201


8 Seiten

Ausweglos

Romane/Serien · Nachdenkliches
© Middel
(Prolog)

„Oma?“ „Ja Kind, was ist denn?“ „Ich hab dich lieb.“ Anna weinte. Nicht aus Traurigkeit, sondern, weil sie fand, dass heute einer der schönsten Tage ihres Lebens war. Sie war gerade dabei, Kuchen zu backen, schließlich sollte ihr Achtzigster gebührend gefeiert werden. Und dass ihr ihre kleine Enkelin dabei half, war für sie etwas ganz Besonderes. Zu weit weg wohnte ihre Tochter, als dass sie die kleine Martha hatte aufwachsen sehen können. Aber dass dieses wunderbare Wesen sie trotzdem liebte, so wie sie war, alt und schnippisch, das wärmte ihr Herz auf eine wunderbare Weise. Zudem hatte sie gerade ein ganz besonderes Datum in ihrem Kalender rot eingerahmt.
Dann hatte sie die Schublade des alten Schreibtisches geschlossen und war zu ihrer Enkelin in die Küche spaziert. Da hatte dieses kleine zuckersüße Wesen am Küchentisch gesessen, etwas Teig vom Rührlöffel geleckt und sie verschmitzt angegrinst. Mit leuchtenden Augen hatte sie ihre Liebesbotschaft mitgeteilt, nur um dann ihre völlige Aufmerksamkeit wieder dem leckeren Rührteig zu widmen. So bekam die kleine Martha auch nicht mit, wie ihre Großmutter mit den Tränen kämpfte. Als sie ihren Kopf nach einer Weile wieder erhob, lächelte Anna sie sanftmütig an und sprach: „Hauptsache dir wird nicht schlecht von dem vielen süßen Teig, mein Kind.“ „Nein“, erwiderte Martha ganz energisch, „das passiert schon nicht.“ „Na dann ist es ja gut. Hilfst du mir, den Teig in die Form zu gießen?“ Die alte Frau nahm eine Backform und ließ ihre Enkelin den Teig hinein gießen. „Das wird bestimmt eine schöne Feier“, sagte diese und Anna erwiderte lächelnd: „Ja, das glaube ich auch.“

(1)

„[...] Als sich plötzlich eine Tür öffnete, wurde sie vom Schein einer Taschenlampe geblendet. Ihre Augen schmerzten und sie schloss sie unwillkürlich. Tränen liefen ihr übers Gesicht und sie wusste, dass es nun vorbei ist.“

Anna lächelte und schlang die Arme um ihre Schwester. Immer, wenn sie meinte sterben zu müssen, wenn nichts mehr ging und die Welt aus allen Fugen zu geraten schien, war sie es, die ihr ein wenig Hoffnung gab. Und sei es auch nur durch das Flüstern einer Geschichte, nein: IHRER Geschichte, mit Happyend.

„Was würde ich bloß ohne dich tun, Nadja?“ Tränen stiegen ihr in die Augen und sie sah ihrer Schwester im flackernden Halbdunkel des Kellerverlieses tief in die Augen. Wenn ER erfahren würde, dass sie hier unten eine Kerze verstecken, die sie, wenn es allzu schlimm wird, anzünden – es wäre nicht auszudenken. Aber dieses kleine rote Etwas, das schon zu mehr als die Hälfte heruntergebrannt war, und die Worte ihrer Schwester gaben ihr das bisschen Zuversicht, das sie brauchte, um diese Nacht zu überstehen. So wie der Schluck Wasser, der einen vor dem Verdursten rettet. Ihr wurde gerade genug Angst genommen, damit die Müdigkeit siegt. Schlaf, was sie nun empfing, war das wohlige Dunkel des Nichts. Was danach kommt? Sie hatte keine Ahnung.

„Aufstehen!“ Sie schreckte auf. Hatte sie da eben SEINE Stimme gehört? Sie war sich ganz sicher, dass ER es war, und sie zog sich noch weiter zurück. Näher an die kalte Backsteinwand dieses feuchten Raumes. Unter ihr nur die stinkend-modernde Matratze, auf der sie gestern wohl letztendlich doch eingeschlafen sein musste. Sie blickte in die Richtung, in der sie die Tür erahnte. Es konnte noch nicht Morgen sein, denn dann würde zumindest ein wenig Licht durch die Ritzen der Stahltür dringen. Oder war es inzwischen Morgen und sie war über Nacht erblindet? Kann man vor Angst erblinden? fragte sie sich, während sie sich zwang, nicht mit den Zähnen zu knirschen, so, wie sie es immer tat, wenn sie sich fürchtete. So wie sie es immer tat, seitdem sie hier gefangen war.

