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… oder einfach mal auf IneS hören (Teil 5)

Romane/Serien · Amüsantes/Satirisches
© Middel
Tatsächlich war die Weithmannreuter-Lippgenstein den Schlüssel inzwischen los geworden. Gott sei dank aber hatte sie ihn lediglich in meinen Postkasten geworfen. Eigentlich ganz logisch, dafür, dass ich KEINEN Schlüssel hatte. Das machte die doch absichtlich, die Alte. Als ich mich dann auch auf den Weg in Richtung Briefkästen machte, hörte ich nur, wie sie hinter mir her rief: „Und was ist jetzt mit den Krankenwagen?“ Doch das war jetzt nicht meine Sorge. Sie hatte sich die Suppe eingebrockt, sollte sie nun den Löffel in ihre zittrigen Hände nehmen und das Ganze schön langsam auslöffeln. Einen für Papa, usw.

Vor der Haustür angekommen, merkte ich erst, wie sehr mein Schädel brummte. Kein Wunder nach dem Sturz. IneS lachte und ich fragte mich, ob man eine innere Stimme eigentlich verklagen konnte. Da müsste man mal was in die Wege leiten. Die Haustür war natürlich zu und die Briefkästen befinden sich bei uns im Haus, sodass ich erst mal Sturm klingelte. Alle 11 Parteien schön mal an den Buzzer geholt und dann rein, um mir mit Gewalt das zu holen, was mir laut Mietvertrag rechtmäßig zusteht. Hatte ich mir so gedacht. Aber irgendwie schien niemand anwesend zu sein. „So ein verdammter Mist“, schrie ich auf, als sich hinter mir ein älterer Herr räusperte. Als ich mich umdrehte, erkannte ich den Nachbarn von ganz oben. Wie hieß der noch?Der war schon etwas debil, das wusste ich. Seine beiden Söhne hatten schon des öfteren versucht ihn zu einem Verbleib in einer Seniorenresidenz zu überreden. „In so eine Rentnerverwahranstalt bekommt ihr mich lebend nicht“, schallte es schon des öfteren im Hausflur. Eigentlich immer, wenn einer der beiden dicken Sprösslinge ihren alten Herrn besuchten. Meinen Namen sowie meine Existenz vergaß er auch regelmäßig. So sind sie die alten Leute. Man kann nicht mit ihnen, aber eigentlich ganz gut ohne sie. Aber ich kam ja auch grad nicht auf seinen Namen. Vielleicht sollte ich mal bei seinen Söhnen anfragen, ob sie mir einen Aufenthalt in einem Altenheim spendierten?Dann bliebe mir so einiges hier erspart. Noch immer musterte mich der Typ von oben bis unten. Er guckt schon ein wenig merkwürdig, dachte ich so bei mir. In diesem Moment war mir kalr, dass er keinen blassen Schimmer hatte, wer ich war. Eigentlich wie immer. Insgeheim hatte ich ihn deshalb auch auf den Namen „Seniore Senil“ oder auch „König des Vergessens“ getauft.

Er wollte rein, soviel stand fest. Als ich dann auch zur Seite trat, damit Herr Müßner (ja genau, jetzt fiel er mir wieder ein, der Name) aufschließen konnte, fragte er auch gleich: „Wer sind denn Sie und zu wem wollen Sie?“ Seine Augen flackerten und ich reagierte blitzschnell: „Ich trage die Zeitungen aus.“ „Ach so“, erwiderte er und ging gemächlich durch die bereits geöffnete Tür. Als ich dann hinterherschlüpfen wollte, schlug er mir das Ding direkt vor der Nase zu. „Was soll denn das?“, rief ich erschrocken. „Zeitungsverkäufer? Das ich nicht lache. Wo sind denn ihre Zeitungen? Alte Rentner übers Ohr hauen, das wollen Sie.“ Das konnte, nein, das dufte nicht wahr sein. „O.k.“, versuchte ich es nun, „Sie haben ja recht, Herr Müßner, ich bin ihr Nachbar von eins tiefer.“ Aber da war der König schon verschwunden und ich stand immer noch mit Brummschädel vor der verschlossenen Haustür.

Hinter mir war die Weithmannreuter-Lippgenstein gerade dabei mit zwei Polizeibeamten zu diskutieren und ich wollte völlig entnervt meine schiere Verzweiflung heraus schreien, als plötzlich mein Handy klingelte.

„Ey Alter“, schnauzte mich eine bekannte Stimme an, „wo bist du?“ „Ich sitz bei dir in der Wohnung und frag mich, wie ich dahin gekommen bin!“ Martin! „WO bist du?“ „Alter ich sag doch, ich bin in deiner … na ja, wenn es aufgeräumt wäre, könnte man es eventuell als Küche bezeichnen. Ich bin in deiner Wanne wach geworden. Hast du nen blassen Schimmer, wie ich dorthin gekommen bin?“ Ich dachte angestrengt nach. Der muss da tatsächlich die Nacht drin gelegen haben und selbst beim Zähneputzen hab ich ihn nicht bemerkt, ich Vollhonk. „Martin?“ „Ja?“ „Tu mir bitte einen gefallen und verlass nicht die Wohnung, hast du das verstanden?“ „Ja wo soll ich denn hin? Ich hab keine Hose an und meine Schuhe find ich auch nicht.“ „Sehr gut.“ „Was?“ „Egal jetzt. Ich steh hier unten vor der Tür und du lässt mich jetzt rein, okay?“ „Du stehst unten?“ „Ja. Lässt du mich bitte rein? Du musst nur zum Türöffner gehen und ihn drücken, Martin, machst du das jetzt bitte?“ Keine Antwort. „Martin?“ Plötzlich hörte ich meinen Namen. Hinter mir kamen dann auch zwei Uniformierte und meine Nachbarin bedrohlich nahe. „Martin?“ „Ja. Schau mal hoch.“ Da stand der Sack am Fenster und winkte, während man meinen Namen nun laut und deutlich in meine Richtung sprach. „Drück den Buzzer oder ich ...“ Und just in diesem Moment vernahm ich das bisher wohltuendste Geräusch des gesamten Tages (mal von Marias Stimme abgesehen) und huschte gerade rechtzeitig durch die Tür. Hinter mir riefen nun mehrere Stimmen meinen Namen, aber das war mir in diesem Moment völlig schnuppe. Erst mal machte ich mich daran die Treppen hochzuspurten, bevor mein lieber Kumpel Martin eventuell doch noch evor die Tür ging. Im dritten Stock angekommen, hörte ich die Haustür unten aufgehen. Mir blieb also nicht viel Zeit.
 
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Kommentare  

Hey, coole Geschichte!
Sehr gerne gelesen - und morgen zieh ich mir die bisher verpassten 4Teile rein!


Gringa (24.09.2013)

Dieser alte Mieter hat mir auch sehr gut gefallen und wer ist nun Martin? Dazu werde ich mir gleich den nächsten Teil durchlesen.

Jochen (01.04.2010)

“seniore senil“ oder auch „könig des vergessens“... habe sehr gelacht, und die story finde ich eh klasse.
hatte ich erwähnt, dass ich auch schon in rente bin? *gg* falls ja, dann hab ich es bestimmt vergessen. ;)


Ingrid Alias I (29.03.2010)

Kommt noch, kommt noch ;)

Middel (28.03.2010)

Ein Glück, dass Martin die Wohnung deines Protas in Beschlag genommen hat. Aber wie ist der Freund da eigentlich hinein gekommen? Oder habe ich etwas überlesen? Auf alle Fälle war das wieder ein köstliches Schmunzelkapitel.

doska (28.03.2010)

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