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4 Seiten

Das Weiße Königreich - Prolog

Romane/Serien · Spannendes
© Alexander
-Prolog-

Samuel spürte einen leichten Luftzug im Stollen der einstigen Mine. Vor Hunderten Jahren gruben Zwerge im Auftrag des Königs von Katalonien die Stollen in den Berg Aramis. An-fangs förderten die Zwerge reichhaltiges Eisenerz. Zehn Jahre lang. Dann wurde nur noch minderfertiges Erz gefördert. Irgendwann stellten die Zwerge die Förderung komplett ein. Es fanden sich keine weiteren Vorkommen. Ab da lag der Stollen brach.
Bis Magistrat Frederick die Mine kaufte, Teile des Stollensystems sanierte und schließlich einzog. Zusammen mit Zwei Nonnen, Schwester Helena und Maria. Sie nahmen Waisenkinder auf, versorgte sie mit einem Schlafplatz, Mahlzeiten und einer schulischen Grundbildung. Der Magistrat lebte zurückgezogen indem weitläufigen Stollensystem.
Samuel guckte um die Ecke in den abgehenden Stollen. Irgendwo fiel eine Tür ins Schloss. Vor einigen Tagen war er zu einer Strafarbeit verdonnert worden. Schwester Helena ließ ihn eine Kammer voller Bücher, Pergamentbändern, Schriftrollen und Zeichnungen aufräumen. Nur zum Essen durfte er die Kammer verlassen. Den versäumten Schulstoff musste er nach-holen. Worum sich Samuel wenig scherrte. Er gehörte zu den ältesten Waisenkindern und war alles andere als ein Vorbild.
„Ich halte das für keine gute Idee.“, flüsterte Ramon hinter ihm. In Ramon sah Samuel einen Freund, obgleich sie unterschiedlicher nicht sein konnten.
Er und Ramon waren gleichgroß. Sein Freund hatte kindliche Gesichtszüge, unschuldige Augen und war schmächtig. In seiner Art war er zurückhaltend und schüchtern. Bloß nicht auffallen.
Sie waren damals zusammen in die Waisenmine von Aramis gekommen, teilten sich ein Zimmer und gingen in dieselbe Jahrgangsgruppe. Auch wenn Ramon wenig redete, wurden sie auf Anhieb Freunde. Keine Selbstverständlichkeit unter den Waisenkindern. Es herrschte ein erbitterter Konkurrenzkampf. An dem sich weder Ramon noch Samuel beteiligten.
„Du musst im Leben auch mal was riskieren.“, sagte Samuel selbstsicher und klopfte seinem Freund aufmunternd auf die Schulter. Wirklich überzeugt wirkte Ramon nicht.
Er sah wieder in den abgehenden Stollen. Außer einem knirschen herrschte Stille. Wenn nicht jetzt, wann dann? Sie gingen in den links verlaufenden Stollen, folgten dem Verlauf und blieben letztlich vor einer runden Holztür stehen. Samuel drückte die Klinke herunter. Abgeschlossen. Ein selbstbewusstes Grinsen erschien auf seinem Gesicht.
Aus einem Lederbeutel holte er Zwei Eisenstäbe hervor. Einer war leicht gekrümmt und der andere hatte unterschiedliche Einkerbungen. Unruhig sah Ramon im Stollen hin und her. Dabei handelte es sich bei dem Stollen um eine Sackgasse. Samuel schob zuerst den ge-krümmten Stab ins Schloss, drückte ihn leicht hoch, bis er einen Widerstand spürte, und drückte weiter hoch, bis ein Klacken ertönte. Dann kam der zweite Eisenstab zum Einsatz. Vorsichtig schob er ihn ins Schloss, tastete sich über die Einkerbungen fort, bis sie eins zu eins übereinstimmten. Ein lächeln erschien auf seinem Gesicht. Geschafft.