Sie blickte weiter gebannt in die Richtung, in der sie die Tür vermutete und wo ihre Augen nur von Dunkelheit empfangen wurden. Sie zog ihre Beine ganz nah an sich heran, umschlang sie mit den Armen und legte ihr Kinn auf ihre Knie. Irgendwie beruhigte sie das immer ein wenig. Warum, wusste sie nicht genau, aber sie fühlte sich dann nicht mehr so ausgeliefert, so verletzlich. Beim Zurückziehen der Beine hatte sie etwas an ihrem nackten rechten Fuß gespürt. Ganz leicht. Etwas Kleines und Hartes. Und während sie unterbewusst noch verarbeitete, dass sie überhaupt etwas an ihrem Fuß gespürt hatte, packte sie die nackte Angst. Blitzschnell begann sie, die Matratze mit den Händen abzusuchen. Nein, wie konnte sie nur so blöd sein? Wenn jetzt diese verdammte Tür aufging und ER hereinkäme? Nein. Voller Panik suchte sie weiter. Erst auf und dann direkt neben der Matratze. Auf der rechten Seite musste sie sein. Irgendwo hier. Verzweifelt tastete sie nun Zentimeter um Zentimeter neben der Matratze ab. Und dann passierte das Unheilvolle und Unvermeidliche. Die Tür öffnete sich und ER erschien.
„Wach?“ Viele Worte machte er so gut wie nie. Aber es brauchte auch nicht vieler Worte, um ihnen Angst einzujagen. Eigentlich war es so, dass, je weniger er sagte, umso mehr geschah. Er gab Anweisungen und sie gehorchten. Was sollten sie auch sonst tun?
Er hatte seine Laterne in der Hand und schaute sich um. Anna blickte zu ihrer Schwester, dann zu ihm und nickte kurz. „Gut.“ Er setzte wieder dieses falsche Lächeln auf. „Anna, nachher kommt Besuch, du verstehst? Ich werde dich hier rausholen, dann wirst du dich waschen und herrichten. Und wehe, du benimmst dich nicht. Du weißt, was dann geschieht?“ Wieder blickte Anna ihre Schwester an. „Schau mich an, wenn ich mit dir rede, Miststück.“ Sie blickte in Richtung der Laterne und nickte. „Braves Mädchen“, hörte sie, als die Tür sich schloss. Und während sie noch von außen verriegelt wurde, glitt ihre Hand unter ihren rechten Fuß, nahm das kleine, verbliebene Stück Kerze und schob es zu den Streichhölzern unter die Matratze.

(2)

„ [...] Viele Jahre später lachte sie und strahlte über das ganze Gesicht. Und ihr Strahlen war ansteckend, jeder ihrer Freunde wusste das, und diese klitzekleine Narbe der Vergangenheit trug sie unter einem Verband aus Liebe und Zuversicht.“

Es muss inzwischen Morgen sein, dachte Anna, denn nun waren die Umrisse der Tür wieder deutlich zu erkennen. Silhouetten des Grauens, das wusste sie, und doch war es der einzige Weg in die Freiheit – irgendwann. „Werden wir jemals wieder frei sein?“ Sie nahm Nadjas Hand. Es war ihr unangenehm, immer nur die Schwache zu sein, diejenige, die gehalten werden musste, statt selbst zu halten, aber umso dankbarer war sie, dass ihre große Schwester bereit war, ihr den Halt zu geben, ohne den sie hier schon längst elendig verreckt wäre.
„Du wirst noch eine lange und glückliche Zukunft vor dir haben, Anna, und all das hier wird keine Rolle mehr spielen. Vertrau mir.“

Woher sie nur immer diese Zuversicht nahm? Es klang so überzeugend und in einigen, seltenen Momenten war Anna versucht, ihrer Schwester, selbst noch fast ein Kind, alles abzukaufen. All die Geschichten von ihrer Rettung, den rosigen Zukunftsaussichten und der Zeit, die in Annas Kopf eigentlich keinen Platz mehr zu haben schien, der Zeit nach IHM.

