie zur Ermittlung des hieraus resultierenden betriebs- und volkswirtschaftlichen Schadens in den Industrieländern herausgegeben hat. Danach beträgt dieser Schaden in Deutschland jährlich 250 Milliarden Euro, an dem ja dann diese Unternehmen mit besagter Führung beteiligt sind.
Nun ja, ein bisschen Schwund ist immer?
Nach einer Meinungsumfrage des Forsa-Institutes geht das Ansehen von Managern in der Bevölkerung stramm auf Null zu.
 
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Kommentare  

Hallo, es stimmt zwar, dass Napoleon alles andere als ein Demokrat war. Dennoch hat er wie kein Anderer der Aufklärung in Europa zum Sieg verholfen, wenn es auch nur ein Nebenprodukt seines unstillbaren Eroberungswillens gewesen war. Ich finde aber, dass man ihm im Nachhinein dieses "Nebenprodukt" dennoch als Verdienst anrechnen muss, auch wenn seine Ziele vielleicht in Wirklichkeit nicht ganz so ehrenhaft waren.
Und wären ihm die stolzen Spanier nicht in die Quere gekommen, tja, wie weit wäre er wohl noch gekommen?
Ansonsten halte ich diesen Text aber für gelungen.
Gruß, Gulli


Gulliver Assi (17.12.2007)

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