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3 Seiten

Gefühlschaos und andere Probleme – Teil 2

Romane/Serien · Nachdenkliches
© Middel
„Dein Vater sollte es wissen!“ Ann-Kathrins Mutter versuchte möglichst ruhig und gelassen zu wirken, aber Kathi merkte, wie sehr sie innerlich mit sich rang. Schließlich kannte sie ihre Mutter und ihre Mimik verriet sie. Aber wer konnte ihr das schon verübeln? Sie, ihre einzige Tochter, war ja praktisch noch ein Kind und sollte nun Mutter werden? Kathi wurde wieder schlecht. „Halt an, Mama, bitte!“ Frau Marquard fuhr an den Straßenrand und Kathi sprintete aus dem Auto. Sie rannte in den naheliegenden Park.
Fünf Minuten saß sie wieder im Auto. „Mama?“, Kathi strich unbewusst durch ihr dunkles Haar, so wie sie es immer tat, wenn sie nervös war, „müssen wir es Papa denn heute erzählen?“ „Das nicht“, erwiderte ihre Mutter, „doch er sollte es schnellstmöglich erfahren. Auch wenn Vati nicht mehr bei uns wohnt, so gehört er immer noch irgendwie zur Familie.“ Ann-Kathrin liebte ihren Vater. Auch, wenn er seit gut einem halben Jahr nicht mehr in mit ihnen zusammen lebte. Irgendwie hatten er und ihre Mutter sich wohl „auseinandergelebt“, wie sie es nannten und waren „freundschaftlich“ auseinandergegangen. Erst mal „auf Probe“. Aber Kathi glaubte nicht mehr an eine Versöhnung.
„Darf ich es ihm beichten?“ „Ann-Kathrin“, sagte ihre Mutter mit ernster Miene, „du bist kein Kind mehr, das ist mir heute schmerzlich bewusste geworden. Ich glaube, nein ich weiß, dass sich nun einiges ändern wird, ob du das Kind nun behalten willst, oder nicht. Vor allem wirst du eigene Entscheidungen treffen müssen und ich werde dir gerne dabei helfen, sie dir jedoch nicht abnehmen. Na ja, zu deiner Frage, natürlich wirst du mit Vati reden.“ Sie lächelte und nahm Kathi in den Arm. Kathi liefen Tränen die Wange hinunter. „Mama, ich hab dich lieb“, schluchzte sie. Und während sie weiter am Straßenrand standen, weinten beide und drückten sich fest aneinander. Kathi glaubte ihrer Mutter seit Jahren nicht mehr so nah gewesen zu sein.
Einige Tage später war so viel passiert, dass Kathi einmal etwas Zeit brauchte, um über alles nachzudenken. Sie stieg einfach in den Bus und fuhr in die nächstgrößere Stadt. Beim Einsteigen wäre sie fast gestolpert, so in Gedanken war sie. In ihrem Kopf und vor allem in ihrem Herzen herrschte ein heilloses Durcheinander, das dringend geordnet werden musste. In der Schule hatten natürlich alle gefragt, was denn los gewesen sei, vor allem, nachdem sie die nächsten zwei Tage gefehlt hatte, danach war Wochenende und gestern, am Montag, war sie dann zum ersten Mal wieder in der Schule gewesen. Ihre Mutter hatte es ihr freigestellt, hinzugehen oder es für ein paar Tage zu lassen und sie hatte die Zeit gebraucht, um einiges in ihrem Leben neu zu ordnen. Eine verschleppte Erkältung war ihre Erklärung gewesen und irgendwie hatte man ihr diese Notlüge abgekauft. Zumindest fragte bohrte niemand weiter nach, was ihr ganz recht war. „Fährt der Bus nach Rüdinghausen?“ Verwirrt schaute Kathi sich um. Sie sah einen gutaussehenden Jungen, etwa in ihrem Alter. „Äh ... ich glaube ja“, war alles was sie herausbrachte. Der Junge setzte sich eine Reihe vor ihr hin und schaltete seinen Ipod ein. „Guns n Roses“, dachte Kathi und schmunzelte. „Bei November Rain war es passiert das ganze Schlamassel.“ Sie musste an ihren Vater denken. Noch bevor sie ihn hatte sprechen können, war ihr klar geworden, dass sie noch mit jemand ganz anderem etwas bereden muss. Vorher wollte sie sich weder mit ihrer Mutter, noch ihrem Vater über die Zukunft unterhalten.
Sie schaute aus dem Fenster und ließ die Landschaft ein wenig auf sich wirken. Tief atmete sie ein. Liebte sie Herrn Schulte wirklich oder war es nur so, dass er der erste richtige Mann in ihrem Leben war, für den sie etwas empfand? War er einfach nur nett zu ihr oder war da mehr? Die Art wie er sie ansah war zumindest in ihren Augen nicht die Art, wie Lehrer Schüler anschauen. Oder bildete sich sie sich das nur ein, weil sie es gerne wollte? Sie würde irgendetwas unternehmen müssen, um diese Sache zu klären, so oder so. Der Bus war nun schon eine halbe Stunde unterwegs und sie bemerkte wie das ländliche Umfeld, aus dem sie kam, langsam durch immer mehr Häuser, Läden und Kreuzungen ersetzt wurde. Mama hatte gesagt, sie solle zu Pro Familia gehen. Sich beraten lassen. Und Mama wollte auch mitkommen. Aber wollte sie selber das? Sie wusste es nicht. Erst musste sie noch ein Gespräch führen, mit jemanden der, wie sie fand, zumindest erfahren sollte, was passiert war.
An der nächsten Haltestelle stieg Ann-Kathrin aus. Unbewusst schaute sie beim Aussteigen in die Augen des Jungen. Er lächelte sie an und sie lächelte zurück.
Sie schlenderte die Straße entlang und jemand, der sie beobachten würde, könnte leicht zu der Annahme gelangen, sie hätte kein Ziel, doch wusste sie genau wohin sie ging. Was sie allerdings noch überhaupt nicht wusste ist, was sie sagen sollte. Aber ihr würde etwas einfallen, da war sie sich sicher.
Zehn Minuten später stand sie vor seiner Tür und betrachtete das Namensschild über der Klingel. „Jonas Müller“, las sie in Gedanken und drückte zögerlich den Klingelknopf. Als sich die Tür öffnete blickte sie in – und darauf würde sie ihre Lieblingsschuhe verwetten – das überraschteste Gesicht, das sie je gesehen hatte.
„Du?“, fragte der Junge, der sie vor ziemlich genau sechs Wochen geschwängert hatte und sie sagte nur: „Ja!“
 
