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12 Seiten

Das Geheimnis der Strassen

Romane/Serien · Schauriges
© Dr. Ell
Irgendwie schade, das ich immer nur "Leseproben" einstellen kann ... auch diese Geschichte habe ich nie zu Ende geschrieben.
Bisher habe ich jedoch viele gute Resonanzen bekommen ... vielleicht schreibe ich diese Geschichte ja auch noch mal weiter ....




Wie jeden verdammten Morgen der letzten 12 Tage hatte Maik verschlafen.
Entnervt und noch total müde sprang er aus dem Bett in seine Arbeitsklamotten und verließ, eigentlich wie immer in den letzten Tagen, ohne Frühstück und Toilettengang seine Wohnung.
Die Wohnung war auch der Grund für seine Verspätungen innerhalb der vergangenen knappen 2 Wochen, und das war nun ein Punkt, der Maik wirklich anging.
"Verflucht", grummelte Maik schnaufend in sich selbst hinein, als er die Straße zur Bushaltestelle runterrannte,"wegen dem Scheiß Block verlier ich noch meinen Job! Gibts doch nich, den Scheiß! Wegen dem Job hab ich doch die Wohnung überhaupt nur genommen!""


Schon seit seiner Lehre arbeitete Maik in derselben Firma. Diese Firma war ursprünglich in Geesthacht, einem Ort nahe Hamburg, ansässig gewesen, doch nun hatte der Chef beschlossen, den Firmenstandort nach Berlin, genauer gesagt, nach Eichwalde, einem kleinen Ort bei Berlin, zu verlegen. Hier gab es einfach nach der sogenannten "Wende", also der Abschaffung der Deutschen Demokratischen Republik und der damit verbundenen Zusammenführung von Ost- und Westdeutschland viel mehr Arbeit.
Der Chef stellte die Mitarbeiter vor die Wahl: Entweder die betriebsbedingte Kündigung oder mitziehen.
Damit war es eine Wahl wie jede andere auch. Jeder hatte eine, jeder durfte mal.


Maik hatte keine Freundin und auch keine Familie, diese war bei einem Autounfall vor vier Jahren ums Leben gekommen, und so entschloß sich Maik, nach Eichwalde zu ziehen, auch, um nicht arbeitslos zu sein. Ferner hatte ihm sein Chef dazu geraten, denn er war ein fähiger junger Mann.
Maiks Entschluß teilten von ursprünglich 22 Mitarbeitern nur 4 weitere mit Maik, den Chef nicht mitgerechnet.


An Aufträgen mangelte es nicht, aber an zuverlässigen Leuten. Die Firma konnte nur vernünftig funktionieren mit 20 und mehr Mitarbeitern, doch derzeit waren sie nur zu acht.
Die wenigen, die der Chef bisher neu eingestellt hatte, konnten noch nicht wirklich selbständig arbeiten, denn die Arbeiter hier waren einen ganz anderen Standard gewöhnt. Nicht, daß sie faul gewesen wären, doch sie alle mußten zuerst richtig angelernt werden.
Daher blieb den verbleibenden alteingesessenen Arbeiter der Firma nichts anderes übrig, als kräftig reinzuhaun, und deswegen war es momentan so problematisch, zu spät zur Arbeit zu erscheinen. Alles blieb liegen, verspätete sich einer.


Am meisten ärgerte sich immer der alte Ottfried über Verspätungen, vor allem, seit die Firma nach Eichwalde umgezogen war. Und das, obwohl Ottfried gar nicht der Chef war, noch nicht einmal der Vorarbeiter, denn der war Maik selbst.
Doch über das Gemecker sah Maik hinweg. Für ihn war Ottfried nur ein armes Würstchen.
Otti hatte ebenfalls keine Frau und keine Familie, und er stand eigentlich kurz vor seiner Pensionierung. Trotzdem oder vielleicht auch gerade deshalb war er mit der Firma umgezogen. Darüber konnte Maik nur spekulieren, doch er tat es nicht, denn es ging ihn nichts an und es interessierte ihn auch nicht.
In Eichwalde aber fand Maik keine Bleibe, so wie alle anderen Mitarbeiter dort eine gefunden hatten, und so mußte er in Kauf nehmen, vorerst in Berlin-Grünau in einen verwahrlosten Block voller lauter Chaos-Chaoten und Ausländer einzuziehen und von dort mit dem Bus zur Arbeit zu fahren.



