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5 Seiten

Der Schrei

Nachdenkliches · Kurzgeschichten
© T Timdeck
Der stumme Schrei…


Gerade, als Frau Noll, das herrliche Blütenmeer im Blumenkübel vor ihrer Haustür, mit Wasser versorgen und übergießen wollte, bemerkte sie das langsam fahrend Polizeiauto in ihrer Straße.
„Was…, oder wen, suchen die denn hier?“ fragte sie sich Frau Noll, mit sorgenvollem Blick.
Ihr Augenmerk, war weiter auf das Auto gelenkt, und sie verschüttete, durch ihre Unachtsamkeit, das Gießwasser, direkt über ihre Schuhe.
Sie konnte den Blick, einfach nicht vom Polizeiauto abwenden.
Erneut fragte sie sich, was das zu bedeuten habe. Nichts gutes, da war sie sich sicher.
Ein Eigenartiges, überaus ungutes mulmiges Gefühl, beschlich sie.
Sogleich sprach sie, leise, zu sich selbst: “Mich werden sie nicht suchen. Meine Hiobsbotschaft, die Botschaft vom Unfall meines Mannes, habe ich vor Jahren überbracht bekommen. Ich habe keinerlei Verwandten mehr, ich bin jetzt alleine!“ Mich werden sie bestimmt nicht suchen.
Es wurde Frau Noll, noch heute zwei Jahre später, schwer um Herz, wenn sie an den Unfall und den tragischen Tod ihres Mannes, dachte.
Die Gedanken an die damalige schlimme Nachricht, lies sie heute wie damals auch- wieder schwermütig werden und frösteln.
Den daraus resultierenden schweren Schicksalstag, und die folgende Tage, die sie nur in einem betäubungsähnlichen Zustand, nur ganz langsam und allmählich erwachend überstand, kamen ihr sofort wieder in Erinnerung.
Hilflos stand sie damals da. Alleine gelassen stand sie da.
Nur ihre netten Nachbarsleute, die Familie Hahn, war in der schlimmen Zeit tröstend an ihrer Seite.
*
Jetzt blieb das Polizeiauto abrupt stehen. Direkt bei den Nachbarn. Bei Familie Hahn.
„War nicht…, gerade erst, vor wenigen Minuten, Irmi von der Schule heim gekommen? murmelte sie mit grüblerischer Miene.“
Gefolgt von einem leichten Schauder, der über ihren gebeugten Rücken kroch, hielt sie unbewusst andächtig, den Atem an.
Aus einer inneren Angst heraus, folgend, ging sie instinktiv, in die Einfahrt der Nachbarn.
Die Polizisten klingelten.
Mit ernsten Gesichtern, warteten sie geduldig, leise miteinander flüsternd auf das Öffnen, der Tür.
Gerade als sie erneut, neugierig um die Ecke blinzelte, öffnete Irmi den Polizisten, die Tür.
Es wurden einige Worte gewechselt.
Irmis freundliches Lächeln, wich augenblicklich aus ihrem zarten Gesichtchen, und Frau Noll war sich sicher einen entsetzten stummen – „Aufschrei“ von Irmi vernommen zu haben.
Mit verschossenem Gesicht, mit starren leeren Augen blickte Irmi die Polizisten ungläubig an. Das registrierte Frau Noll, mit einem tiefen Seufzer, besorgt beobachtete sie das unwirkliche Geschehen.
Sorgenvoll beobachtete sie weiter…
Ihre Brust hob und senkte sich mit jedem Atemzug, und zeitweise schien es als ob sie, vor lauter Angst, die Luft anhalten würde.
Und da…, ganz plötzlich drehten sich die Polizisten um.
Sie wandten sich mit eiligen Schritten, fast schon flüchtend, von Irmi ab.
Irmi stand bewegungslos, wie eine Statue, im offenen Türrahmen.
Sie trug noch die Sommerjacke, mit der sie aus der Schule kam.
Scheinbar hatte sie noch nicht einmal Zeit gehabt, um ihre Schulgarderobe abzulegen, dachte Frau Noll, wieder besorgt.
Und da plötzlich!
Ohne Vorwarnung-, stürzte Irmi wie gehetzt, an Frau Noll vorbei.
Das Entsetzten in Irmis Augen, diese Leere im Blick, lies nun auch Frau Noll erstarren. Bestürzt folgte sie dem weiteren Geschehen.
Im vorbei Hasten hörte sie einen qualvollen, schmerzvollen, markerschütternden Schrei.
Ein Schicksalsschrei, der ihr nur allzu bekannt vorkam…
Wie damals, dachte Frau Noll erschrocken. Wie bei mir, wie sich das Schicksal seinen Weg, durch unsere beschauliche ruhige Straße hier bahnte, ist wahrlich erschreckend.
Erschreckend! Flüsterte Frau Noll erneut, noch immer tief erschüttert, über die Folgenschwere, Beobachtungen um Irmi herum.
Die sie, an dem vormals so herrlichen Tag, bis zur Mittagszeit herrlichen Tag, gemacht hatte.
Das arme Kind, dachte sie, und sie schaute Irmi mit sorgenvollem Blick nach.
