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6 Seiten

Das Herz des Drachen - Kapitel 07

Romane/Serien · Spannendes
© Alexander
Als Jonas den Trupp vom General kommen sah, warnte er sofort Ben. Doch schon in dem Augenblick, wo er sie sah, wusste er, dass es zu spät war. Sie würden den Turm niemals rechtzeitig verlassen. Und wenn doch, hieß das noch lange nicht, dass sie die Kirche verließen.
„Jonas, verschwindet. Sofort!“
Noch bevor der Satz ertönte, packte Jonas Max, zerrte ihn hinter sich her, bugsierte ihn in den Beichtstuhl, folgte ihm, zog den Vorhang zu. Er war sich sicher, dass sie ihn und den männlichen Aliceverschnitt nicht gesehen hatten. Seine Hand ging automatisch zu der Pistole, die er wie Ben bei sich trug, umfasste den Griff, zog sie aber nicht heraus. Sie waren immerhin im Beichtstuhl einer Kirche. Durch einen Spalt lugte er hinaus, sah, wie der Major mit Anhang Ben und Susanne gegenüberstand.
„Du hast es also gefunden.“, hörte er den Major sagen.
„Yep. Ich war schneller.“ Er musste ihn einfach provozieren. „Mal wieder.“
Jonas war sich absolut sicher, dass der Major Ben das heimzahlen würde. Auch das auftretende Lächeln war ihm wohl bekannt. Für den Bruchteil einer Sekunde erblickte Jonas den Funksender in Ben’s Hand.
Was auch immer im Turm gewesen war, er hatte es gesprengt.
Was gut und schlecht zugleich war.
Kurz darauf führten die Söldner Ben und Susanne unauffällig aus der Kirche.
Jonas wartete 5 Sekunden, zog den Vorhang weg, eilte durchs Kirchenschiff zum Ausgang. In seinem Kielwasser folgte Max, der alles mit ansah. „Alice?“
„Ja.“
„Sie haben Ben und Susanne.“
Am Ende der Verbindung herrschte Stille.
Draußen sahen sie wie die SUV’s abbogen und verschwanden. „Log dich in die Verkehrsüberwachung. Sie sind nach Osten gefahren.“ Jonas und Max eilten über den Platz. „Zwei dunkle SUV’s.“
„Bin dabei. Was hast du vor?“ Alice hatte sich wieder gefangen.
Beim Gehen ging Jonas seine Optionen durch. Viele waren es nicht. „Keine Ahnung.“

***
Die Fahrt verlief ereignislos und schweigend. Nicht, dass Ben oder Susanne sich überhaupt unterhalten wollten. Andererseits wollte er nicht, dass sie zu schaden kam. Was nicht ganz auszuschließen war. Seine Bitte, sie gehen zulassen, kam man natürlich nicht nach. Sie gaben ihm nicht mal Kontra. So musste Ben mit ansehen, wie er im zweiten SUV Susanne im ersten Fahrzeug folgte. Zu einem Treffen mit dem General.
Auf das Wiedersehen hätte er liebend gern verzichtet. Nicht aus Scham oder Angst. Ben empfand auch keinen Hass, Groll oder Wut für den Mann. Es ging auch nicht um ihn, sondern darum, was der Mann Susanne antat, um ihn zum sprechen zu bringen. Dahingehend kannte der General keinerlei Skrupel. Ein Umstand, der Ben eine Furcht empfinden ließ, die nicht auf sein Wohl münzte.
Sie fuhren ohne Zwischenfall auf das Gelände vom Wiesbadener Hauptbahnhof, überquerten die Gleise, stoppten an einem verwaisten Bahnhofsteg abseits des Hauptstreckennetzes vom Hauptbahnhof. Auf dem Gleis stand eine zugstarke Lokomotive mit 5 Waggons.
Der Privatzug des Generals.
Auf dem Bahnhofsteg und um das Gelände des toten Gleis hielten sich bewaffnete Kräfte auf, die zum Personalkader ihres Gegners gehörten.
Mit Kabelbinder verschnürt stiegen sie aus den Autos, wurden unsanft in Richtung Zug bugsiert. Eine Handvoll Söldner stiegen zuerst ein,dann die Gefangenen. Abschließend der Rest der Wachen. Kurz darauf erhielt der Zugführer das Abfahrsignal. Woraufhin sich der Zug in Bewegung setzte.
Man führte die 2 vom dritten Waggon in den zweiten. Die Waggons waren mit automatischen Schiebetüren untereinander abgeschottet. Um sie zu öffnen, musste man in ein Tastenfeld eine Kombination eingegeben. Sobald der Sicherheitscode akzeptiert wurde, entriegelte sich die verstärkte Schiebetür und ging auf. Der gesamte Zug war kugel- und explosionssicher. Es bedurfte einer Armee, um überhaupt hineinzugelangen. Was aber keine Garantie dafür war, ihn auch wieder lebend zu verlassen.
Der 2. Waggon war der persönliche Waggon des Generals. An der Einrichtung hatte sich seit seinem letzten Besuch nicht viel geändert, wie Ben feststellte. Es gab alles, was man brauchte, um ein Söldnerkommando zu leiten ohne auf die privaten Annehmlichkeiten zu verzichten, die das viele Reisen mit sich brachte. Der Waggon war mit einem splitterabweisenden Teppich ausgelegt, der lärmdämmend war. Die Wände hatten hinter der Rotbuchen-Vertäfelung einen 7 Zentimeter dicken Stahlplattenmantel mit Kevlar Einlage. Das Inventar war zweckdienlich. Schreibtisch. Computer. Internetanschluss. Telefon für Videokonferenzen. Couchgarnitur. Bar. Flachbildschirm. Stereoanlage. Ein 5.1 Dolby Digital System. Ein Bücherregal mit Klassikern und Fachliteratur zu allerlei Themen. Hinter der verstärkten Tür im hinteren Bereich lag ein Doppelbett. Ein Kleiderschrank mit einem geheimen Waffenfach. Eine Kommode, ebenfalls mit einem Waffenfach ausgestattet.
Der Zug strotzte vor Feuerkraft, mit der man locker irgendwo einen Krieg führen konnte.
Bewohnt wurde der Waggon vom General. Einem Mann von 1 Meter 90, breitschultrig, mit kräftigen Brustumfang, kurzen ergrauten Haaren, ledriger Haut, einer kantigen Gesichtsform und harten Augen. Er hätte gut ein Boxer sein können oder jemand der mit harter Arbeit sein Geld verdiente.
Der Mann legte den Telefonhörer auf, als seine Gäste eintraten, sah kurz die Frau an, ging um den Konferenztisch aus mattierten Glas und Chromgestell. „So sieht man sich wieder.“, begrüßte der General den männlichen Part seiner unfreiwilligen Gäste kühl. „Mein Sohn.“