Irgendwann öffnete sich die Tür und Anna ging mit. Was jetzt kommen würde, war ihr klar. Dutzende Male hatte sie diese Prozedur schon über sich ergehen lassen müssen und das war, außer der Stimme ihrer Schwester in ihrem Kopf, das einzig Beruhigende für die nächsten Stunden. Sie werden dich nicht töten. Noch nicht. Sie wusste, dass es so war, aber ob das eher Segen oder Fluch war, das konnte sie beim besten Willen nicht mehr sagen. Sie lebte, ja, aber wofür? Sie lebte für Nadja, die sie nie enttäuschen wollte und – das wusste sie hundertprozentig – Nadja tat dasselbe.

Kann die Seele, also das, was den Menschen ausmacht, sich vom Körper lösen? Wenn auch nur für eine begrenzte Zeit? Ist es möglich, dass man sozusagen von oben auf sich selbst herab sieht? Die Anna von früher hätte darüber gelacht und so etwas für schieren Unfug gehalten. Die gegenwärtige Anna weiß, dass so etwas möglich ist.

Die Tür ging auf und Anna wankte zurück in das Verlies. Nie würde sie es IHR Verlies nennen, nicht einmal in Gedanken – nie. Es war ein Gefängnis auf Zeit und irgendwann würde sie es für immer verlassen. Hier gab es nichts, was ihr gehörte, und erst recht nichts, das sie vermissen würde, abgesehen von ihrer Schwester, und die würde sie mitnehmen. Beide wussten, dass eine Flucht, ein Ausbruch oder eine Befreiung, wie auch immer sie aussehen würde, nur für beide gelten konnte. Sie hatten es nie erwähnt, aber es war klarer, als alles andere in ihrem Leben je gewesen war, entweder gingen beide Schwestern hier zusammen raus oder keine.

Ihre Augen tränten, aber sie weinte nicht. Weinen ist etwas, das von innen kommt, und so tief wird ER niemals gelangen. Die kleine Glühlampe, die ganz oben an der Decke angebracht ist, brannte, wie jeden Tag. Eine Schüssel mit kaltem Wasser, Seife und ein zerfetztes Handtuch lagen nahe der verdreckten Matratze. Etwas Brot und Obst daneben. Sogar eine zweite Wolldecke war ihnen gebracht worden. Welcher Luxus, dachte sie ironisch, sank auf die Matratze und schloss die Augen. Wenig später war auch Nadja wieder da, streichelte ihren Kopf und begann flüsternd zu erzählen.

(3)

„ [...] Und im hohen Alter gab es tatsächlich diesen einen Tag, den sie sich später rot in ihrem kleinen Kalender, der immer in der obersten Schublade des alten Massivholzschreibtisches lag, einrahmte. An diesem Tag hatte sie nicht einmal an IHN denken müssen.“

Zuversicht war alles, was Anna blieb, Zuversicht und innere Kraft. Auch wenn sie nie mutig gewesen war – aber wer ist das schon: wirklich mutig? – so hatten die letzten Wochen doch gezeigt, dass sie zu weitaus mehr in der Lage war, als sie es jemals gedacht hätte. Körperlich und vor allem psychisch. Wenn nicht die innere Kraft und der Halt, den Nadja ihr gab, was war es denn sonst? Nein, sie wusste, dass sie stark gewesen war bis hierher, und an diesem einen, ganz besonderen Tag, in ferner Zukunft würde sie – wenn vielleicht auch unterbewusst – wissen, warum und wofür.

Nadja war weg. Obwohl Anna sich nicht daran erinnern konnte, weggenickt zu sein, musste sie wohl doch geschlafen haben. Im faden Licht der Glühbirne hatte sie, nach dem notdürftigen Waschen und dem Hereinzwängen von einem Stück Brot und ein paar Bissen von dem alten Apfel, an die Decke gestarrt. Sekunden, Minuten und dann, irgendwann, war Nadja weg gewesen. Wieder geholt, um Qualen zu überstehen, die Anna auch hatte erleiden müssen. War es noch nicht genug gewesen für heute? Würde auch sie noch einmal den Gang durch die Tür antreten müssen? Sie strich sich eine blonde Strähne aus ihrem Gesicht und hörte sich selber knirschen. Fest biss sie die Zähne zusammen. Du bist mein Körper, dachte sie, und du machst verdammt noch mal das, was ICH dir sage.