Es war ihr nicht gelungen Irmi festzuhalten oder aufzuhalten.
Irmi hatte sich sogleich von Frau Noll Hand losgerissen, und war weiter schreiend, die Straße runter gerannt. Gehetzt, wie vom Teufel verfolgt rannte Irmi immer weiter, bis sie aus dem Sichtfeld von Frau Noll verschwunden war.
Irmi, Irmi..., schrie sie, Irmi, noch nach. Doch vergebens.
Jetzt murmelte sie nur noch den Namen von Irmi. Sie hoffte, dass Irmi sie doch noch hören würde, und letztendlich zurückkommen würde.
*
Doch vergebens, Irmi ward ab diesem Tage nicht mehr in der Straße gesehen …
Frau Noll machte es sich zur Aufgabe, über das Haus der Hahns zu wachen, und auf Irmi zu warten.
Täglich versorgte sie die Blumen und stapelte die Post im Flur in einem großen Weidenkorb.
Nachdem Irmi schon drei Wochen verschwunden war übernahm Frau Noll die Beerdigung von Irmis Eltern. Mit der Gewissheit, dass die Familie Hahn auch für sie alles getan hätte, war es ihr ein Bedürfnis nun uneigennützig zu Helfen.
Was kann ich sonst auch tun, fragte sie sich täglich. Warten…, und da sein, wenn Irmi sich wieder gefangen hat, und endlich wieder nach Hause zurückkommt.
*
Es vergingen Monate, und Frau Noll hütete das Haus Hahn weiter, wie ihr eigenes. Tag für Tag.
Morgens…, ging sie rüber, und stellte für Irmi frisches Obst, und ein stärkendes Frühstück hin.
Mittags…, deckte sie den Tisch neu ein, und brachte eine wärmende Suppe mit, da es mittlerweile Herbst, und draußen kalt geworden war.
Abends ..., brachte sie belegte Wurst- und Käsebrote und verweilte einige Minute in der Wohnung, bevor sie Heim ging.
Das arme Kind..., seufzend schüttelte sie jedes Mal den Kopf, wenn sie mit schleppenden Schritten, wieder in ihr Haus zurückging.
Irmi wo bist du?
Flüsterte sie täglich wiederholt- komm nach Hause Irmi, ich bin für dich da...
*
Nach Monaten des Hoffens, entscheid sie sich in die Kirche zu gehen, und um Unterstützung von Oben, Gottes Hilfe zu erbitten…
Frau Noll suchte die Kirche, hoffnungsvoll, auf.
Schon lange hatte sie diesen Weg aufgeschoben. Da sie damals mit Gott haderte, als er ihr so plötzlich den geliebten Mann an ihre Seite, genommen hatte. Doch jetzt wollte sie Gott bitten, Irmi zu beschützen und sie zurück zu schicken. Sie würde ihr beistehen, wenn Irmi nur endlich den Heimweg finden würde.
Die schwere Kirchentür quietschte beim Öffnen. Sie hatte viel Mühe die alte Eichentür aufzudrücken. Als sie dann endlich den Innenraum betrat, verschlug es ihr fast den Atem, voller Andacht ging sie mit schweren mühsamen Schritten, Schritt für Schritt in Richtung Altar.
Das Holzkreuz auf dem Altar zog sie sofort in seinen Bann. Langsam faltete sie ihre Hände und sie senkte voller Andacht den Kopf.
Leise kamen ihre Worte, gebrochen und stotternd, fast schon flehend, über ihre Lippen.
Ach Herr Gott, verzeih, dass ich erst heute wieder den Weg zu dir finde. Ich habe dir Vorwürfe gemacht, als du mir das Liebste genommen hattest. Doch jetzt komme ich für ein verlorenes Menschenkind, das deine und meine Hilfe benötigt.
Irmi, sie heißt Irmi- ach ich vergaß du kennst, uns ja, alle. Du weißt was passiert ist.
Ich mache mir unendlich viele Sorgen um das Kind. Wie kann ich es finden? Kannst du mir helfen? Es ist jetzt Winter, da muss sie doch heim kommen. Die Kälte wird ihr doch arg zusetzen, da bin ich mir sicher…, wir müssen dem Kind beistehen und für es sorgen, du und ich.
Gerne würde ich, die Sorge um das Kind, mit dir teilen, und mich Kümmern …
Schick sie Heim. Schick sie zu mir, ich werde für sie da sein, und ihr über den Verlust und Schmerz hinweg helfen. Mit deiner Hilfe, Herrgott im Himmel, wird es mir gelingen.
Ein wunderschönes Abendlicht kam durch das Kirchenfenster, es streifte den Altar, und verweilte wundersam auf dem Antlitz der alten bettenden Frau Noll. Sie zündete eine Kerze für Irmi an, die ihr endlich den Weg heim, zeigen sollte.
Abrupt drehte sie sich seufzend um, sie verlies ohne ein Wort die Kirche. Jetzt hörte sie keine quietschende Eichentür mehr, sie ging Gedankenverloren durch die kalte, stille Nacht zurück...