Natürlich hatte Maik wieder mal den Bus verpaßt und mußte auf den nächsten warten. Genervt zog und nestelte er an seiner Jacke herum, die an der einen Stelle ein Brandloch hatte und aus diesem hingen jetzt Fransen heraus.
Glücklicherweise brauchte er nicht allzu lange warten, und seine Jacke entging der totalen Aufröppelung.
Die Busse in und um Berlin fahren oft und zügig, zumindest, wenn kein Schnee liegt.
Es lag kein Schnee, denn es war gerade Frühling geworden, und alle freuten sich auf die bald kommenden langen, warmen Sommertage.




Als Maik auf dem Firmengelände eintraf, kam Otti gleich auf ihn zu und fing an zu motzen.
Was Maik denn für ein Vorarbeiter sei, daran könne man sich Hände und Füße wärmen, sie müßten sich doch beeilen, es wären wichtige Sachen zu erledigen! Alle würden nur wieder auf ihn warten!
Das beste wäre, er, Ottfried, wäre der Vorarbeiter und nicht Maik oder sonstwer. Alle unzuverlässig.


Maik wußte, daß sie wichtige Sachen zu erledigen hatten, das brauchte ihm Otti nicht zu erzählen.
Wer, so wie Maiks Firma, im Straßenbau tätig ist, hat andauernd mit Terminen, Bürokraten und deren bürokratischen Entscheidungen, dem Wetter und anderen, teilweise unvorhersehbaren Widrigkeiten zu kämpfen. Außerdem wollten sie ja auch alle ihre Arbeit zu voller Zufriedenheit der Auftraggeber erledigen und sich schnell einen guten Namen machen.
Es ging hier doch um ihrer aller Existenz und Lebensgrundlage!

Nur Maik fand, Otti sollte nicht so aufdrehen. Das tat noch nicht mal der Chef. Und es ging hier ja nicht um Stunden, die er sich verspätet hatte, sondern um lediglich etwas mehr als eine halbe Stunde, und das auch nur heute. Gestern waren es nur 15 Minuten gewesen, vorgestern nur 6 Minuten.
Was regte er sich andauernd so auf? Das war Maik in Geesthacht zwar auch schon manchmal auf den Geist gegangen, aber seit sie hier in und um Berlin tätig waren, war Otti kaum noch auszuhalten. Ewig wollte er der schnellste sein, er wollte alleine arbeiten, damit ihm keiner was kaputtmacht, und er hatte sich sogar seine eigene Werkzeugkiste gepackt, die niemand anfassen durfte. Außerdem war Maik sonst sehr selten zu spät zur Arbeit erschienen, in 7 Arbeitsjahren allerhöchstens 10 mal. Und dann auch immer nur einige Minuten, soweit er sich erinnerte.
Maik fand, daß er ein sehr zuverlässiger Arbeiter war.

Maik schob dieses zickige und störrische Verhalten auf Ottfrieds Alter und die bevorstehende Pension.
Wenn Leute älter werden, werden sie manchmal auch wunderlich, sagt man ja. Zudem war Otti schon immer ein Eigenbrödler gewesen, so lange ihn Maik auch kannte. Daher war es auch nicht sonderlich verwunderlich, daß Ottfried sich vehement dagegen sträubte, einen neuen Kollegen anzulernen.
Also machte sich Maik weiter nichts daraus, ließ Otti mit einem "Ja, Otti, hast ja recht, ich bin ein Idiot" links liegen und packte seinen eigenen Kram zusammen.
Dann stiegen alle in einen der 3 Firmenbusse und Maik fuhr sie zur Baustelle.



Die Baustelle, ein altes Autobahnstück, noch unter der als Deutschlands "Führer" weltweit bekannt gewordenen NSDAP-Parteikraft und Reichskanzler Adolf Hitler gebaut, war schnell erreicht.

Wie immer arbeiteten die Leute zügig und für sich allein den Tag hindurch. Jeder der "alten" Arbeiter des Betriebes hatte seinen Aufgabenbereich, wie schon seit Jahren.
Hie und da fragte einer der neuen Kollegen etwas nach oder brauchte Hilfe, aber im ganzen ging es trotz der wenigen Arbeitskräfte recht zügig voran.

