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6 Seiten

Schatten der Rebellion /erotische Geschichte 12

Fantastisches · Kurzgeschichten
© rosmarin
Als Klara aus der Bahn steigt, wird ihr gar wunderlich zumute; sie schaut auf in den Himmel, der unwirklich tief über ihr hängt.
Nur manchmal lichtet sich eine Wolke, der Mond zeigt für einen Moment sein verkratertes Gesicht.
„So ein dunkler Himmel“, murmelt Klara, „so ein dunkler Himmel, nicht ein Stern zu sehen.“
Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend schlendert Klara zu dem grauen Gebäude, betritt die geräumige Eingangshalle, wartet vor dem Fahrstuhl auf den Lockeren Frank.
Lockerer Frank. Klara muss lachen. Da ist was dran. Mit ihr geht er ja auch ziemlich locker um. Jedenfalls im Fahrstuhl. Bei diesem Gedanken spürt sie schon wieder die Nässe zwischen ihren Schenkeln.
Pünktlich auf die Minute kommt er, nein, erscheint er, der Lockere Frank, und verbreitet seinen ganz eigenen Glanz in der tristen Eingangshalle.
„Grüß dich Klara.“ Freundlich zwinkert er Klara zu. „Bist du bereit?“
Klara nickt, der Fahrstuhl hält, sie steigen ein. Der Lockere Frank zündet gelassen seine schon gestopfte mexikanische Pfeife an, raucht genüsslich. Der süßlichherbe Duft hüllt Klara und ihn und den engen Raum in eine wundersame Rauchtraumwolke. Im dritten Stock drückt der Lockere Frank auf Stopp.
Klara knöpft die Perlmuttknöpfe ihrer weißen Bluse auf.
Franks Blicke liebkosen fordernd ihre kleinen festen Brüste, die stark erigierten Nippel und nickt leicht. Das ist eine Aufforderung.
Sofort spreizt Klara ihre Beine mit den halterlosen schwarzen Strümpfen und dem roten Spitzenrand, drückt ihren Rücken an die Fahrstuhlwand, rollt sich den schwarzen Ledermini, unter dem sie kein Höschen trägt, bis zur Taille, reckt ihre Arme in die Höhe, wartet.
Der Lockere Frank lächelt zufrieden. So mag er es. Klara ist eine geile Fahrstuhlgeliebte. Langsam zieht er den Reißverschluss seiner Sommerlederhose - er hat noch eine Winterlederhose - mit einem Ratsch auf, sein stark erigierter Penis springt angriffslustig hervor.
Klara seufzt tief auf. Die Nässe zwischen ihren Beinen glitzert verräterisch. Sie lächelt, schließt die Augen. Bebend spürt sie, wie der Lockere Frank langsam auf sie zukommt. Seine großen Hände öffnen wie selbstverständlich ihre frisch rasierte Scham. Ohne weiteres Vorspiel stößt er drei Finger in ihre Öffnung. Er fickt sie so heftig, dass sie nach wenigen Minuten laut stöhnend zuckend über seiner Hand zusammenbricht.
„Dreh dich um. Bück dich”, fordert der Lockere Frank, „Ärschlein in die Höhe.”

*
Nach einigen Minuten steigen Klara und der Lockere
Frank im fünften Stock aus. Klara noch etwas zitternd. Die Nachwehen dieses animalischen Geschehens drohen sie immer tiefer in einen Sumpf aus Geilheit, Begehren, Lust und Abscheu zu ziehen. Pulsieren noch immer wild durch ihren Körper. Wie vor fünf Wochen. Zu Beginn der Proben zu Schatten der Rebellion. Gleich am ersten Tag standen sie sich im Fahrstuhl gegenüber. Es hatte sofort gefunkt.
Der Lockere Frank mag es hart. Sehr hart. Er stöhnt noch etwas nach, sagt: „Geil Klara. Du bist die Schärfste. Auf morgen. Variante zwei.”
Variante zwei. Klara überkommt ein leichter Schauder. Wie jedesmal, wenn Variante zwei an der Reihe ist. Gestern glaubte sie gar, ersticken zu müssen, als der Lockere Frank seinen doch beachtlichen Schwanz tief in ihrem Rachen versenkt und als Wiedergutmachung, wie er sich ausdrückte, sie danach im Stehen von vorn genommen und leidenschaftlich geküsst hatte.
„Auf morgen”, sagt sie leise.
Sie zittert noch immer. Die Flammen, die der Lockere Frank geschlagen hat, werden noch lange auf ihren Wangen brennen. Und nicht nur auf ihren Wangen. Sie werden sie vollends von innen verbrennen und allmählich zu Asche werden lassen.
Klara hängt ihren Mantel an die Garderobe, streicht den Ledermini glatt, erst vorn, dann hinten. Danach geht sie langsam in den Aufenthaltsraum und legt ihr Textbuch auf den langen, blanken Tisch.