***
Susanne konnte nicht fassen, was sie soeben gehört hatte, entsprechend blickte sie zu Ben, der ihren Blick nicht erwiderte, sondern seine Augen auf den Mann gerichtet hielt, der sich als sein Vater ausgab. Die steinerne Miene des Mannes, der ihren Tod wollte, weil sie etwas gesehen hatten von dem sie damals nicht wusste, was es bedeutete, bekam kurzweilig Risse, ein Sekunden langes Schmunzeln, als er ihre Verblüffung bemerkte.
Ben hatte ihr und Max nicht die ganze Wahrheit erzählt, was seine Vergangenheit mit dem Söldnerbund betraf. Der General war sein Vater, oder Erzeuger (kam auf die Sichtweise an). Sie hatten jedoch nie eine wirkliche Vater-Sohn Beziehung. Er diente unter dem Mann, der sein Vater und Befehlshaber zugleich war. Schweigend, aufrecht stand er in der Höhle des Löwen.
„Deine Freunde und du habt euch als hartnäckig erwiesen.“ Sein Vater sprach nicht wie ein Vater. Er ließ es an allem Mangel, was man mindesten von einem Vater gegenüber seinem Sohn erwarten konnte.
„Danke.“ Ben wusste, dass das nicht als Kompliment gemeint war.
Der General ging nicht auf die Bemerkung ein. „Ihr seid zu einem Ärgernis für mich geworden, mein Sohn.“ Er verschränkte die Arme hinter den Rücken. Seine kalten Augen ruhten auf Ben. „Doch euer Tun wird mich nicht daran hindern, das Herz des Drachen in meinen Besitz zu bringen.
Auch wenn du glaubst, der Vorfall in der Kirche ändere das.“ Dass er von der Sprengung der Glasscheibe wusste, überraschte Ben nicht. Der Major hielt ihn über alles am Laufenden. Er war die rechte Hand des Generals. „Ich werde mir die Allmacht des Artefakts sichern. Weder du noch sonst irgendjemand wird mich daran hindern.“
Genau aus diesem Grund hatte Ben entschieden, sich gegen seinen Vater zustellen, ihn zu bekämpfen mit allem was er aufbieten konnte. Was im Vergleich zu den Möglichkeiten des Generals bei Weitem nicht ausreichte. „Das werde ich zu verhindern wissen.“
Der Major trat vor. „Wie willst du das anstellen, Bruderherz? Indem du die Glasscheibe sprengst!“, höhnte sein Bruder und Sohn des Generals. „Wir haben die Unterlagen vom Professor. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir das Artefakt gefunden haben.“ Der Hass des Majors gegenüber Ben war unüberhörbar. Sie waren nie wirklich Brüder gewesen, mehr Rivalen, Konkurrenten.
Ben wandte sich seinem Bruder zu. „Dumm nur, dass du ihn erschossen hast und nicht weißt, was er alles wusste und nicht niedergeschrieben hat.“ Aus diesem Grund wollten Ben und sein Vater Professor Stein lebend. Dann hätte man ihn zu Mitarbeit bewegen können (auf die eine oder andere Weise), sein Wissen nutzen können, um das Artefakt vor dem jeweils anderem zu finden.
In den Augen seines Bruders loderte der Hass. Er war unbeherrscht, besaß eine Aggression, die mehr schadete als hilfreich war. Schon des Öfteren hatte der Major dadurch Dinge getan die vollkommen unsinnig und ihrem zutun unzuträglich waren. Sein Bruder grunzte. „Wir brauchen ihn nicht. Genauso wenig wie dich.“ Er schaute zu Susanne. Eine animalische Gier lag in seinen Augen, die sein Bruder nur zu gut kannte.
Ben trat vor sie. „Rühr sie an und ich werde dich töten.“
Die Drohung ließ den Major diabolisch sein Gesicht verziehen. „Der gute Samariter.
Du wirst sie genauso wenig beschützen können wie das Herz des Drachen.“
Der General kehrte zu seinem Schreibtisch zurück. „Bringt sie in die Zellen.“