Als Maik den Feierabend gegen 19 Uhr einläutete, stiegen alle in den Bus und sie fuhren zur Firma zurück.
Dort angekommen, verabschiedeten sie sich voneinander und jeder ging seiner Wege dem ersehnten Feierabend entgegen.
Im Klartext bedeutete dies, daß alle Kollegen den Bus nach Eichwalde bestiegen und er den Bus nach Grünau.



Als Maik zu Hause ankam, mußte er feststellen, daß er sein Schlüsselbund mit allen Schlüsseln daran in seinem Spind im Baucontainer an der Autobahn vergessen hatte.
Genervt über seine Dämlichkeit, denn so etwas war ihm bisher noch nicht passiert, und genervt über die unnötige Geldausgabe, die er gleich machen mußte, rief er sich von einer alten Ost-Telefonzelle, in die er fünf neue 10 Euro-Cent-Münzen stecken mußte, was irgendwie so gar nicht zusammenpassen wollte, ein Taxi.

Das Taxi fuhr ihn zum Firmenplatz, er zahlte und stieg aus, um sich den Firmenbus zu greifen.
Die Schlüssel für die Container und die Baumaschinen sowie den Firmenbus hatte er glücklicherweise immer seperat dabei.

Doch noch bevor er den Platz richtig betreten hatte, sah er dort im Dunkel die Umrisse zweier herumstehender Typen und hörte ihre leisen Stimmen. Eine der offensichtlich zwei Stimmen erkannte er sofort.
Die andere Stimme kannte er nicht.

Was ging denn hier vor, so spät am Abend? Er sah auf die Uhr und stellte fest, daß es bereits kurz nach 21 Uhr war.
Der Feierabend war schon vor knapp zwei Stunden von ihm selbst eingeläutet worden.

Maik, der eigentlich sonst eher nicht neugierig war, denn das lag nicht in seiner Natur, schlich sich so vorsichtig und leise an wie es ihm möglich war und hockte sich hinter ein Gebüsch, um eventuell herauszufinden, was hier vor sich ging.
Leider war er zu weit von Ottfried entfernt, dessen Stimme er erkannt hatte. Unmöglich konnte er hören, was sie sagten und mit wem er da redete. Doch er sah trotz der inzwischen schon vorangeschrittenen Dunkelheit, wie etwas unter den beiden getauscht wurde. Was getauscht wurde, konnte er widerum nicht sehen.

Das ganze kam Maik äußerst seltsam vor. Was tat Otti hier auf dem Firmengelände so spät am Abend? Wer war der andere Mann und was hatten sie getauscht? Und warum waren sie hier auf dem Platz und nicht bei Otti oder dem anderen zu Haus? Ja, warum trafen sie sich nicht in einer Kneipe oder einem Lokal?

Der andere Mann, ein dunkel gekleideter Typ von Kopf bis Fuß, hielt sich nicht lange auf. Nur knapp 2 Minuten, nachdem Maik sich hinter dem Gebüsch plaziert hatte, verschwand der Mann, und mit ihm auch Otti.

Maik verließ sein Versteck. Das ganze machte ihn nachdenklich. Noch nie hatte er es erlebt, daß jemand nach getaner Arbeit zurückkam, außer natürlich am nächsten Morgen zur Arbeit. Oder hatte Otti heut vielleicht auch zufälligerweise etwas vergessen und sein Kumpel hatte ihn gefahren, weil er schon getrunken hatte?

Doch dann wurde es Maik doch etwas zu kalt hinter seinem Busch und er besann sich seiner vergessenen Schlüssel und verwarf alle wilden Theorien, die sich soeben in seinem Kopf abgespielt hatten, was das wohl eben für eine Zusammenkunft gewesen sein könnte.
So war Maik halt. Es lag in seiner Natur, nicht neugierig zu sein.
Er schloß den Firmenbus auf und fuhr Richtung Baustelle.




"In dem heutigen Tag is doch der Wurm drin!"dachte sich Maik, als er kurz vor der Baustelle aus Dieselmangel liegenblieb. Doch glücklicherweise gab es im Container auf der Baustelle einige Kanister mit Diesel für die Arbeitsmaschinen, dort konnte er sich etwas für die Rückfahrt abzweigen.
Also machte sich Maik zu Fuß zur Baustelle auf.




