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9 Seiten

Ahrok 2.Band - 24. Kapitel

Romane/Serien · Fantastisches · Fan-Fiction/Rollenspiele
© Jingizu
Vierundzwanzigstes Kapitel: Jonas

Sie kamen noch an etlichen weiteren Steinmetzwerkstätten, Krankenstationen und Klassenzimmern vorbei. In vielen standen andere Statuen, die auffallend große Ähnlichkeit mit dem robbenden Torso hatten, jedoch waren diese hier völlig unbelebt. Auch diese Räume hatte man in großer Eile verlassen. Es gab jedoch nirgends Anzeichen eines Kampfes. Keine Kratzspuren, keine Leichen, kein Blut.
Alles war einfach nur still und dunkel. Das Wenige, was ihr Lichtquarz erhellte, zeugte von Geschäftigkeit und Leben, aber hier war kein Leben mehr. Nur noch Reste. Die Fliehenden hatten nichts mitgenommen und diejenigen, die nach ihnen kamen, hatten ebenfalls alles liegen lassen.
Und so waren alles, worauf sie stießen, nur noch alte, staubige Gebrauchsgegenstände. Veraltete und verrostete Werkzeuge, schimmliges Verbandszeug und vergorene Tränke sowie diese alten Lehrbücher über Elementarismus, Mathematik, Geschichte und Sprachen.
In siebzehn Räumen fanden sie nichts von Wert, dass die Reise gelohnt hätte, also setzten sie ihren Weg weiter ins Dunkel fort.
Dreißig Schritte hinter dem letzten Raum erhob sich ein großes Tor vor ihnen aus der Dunkelheit. Es war riesig, massiv und zeigte die ersten Spuren eines Kampfes hier im Caer. Das beschlagene Holztor riegelte den ganzen Tunnel ab. Zumindest hatte es das einmal.
Jemand hatte sich mit Äxten, Hämmern und Meißeln ein enorm großes Loch durch das Tor gearbeitet. Einige der Werkzeuge lagen noch zerbrochen zwischen den herausgehauenen Splittern.
Ragnar bedeutete ihm anzuhalten.
Der Zwerg beleuchtete die Umrisse des Durchgangs.
Obwohl die hineingehauene Öffnung im Tor so riesig war, dass zwei Trolle nebeneinander durchmarschieren könnten hatte sich etwas an den oberen Splittern beim Durchschreiten verletzt. Eine blaue Masse klebte an den oberen zerstörten Balken und war hinunter auf den Boden getropft.
„Was meinst du ist das Ragnar?“
„Keine Ahnung. Vielleicht sind ihre Steinstatuen verrück geworden... oder etwas Schlimmes ist hier passiert.“
„Und dieser blaue Schleim da?“
Der Zwerg zuckte mit den Schultern: „Ich kenne nichts, das so etwas hinterlässt.“
Ahrok nickte. Das mulmige Gefühl, welches ihn seit einiger Zeit befallen hatte, wollte nur gar nicht mehr weichen, stattdessen verstärkte es sich mit jeder Minute hier unten. Es schien als würden die Wände und die Dunkelheit selber immer näher an ihn heranrücken und auch wenn er sich selbst ständig sagte, dass dies nur Einbildung war, so konnte er den leichten Anflug von Angst mittlerweile nicht mehr ignorieren.
Das war kein normaler Ort. Hier stimmte etwas ganz und gar nicht.
Ragnar stieg als Erstes über die blaue, getrocknete Pfütze hinweg und durch das Tor hindurch. Der Zwerg blieb direkt dahinter stehen, als er einen ersten Blick auf die Wohnhalle werfen konnte. Er sog die Luft ein, als wäre der stickige Höhlenduft ein lauer Frühlingswind und er ließ seinen Blick über die kleine Stadt schweifen, wie ein Wanderer eine schöne Landschaft genoss.
Für die an Dunkelheit gewöhnten Augen eines Zwerges gab es hier so viel zu sehen. Es gab kleine Häuser, Straßen, Wege und Laternen. Seltsamerweise hatte man hier alle Lichtquellen entfernt und selbst Ragnar konnte nur Schemen und Umrisse der Gebäude wahrnehmen, aber hier unten erstreckte sich tatsächlich so etwas wie eine ganze Stadt unter einem Himmel aus Fels.
„Ahrok komm, sieh dir das an!“
Mit geweiteten Augen und einem kleinen Lächeln unter dem Bart schritt Ragnar auf die ersten Gebäude zu.
„Ich komm ja schon. Lauf nicht so weit vor.“, Ahrok schüttelte das Unbehagen ab und folgte dem Zwerg. „Was ist denn hier? Ich sehe nichts.“
Außerhalb des kleinen Lichtkegels gab es nur tiefste Schwärze ohne Konturen ohne Form ohne Gestalt.
„Wir sind hier im Wohnbereich! Wir sind mittendrin. Hier stehen überall Häuser. Es wird Wochen dauern, hier alles zu durchsuchen.“
„Mhm toll, ich werd sicher nicht wochenlang in dieser finsteren Höhle hocken, damit das mal klar ist.“
„Ja, ja, wie auch immer. Sieh dir nur mal dieses Relief an und die Erkerfigur da...“
Ahrok horchte auf.
„Ragnar.“
„...und die Verzierung hier erst. Das ist Gold. Echtes Gold.“
„Ragnar!“
„Ja was ist?!“
„Hörst du das nicht?“
Das verzückte Lächeln verschwand aus dem Gesicht des Zwerges und er wurde urplötzlich wieder ernst.
