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DAS LÖWENHÄUPTIGE STÖCKCHEN: Auf Rafid Raff El Giers Ratschluss...

Fantastisches · Kurzgeschichten
Seit dem Wettkampf zwischen Mukhtar und Murad Marat Hon waren schon einige Monde ins Land des Sultans gegangen. Der Wettkampf hatte das Leben von Mukhtar entscheidend verändert. Er durfte sich seit seinem Sieg gegen Murad Marat Hon, 1.Leibläufer des Sultans nennen, besaß alle Attribute und Vergünstigungen eines freien und hochgestellten Mannes und durfte in die Gemächer Murad Marat Hon´s einziehen, die sein athletischer Gegensacher, im Tausch gegen den Kerker, verlassen musste.
Der Sultan indes, hatte aus Sicherheits- und anderen Beweggründen, einen Bannkreis um seine Tochter ziehen lassen! Ein Bannkreis, dem seine Tochter nicht entfliehen durfte. Diese Beweggründe hatten nicht etwa das Wohl der Prinzessin im Auge, nein, sie gingen ganz einfach auf die Vergnügungssucht des Sultans, der keinen Zoll seines Lebensstandards aufgeben wollte, zurück. Die Sklavenpreise waren, seit das Reich der Mitte das Land mit Sklaven nur so überschwemmte, im Keller. Der Weltmarkt diktierte die Preise. Die Importe wurden immer teurer und die Sandaktie verlor immer weiter an Wert. Die mächtigen Goldreserven, die der Sultan als guter Herrscher für sich angehäuft hatte, wollte er auch nicht angreifen! Noch nicht, dazu ging es ihm wirklich noch zu gut, also nicht schlecht genug. So war guter Rat teuer…

Rafid Raff El Gier, der Schatzmeister des Sultans, kam ihm eines schönen Tages plötzlich mit einer, wie er sagte, genialen Idee. So riet er dem Sultan, seine fehlenden Finanzen doch einfach mithilfe Shakiras Anmut und Schönheit zu sanieren. El Gier, wusste von einem märchenhaft reichen Schah aus dem fernen Persien, der auf Freiersfüßen im gesamten Morgenland nach einer jungen, hübschen ersten Frau für seinen Harem Ausschau halten würde. Diese Kunde klang wie eine erlösende Musik in des Sultans Ohren. Shakira stieg plötzlich auf unschätzbarem Wert und wurde zu dem kostbarsten Juwel in seinem Besitz. Ein Juwel, das es fortan galt, mit allen Mitteln zu schützen. So sorgte er schnell dafür, dass seine wunderschöne Tochter, ihre wertvolle Jungfernschaft ja an keinen anderen Mann verliert. Der Sultan ließ sogar eiligst ein Gesetz verabschieden, das jeden mit dem Tode bestrafen sollte, der sich der Prinzessin auf 10 Schritte näherte. So formierten sich vor Shakiras Gemächern dieser Bannkreis in Form furchtloser Gesellen, die jedoch, genauso wenig, wie der Sultan selbst, mit der Klugheit und der List der Prinzessin rechneten…! Diese hatte es nicht versäumt, dem Kurs des Sultans heimlich, aber mächtig gegenzusteuern und sich, gemeinsam mit Mukhtar, eigens von einer alten Kräuterfrau, eine geheime Schlafmohntinktur zu besorgen, die dabei half, die ständig durstigen Wachen (die nichts gegen einen guten Schluck einzuwenden hatten) jeden Abend verlässlich in die Arme Morpheus zu schicken. Gut! Aber der Palast schien für ein Treffen auch völlig ungeeignet, denn seine Wände und Türen besaßen Ohren, seine Winkel und Nischen wachsame Augen und seine Wege und Stege kürzeste Verbindungen zu Sultan, Großwesir und Schatzmeister, so dass sich Intrige und Verrat immer rasanter entwickeln konnten, als eine leicht zerbrechliche Romanze. Es blieb ihnen also nur die letzte Möglichkeit: Der östliche Vorhof – verschwiegen und unbewacht. Und dort trafen sie sich so oft wie möglich und genossen die wenigen Augenblicke ihres Zusammenseins, träumten sich in eine bessere Zeit und sannen, wie sie die Pläne des Sultans durchkreuzen konnten…!