Wer den Osten Deuschlands kennt, der weiß, daß dort im Gegensatz zum restlichen Deutschland viel weite, unbebaute Fläche zu finden ist. Teilweise stehen die Häuser kilometerweise auseinander.
Und so auch an dieser Stelle.
Weit und breit war kein Haus und kein Licht und niemand in Sicht. In der absoluten Dunkelheit dieser Nacht hörte Maik lediglich das Rauschen des Windes in den Blättern der Bäume und seine eigenen Fußtapser. Da kein Licht vorhanden war und auch der Mond sich nicht blicken ließ, stolperte Maik einige Male fluchend und "Scheiße"- schreiend über Stöcker und Bauschutt, obwohl er sich schon so langsam vortasten mußte.
Doch umso näher Maik an die Baustelle kam, umso lauter wurde ein Geräusch, daß nicht so ganz zum Rauschen des Windes und zu seinen eigenen Geräuschen paßte.
Und dann sah er, was die Geräusche verursachte.

Es war ein Auto, welches sich langsam und ohne Licht mit kontinuierlicher Geschwindigkeit über das abgesperrte Teilstück der Autobahn fuhr.
Aber die Geräusche kamen nicht von dem Auto selbst. Das Auto war eigentlich gar nicht zu hören. Was man hörte, war ein ganz leises Schabgeräusch, so, als wenn jemand mit 100 Nägeln vorsichtig über den Asphalt kratzt.
Und Maik sah ein ganz schwaches, rötliches Licht unter dem Wagen.
Sofort waren Diesel und Schlüssel vergessen, das hier war wirklich viel interessanter!

Wieder begab sich Maik hinter ein Gebüsch und beobachtete das Auto. Es fuhr keinesfalls schneller als 50 km/h. Es wendete am Ende der Absperrung und fuhr exakt denselbsen Weg zurück, den es auch hin genommen hatte. Es fuhr genau mittig der Bahn und kam auf Mike zu.
Das Auto fuhr direkt an Maiks Gebüsch vorbei, und jetzt konnte er auch deutlich sehen, was die Geräusche verursacht hatte!
Es waren kleine Metallarme oder so etwas, die über den Asphalt gezogen und dabei beleuchtet wurden, und Maik dachte sofort an eine Spieluhr.

In seiner Kindheit hatte er mal eine besessen. Ein Aufziehwerk, welches eine Metalltrommel dreht. Auf dieser Trommel sind Metallnupsies, unterschiedlich hoch und unterschiedlich angeordnet.
Dreht sich die Trommel, ertönt eine Musik, je nachdem, wie die Nupsies angeordnet sind. Die Metallarme gleiten darüber und erzeugen damit einen Ton. Seine Spieluhr hatte damals "Stille Nacht, Heilige Nacht" gespielt.
Doch hier waren keine musikalischen Töne zu hören. Was hatte das zu bedeuten?
Nach Fahrübungen eines Anfängers sah das auf jeden Fall nicht aus.

Nachdem das Fahrzeug jeweils einmal in jede Richtung gefahren war, gab es plötzlich Gas, schaltete das Licht ein und verschwand recht zügig in der Dunkelheit auf der abgesperrten Autobahn.
Wer das Auto gelenkt hatte, hatte Maik nicht sehen können. Auch hatte er weder die Marke des Fahrzeugs noch ein Nummernschild erkennen können.
Er hatte nur gehört, als der Wagen Gas gab, daß die Maschine leistungsstark ist.

Maik war reichlich verwirrt. Was war das jetzt eben gewesen?
Er machte sich nun Gedanken über diesen Vorfall. So sehr, daß er plötzlich wieder vor dem liegengebliebenen Firmenbus stand, ohne einen Kanister Diesel besorgt zu haben.
Noch einmal mußte er zurück, den Container aufschließen, Spind auf, Haustürschlüssel raus, Spind zu, Dieselkanister herausholen, Container abschließen, zum Auto laufen und tanken.




Maik stellte das Auto an seinen Platz auf dem Hof und nahm den Nachtbus nach Berlin-Grünau.
Als er endlich in seiner Wohnung war, war es bereits nach 01 Uhr. Doch bis er endlich eingeschlafen war, vergingen noch einmal gute 3 Stunden.
Und dieses Mal hörte er zum ersten Mal seit den letzten 12 Tagen nicht die lauten Chaoten und das Geschrei der Ausländer...



Als Maik wach wurde, wußte er es sofort. Er hatte schon wieder verschlafen!
Entnervt und total müde sprang er aus dem Bett in seine Arbeitsklamotten und verließ ohne Frühstück seine Wohnung.

