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MAON-DIE STADT DES SULTANS: Ein Bettler in der Fremde

Fantastisches · Kurzgeschichten
Endlich erreichte Mukhtar Maon - die sagenumwobene Sultanstadt. Der Wind hatte ihn gleich nach seiner Ankunft verlassen, um in die Wüste zurückzukehren. Mukhtar stand nun vor einem der zahlreichen Stadttore und klopfte sich den Staub aus den Kleidern.
„He da!“, rief einer der geharnischten Torwächter, noch ehe Mukhtar ein Wort sagen konnte, „Bleib ja draußen! Bettlerpack haben wir genug hier, die haben keinen Zutritt!“
Mukhtar schaute den unfreundlichen Wächter freundlich an und erwi-derte: „Also zum ersten: Ich heiße nicht „Heda“ sondern Mukhtar.
Zum zweiten: Bin ich kein Bettler, sondern der ehrbare Sohn eines noch ehrbareren Schuhflickers, Gott sei seiner armen Seele gnädig!
Und zum dritten: Habe ich hier in der Stadt des großmächtigen Sultans eine Verabredung mit dem Glück, sozusagen einen wichtigen Termin für mein künftiges Leben! Also sei so gut, und lass mich jetzt hier rein, denn“, er schaute den Soldaten sehr streng an und hob den Zeigefinger, „auch du mit deiner gesicherten Beamtenlaufbahn, solltest das Glück und die Glückstermine anderer niemals herausfordern oder versuchen sie zu verhindern!“
Der Soldat war baff! Solch eine Ansprache hatte er von so einem Dahergelaufenen nicht erwartet und so ließ er Mukhtar, unfähig einer Widerrede, das Stadttor passieren.
Maon empfing Mukhtar, mit der alles überstrahlenden Schönheit des verschwenderischen und pompösen Sultanpalastes. Er war innerhalb der Stadtmauern nochmals von dicken und hohen Mauern umgebend und schien das gesamte Stadtbild von allen Seiten her zu bestimmten.
Gleich außerhalb dieser Palastmauern, in dessen Festen sich schlanke Minarette, dickleibige Türme und besonders ein großer, schwülstiger Rundbau befanden, waren es die kleinen weißen Bauten der wohlhabenden Stadtbevölkerung, die sich wie ein weitausladender Ring um den Palast schloss. Große Straßen durchzogen die Bauten einem Stern ebenso ringförmig. Die Grenze zu den wohlhabenden Bürgern bildete ein tiefer Graben, der gleich eines Feuerschutzgrabens kreisförmig einen Steinwurf weit weg die letzten Häuser der schöne Altstadt von den buckligen Katen der armen Stadtbevölkerung trennte. Weiter hinten, unweit des Sultanspalasts, entdeckten seine Augen die Silhouette eines seltsamen, hohen, in der Sonne gleisenden Gebäudes, dem ein großer weiter Platz vorgelagert war. Dorthin versuchte er seine Schritte zu lenken. Doch dieses Stadtviertel schien nicht so einfach erreichbar zu sein. Er irrte durch die Straßen und Gassen des ärmlichen Viertels, sah schreckliche Armut, hörte babylonisches Sprachgewirr und roch den Gestank der Gosse, der zu allem Überfluss auch noch mit unabdingbarem Ungeziefer, wie Fliegen und Moskitos, einherging.
Er blieb verwirrt stehen und erkannte, wie wirklich groß der abgrundtiefe Gegensatz, nicht nur wegen des tiefen Grabens, der leicht zu überwinden war, zwischen dem goldenen Palast und den stinkenden Hütten war. Doch das schien ihm noch nicht genug und er forschte weiter, durchstreifte alle möglichen Ecken und Winkel und kam zu der ernüchternden Erklärung:
„Bei allen Heiligen und beim Scheitan! Wie kann man nur in dieser Armut überleben, wenn man täglich diesen Reichtum, den man nie erreichen kann, vor Augen haben muss? Das ist ja so, als ob man verdurstend vor einem großen und kristallklaren See liegt und darf nicht daraus trinken!“ Er stockte: „Ach, was sollen diese absurden Gedanken? Ich habe Hunger und sonst nichts…!
Ein schwaches Miauen riss ihn aus den Gedanken. Er schaute auf den Boden und erblickte ein kleines buntgetigertes Kätzchen, das schnurrend um seine Beine strich. Das Kätzchen schien ganz jung, war dürr wie eine Bohnenstange und machte einen struppigen und erbarmungswürdigen Eindruck. Mukhtar entfloh nur ein: „Oh, eine kleine Miezekatze!“ Er beugte sich herab, nahm sie auf den Arm, streichelte und liebkoste sie und flüsterte: „Na du kleines Kätzchen, hast du auch so großen Hunger wie ich?“ Die Katze miaute kläglich, so als ob sie ihn wirklich verstanden hätte und presste sich wie zum Zeichen, das ihr neuer Beschützer Recht hatte, schutzbedürftig gegen seine Hand. Dabei zitterten ihre schlohweißen und langen Barthaare gemeinsam mit ihren antennenartigen Tasthaaren über den grünen Augen und signalisierten in gleicher Weise Angst und Ergebenheit. Dann begann sie ihre scharfen Krallen auszufahren und mit ihren kleinen aber spitzen Zähnen verspielt in Mukhtars Finger zu bohren. Mukhtar lachte verstehend und rief mit verstellter Besorgnis: „Mich kannst du aber nicht fressen! Ich bin ungenießbar! Schau, Mietzchen! Leider habe ich weder etwas zu Fressen noch etwas zu Saufen für dich! Das einzige, was ich dir schenken kann, ist ein Name! Der ist zwar auch nichts zum Fressen, aber immerhin!“ Er machte eine kurze Pause und erklärte: „Ich werde dich Amina nennen! Was hältst du davon?“ Die Katze schnurrte, fuhr sich mit ihrer kleinen rosafarbenen Zunge durchs Fell und begann im Anschluss Mukhtars Finger zu lecken. Mukhtar rief: „Mietzchen, das kitzelt! Was hast du nur für eine Kraft in deiner rauen Zunge!“ Dann lächelte er zufrieden, streichelte das Kätzchen noch einmal, setzte es wieder auf den schmutzigen Boden und rief: „Suche dir was zum Fressen! Ich glaube, dass dir das schneller gelingen wird, als mir…!“
 
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Kommentare  

Das Bild ist toll und passt ganz zu diesem Verträumten Kapitel. Ganz authentisch beschreibst du Maon - die sagenumwobene Sultanstadt. Ich bin gespannt wohin du uns noch entführen wirst.

Else08 (20.01.2012)

Amina, ein wunderschöner Name. Ob das wohl wirklich ein Zufall ist, dass ihm diese kleine Katze begegnet? Na, vielleicht interpretiere ich auch zuviel da hinein.

Gerald W. (20.01.2012)

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