Wie schon die letzten Tage und Wochen dachte Anna über Flucht nach. Ihr kam die Frage in den Sinn, wie lange sie jetzt überhaupt schon hier waren? Sie schaute kurz nach links und sah die 32 kleinen Striche, die Nadja in die Wand geritzt hatte. Früher hätten sie wohl beide Angst um ihre Fingernägel gehabt, doch es gab wohl nichts, was derzeit weniger interessant war als Äußerlichkeiten. Es war schon erniedrigend genug, von fremden Fingern gewaschen und „zurecht gemacht“ zu werden. Am Anfang hatte sie sich noch gewehrt, gegen alles, aber mittlerweile wusste sie, dass es am besten war, einfach wie ein Roboter zu reagieren. Wenn ER sagte: „Heb die Arme“, dann hob sie die Arme.

Nadja hatte ihr versprochen, dass es niemals 38 Striche werden würden. Wobei Anna 38 am Anfang sowieso für eine unfassbar hohe Zahl gehalten hatte. Jetzt waren es 32 und lediglich sechs Striche fehlten, um sie beide eine Illusion ärmer zu machen. Anna wollte weg, raus hier, aber wie? Verzweifelt dachte sie nach und flehte einmal mehr eine höhere Macht um Hilfe an. Auch wenn sie nie besonders gläubig gewesen war, hier unten fing sie an zu beten. Vor allem, wenn Nadja nicht da war. Sechs Tage noch, dann wurde Anna 20. Eine Zwei als erste Zahl. Ist man mit zwanzig eigentlich erwachsen? Sie wusste es nicht. Was sie aber wusste, war, dass sie sich ganz und gar nicht erwachsen fühlte. Und eigentlich, so beschloss sie, wollte sie es auch nie werden.

(4)

„ [...] Nach einem langen und glücklichen Leben schlief sie sanft ein. Es war einfach so, dass sie aufhörte zu atmen und ihre Lippen ein zufriedenes Lächeln geformt hatten. Sie hinterließ Kinder, Enkelkinder und viele Freunde, die alle stolz waren, sie gekannt zu haben und ein Teil ihres Lebens gewesen zu sein. Neben Trauer mischte sich Bewunderung für die Frau, die mehr erlebt hatte als sie alle zusammen, und dennoch nicht daran zerbrochen war.“

„Wir müssen hier raus, Nadja, ich halte das nicht mehr aus.“ Anna hielt die Kerze, von der nur wenig mehr als ein kleiner wachsiger Stummel übriggeblieben war, fest in ihrer Hand. Sie zitterte, als sie ihren Entschluss vom Nachmittag ihrer Schwester mitteilte. „Morgen wird es enden“, sagte sie mit bebender Flüsterstimme und Nadja nickte stumm. „Morgen wird es enden“, wiederholte Nadja und dann sagten es die beiden Schwestern wie ein Mantra auf. Wieder und wieder. „Morgen wird es enden.“

Abermals wurde Anna unsanft aus ihrem traumlosen Schlaf gerissen. Diesmal war es ein lautes Hämmern an der Tür. Sie wusste, gleich war es soweit. Wie schon so oft würde sie abgeholt werden. Doch etwas war anders dieses Mal. Sie war vorbereitet.
Nun ging alles ganz schnell. Die Tür öffnete sich, Anna sprang IHN an. Hielt ihn fest, kratzte, biss und schlug zu, so fest sie nur konnte. ER schien verblüfft, ahnungslos, völlig perplex und überrumpelt und DAS war ihre Chance. Nadja war schon vorgerannt und Anna lief ihrer Schwester nach, nachdem sie IHM den Schlüssel abgenommen hatte. Beide rannten sie einen Flur entlang. Plötzlich tauchten die ANDEREN auf und riefen ihnen etwas zu. Anna wechselte die Richtung in der Hoffnung, ihre Schwester würde ihr folgen. Voller Angst rannte sie von Gang zu Gang, öffnete Türen und schloss sie wieder hinter sich, bis ihr letztendlich auffiel, dass sie ihre Schwester verloren hatte. Kurz vor dem Ziel. Sie hatte gerade die letzte Tür geöffnet und war mit einem Fuß schon draußen, da stoppte sie und rief sich ins Gedächtnis zurück, was sie beide sich insgeheim geschworen hatten. „Beide oder Keine!“
Also drehte sie sich um und ging den Weg zurück, den sie gekommen war. Es dauerte nur wenige Sekunden, dann wurde sie auch schon gepackt und auf den Boden geworfen. Irgendjemand spritzte ihr etwas in die Venen und es wurde dunkel um sie herum.