Rice sitzt an der Stirnseite des Tisches auf Klaras Stammplatz, versunken in sein Manuskript mit den ungleichmäßig abgeknickten Eselsohren, den Kopf versteckt zwischen seinen aufgestützten Armen.
„Hi!“ Klara setzt sich ihm gegenüber. „Auch schon da?“
Der Lockere Frank holt Kaffee, den der Regieassistent schon zubereitet hat. Einen für Klara, einen für sich. Einen Augenblick starrt er verträumt vor sich hin, dann zu Klara. Bevor er trinkt, zieht er noch einmal genießerisch an dem goldbraun schimmernden Holz seiner mexikanischen Pfeife.
Mit einem lüsternen Blick schaut Klara ihm zu. Sie denkt an die andere Pfeife, die Lust, die Albträume, den Schmerz, die sie heraufbeschwört, und versinkt in den grauen Wölkchen, die wie kleine Engelchen aufschweben zu der niedrigen Decke des großen Raumes.

Rice lässt keinen Blick von Klara. Sie ist sich sicher, dass er von dem Techtelmechtel im Fahrstuhl weiß, selbst scharf auf sie ist und sie deshalb bei jeder Gelegenheit schikaniert. Gern wäre er an Franks Stelle. Das hat er mehr als einmal signalisiert. Doch er ist nicht Frank. Er hat keine mexikanische Pfeife. Keine hölzerne. Und keine fleischliche. Das vermutet sie zumindest.
Wieder durchlebt Klara den animalisch groben Fick im Fahrstuhl, genießt das Brennen, den schier unerträglichen Schmerz, als Franks Hände sie weiten, bevor er laut aufstöhnend von hinten in sie eindringt. Wollüstig erregt, versinkt sie in Franks frivolfrechen Augen, während Rice sie begehrlich anschmachtet.

Nach und nach trudeln die Kollegen ein, trinken Kaffee, erzählen den neusten Klatsch, blättern oberflächlich in ihren Textbüchern.
Rice hat kein Wort mehr gesprochen, auch der Lockere Frank nur geraucht.
„Die Probe beginnt.“
Der Regieassistent erhebt sich von seinem Stuhl, alle schlendern in den Proberaum.
Der Lockere Frank setzt sich auf den Stuhl neben dem Souffleusentisch, stellt seinen Kaffee neben Klaras Textbuch, streckt seine langen Beine aus, raucht genüsslich weiter.
Rice wird noch unruhiger, er ist als erster dran und bleibt schon beim ersten Satz stecken.
„Ich bin ein Schatten der Rebellion …“, souffliert Klara. „Ich bin ein Schatten der …“
„Nicht so dezent Klara“, rügt Rice unsicher, „wie geht’s weiter? Wie geht’s weiter? Ich verstehe nichts ... lauter …“
„Schaff dir ein Hörgerät an“, murmelt Klara genervt.
„Wie bitte?“
„Ich bin ein Schatten der Rebellion …“, souffliert Klara lauter.
Zu ihrer Verwunderung tanzt sie plötzlich über der Pfeife des Lockeren Frank, steigt auf zur Decke, schwebt über die Verkabelungen, die Spotleuchten, breitet sich aus, wie ein riesiger Fächer, sinkt dann hunderttausend Funken sprühend wieder herab auf ihren Stuhl.
‚Soll der doch sein Buch nehmen.‘
Rice nimmt sein Buch, zupft ziellos die Seiten, sieht nichts, begreift nichts, spürt jedoch das Unerklärliche im Raum. Das Schwüle. Unheimliche. Nicht Fassbare.
‘Wer weiß, was das wieder für ein Zeugs ist, mit dem der Lockere Frank seine Pfeife gestopft hat‘, denkt Klara, ‘der wird mich und alle anderen noch total verrückt machen.’