„Du meinst dieses... Knistern da?“
Ahrok nickte.
In dieser beklemmenden Atmosphäre waren seine Nerven zum bersten gespannt.
„Kavernen knistern normalerweise nicht… Das kommt von weiter vorn. Vielleicht ist es ja ein Feuer?“, meinte Ragnar.
„Wenn es ein Feuer wäre, dann gäbe es auch Licht oder?“
Der Valr saugte an den Zähnen während er überlegte: „Gut, schauen wir uns das komische Geräusch an, bevor wir das Gold einsacken.“
Von nun an wortlos huschte die beiden Krieger gebückt und mit gezogenen Waffen die Straße entlang. Ahrok folgte nur den Stiefeln des Zwerges, aber er konnte tatsächlich so etwas wie Gebäude am Rande des Lichtkegels entdecken, obwohl die Bauten hier nichts mit denen in Märkteburg gemein hatten. Man hatte die Häuser hier nicht errichtet, sondern direkt in den Stein gehauen. Wände, Stützbalken, Dächer… das alles war der natürliche Fels dieser große Höhle. Es gab Brücken über Schluchten hinweg, deren Boden nicht einmal für Ragnar abzusehen war, es gab lange, sich windende Gänge und Gabelungen und Treppen die hinauf und hinunter führten. Sie mussten auf ihrem Weg bisher an über einhundert Behausungen vorbeigekommen sein und Ahrok bezweifelte jetzt schon, dass er je den Weg zurück finden würde, aber das Knistern wurde mit jedem Schritt deutlicher.
„Da, das muss es sein.“, raunte der Valr und bestätigte damit Ahroks Vermutung.
In einer Entfernung von noch einmal fünfzig Schritt erhob sich eine große blauschimmernde Kuppel. Es war, als läge eine riesige Glocke über dem Rest der Stadt und über deren Umrisse zuckten vereinzelt ein paar Blitze, welche dieses Knistern verursachten.
Langsam und in alle Richtung spähend näherten sie sich der Kuppel.
„Was ist das Ragnar?“
Das durchsichtige Konstrukt schien sich nicht dem Bauplan hier unten anzupassen. Es verlief einfach quer durch das Areal auch mitten durch Häuser und Wände hindurch.
„Ich hab… keine Ahnung...“, Ragnar näherte sich dem Gebilde auf Armeslänge.
Plötzlich zuckte einer dieser Blitze vorwärts und erfasste den Zwerg.
Wie von einer unsichtbaren Hand geschleudert, machte der Valr einen kleinen Satz nach hinten und landete benommen auf dem Rücken. Der Gestank von verbrannten Haaren legte sich in die Luft.
Für einen Moment war es mucksmäuschenstill, dann kam der Valr wieder mit einem tiefen Atemzug zu sich und richtete sich auf.
„Gesund ist das nicht, soviel ist schon mal klar.“, Ragnar schüttelte sich, „Das sieht mir aus wie irgendein Schutzmechanismus.“
Gerade als Ahrok Ragnar aufhelfen wollte, näherten sich ihnen schlurfende Schritte.
Sofort gingen beide Hände zum Schwertheft. Ahrok musste sie darauf konzentrieren den donnernden Herzschlag zu beruhigen, der ihm in den Ohren dröhnte. Er konnte nicht bestimmen woher die Schritte kamen. Hier unten hallte es viel zu sehr.
Nervös blickte er um sich herum, ob etwas in seinen Sichtbereich trat.
Der Atem ging flach und schnell: „Wer ist da?! Wo bist du?!“, schrie er hinaus in die Dunkelheit.
„Helft... mir...“, röchelte eine Stimme hinter ihm.
Rasch fuhr er herum und brachte das Schwert zwischen sich und den Sprecher.
„Helft... mir...“, erklang es wieder.
Die Stimme kam von hinter der Kuppel.
Ahrok und Ragnar sahen sich beide an und näherten sich dann vorsichtig dem Sprecher.
Etwas mehr als eine Armlänge vor der Kuppel hielten sie an. Nur wenige Schritt vor ihnen hinter dem Vorhang aus Blitzen stand eine ausgemergelte Gestalt. Ahrok konnte kaum etwas von ihr erkennen, da sie sich am Rande des Lichtkegels aufhielt, doch es sah aus wie ein alter Mann.
„Wer bist du?“
„Helft... mir... stellt es... ab...“, röchelte der Alte. Seine Stimme war tonlos wie ein Hauchen oder Flüstern. Es klang so, als ob ihm das Sprechen sehr schwer fiel. „Lasst mich gehen...“
„Was abstellen?“, Ahrok ließ das Schwert sinken, „Dieses… Ding hier?“
„Lasst mich... frei...“
„Wie viele seid ihr da drinnen? Wo kann ich das abstellen?“
Der Alte atmete einfach nur keuchend weiter und wankte im Halbschatten auf und ab.
„Hey durchhalten Alterchen. Ihr habt es bald überstanden. Wir holen euch da raus.“
„Ahrok. Geh zurück.“, mahnte der Zwerg dringlich.
„Was? Wieso, ich...“
„Sieh ihn dir doch an.“, Ragnar nahm den Lichtquarz an sich und beleuchtete das Gesicht ihres Gegenübers.
Ahrok stolperte einen Schritt zurück.
Der alte Elf vor ihnen starrte mit milchigen Augen vor sich hin. An seinem Hinterkopf fehlte ein ganzes Stück und Maden krochen durch die spärlichen Überreste seiner Haare.