***
Wie Hauptmann R’ak Höhlen hasste. Eng. Kein Bewegungsspielraum. Niedrig. Dazu dieser ekelhafte Gestank seiner Brüder und Schwestern. Ihm war wohl bewusst selbst keinen an-genehmen Körpergeruch zu verbreiten. Er sehnte sich nach einem Bad und einem Kampf. Der imaginäre Geruch von Blut verbesserte seine umhin schlechte Laune keineswegs. Seit Monaten versteckte sich das Heer in den Bergen von Erold und Safia, einem Zwillingsgebirge. Durch die vielen Höhlen boten sie ein exzellentes Rückzugsgebiet. Nur war sein Volk nicht für ein Leben in Höhlen und Bergen geschaffen. Freier Himmel. Weitläufiges Gelände.
R’ak bog in einen Gang ab und erreichte sein Ziel. Links und Rechts vor der Flügeltür aus Holz und Eisenstreben standen zwei Wachen. Als er eintraf, klopfte einer der Männer gegen das eingedellte Blech. Sekunden später wurde die Tür von einer dritten Wache im Inneren geöffnet. Er trat über die Schwelle in den Speiseraum des Heerführers. Der Geruch von Fleisch und Blut hing in der Luft. Beides stammte von Tieren. Er dachte daran wann er zum letzten Mal Menschenfleisch gegessen und deren Blut getrunken hatte. Unweigerlich dachte R’ak an die Köstlichkeit von Elbenfleisch und deren Blut. Das Wasser lief im Mund zu-sammen. Er drohte zu sabbern. Schnell versuchte er an etwas anderes zu denken.
„Ich habe einen neuen Auftrag für euch, Hauptmann.“, teilte ihm Heerführer Z’aka mit. Er reupste laut, spuckte einen Schleimknoll in die Bronzevase neben sich. Z’aka schlug sich gegen die Brust, reupste erneut und sah R’ka an. Nachdem er ihm den Auftrag mitgeteilt hatte, herrschte erstmal Stille.
„Umgeht alle Behausungen der Menschen. Keine unnötigen Schachmützel. Bleibt solange wie möglich unerkannt. Die Menschen dürfen auf keine Spuren stoßen.“, schärfte er seinem Hauptmann ein. „Im Zuge der erneuten Mondphase werdet ihr aufbrechen.“
„Jawohl, mein Heerführer.“
R’ak schritt aus dem Raum. Als sich die Tür hinter ihm schloss, trat eine Gestalt in einem schwarzen Umhang aus dem Schatten. „Dem Bündniswillen hoffe ich eure Entscheidung war richtig.“, sagte die Gestalt düster wie ihre Seele.
Z’aka beachtete die Gestalt nicht. „Er erfüllt den Auftrag.“, erwiderte er ungehalten über den Kommentar.
„Das sollte er auch. Sein Versagen ist euer Tod.“