***
„Nette Familie, die du da hast.“, meinte Susanne sarkastisch.
Sie saßen in jeweils einer Zelle. Der Zellentrakt lag im hinteren Abteil des vierten Waggons war vom Rest des Abteils durch eine Stahltür abgetrennt. Die Zellen waren Zwinger für Menschen. Die Gitter waren im Boden und in der Decke verankert und verschweißt. Die Zellentüren wurden über eine Konsole am Traktdurchgang kontrolliert. Von dort aus konnte man sie öffnen und schließen. Es gab daher kein Schloss, das man knacken konnte.
„Man kann sich seine Familie nicht aussuchen.“, erwiderte Ben seelenruhig. Er saß auf der Pritsche an der Wand gelehnt.
Wie er so ruhig dasitzen konnte, verstand Susanne nicht. „Nein, aber einem sagen, dass diejenigen die einen versuchen umzubringen, Vater und Bruder sind.“
Ben blieb gelassen. „Ich hielt es nicht für wichtig.“, log er wohlwissend,dass sie es als Lüge sehen würde.
Sie gluckste ohne eine Spur von Heiterkeit. „Du bist ein schlechter Lügner.“
„Muss ich wohl von meiner Mutter haben.“
„Wie kannst du so ruhig dasitzen?“, wollte Susanne wissen.
Da ging die Trakttür summend auf. Zwei Söldner traten ein. Einer ging den kurzen Gang entlang, blieb vor ihrer Zellentür stehen. Sein Kamerad bediente die Konsole, öffnete Susanne’s Zelle.
Unschlüssig schaute sie zwischen den Söldnern und Ben hin und her. Irgendwie hatte sie das Gefühl, er hatte damit gerechnet.
„Los. Der General will mit ihnen sprechen.“
„Wieso?“
Der Söldner trat genervt in die Zelle, packte Susanne grob, zog sie auf die Beine und schubste sie hinaus. „Bewegung, Kleine oder ich mach dir Beine.“ Dabei sah der Mann grinsend zu Ben.
Sie folgte den Söldnern aus dem Zellentrakt, ahnungslos was der General, Ben’s Vater, von ihr wollte.

***
Als feststand das die SUV’s in Richtung Hauptbahnhof fuhren, wusste Jonas wohin sie Ben und Susanne brachten. Zum Zug des Generals. Mit dem war der Söldnerboss stets unterwegs, wenn sein Tross in Europa haltmachte. Der Zug war sein rollendes Hauptquartier, eine Festung auf Gleisen.
Sie kannten ihren Aufenthaltsort, was gut und schlecht zugleich war. Ein Befreiungskommando kam nicht in Frage. Dafür verfügten sie nicht über die Mittel und Personal, also stand ein Frontalangriff außer Frage.
Auch alle anderen Möglichkeiten, die Jonas gedanklich durchging, würden den Zug nicht knacken, geschweige ankratzen. Schon gar nicht, während der Zug eins der weitverzweigten Schienennetze Europas befuhr. Ob der Zug aber stand oder fuhr, änderte nichts an der Tatsache das sie nicht die geringste Chance hatten, Ben und Susanne daraus zu holen.
Ein Umstand der Jonas gar nicht gefiel. Denn was auch immer die 2 im Turm sahen, der General würde nichts unversucht lassen, es aus ihnen herauszubekommen. Selbst wenn das bedeutete seinen eigenen Sohn zu foltern.
Er nahm sein Handy zur Hand, wählte eine Nummer, wartete bis der Anruf entgegen genommen wurde.
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Ende, Kapitel 7
© by Alexander Döbber
 
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Kommentare  

Oh,oh, der arme Ben und auch Susanne, es sieht nicht gerade gut für sie aus.

Petra (08.01.2011)

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