Der Valr trat ein kleines Stückchen näher an die Barriere heran: „Was bist du?“
Ein fröhliches Lachen ertönte von weit entfernt aus den Tiefen der Wohnhalle.
Der Leichnam legte seinen Kopf schief und lächelte zahnlos: „Ich... hätte nicht gedacht,... dass ihr mich... so einfach... durchschaut... ich bin... Jonas...“
„Tja weißt du was? Scheiß auf dich Jonas. Wir lassen dich einfach weiter da drin verrotten!“, mischte sich Ahrok ein.
„Ich kann... nicht sterben...“, der tote Elf wackelte von einem Bein auf das andere, „Was ihr wollt... ist hier drin... was ich... will... ist da... draußen...“
„Und was sollen wir denn für dich tun?“
„Ragnar wie kannst du...?“
Mit einer einfachen Handbewegung wischte der Zwerg Ahroks Protest beiseite.
„Die Leute hier... haben diesen... Magie...dämpfer... eingeschaltet... als ich kam... doch...“, schon wieder erklang dieses Lachen, „…es war zu spät...“, der Elf machte einen Schritt nach vorn. Die Blitze der Kuppel erfassten ihn und ließen den Leichnam unkontrolliert zucken. „Anstatt mich... auszusperren... haben sie uns zusammen... eingesperrt... mich... und sie... und all ihre... Schätze...“
Ahroks Blick hing angewidert an dem toten Elf, dessen lange Haare nun Feuer fingen.
„Warum sollen wir dir helfen du widerlicher Dämon?!“
„Nicht helfen... ein Tausch… Freiheit gegen… Schätze… Wie lange… warte ich hier schon...? War es ein Jahr... ein Jahrhundert...? Ich... kann noch warten... wenn eure... Körper... schon längst zu Staub... zerfallen sind... tauschen wir also…“
Ragnar blickte zu Ahrok. Offensichtlich war dem Valr nicht wohler zumute als ihm.
„Schaltet das Feld... ab... und ihr könnt zum… Schatz...“
„Wo ist der Schalter?“
„Ragnar das Ganze gefällt mir nicht.“
„Ich weiß... es nicht... er ist... nicht hier drin... sucht ihn... und der Schatz gehört... euch...“
„Ragnar ich werd keinem Dämon...“
„Unser Gespräch... ist beendet...“, keuchte der Alte und trat den einen letzten Schritt vor. Weitere Blitze erfassten den Leichnam und rissen an ihm. Die Haut brach auf und Flammen schossen daraus hervor. Die Augäpfel platzen und wenige Momente später zerbarst der alte Elf. Fetzen verrotteten Fleischs und schwarzes Blut verteilten sich auf der anderen Seite der Barriere.
„Na ja… es ist zumindest eine Gelegenheit.“, sprach Ragnar mit gedämpfter Stimme.
„Scheiß drauf Ragnar. Scheiß auf den Schatz. Ich lass das Mistvieh da drin.“
„Sei mal kurz leise. Ich meine, das ist nicht nur unsere Chance was für Herbert abzugreifen, sondern auch den Vertrag mit dem Nekromanten zu erfüllen.“
Ahrok blickte zu Boden.
Das Ereignis gerade hatte ihn ganz schön aufgewühlt, da war ihm der Vertrag mit dem Nekromanten ganz entfallen. Sie hatten sich auf dieser Reise so viele Verpflichtungen aufgeladen, dass er schon den Überblick verlor. Ragnar hatte da vielleicht gar nicht so Unrecht. Sie mussten etwas für diesen Tharo mitbringen, sonst würde es ganz schön ungemütlich werden, aber... diese... Bestie, dieses Ding war so... so fremd und... so spürbar böse.
Ragnar fuhr sich mit der Hand durch die Zöpfe, um sich selbst zu beruhigen.
„Wir schalten die Barriere aus, machen diesen Jonas kalt und stopfen unseren Rucksack mit Gold voll. Du wirst sehen. Noch bevor es draußen dunkel wird, sind wir hier raus... oder tot.“
Auch wenn Ragnar die letzten Worte nur sehr leise aussprach, hörte sie Ahrok ganz genau.
Dort hinten wartete ein Dämon. Kein böser Mann, kein Echsenmonster, kein Wesen aus Fleisch und Blut. Es war nicht einmal ein Wesen von dieser Welt. Konnte man es überhaupt töten? Konnten sie beide es töten? Dieses Ding hatte hier unten Tausende dahingeschlachtet. Sie hatten nicht die geringste Chance... und genauso wenig... eine Wahl. Diese beinahe ohnmächtige Hilflosigkeit angesichts des Dämons schlug in das einzige Gefühl um, dass ihn immer in solchen Situationen gerettet hatte.
„Also was sagst du dazu Ahrok?“
„Ich sage... wir können das Vieh nicht leben lassen. Nicht auch nur eine einzige Stunde länger! Wir holen es da raus und dann machen wir es fertig!“
Ragnar blickte verwundert Ahrok an, dem die Tränen in den Augen standen.
All diese Leben, all diese Männer, Frauen, Kinder... wenn die Götter es auch zuließen, dass so ein Ding existierte er würde es nicht.
„Wir bringen es um.“, brachte Ahrok zwischen den zusammengepressten Zähnen hervor. „Heute noch.“
Dann wandte er sich um und marschierte mit großen Schritten zurück Richtung Eingang.