***
Mit gesengten Kopf stand Ramon neben Samuel. Schwester Helena schloss die Tür hinter sich. Hinter dem großen Schreibtisch, wo es keine freie Stelle mehr gab, saß der Magistrat höchstpersönlich. Weder Ramon noch Samuel waren dem Besitzer der Mine jemals wahrhaftig begegnet. Gerüchten zur Folge verließ der Magistrat seine Räumlichkeiten nur mitten in der Nacht.
Auf einer verblassten Karte, die ausgebreitet vor ihm lag, befanden sich die Eisenstäbe mit denen die beiden Jungs in die Kartenkammer eingedrungen waren. Frederick sah von dem Einbruchswerkzeug zu der Kartenrolle, die die Junge aus seinem persönlichen Bestand ent-wendet hatten. Obwohl er keinerlei direkten Bezug zu den Waisen hatte, war er stets über alle informiert. Zumindest lagen die Berichte der Schwestern irgendwo herum. Er las sie auch, blieb bei der Entwicklung der Waisen auf dem neusten Stand und verfolgte sie auch. Vor allem die des jungen Samuels.
Die Schwestern hielten ihn für intelligent, trotz all dem Ärger, den er anstellte. Schulisch lag er im unteren Mittelfeld und tat lediglich das Nötigste. Von der Kartenrolle sah er erst zu Ramon, dann zu Samuel. Der Junge sah ihm mit erhobenen Haupt an. Während sein Freund zu Boden sah.
„Was wolltet ihr mit der Karte der Sieben Seen?“, fragte Frederick ruhig. Die Antwort kannte er bereits.
Ramon hielt den Kopf gesenkt. Am liebsten wäre er im Boden versunken. Samuel hingegen wirkte frei von jeder Schuld. In seinen Augen funkelte die Leidenschaft und Selbstbewusst-sein. „Die versunkene Stadt Okai finden.“, gab Samuel offen zu.
Der Magistrat lehnte sich in seinen Stuhl zurück, fixierte den Jungen und wirkte von der Antwort keineswegs überrascht. „Seit mehr als Tausend Jahren gilt Okai als verschwunden. Viele halten die Stadt für eine gute Nachtgeschichte. Ein Märchen.“, sagte Frederick. „Wie kommst du darauf sie zu finden? Dutzende Expeditionen fanden nicht die geringste Spur.“ An zweien hatte er selbst teilgenommen.
„Der Tempel von Sida.“, entgegnete Samuel sicher.
Jetzt war er überrascht. Mit der Antwort hatte Frederick nicht gerechnet. Er legte sein Ellbogen auf die umliegenden Bücher und beugte sich leicht vor.
Die Reaktion des Magistrat bestärkte Samuel auf dem richtigen Weg gewesen zu sein. Das aufflammende Interesse bedeutete das mehr als eine gute Nachtgeschichte dahinter steckte. Von wegen ein Märchen.
Sekunden verstrichen als Frederick sich wieder in seinen Stuhl zurücklehnte. Der Junge hatte ihn getestet. Clever. „Über eure Strafe entscheide ich später. Bis auf Weiteres habt ihr Haus-arrest.“
Die Jugendlichen verließen den Raum. Er verharrte einen Augenblick. Schließlich nahm er sich die Kartenrolle der Sieben Seen, rollte sie aus, beschwerte die Enden und sah sie sich genau an. Frederick nahm ein Buch aus dem überfüllten Regal zur Hilfe.
Stunden später schritt er mit seinem Notizblock, zwei Kartenrollen, einer Faltkarte und Zwei Büchern durch die Stollen. Die Kinder, denen er begegnete starrten, ihn mit großen Augen an. Verwundert sah ihm Schwester Maria nach. Er begab sich in die Kammer, welche Samuel als Strafmaßnahme aufräumen sollte. Das davon nichts zusehen war, interessierte ihn im Moment nicht.
Frederick räumte einen Tisch frei, breitete seine Sachen aus und begann mit seiner Suche in der Unordnung. Stunde um Stunde um Stunde arbeitete er sich durch Bücher, Blatt-sammlungen, Pergament- und Schriftrollen sowie losen Blättern. Wann genau er das ent-scheidende Blatt vor sich hatte, konnte er nicht sagen. Am Ende spielte Zeit keine Rolle. Für ihn bestand kein Zweifel. „Das ist unglaublich.“, entfuhr es ihm.
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Ende, Prolog
© by Alexander Döbber
 
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Kommentare  

Ha, du auch hier????
Na dann erst einmal ein liebes HALLO. Tolle Geschichte, wie immer!!!!
LG
Lilly


Lilly (19.04.2010)

Diesmal kommst du uns also mit einer fantastischen Story, in der wohl Elben und Menschen fressende Kraturen vorkommen. Zwei Waisenkinder entdecken alte Kartenrolle. Der Magistrat, dem das Waisenheim gehört , fühlt sich dadurch an damalige Zeiten erinnert und beginnt nun seinerseit zu suchen. Doch wonach sucht er? Das wird uns wohl erst das nächste Kapitel verraten. Flüssig geschrieben, allerdings sind so einige Rechtschreibfehlerchen dabei. Ansonsten spannend.

doska (17.04.2010)

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