Wieder hatte er den Bus verpaßt. Doch diesmal interessierte es ihn fast gar nicht. Diesmal versuchte er nicht wie sonst immer, das Brandloch weiter auszufransen. Er ließ es einfach in Ruhe. Seine Gedanken waren immer noch ganz woanders, nämlich bei der gestrigen Nacht.

Als er aufs Firmengelände kam, welches im übrigen von der Hauptstraße aus nicht einsehbar ist, da es durch hohe Bäume und Büsche abgegerenzt ist, war Ottfried der erste, der mit ihm sprach. Otti erzählte Maik so das übliche. Er sei ein beschissener Vorarbeiter, beschissener ging es ja gar nicht mehr. Er solle doch lieber Penner werden, das würde besser zu ihm passen und so weiter.
Maik beachtete das Gelaber überhaupt nicht und tat es wie immer mit den Worten "Ja, Otti, hast ja recht, ich bin hier der Idiot" ab.
Der nächste, der dann mit Maik sprach, war sein Chef. Er fragte ihn, was die Gründe für seine inzwischen schon täglichen und bald nicht mehr tragbaren Verspätungen seien. Er sagte ihm auch, daß vor allem Otti sich schon oft beschwert hätte, und bei allem Verständnis, Otti sei schon seit ewigen Zeiten in dieser Firma, und wenn er auch kein Vorarbeiter sei, so müsse er seinen Worten trotzdem Gehör schenken.
Der Chef ermahnte Maik, sich zukünftig am Riemen zu reißen und nicht mehr zu verschlafen. Er sei ein fähiger Mann und nur ungern würde er ihm kündigen, vor allem jetzt, wo Leute grade knapp waren. Bisher hatte er hier noch keine neuen und zuverlässigen Arbeitskräfte gefunden, die Mannschaft war noch lange nicht komplett.
Maik verstand die Problematik und auch seinen Chef und er versprach, zukünftig nicht mehr zu spät zu kommen und sich am sprichwörtlichen Riemen zu reißen.
Dann packten alle wie gehabt ihre Sachen und Maik fuhr sie zur Baustelle. Dort angekommen erinnerte er sich mit einem entsetzten Blick auf die Tanknadel daran, daß er dringend tanken mußte. Er ließ die Arbeiter am Container raus und fuhr zurück, um zu tanken.
Er tankte und fuhr zurück.

An der Baustelle erneut angekommen, saß Maik noch einige Zeit im Bus, um nachzudenken und sich wieder zu fassen. Da hatte er den Schritt von Hamburg nach Berlin getan, damit alles besser wird und stattdessen hatte es den Anschein, als würde alles den Bach runter laufen.
Und während Maik da so saß und grübelte, warum alles so war, wie es war, beobachtete er seine Kollegen, wie sie fleißig arbeiteten. Maik kam in den Sinn, jetzt auszusteigen und mit anzupacken, als sein Augenmerk auf Ottfried fiel.

Otti war damit beschäftigt, den alten Betonbelag des abgesperrten Autobahnteilstücks wegzustämmen, genau wie Toni und Frank.
Andi war damit beschäftigt, bereits abgestemmten Beton mit einem Radlader auf einen LKW zu verladen.

Eigentlich war alles wie immer, bis auf die Begebenheiten der letzten Nacht, die immer noch in Maiks Kopf herumspukten und seinen Synnapsen massig zu tun gaben. Daher fiel ihm Otti auch sofort auf.

Otti stemmte den Belag mittig der Straße auf.
Normalerweise arbeitet man sich von den Rändern aus zur anderen Seite rüber und stemmt nicht mittig. Ferner arbeitet man vor allem beim Abstemmen in der Kolonne, damit der Beton oder Asphalt gleichmäßig abgestemmt wird und weggeschafft werden kann und nicht überall wilde Löcher entstehen.
Toni, Frank und Andi arbeiteten in der Kolonne, aber Ottfried arbeitete allein fernab der anderen. Das war schon komisch, den gerde Otti sollte wissen, wie man es richtig macht, so, wie er immer auf die Pauke haute.
Eine Weile beobachtete Maik Otti beim arbeiten, dann wurde er durch Klopfen aus seiner Lethargie gerissen. Andi stand vorm Auto und fragte, ob er heute gar nichts mehr außer zugucken machen wolle und ob er ihm Frühstück bringen solle und die Morgenzeitung vielleicht.
Maik zog Andi eine Grimasse und stieg aus.