„Ahrok warte. Lauf nicht so schnell. Verdammt bei Vanyas filzigen Zöpfen ich hab nicht so lange Beine wie du. Mach langsamer!“, Ragnar musste rennen, um mit ihm Schritt zu halten, aber das interessierte Ahrok im Moment nicht. Dieses Ding da hinten, dieses böse Ding war alles, woran er gerade denken konnte.
Er war viel zu aufgewühlt, um seine Schritte zu zügeln.
„Dann beeil dich eben Ragnar. Wir müssen diesen Schalter finden. Du hast da vorn doch ein paar Wegweiser gefunden. Es muss da einen Anhaltspunkt geben.“
„Ja schon aber... Man du gehst mir auf die Eier mit deinem Gerenne! Dann lauf doch meinetwegen alleine vor!“
Ragnar zügelte schnaufend seine Schritte und fiel immer weiter zurück. Nach nur wenigen Atemzügen war der Zwerg im Dunkel hinter ihm verschwunden.
Er hatte jedoch nicht einmal einen Gedanken dafür übrig, sich jetzt über den Valr aufzuregen, der wie üblich nur das tat, was er wollte. Einer der anderen Wege musste zum Schalter führen. Der Dämon hatte ihn dort drinnen nicht gefunden und Ahrok war sich ganz sicher, dass dieser schon viele Jahre akribisch danach gesucht hatte. Er musste sich also in einem der anderen Abschnitte des Caers befinden.
Was der Mann am Schalter wohl gedacht hatte, als er ihn betätigt hatte.
Er wollte die anderen Bewohner retten, indem er sich selbst aus der Kuppel ausgesperrt hatte und sich selbst schutzlos den Eindringlingen ausgeliefert hatte. Eine Tat die ebenso selbstlos wie sinnlos gewesen war. Der Dämon hatte sie dennoch alle erwischt und saß nun da unten in der Falle.
Dieser Jonas konnte nicht mehr hinaus und auch nicht zurück in seine Welt fliehen, so er das überhaupt wollte. Vielleicht wollte er sich auch einfach den nächsten Caer, das nächste Dorf oder die nächste Stadt suchen, um weiter zu morden, um Leichen tanzen zu lassen, wie Puppen am Seil. Wer konnte solch Wesen schon verstehen?
„Ahrok bleib stehen! Du bist zu weit!“, rief der Zwerg hinter ihm.
Tatsächlich war er schon längst in seinen Gedanken versunken an der großen Kreuzung vorbei gelaufen.
Etwas von dieser unbändigen Wut verflüchtigte sich und machte wieder einigen klaren Gedanken Platz. Langsam ging er den Fliesenweg zurück zu der Kreuzung und wartete auf Ragnar.
Die Schilder hier sagten ihm immer noch nichts.
„Lies noch mal vor was da drauf steht Ragnar.“
„Dasselbe wie vorhin - Beobachtungszentrum, Lager, Wohnraum und Bibliothek.“
„Soweit ich das sehe, können wir Lager und Bibliothek ausschließen und im Wohnraum ist auch kein Schalter hat der Dämon gesagt, also ist wohl das Beobachtungszentrum der nächste Schritt.“
Ragnar kratzte sich am Kinn.
„Klingt durchaus logisch. Versuchen wir es also dort einmal.“