Die Qualen einer Liebe
„Ach Mukhtar, wie können wir den Sultan nur von dieser hirnrissigen Absicht abbringen, mich nach Persien zu verkuppeln? Ich weiß nicht, wie es mit uns nun weitergehen soll! Ich war blauäugig wie eine echte Perserkatze und dumm wie Schaf! Wie konnte ich nur annehmen, dass nach dem Wettkampf alles gut werden würde? Oh, ich bin so verzweifelt! Der Sultan hat überall seine Spione! Vielleicht weiß er in diesem Moment bereits über uns Bescheid, das wäre dein Todesurteil! Was können wir nur tun?“
Mukhtar schwieg und schaute sie traurig an. „Shakira, meine Angebetete! Wenn der Sultan Bescheid wüsste, wären wir nicht mehr zusammen und ich wahrscheinlich ein toter Mann!“
„Ein toter Mann!“ Sie flüsterte es mit unsagbar traurigen Augen und schmiegte sich fest an ihn.
„Da sei Gott vor“, presste er heraus. „Siehst du Shakira, du hast dir einen erbärmlichen Liebsten gesucht! Einen, der arm ist, und der deinem Vater nichts bieten kann!“ Er streichelt wie mechanisch, aber sanft über ihren Kopf und starrte unverwandt in die Finsternis. Der Wind, von der Wüste her, zauste ihr Haar, rüttelte an seinen düsteren Gedanken und beschenkte ihn mit einer Idee.
„Ich bin zwar arm, wie eine Wüstenmaus! Zuweilen auch ein Taugenichts und Tunichtgut! Was ist aber wenn…?“
Seine Augen begannen zu leuchten und er rief mit einer fast übermütigen Stimme:
„Stell dir doch einfach mal vor, dass dein Bräutigam in spe, also dieser Schah von Persien, gar nicht so superreich wäre, wie behauptet wird! Was hat der denn zu verkaufen, außer Sand? Was hat der denn außerdem noch?“
Er schaute Shakira begeistert an, konnte aber nur Unverständnis in ihren Augen lesen.
„Wie wir wissen, ist die Börsennotierung für Sand schwer gefallen, also kann es mit dem Reichtum dieses Möchtegern-Bräutigams gar nicht so weit her sein? Was schließen wir daraus?“
Shakira starrte ihn noch immer ungläubig an, doch ihr dämmerte, was Mukhtar damit sagen wollte und sie rief begeistert:
„Wir stoßen schnell unsere Sandaktien ab und verkaufen!“
An seinem Blick erkannte sie, dass diese Antwort nicht richtig war. Er schaute sie eindringlich an. Sie versank im tiefen Nachsinnen und rief endlich:
„Und wenn die Antwort wieder falsch ist! Wir schließen daraus, dass der Schah von Persien ein Hochstapler ist, der meinen Vater, den Sultan über den Tisch ziehen will!“
„Ja, du hast Recht!“, Mukhtar freute sich und setzte mit der Miene eines Verschwörers nach:
„Streu dieses Gerücht am Hofe! Nicht gerade unter dem Siegel der Verschwiegenheit. Am besten wird es sein, wenn es Aischa als erste erfährt! Dann die Lakaien, Höflinge und Sklaven! Und du wirst sehen, dass es wie ein Wüstensturm durch die tristen Gemächer des Lakaiensaals und später auch durch den Thronsaal blasen wird! Und wenn das Gerücht dann bis zum Großwesir durchgedrungen ist, ist der Weg bis zum Sultan nur noch reine Formsache!“
Shakira schlang ihre Hände um Mukhtars Hals, zog sich hoch, küsste ihn und flüsterte begeistert:
„Ja, Mukhtar, das ist ein guter Plan. So gerät Rafid Raff El Gier ganz schön in Erklärungsnotstand und er wird dem Sultan, wegen dieses Schahs, ganz viele unbequeme Fragen beantworten müssen! Außerdem wird der Schah genötigt sein, seine Vermögenswerte offen zu legen! Das wird ein Spaß! Aber Moment mal…!“ Shakira war von einer Sekunde auf die nächste aschfahl geworden und begann mit weinerlicher Stimme zu stammeln:
„Aber, aber wenn, aber wenn es sich herausstellt, dass…, dass der Schah doch so unermesslich reich ist? Wenn sich herausstellt, dass er mich von meinen Vater einfach so kaufen kann? Oh Mukhtar, dann können wir nichts mehr ausrichten! Dann sind wir verloren!“
Shakira begann leise zu schluchzen und zu weinen. Haltlos bebten ihre Schultern und sie verbarg ihren Kopf an seiner Brust. Mukhtar drückte sie fest an sich, streichelte sie sanft und schaute mit großen nachdenklichen Augen empor zu den Sternen. Er senkte den Kopf und lächelte plötzlich still für sich. „Ist ja gut mein Kleines!“, flüsterte er liebevoll, überlegte kurz und fuhr präzise und sachlich fort: „Wie waren gleich die Bedingungen, die der Schah an seine Braut knüpfte?“
Shakira überlegte schluchzend: „Na, seine Braut soll: Jung, anmutig, schön und jungfräulich sein!“, erklärte sie mit Tränen erstickter Stimme!
„Der alte Bock!“, ereiferte er sich, „Vielleicht segnet er das Zeitliche, der alte Tattergreis, bevor er seine knochigen Gichtfinger nach dir ausstrecken kann?“
Sie schluchzte erneut: „Nein, nein Mukhtar, damit solltest du nicht rechnen! Wenn der mich einmal in seinen Fängen hält und stirbt, was meinst du, was dann kommt? Ich werde dort nie wieder rauskommen! Aus dieser Gruft, aus diesem Harem, aus diesem Serail! Und wenn ich wieder herauskäme, weißt du, was dann geschähe?“
Mukhtar schüttelte stumm seinen Kopf.
„Na, ich wäre eine Gefangene. Man würde mich als V.I.P.-Gefangene zu Höchstpreis weiter verschachern! Ich will gar nicht weiter denken wohin!
Shakira hatte sich in Zorn geredet. Sie zitterte vor Wut und Ohnmacht, als sie Mukhtar noch fester an sich presste und sanft streichelte:
„Da sei Gott vor!“, hörte sie seine tonlose Stimme. Doch dann schüttelte er ihr sanft die Schultern, wischte ihr Zorn und Tränen aus dem Gesicht und rief freudig:
„Was meinst du, wenn der Schah dich zu sich holen will?“ Er dachte kurz nach und begann seinen Gedanken neu zu formulieren und sprach plötzlich wieder in seiner trotzigen, jungenhaften Art, die keinen Wider-spruch duldete:
„Also er kommt zu dir, um dich zu sich zu holen! Er sieht dich und du hast einen Babybauch!“
„Babybauch?“ ihre Augen leuchteten, sie schüttelte ihr langes, schwarzes Haar und schaute ihn mit einer Mischung aus Liebe und Mitleid an: „Das wäre schön mein lieber Mukhtar. Ich hätte gern ein Kind von dir! Es ist zwar eine Superidee, denn besser lässt sich eine geplatzte Jungfernschaft nicht beweisen, aber leider wäre es auch dein sicheres Todesurteil. Ich denke nur an Vaters Gesetz, an die Speichelprobe, an den genetischen Fingerabdruck und du kennst doch die anderen, diversen Vaterschaftstests! Des Sultans Labor wird nach der Geburt unseres Kindes auf Hochtouren laufen, alle Kerle testen und dich als Vater ausspucken. Und das war’s gewesen – du weißt doch, das neue Gesetz! Da fackelt Vater nicht mehr lange!“