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Kommentare  

Ich hab den Plot im Kopf, wie viele Teile daraus entstehen, kann ich nicht einschätzen. Mal schauen.

Middel (27.08.2008)

Hi Middel! Ich kann den Text nicht flüssig runterlesen, das stimmt, aber das ist natürlich nur meine eigene Meinung. Die Dialoge holpern ein wenig... "Du bist kein Kind mehr, das ist mir heute schmerzlich bewusst geworden".
Klingt gestelzt, aber ich weiß, dass Dialoge das Schwerste überhaupt sind...
Ansonsten bin ich aber gespannt, wie es weitergeht. Wieviele Teile sind angesetzt??
LG Dublin ;0)))


anonym (27.08.2008)

Es ist schon so gewollt, da es aus der Sicht der Protagonistin geschrieben ist. Stört der Sprachstil beim Lesen? Gib mir mal bitte ein Beispiel, was du mit aufgesetztem Dialog meinst, oder generell alles?

Middel (27.08.2008)

Bei deinem Schreibstil möchte ich bemängeln, dass es sich sehr nach Sprachstil anhört, die Dialoge klingen sehr aufgesetzt. Möglicherweise zu schnell heruntergeschrieben?
Oder ist es ein Stilmittel (dem Alter der Protagonistin angepasst)??
LG Dublin


anonym (27.08.2008)

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