(5)

Als Anna wieder erwachte, lag sie in einem weißen Raum. Sie war auf einem Bett fixiert worden, konnte sich nicht rühren, und als sie sich langsam umschaute, trat ein Mann in weißem Kittel auf sie zu. „Anna“, sagte er leise, aber eindringlich, „Anna, hörst du mich? Weißt du, wo du bist?“ „Wer sind sie?“ Irgendetwas an dem Mann kam ihr seltsam bekannt vor, aber sie konnte es noch nicht einordnen. „Ich bin Dr. Stennard. Ich bin dein Arzt, Anna.“
„Als du vor gut einem Monat bei uns eingeliefert wurdest, warst du völlig weggetreten. Du wurdest in einem Keller gefunden und warst nicht ansprechbar. Seitdem haben wir jeden Tag Tests mit dir gemacht, um herauszubekommen, was dir fehlt und wie wir dir helfen können. Denn physisch schien alles in Ordnung, wir fanden keinerlei Anzeichen dafür, dass dein Zustand körperliche Ursachen hatte.
„Nein!“, schrie Anna, „nein!“ Sie war wie paralysiert und verstand die Welt nicht mehr. Alles drehte sich um sie herum, während ihre Welt im Innern zu erstarren drohte. Sie hatte das Gefühl, ihr Herz würde implodieren und ihren Verstand mit in einen Schlund aus Wahnsinn reißen. Und während sie einen Einstich im Unterarm spürte, schwand dieses Gefühl und sie sah Nadja am Fuß des Bettes stehen. Sie lächelte ihr zu, während Annas Augen schwerer wurden und sie letztendlich einschlief.

Es dauerte einige Zeit, bis Anna wirklich verstanden hatte, was ihr passiert war. Auch wenn einiges von dem, was ihr widerfahren war, nie hundertprozentig aufgeklärt wurde, so wusste sie zumindest, dass man sie im tiefsten Drogenrausch gefunden hatte. In einem Keller, nahe ihrem Elternhaus, war sie zufällig entdeckt worden.
Ihre Schwester, so wusste Anna jetzt, hatte es nie gegeben.

(Epilog)

Wenige Tage nach ihrem achtzigsten Geburtstag schlief Anna friedlich ein und wachte nie mehr auf. Zu ihrer Beerdigung kamen viele Verwandte, Bekannte und Freunde. Und sie alle erinnerten sich an eine wunderbare Frau, die trotz vieler Schicksalsschläge ein langes, glückliches und zufriedenes Leben geführt hatte.

In einem längst vergilbtem Dokument, das man viele Jahre später unter einem Stapel Akten beim Durchsehen eines alten Büroschranks fand, war von einer Nadja Schwaab die Rede. Ein Mädchen, das von einem Serientäter in einem Verlies gefangen gehalten worden war. Aus den spärlichen Informationen, die man dort zusammengetragen hatte, ließ sich rekonstruieren, dass dieses Mädchen, das eine 33-tägige Tortur ertragen hatte, völlig verwirrt dort aufgefunden worden war. Fortwährend hatte sie nach ihrer Schwester gerufen und verlangt, man solle auch sie befreien. Nur war Nadjas Schwester bei bester Gesundheit und niemals entführt worden. Zudem hieß sie „Lea“ und nicht „Anna“!
 
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Kommentare  

Sehr ergreifend. Toll wie du dich in die Lage des Opfers hineinversetzen kannst.

doska (14.11.2009)

ein wunderschöner zu herzen gehender text.
gruß von


rosmarin (12.11.2009)

Eine hochdramatische Geschichte einer überaus tapferen Frau. Geht sehr zu Herzen. Oft wird ja über die Verbrecher geschrieben, dass man auch sie ein bisschen mehr verstehen sollte, darum finde ich es toll, dass du dich auch mal den Opfern zuwendest. Ich finde, das wird eigentlich viel zu selten getan.

Petra (12.11.2009)

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