Still ist es, niemand wagt, sich zu regen, nur der Lichtmann taucht die Bühne und den ganzen Raum mit seinen wie im Kino aufgerichteten Holzsitzen in nebligen Dämmer.
‚Setz dich auf den Boden.‘ Klara kichert hexisch.
Rice setzt sich auf den Boden. Vergeblich ringt er mit seinem Gedächtnis. Der Text fällt ihm nicht ein. Klaras Soufflieren versteht er nicht. Verzweifelt richtet er sich auf, klopft verwirrt an seine bleichnasse Stirn.
„Ich bin ein Schatten der Rebellion …“
Klara schüttelt ihr langes Haar, Goldflimmer zwischen den roten Strähnen, wie einen regennassen Mantel. Unzählige Seifenblasentröpfchen fallen schillernd von der Decke, verfangen sich in dem glänzenden Haar, lassen es funkeln und sprühen.
Rics Hände sind verkrampft, seine Augen starr auf Klara gerichtet, dann auf das für ihn versiegelte Buch.
‚Steh auf! Schleudere dein Textbuch auf den Boden!‘
Rice erhebt sich mühsam, starrt zu Klara, wirft sein Textbuch auf die dunklen Holzdielen.
Über Klaras Gesicht laufen die Tränen.
„Was ist denn nur los heute?“ Der Regisseur hat eine kleine Stimme. Auch ihm ist etwas mulmig. Wie all die anderen kann er sich das Geschehen nicht erklären. „Wir machen erstmal eine Pause“, schlägt er vor. „Esst mal was von dem irischen Whiskykuchen, den meine Frau gebacken hat.“

Alle setzen sich in die Manege, in der Rice noch immer wie geistesabwesend hockt, und essen schweigend von dem irischen Whiskykuchen.
Klara will nicht, der Lockere Frank auch nicht, er raucht weiter, hüllt Klara immer dichter in seinen Duft.
An Klaras Schenkeln klebt noch immer die Erregung.
Die bunt schillernden Seifenblasentröpfchen glänzen und glitzern und werden zu Klaras Hochzeitskleid. Darunter sitzt der Lockere Frank, öffnet ihre Beine, taucht seine opiumgetränkte Zunge tief in ihre Öffnung, stößt immer heftiger zu, bevor er erschöpft vom Quell des Lebens trinkt und stirbt.
Klara stöhnt laut auf, presst ihre Schenkel zusammen, wimmert.
„Willst du nicht auch ein Stück von dem irischen Whiskykuchen?“
Klara will keinen irischen Whiskykuchen. Wie kann der Lockere Frank es wagen, sie aus ihren Träumen zu holen? Wo sein Kopf doch eben noch zwischen ihren Schenkeln steckte? Sie seine fickende Zunge spürte?
Klara will weg. Nur weg von diesem Ort. Der Bräutigam ist tot, gestorben zwischen ihren Schenkeln. Übrig geblieben nur ein winziges Seifenblasentröpfchen. Wie in Trance steht sie auf, sammelt die leer getrunkenen und leer gegessenen Teller und Tassen ein. In der Kochecke spült sie sie ab, stellt dann jedes Teil fein säuberlich auf ein dafür vorgesehenes Regal.

„Die Probe geht weiter!“, ruft der Regieassistent.
Klara will nicht mehr proben. Sie geht zum Örtchen, putzt gewissenhaft ihr Klo. Auch hier hat sie es mit dem Lockeren Frank getrieben. Nachts. Nach der Probe. Wenn alle anderen gegangen waren. Sorgfältig wäscht sie sich die Hände unter dem tropfenden Wasserhahn.
‘Man müsste ihn mal entrosten’, denkt sie.
Im fast erblindeten Spiegel sieht sie ihr Gesicht, bleich, mit goldenen Fünkchen in den hellen Augen unter roten Locken. Sie schiebt ihren Rock bis zum Nabel, tastet zwischen ihre Beine, dringt in die feurige Nässe.
„Der Bräutigam lebt“, freut sie sich.