Wie gehabt taten dann alle ihre Arbeit, doch an diesem Tag ließ Maik Ottfried nicht aus den Augen.
Immer wieder schielte er heimlich zu ihm rüber und beobachtete, wie Otti zügig die Straßenmitte wegstemmte, so, als verfolge ihn der Teufel. Und immer, wenn er sich nicht beobachtet fühlte, bückte er sich so komisch.

Als Maik dann den Feierabend einläutete, hatten sie fast das gesamte Autobahnteilstück aufgestemmt und abtransportiert. Lediglich ein kleiner Rest von ungefähr 10 Metern war noch übrig. Das war gut so, denn die nächsten Tage würden sie alles Plan ziehen, also glatt machen, und neuen Asphalt schütten können. Darauf freute sich Maik schon. Zu gerne fuhr er die Asphaltlegemaschine.
Doch vorerst fuhr er dann nur seine Arbeitskollegen zurück zum Platz.

Als sie auf dem Platz angekommen waren, verabschiedeten sie sich wie immer voneinander und gingen ihrer Wege, wie schon die letzten 14 Tage hier in Eichwalde.
Auch Maik ging, aber nicht zum Bus, sondern einmal langsam um den Block.
Dann setzte er sich in einen Busch ganz nahe an der Aufenthaltsbarracke auf dem Platz.
Dort saß er stundenlang, doch nichts passierte, außer, daß ihm immer kälter wurde.

Enttäuscht und durchgefroren fuhr er mit dem Bus nach Hause und legte sich ins Bett.
Dort lag er dann noch eine Weile und dachte nach. Vielleicht war alles nur ein seltsamer Zufall, der nicht so einfach nachzuvollziehen war. So etwas kommt ja auch hin und wieder vor.
Während des Nachdenkens schlief Maik ein.




Noch bevor der Wecker klingelte, war Maik wach. Er hatte sehr gut geschlafen und war voller Tatendrang.
Er warf sich in die Arbeitsklamotten und öffnete den Kühlschrank, um erstmal so genüßlich zu frühstücken, wie er es schon seit mindestens einer Woche nicht mehr getan hatte. Doch als er den Kühlschrank öffnete und reinsah, erschrak er doch ein wenig, denn diverse Sachen fingen schon an, ein graues oder schleimiges Eigenleben zu führen. Die ganze letzte Woche hatte er sich nur von Kiosken und Imbissen ernährt und gar nicht so richtig in den Kühlschrank gesehen. Maik holte angewiedert die vergammelten Sachen aus dem Kühlschrank heraus und ging zum Kiosk um die Ecke, um neue Wurst und Käsewaren einzukaufen, damit er dann auch mal frühstücken konnte.

Er frühstückte genüßlich und ausgiebig und hörte dabei mit einem leichten Schmunzeln im Gesicht aus der Wohnung unter ihm lautes Türken oder Arabergeschrei, daß konnte er nicht so genau sagen. Die Wohnung neben ihm präsentierte wie immer frühmorgens harte Tekkno-Beats. Über ihm war Punkmusik zu hören. In den restlichen Wohnungen war zur Zeit kein Laut vernehmbar.
Maik machte sich gut gestärkt und bester Laune auf den weg zum Platz. Diesmal konnte ja niemand meckern.



Niemand meckerte.
Der Tag verlief wie gewohnt. Es wurde gestemmt, geglättet, Schutt abgefahren und auch sonst hart gearbeitet. Alles war wie immer an so einem Arbeitstag.
Bis auf die Tatsache, daß Maik sich andauernd dabei ertappte, wie er zu Otti rüberschielte. Das war wider seiner Natur, und doch konnte er nichts dagegen unternehmen. Es war wie ein Zwang. Die Neugier hatte eindeutig mit starker Hand Besitz von ihm ergriffen. Doch es gab ja auch was interessantes zu sehen, was sonst keiner sah, und etwas völlig unscheinbares obendrein.
Und das war der sich genau wie Maik ewig schielend umsehende Otti, bevor er sich dann bückte, um aus dem eben weggestemmten Beton etwas aufzusammeln.