*
Gerade als sie die Haustür aufschloss, vernahm sie ein eigenartiges Geräusch, sie blickte gelassen in Richtung Hahne Haus, und flüsterte: “Ach nein so schnell, geht’s dann doch nicht mit einem Wunder. Der Herrgott hat Irmi bestimmt nicht sogleich gefunden. Bei so vielen armen verlorenen Seelen wird er mir nicht gleich meinen Wunsch erfüllen können …!“
Beschlichen von einer ungewöhnlichen Unruhe, in ihrem Innern, beschloss sie rüber ins Haus Hahn, zu gehen.
Über die Monate, war die Stromversorgung längst abgeschaltet worden, nur die von ihr,jeden Abend, aufgestellten Kerzen in den Fluren, zeigten ihr die Wege zu den einzelnen Zimmern.
Sie konnte das eigenartige Gefühl nicht deuten das sie beschlich. Mit zögerlichen Schritten folgte sie dem „stummen Aufschrei“ den sie zu vernehmen glaubte. Endlich hatte sie das obere Stockwerk erreicht. Ihr Blick fiel in Irmis Zimmer auf Irmis Bett. Trotz des spärlichen Kerzenscheins, und dem unruhigen Flackern der Kerze, erkannte sie sofort Irmi, die zusammen gekrümmt im Bett lag..
Endlich…, du bist wieder hier flüsterte sie andächtig, zu Irmi gewandt. Sie schlug die Arme hoch und anschließend faltete sie die Hände zum Gebet. Gerade wollte sie, dem Herrgott danken- als sie bemerkte, dass Irmi, in das Dunkel des Himmels, aus dem Fenster starrte.
Kein Wort verließ in diesem Moment der Anspannung, ihren Mund. Taumelnd tastete sie den Sessel suchen durch das Zimmer. Mit der Hand die Sessellehne fühlend, lies sie sich, einer Ohnmacht nahe, in den Sessel fallen.
Sie sah das entspannte Gesichtchen von Irmi und flüsterte: “Jetzt bist du endlich zu Hause, ich habe solange schon auf dich gewartet mein Kind. Ihr seid jetzt zusammen, vielleicht ist es am Besten so für dich…, wenn ich dich auch nur zu gerne behütet hätte, ich wäre gerne für dich da gewesen Irmilein!“
*
Den Rest der Nacht saß Frau Noll bei Irmi im Zimmer und wachte bei ihr. Am nächsten Morgen verließ sie nachdenklich und mit schweren Schritten das Haus. Sie zog die Haustür, die die ganzen Monate, für Irmi immer offen stand, jetzt fest ins Schloss.
Kopfschüttelnd ging sie und mit den Worten:“ Wenn du meinst Herrgott, dass dies mein Wunsch gewesen sei, hast du mich falsch verstanden!“
Aber vielleicht ist Irmi bei ihrer Mutter, und ihrem Vater im Himmel, da oben, jetzt am richtigen Platz, sinniert sie voller Andacht.
Ich denke, eines Tages wirst du uns alle wieder zusammen führen, es liegt nicht in meinen Händen, es liegt ganz allein in deinen Händen..., flüsterte sie in Richtung Himmel blickend.
 
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Kommentare  

Hallo Tim.

Zuallererst muss ich loswerden, dass ca. 100 Kommas und Punkte zuviel gesetzt wurden in deiner Geschichte, dass macht es um Einiges schwerer sie zu lesen.

Die Geschichte an sich ist interessant und bietet sicher einen netten Auftakt zu etwas Größerem.
Aber obwohl man dieses schreckliche Ereignis aus dem Blickwinkel einer anscheinend mitfühlenden Person durchlebt, kommen keine Gefühle für die Personen in der Geschichte auf. Dafür hetzt du viel zu schnell durch das Ereignis und wirfst hier und da nur ein paar Bilder ein und die Sprache, sowie die Zeichensetzung, wirken auch etwas distanzierend. So als ob jemand völlig Emotionsloses die Frau Noll an und zu beobachtet und Zeitungsartikelmäßig seine Beobachtungen kurz niederschreibt.

Ich werde mal die Fortsetzung abwarten um zu sehen, wie sich das Ganze jetzt noch entwickelt.

Gruß Christian


Jingizu (01.03.2012)

Danke, für deinen kommentar Francis Dille. Als nächstes schreibe ich, die geschichte, aus der sicht der polizisten.Ich hoffe, dass du dann wieder lesen kommst.Ich werde mir heute die zeit nehmen und deine seite hier bei webstories durch lesen.LG Tim

T Timdeck (01.03.2012)

Eine ergreifende Story.

Francis Dille (29.02.2012)

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