Kara hob ihre müden Augen. Da vorn gab irgendjemand das Zeichen zum Halten. Diese flirrende Hitze bereitete ihr seit Wochen mörderische Kopfschmerzen. Seit Tagen ritten die Späher aus, um Anhaltspunkte auf diesen Caer zu finden. Stück für Stück durchkämmten sie diese unwirtliche Wüste. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie hier alle elendiglich verreckten. Sie fühlte sich so schwach wie selten zuvor.
Einer der Söldner wandte sich an den einen Adligen, der sich vor einigen Tagen als Leitfigur herauskristallisiert hatte.
„Mein Herr, wir haben frische Kamelspuren gefunden. Vier oder vielleicht auch fünf an der Zahl. Das ist ungewöhnlich. Die Einheimischen meiden dieses Gebiet eher.“
„Frische Spuren sagen sie?“
„Jawohl mein Herr. Es dauert hier draußen nur wenige Stunden, bis der Wind hier sämtliche Spuren verwischt. Sie sind also höchstens zwei Stunden alt. Mit etwas Glück ist hier in der Nähe eine Oase. Die Wilden kennen sich hier ganz gut aus. Ich muss Sie jedoch warnen. Die Schwarzen sind zwar meist recht scheu, können aber auch unter Umständen recht gefährlich werden.“
„Ich hab verstanden. Schicken sie ihre Männer den Spuren hinterher. Wir folgen ihnen und sehen uns mal an, wohin uns das führt.“, und zur Expedition gewandt, „Weiter geht’s! Wir scheinen uns dem Ziel zu nähern!“
Resignierte Seufzer waren der einzige Kommentar.
´Wir nähern uns dem Ziel´, wie oft hatte der Alte diesen Satz in den letzten Wochen schon gebraucht? Er hatte sämtliche Bedeutung verloren. Der Zug setzte sich langsam wieder in Bewegung.
Diese Hitze und die andauernde Enttäuschung, wenn die Späher mit leeren Händen zurückkamen, lagen wie eine schwere, erdrückende Wolldecke über der Expedition. Sicher hatten die meisten sich diese Reise ganz anders vorgestellt. Die vorlauten Großmäuler waren verstummt und nur noch Leute die etwas Wichtiges zu sagen hatten, gaben den Ton an.
Natürlich gehörte ihr Herr nicht zu denen.
Herzog Salinis hatte sich zwar zusehends erholt, sprach aber kaum ein Wort und wenn, dann waren es nur ein paar kurze, barsche Worte an seine Diener, in denen er seinem Frust und der allgemeinen Enttäuschung Luft machte.
Er war ein Schwätzer. Groß mit dem Mund und schnell mit dem Gold seiner Familie. Was hatte sie nicht schon alles von ihm gehört.
Etliche Weibergeschichten. Oh ja die Frauen liebten ihn zuhauf. Er konnte sich jede Woche eine neue perfekte Frau aussuchen, die ihn anhimmelte. Ach was jede Woche - täglich natürlich. Aber nur, wenn er gerade nicht allzu beschäftigt damit war der Beste im Jagen, Fechten, Tjosten und sonstigen Männersachen zu sein. Wusste jemand etwas, dann wusste er es besser. Kurz gesagt – er war unausstehlich.
Zugegeben, in seinen Geschichten war Herzog Salinis das Bild der männlichsten Mannes überhaupt. In Wahrheit durchschaute ihn jedoch ein jeder schnell. Die Meisten brauchten nur ein paar Tage, um seine wilden Geschichten zu entlarven und selbst seine so genannten Freunde machten sich hinter seinem Rücken über ihn lustig.
Niemand nahm ihn oder seine Reden mehr ernst, was ihn nur noch mehr anspornte, sich in seinen Geschichten noch strahlender herauszuputzen.
Wenn er mit dem Schwert genau so ungeschickt war wie im dem Bett, in welches er Kara von Zeit zu Zeit beorderte, dann war er wirklich das Ebenbild eines Versagers. Wenn die Oberflächenbewohner wirklich von solchen Männern beherrscht wurden, dann war ihr Untergang nur eine Frage der Zeit.
In ihrer Welt hätte es so etwas nicht gegeben. Der Starke, der Gewitzte und der Intrigante – nur diese Leute hatten das Recht über andere zu herrschen.
Schon wieder stoppte ihre kleine Karawane.
„Mein Herr! Die Späher haben etwas entdeckt.“
„Ja?“
„Die Spuren trennten sich und eine davon führt zu dem, was wir womöglich suchen.“
„Drück dich klarer aus.“
„Ich glaube wir sind nicht die ersten hier. Zwei Kamele stehen direkt an der Grube, die womöglich zu dem Caer führt und ein Abstiegsseil ist um einen der Steine geknotet. Alles von heute. Es ist nur ein paar Stunden her, dass sich zwei Leute dort hineinbegeben haben.“
„Einheimische etwa? Hausen jetzt Wilde in dem Caer?“
„Nein mein Herr. Die Späher berichten von festem Schuhwerk und Stiefelabdrücken. So etwas trägt hier kein Eingeborener.“
„Dann sind es vielleicht Überlebende des Caer.“
„Das ist möglich. Ich würde jedoch empfehlen, weiterhin mit äußerster Vorsicht vorgehen.“
„Sehr gut. Instruieren sie ihre Männer. Wir schlagen hier unser Lager auf und steigen dann ebenfalls hinunter.“, der alte Graf wandte sich an die Expedition. „Freunde, Männer, Edelleute der Swanmark... wir sind am Ziel!“
Erleichterter Jubel brach aus.
Kara blickte zu Boden. Die Geschichten wie ihr ach so imposanter Herr den Caer entdeckt hatte würde sie wohl für den Rest seines Lebens anhören müssen.
 