An diesem Tag wurden sie fertig mit dem Abstemmen und Abfahren des Betons. Die nächsten 2, eventuell 3 Tage würden sie anfangen können, die neue Asphaltdecke zu legen, nachdem der Untergrund plan gezogen war.
Maik läutete um 19.30 Uhr herum, es war schon recht dunkel, den Feierabend ein und brachte seine Kollegen zum Platz.
Sie verabschiedeten sich wie gewohnt voneinander und gingen ihrer Wege in Richtung Feierabend. Auch Maik ging seinen Weg, nämlich einmal um den Block.
Dann setzte er sich wieder in das schon für gut befundene Gebüsch und wartete. Diesmal nahm er sich vor, bis 22.00 Uhr zu warten. Sollte nichts passieren, wollte er die Angelegenheit sofort als Spinnerei abtun und vergessen, und sich wieder um seine eigenen Dinge kümmern. Er dachte darüber nach, ab wann man sich in eine Sache verrennt, die nicht existiert, so daß man nur noch mit psychologischer Hilfe wieder herausfindet und wie so etwas überhaupt zustande kommen kann.
Doch allzu lange brauchte er sich um seinen Geisteszustand keine Sorgen zu machen.

Pünktlich um 21.15 Uhr betrat Otti das Firmengelände. Keine Minute darauf kam auch die dunkel gekleidete Gestalt dazu.
Maik war spontan hellwach und aufs äußerste gespannt. Er atmete schwer, und als er es merkte, versuchte er, flach und leise zu atmen, was nur bedingt gelang. Sein Herz pumpte das Blut so schnell wie noch nie durch seinen Körper.

Otti ging mit der Gestalt zum Aufenthaltscontainer, schloß diesen auf und ging hinein. Kurz darauf kam er wieder hinaus. Er hatte seine Arbeitstasche bei sich. Diese öffnete er und gab der Person einige kleine Gegenstände, die wohl metallischen Ursprungs waren. Jedenfalls klimperte es bei der Übergabe leise metallisch.
Nachdem die Person die Gegenstände erhalten hatte, bekamm Otti etwas in die Hand gedrückt, was wie Geld aussah. Ob es wirklich Geld gewesen war, konnte Maik jedoch nicht sehen.
Überhaupt mußte er sich beim hinsehen aufs äußerste konzentrieren. Es war stockdunkel und man konnte ihn hören, sollte es ihm nicht gelingen, völlige Ruhe zu bewahren. Doch die beiden bemerkten ihn nicht.

Wie schon beim ersten Mal verschwand die Person wortlos direkt nach dem Tausch, nach einigen Sekunden des Containerverschließens gefolgt von Ottfried .
Maik verließ sein Gebüsch, um Ottfried zu folgen, doch es gelang ihm nicht.
Nach einer kurzen und heimlichen, von Otti unbemerkten Zu-Fuß-Verfolgungsjagd nahm sich dieser ein Taxi und verschwand in der Nacht.
Leider war kein weiteres Taxi in der Nähe, und so ging Maik enttäuscht zurück zur Bushaltestelle, um den Nachtbus nach Hause zu nehmen.



Im Haus war dick die Party im Gange. Aus jeder Wohnung dröhnte Musik, aus jeder eine andere Richtung. Es gab wie immer alles zu hören, was das Herz eines Discobesuchers begehrt: Tekkno, Punk, Rock, Hardrock, Rap, Hip Hop und natürlich auch ausländische Klänge. Gemeinsam hatten alle Wohnungen musikalisch nur eins: sie mochten es alle gern laut.

Maik war bisher eher der ruhige Typ Mensch gewesen, nicht aufdringlich, leise und höflich, doch in seiner Wohnung wäre er fast durchgedreht, wäre ihm nicht in letzter Sekunde aufgefallen, daß heute Freitag abend und somit Wochenende war.
Also sah er davon ab, als "Neuer" in diesem Wohnhaus nach Ruhe zu schreien und sich unbeliebt zu machen.
Er legte sich also hin und versuchte zu schlafen.

Er kam gerade bis zu einer leichten Entspannungsphase, noch weit entfernt vom Schlaf, als es heftig an seine Tür polterte.
Es hörte sich an, als sei jemand mit voller Wucht gegen die Tür gerannt.
Sofort sprang Maik auf, schlüpfte in seine Jogginghose und die Arbeitsschuhe und hechtete zur Haustür und riß sie auf.