Mukhtar knirschte mit den Zähnen und erklärte zynisch: „Ja, ja, der liebe Scharfrichter! Aber Murad Marat Hon, dieser Schakal dieser undankbare Hund, Murad Marat Hon darf leben! Er sitzt in seinem luxuriösen Einzelkerker und das Schlimmste: Er hat nicht mal Fernsehverbot! Mehr noch, die Wache musste eigens für diesen Gefangenen ein Parabolspiegel am Turm befestigen. Und zu allem Überfluss muss der nicht mal so richtig hart brummen, sondern er genießt Sonderbehandlung, das heißt: Er hat Freigang und viele andere Vergünstigungen! In Wahrheit hätte er laut Wettkampfreglement den Tod verdient! Aber so, um die Dinge mal beim Namen zu nennen, spaziert Murad Marat Hon ungehindert durch den Palast, schnüffelt da, intrigiert dort, nur zum Schlafen begibt er sich in seinen Kerker, wo schon seine Sklavinnen auf ihn warten!“
Shakira wirkte plötzlich von Mukhtars Bissigkeit wie angesteckt. Sie ballte die Fäuste und schimpfte empört: „Ja, ja, der große Sultan: Freund aller Kabalisten und Beherrscher aller Titelblätter: Meinst du, der will es sich mit den Medien verderben? Der zieht hier mit Murad Marat Hon eine Schmierenkomödie ab und bei der nächsten großen Schlagzeile, die von diesem Schnellläufer ablenkt, ist Murad Marat Hon´s schmachvolle Niederlage vergessen und das alte Stutengesicht ist wieder frei! Frei, verstehst du? Richtig frei, mit vielleicht noch mehr Macht, als je zuvor!“
Mukhtar schaute Shakira erschüttert und niedergeschlagen an:
„Du hast Recht mein liebes! Die nächste Schlagzeile aus der Yellow Press könnte lauten:
Prinzessin Shakira schwanger!
Prinzessin schweigt zu Kindesvater beharrlich.
Sultan erlitt einen Schlaganfall!
Schah droht wegen geplatzter Hochzeit mit Sanktionen!
Ach Shakira du Liebe, du Herrin meines Herzens, du begingst einen folgenschweren Fehler. Der Großwesir befahl Murad Marat Hon´s Hinrichtung und du hast sie schlicht und ergreifend verhindert. Diese Tatsache fällt uns nun auf die Füße. Und da ist noch der Schah von Persien! Fragt sich nur ob es der Schah oder der Scharfrichterwer ist, der uns vernichtet! Beide fangen mit "S" an!" Mukhtar lachte höhnisch und aller Kräfte beraubt...
 
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Kommentare  

Shakira und Mukhtar überlegen hin und her, wie sie es verhindern könnten, dass der alte Schah von Persien sie zu seiner Frau nimmt. Spannend. Da wollen wir mal sehen, was uns das nächste Kapitel bringt.

Gerald W. (08.03.2012)

Obwohl ich Murad Marat Hon nicht gerade besonders mag, muss ich sagen, dass es mich freut, dass er nicht enthauptet wurde. Allerdings hat er wohl nichts von seiner Hnterhältigkeit verloren. Der Sultan bleibt auch so wie er ist. Er gönnt seine Tochter Mukhtar einfach nicht. Die soll der alte Schah von Persien bekommen, damit der Sultan zu mehr Reichtum kommt. Da ist für das Liebespaar wirklich guter Rat teuer. Ein lebendiges und humorvolles Kapitel.

Else08 (07.03.2012)

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