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Kommentare  

Also ist Karas Besitzter nicht nur sehr gesprächig, sondern auch noch ein Angeber. Ahrok und Ragnar müssen sich währenddessen mit einem Untoten herumschlagen der einstmals ein Elf gewesen ist. Gruselig und sehr spannend.

Petra (10.06.2012)

Uhhh..jetzt wirds dann schaurig...der Zombieelf is ja nicht ohne. Ich kann Ahrock schon gut verstehen.
Und die anderen haben jetzt auch das Caer erreicht. Na das kann ja was werden.

Ich hoffe ja nur für unsre beiden Helden, das sie ihren Vertrag mit dieser Quasselstrippe von Nekromanten erfüllen können.

Ich bin mal gespannt.


Tis-Anariel (10.06.2012)

Jetzt wird`s richtig schaurig. So einiges klärt sich, doch woher kommt der blaue Schleim oder habe ich etwas überlesen? Glücklicherweise gelangt auch endlich Truppe der Reisenden, der Abenteuerer bis zum Eingang der unerirdischen Stadt, denn vielleicht werden Ahrok und Ragnar einmal Hilfe nötig haben. Ich denke mir nämlich, dass mit einem Dämon nicht zu spaßen ist. und Kara leidet noch immer unter Herzog Salinis.

Jochen (09.06.2012)

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