Glücklich wankt Klara in den Proberaum zurück und packt ihre Tasche. Das Textbuch lässt sie auf dem runden Souffleusentisch liegen, die Leuchte brennen. An der Garderobe schlüpft sie erleichtert in ihren Mantel, wankt langsam wie eine Schlafwandlerin dem Ausgang zu.
„Die Probe geht bis zweiundzwanzig Uhr, Klara.” Der Regieassistent versperrt ihr den Weg. „Du kannst jetzt nicht gehen. Wir brauchen dich.“

Klara versteht nicht, was der Regieassistent von ihr will. Wütend schlägt sie ihm die Tür vor der Nase zu, rennt die fünf Stockwerke hinab auf die Straße.
Irgendwann bleibt sie stehen, ringt nach Atem, schaut in den Himmel der Nacht. Sie hat ja geahnt, dass heute alles anders sein würde, als sonst. Der Mond strahlt jetzt hell auf sie herab. Schnell läuft sie weiter zur S-Bahn. Die Bahn steht schon da. Im letzten Augenblick springt sie hinein. Die Türen schließen sich. Klara sinkt auf einen freien Platz. Spreizt die Beine. Tastet nach dem Bräutigam. Die Menschen auf den Bänken rekeln ihre Gesichter zu seltsamen Grimassen.
„Ich bin nicht tot!“
Klara schreit, stürzt zur Tür, fällt in die Arme eines Mannes.
„Bist du der Bräutigam?“
„Ja“, sagt der Mann, der aussieht wie der Lockere Frank und doch so gar keine Ähnlichkeit mit ihm hat.

*
Am nächsten Tag ruft der Regieassistent an.
„Klara“, sagt er, „hör auf mit dem Mist. Komm sofort zur Probe.“
„Ich komme nicht mehr.“
Vorsichtig legt Klara den Hörer auf die Gabel. Sie kann nicht zur Probe kommen. Nie wieder. Sie wird überhaupt nirgends mehr hinkommen können. Wer würde verstehen, dass sie ein zweites Ich hat, ein Ich, das ihr böse Dinge einflüstert, wundervolle Dinge, schamlose Dinge, Dinge, die man nicht ausspricht, Dinge, die sie nur teilt mit dem Bräutigam, der vom Quell des Lebens getrunken hat und gestorben ist zwischen ihren Schenkeln? Wer würde verstehen, dass sie nie wieder tun wollte, was sie nicht tun will? Wer würde verstehen, dass die letzte Nacht ihre Schicksalsnacht war?
Glücklich lächelt Klara den Mann, der aussieht wie der Lockere Frank und doch so gar keine Ähnlichkeit mit ihm hat, an. Lasziv rekelt sie sich nackt auf ihrem Bett. Wollüstig spreizt sie ihre Beine. Sie ist bereit, den Mann nochmals tief in sich aufzunehmen.
„Komm, sei mein Bräutigam.“

*

Der fremde Mann wäscht das blutige Messer sorgfältig in der Spüle ab. Mit einem verächtlichen Blick auf Klara wischt er das Blut mit einem Geschirrtuch ab. Dann steckt er es gelassen zu den anderen Steakmessern in die Halterung auf der Arbeitsplatte und verlässt seelenruhig Klaras kleine Wohnung.

***
 
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Kommentare  

@michael - danke auch für diesen kommentar, denk an das blutige messer.
gruß von


rosmarin (06.04.2011)

Eine sehr spannende Fantasy-Geschichte. Gekonnt hast du es vermocht, knisternde erotische Spannung aufzubauen, die aber wiederum - durch den Tod des Bräutigams - schnell in ein Desaster, in einen wahren Albtraum mündet, den auch der neue Bräutigam - der nicht vom Quell des Lebens getrunken hat, der deshalb auch nicht möglich macht, dass Klara jemals wieder zur Probe erscheinen könnte - mehr aufheben kann.
LG. Michael


Michael Brushwood (06.04.2011)

hallo, ingrid und doska, habt ganz lieben dank. albtraumhaft - jepp. meine vorliebe.
grüß euch


rosmarin (06.04.2011)

Beklemmende, aber auch erotische Andeutungen, die vielleicht mehr sagen, als manch ein deutliches Wort. Interessanter und schön geschriebener Text.

doska (05.04.2011)

subtil, gewaltig und überzeugend wie ein albtraum...

Ingrid Alias I (05.04.2011)

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