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3 Seiten

Der Weg durch die Wüste

Fantastisches · Kurzgeschichten
Seine kurzen Beine trugen ihn über Sand, Stein und Geröll. Sein Ziel wähnte er in Maon, der Stadt des Sultans und er folgte einem ausgetre-tenen Pfad, auf dem er zahlreiche Hufabdrücke von Kamelen sah, die ihm den rechten Weg wiesen. Den beschwerlichen Fußmarsch erleichterte er sich mit dem Zählen der Schlangen und Skorpione, die er mit seinem Wanderstock vertrieb und mit der Betrachtung der Natur.
Kurz nach Verlassen der Oase wurde die Vegetation sehr schnell karg und spärlich. Nach einem letzten Umwenden war ihm, als ob sich die Dattelpalmen der Oase mit ihren hohen Wipfeln und sattsamem Grün, zum Abschied leicht hinter ihm verneigen würden. Aber es war nur der Wind, der sein Spiel mit ihnen trieb. Das Büffelgras wurde rasch niedri-ger, seine Schritte sicherer. Schon erblickte er mächtige Säulen riesiger Sukkulenten und kleinere Tamarisken. Nun befand sich Mukhtar mitten in der Wüste, die auch jetzt kurzweilige Blickfänge für ihn bereithielt. So entdeckte er die verwischten Spuren von kleinen Wüstenbewohnern. Er ahnte, hier bald noch mehr zu sehen, legte eine kleine Rast ein und hoffte auf die Dinge, die da kommen könnten. Und wirklich: Kaum, dass er regungslos verharrte, tauchten zwei Springmäuse auf, die, sich lustig neckend, eine Düne hinab kugelten. Das sah so imposant aus und klang so putzig, dass er dieses Schauspiel mit angehaltenem Atem aufgeregt verfolgte: Zuweilen schossen kleine Sandfontänen auf, die sich mit einem aufgeregten Piepsen vermischten, so dass er sich nur mühsam ein Lachen verkneifen und somit die nötige Ruhe halten konnte. Kurz vor seinen Füßen richteten sich die beiden kleinen Kobolde auf, setzten sich auf ihre kleinen Hinterläufchen, putzten ihre schnurrbärtigen Schnuten und verschwanden spurlos im Sand. Mukhtar lachte nun endlich lauthals, ob diesen Vergnügens und setzte seinen Weg fort.
Allmählich setzte ein Wind ein, der immer heftiger wurde und ihm, sehr zu seinem Verdruss, das Gehen arg erschwerte. Der Wind blies ihm Sand in die Augen, so dass er, nach langer Zeit des Kämpfens, entrüstet stehen blieb, um sich seinem Ärger über diesen sinnlosen Kampf, Luft zu machen:
„Sag mal Wind! Meinst du nicht, dass du dich schämen müsstest, mir ständig ins Gesicht zu blasen? Und als wenn das nicht schon genügen würde, wirfst du auch noch mit Sand nach mir, lässt mein Gesicht brennen wie Feuer und streust ihn mir in die Augen! Sag mal, findest du das in Ordnung? Statt deinem einzigen Wanderer weit und breit die Ehre zu geben, ihm etwas Marscherleichterung zu schenken, fährst du ihm voll entgegen, hemmst ihn und beraubst ihn seiner wenigen Kräfte, von denen er eigentlich alle zum Laufen braucht. Um es einmal ganz deutlich zu sagen: Zum Kämpfen ist mir meine Kraft jetzt im Augenblick einfach zu schade! Auch steht mir nicht der Sinn danach! Und außerdem, ich finde das ausgesprochen unfair und ungerecht von dir, Wind! Wahrscheinlich hat dir das noch keiner gesagt, aber du hast voll ein Rad ab!“
Der Wind nahm, so als hätte er Mukhtars Zorn verstanden, plötzlich zu und trieb ihm den feinen Sand noch heftiger ins Gesicht.
„Gut Wind, ich gebe es ja zu, dass meine Position dir gegenüber nicht die beste ist. Aber was ist, wenn ich dich bitten würde? Deine Stärke ist ja nun in Ordnung! Ich bewundere auch deine Kraft, die schier unerschöpf-lich scheint. Auch deine Art, wie du mit dem Sand spielst, ist beachtlich, nicht von der Hand zu weisen und ich kenne nichts schöneres, was mit deiner Art, grazile Sandbauten zu errichten, vergleichbar wäre, aber wenn ich dich darum bitten dürfte, mir nur noch eine kleine Kostprobe deines großen Drehvermögens zu zeigen, so würdest du den unermesslichen Reigen deines großen Könnens vollenden und mich zum glücklichsten Menschen der gesamten Wüste machen!“
Kaum hatte Mukhtar die letzten Worte ausgesprochen, drehte sich der Wind und blies Mukhtar, im wahrsten Sinne des Wortes, vor sich her. „Warum nicht gleich so!“, erfreute sich Mukhtar und ergab sich dem Spiel des starken Gesellens. Und schon nach kurzer Zeit tauchte die fremdartige Skyline von Maon, der Sultanstadt vor den Augen Mukhtars auf. Voller Kraft versuchte er nunmehr seinen Lauf zu verlangsamen, um ihn schließlich vollends zu bremsen:
„Wahrlich, das muss die Stadt des Sultans sein, von der mir der weise Ibrahim einst erzählte!“, schnaufte der bucklige Wandergeselle. „Mal sehen, ob ich dort mein Glück machen kann! An mir soll es nicht liegen, da ich nun weiß, wie man jene fremde Menschen, die möglicherweise als Freunde taugen, erkennt! Oh, die Stadt scheint zum Greifen nah. Gleich will ich mit der kräftigen Hilfe meines fauchenden Freundes ihre Stadttore erreichen! Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie lange es ohne meinen großen Pustefix gedauert hätte, diesen tollen Aussichtspunkt hier zu erreichen? Aber, die Strapazen waren groß, oh, wie mir meine Füße schmerzen! Aber, was soll’s! Mein Vater der alte Schuhflicker sagte immer: „Müßiggang ist aller Laster Anfang! Noch bevor die Sonne den Saum des Horizontes küsst, will ich eines der Stadttore erreicht haben!“
 
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Kommentare  

Und noch eine Fortsetzung, die von Mukhtar handelt. Bin gespannt, was ihn in der Stadt erwartet.

Gerald W. (19.01.2012)

Ich bin richtig neugierig was Mughtar in der Sultansstadt erleben wird.

Else08 (18.01.2012)

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