Zu seinen Füßen lag ein total besoffener Punker, der offensichtlich die Treppe im Treppenhaus heruntergefallen und heftig an seine Haustür geprallt war.
Der Punk, ein Mann in Maiks Alter, entschuldigte sich lallend bei Maik für den Krach und versuchte aus eigener Kraft aufzustehen, was jedoch mißlang.
Nachdem der Punk noch einige Male umgefallen war und auch mit kriechen nicht weiterkam, entschloß sich Maik, ihn wieder zurück zu seinen Kumpels zu bringen, denn der Punk hatte sich bei dem Sturz verletzt und blutete am Kopf, an den Knien und an den Händen. Maik selbst hatte keinerlei Verbandszeug geschweige denn Pflaster oder etwas zum Verbinden.
Also schnappte er sich den Punk, hakte ihn sich über die Schulter und ging zwei Stockwerke höher, dahin, wo die Punkmusik am lautesten war.


Eine Klingel gab es an dieser Haustür nicht. Also klopfte Maik. Doch innen war die Musik so laut, daß anscheinend niemand sein Klopfen vernahm, obwohl er schon ziemlich laut und heftig klopfte, und das des öfteren.
Doch da meldete sich lallend der Punk zu Wort, der ihm die Zauberformel zur Türöffnung zunuschelte:"Mussu jejentreten."
Erstaunt sah Maik den Punk an und dieser Hob seinen Kopf, grinste und meinte:"Jaujau, so issas.So issas."

Maik atmete einmal durch und trat dann heftig gegen die Tür. Diese öffnete sich durch den Tritt exakt so weit es die gut 20 Ketten im Inneren der Wohnung zuließen, die man dort zu sehen bekam. Durch den Schwung des Tritts fiel sie auch sofort wieder zu.
Maik wollte gerade ein zweites mal dagegentreten, als jemand von Innen die Tür einen Spalt öffnete und durchlugte.
Dann ging die Tür wieder zu und jemand entfernte von innen die Ketten, das konnte man hören.

Die Tür wurde geöffnet, und ein gar nicht mal häßliches Punkmädchen stand im Türrahmen.





Das war's, leider...vorerst jedenfalls.
Ich hoffe, es hat bis hierhin gefallen.
 
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Kommentare  

Tja, sieht so aus, als wäre das mein ewiges Kind ... ich habe weitergeschrieben, aber fertig ist sie immer noch nicht ... ich muss tatsächlich noch um Geduld bitten ... und das schon seit Jahren. Tut mir leid ...

Dr. Ell (20.07.2015)

Hi ... ja, ich habe weitergeschrieben! ... aber ich muss leider noch um etwas Geduld bitten, das ganze ist inzwischen schon recht angeschwollen, und ich will nix mehr "halbes" einstellen. Diese Geschichte möchte ich fertig präsentieren :-)

Dr. Ell (07.11.2011)

@ Dr. Ell: vielleicht magst du die Story zum Weiterschreiben freigeben?
Liebe Grüße Dubliner Tinte


Pia Dublin (21.10.2009)

Und jetzt fragt man sich natürlich, was da eigentlich unter der Straße liegt?

Petra (20.10.2009)

Kann mich den anderen nur anschließen. Und wie geht das jetzt weiter?

doska (20.10.2009)

Fortsetzung folgt?!
Wieso hast du nicht mehr gemacht!
Sehr real wirkend finde ich das ebenfalls, aufjedenfall werde ich nicht aufhören zu hoffen, dass da noch was ähnliches in mehreren Teilen von dir kommt^^
Grün :D^^


Michael Drake (19.10.2009)

Irgendetwas ist dort unter der Straße, was der alte Otti haben will, glaube ich. Die Geschichte könnte in jede Richtung weitergehen, ich kann es mir gut als Mystik-Krimi vorstellen.

Grün von mir. Liebe Grüße Dubliner Tinte


Pia Dublin (19.10.2009)

ja und? du kannst doch jetzt nicht aufhören...
also ich finde, dass es sehr realistisch rüberkommt. die details sind wichtig, um eine story zum leben zu erwecken. und hier sind sie da. obwohl das ja paradox ist: hier sind sie da. *gg*


Ingrid Alias I (19.10.2009)

Sehr spannend. Du hast Recht. Schade , dass es nicht weitergeht. Aber vielleicht könntest du ja vielleicht....?

Jochen (19.10.2009)

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