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6 Seiten

Das Ritual/Kapitel 26

Romane/Serien · Erotisches
© rosmarin
26. Kapitel
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„Crysella! Crysella! Wach auf!“ Verwirrt schlug ich die Augen auf. Rudi hatte sich über mich gebeugt. „Schrei hier nicht so rum“, murrte er, „was ist denn los?“
„Hast du ihn?“
„Wen denn? Was soll ich haben?“
„Den Penis?“
„Klar habe ich ihn“, lachte Rudi böse, „das dumme Weib hat mich ja versetzt:“
Erleichtert atmete ich auf. Realisierte, dass ich nur geträumt hatte. Wagte einen Blick zum Fenster. Die Vorhänge waren zurückgezogen. Kein Vollmond war mehr zu sehen. Die Nacht war dunkel und ohne Sterne.
„Ich hatte einen verrückten Traum“, sagte ich. „Ich habe dich verführt. Und als ich nicht wollte, wie du wolltest, wolltest du dir deinen schönen weißen Schwanz absäbeln.“
Ich erzählte Rudi den ganzen Traum. Allerdings wusste ich nicht mehr, an welcher Stelle er begann und ob ich Hasi tatsächlich angerufen hatte.
„Jedenfalls ist sie nicht gekommen“, sagte Rudi, „und du bist geschminkt wie eine Nutte.“ Mit einem Ruck zog Rudi die Decke von mir. „Und du weißt genau, dass ich darauf stehe“, knurrte er wütend, als wäre ich verantwortlich für seine Gelüste.
„Aber …“, wollte ich mich wehren, doch Rudi ließ mich nicht ausreden, presste seinen Mund auf meinen, wühlte seinen Kopf zwischen meine geschminkten Brüste, seine Hände zwischen meine Beine.
„Keinen Slip?“, freute er sich. „Hast mich wohl doch erwartet?“ Vorsichtig, fast zärtlich, erkundete er meine Genitalien. „Jetzt entkommst du mir nicht wieder“, murmelte er.
Hände und Kopf vertauschten die Rollen. Rudis Zunge war beweglich, lang, heiß. Gewaltsam presste er meine Arme, die ihn umschlingen oder wegstoßen wollten, auf die Matratze. Ich stöhnte immer lauter: „Jetzt! Jetzt!“
„Jetzt zeige ich dir, was man mit einem haarlosen Schwanz anstellen kann!“
Betäubt, erregt, aufs Äußerste aufgegeilt, ließ ich Rudi gewähren. Er hatte mich auf die harte Matratze genagelt. Sein schöner weißer Schwanz mich voll im Griff. Ich lag unten. Es war kein Vollmond. Lilith hatte keine Macht über mich. Ich starrte an die schmutzige Zimmerdecke. Ich schrie. Rudi stöhnte. Rudi schrie. Ich stöhnte: „Das ist nicht fair. Das ist nicht fair!“
Rudis schöner weißer Schwanz füllte mich total aus. Hatte eine breite Wurzel und berührte mich genau an der richtigen Stelle in meinem Innern. Und die haarlose Haut klebte erregend an meiner Klit. Wie in meinem verrückten Traum. Nur, dass Rudi nicht zuließ, dass ich auf ihm wippte. Dieser Macho. Mir war es recht. Ich hatte mich ja im Traum ausgetobt.
Als ich erwachte, war es kurz nach zehn Uhr. Rudi schlief den Schlaf des Gerechten. Vielleicht auch den Schlaf des Erschöpften. Ich kicherte schadenfroh und sprang völlig befriedigt aus Rudis Lotterbett.
„Ich muss zur Arbeit Rudi!“, rief ich aus der Küche, in der ich mich in einem winzigen Waschbecken flüchtig wusch. „Es war toll. Aber es bleibt bei diesem ersten und letzten Mal!“

*

Die nächsten Wochen verliefen ziemlich ruhig. Ich ging arbeiten, schrieb an meiner Doktorarbeit, beschäftigte mich weiter mit den Mythen, die sich um die Gestalt der Lilith rankten, und ging oft mit Will aus. Mit Matthias verband mich eine lose Freundschaft, nachdem ich ihm endgültig klar gemacht hatte, dass er besser bei seinem Brigittchen bleiben solle und der Spiegel niemals randvoll sein würde.
„Schade“, hatte er gesagt, „ich weiß genau, dass es mit uns geklappt hätte.

*

Ausgerechnet an einem Vollmondtag überraschte mich Will mit Theaterkarten für die Stadt der Krieger. Das Stück faszinierte ihn immer von Neuem. Also ging ich ihm zuliebe mit und sah mir das Stück zum dritten Mal an. Nicht ahnend, dass sich nach dieser Vorstellung mein Leben auf skurrile Weise verändern und die beängstigenden Prophezeiungen der Hexe Vanessa auf grauenhafte Weise Erfüllung finden sollten.

Die Vorstellung verlief anders als sonst. Und auch das Vorher war sonderbar. Als ich aus dem Auto gestiegen war und Will einen Parkplatz suchte, stand ich wie verloren da und starrte in den dunklen Himmel, an dem düstere Wolken drohend dahinzogen. Ab und zu leuchtete der Vollmond gespenstisch dazwischen. Wirkte irgendwie bedrohlich. Befremdlich. Ein unheimliches Gefühl beschlich mich, eine Art Vorahnung von es wird etwas Schreckliches geschehen.

Der Himmel verdunkelte sich mehr und mehr. Schon fielen die ersten Tropfen. Da kam Will angerannt. Es war höchste Zeit. Schnell stiegen wir in den Fahrstuhl, der gerade kam und uns in das Theater im fünften Stock brachte. Es hatte schon zum dritten Mal geläutet.
Wir suchten unsere Plätze in der Mitte der ersten Reihe und setzten uns. Gelangweilt starrte ich auf die noch dunkle Bühne. Versuchte, mich zu konzentrieren. Ich kannte das Stück ja fast auswendig und wusste, was geschehen würde. Doch das bedrohliche Gefühl verschwand nicht. Schien eher noch bedrohlicher zu werden, mich in mir selbst gefangen zu halten. Und plötzlich wusste ich: Vanessa. Die Hexe Vanessa ist hier. Diese bedrohlich mystischen Gefühle kamen von der Hexe Vanessa. Ich hatte ihren Ring mit dem grünen Stein missachtet. Sie nicht mehr besucht. Nun besuchte sie mich. Ihre Aura drohte, mich zu ersticken.
„Du bist eine Hexe“, vernahm ich ihre Stimme, „Hexen riechen sich auf viele Meilen Entfernung. Mach das Exempel zur Probe. Setz deine angeborenen Hexenkräfte in die Tat um. Jetzt! Sofort!“

Ich wusste, was sie meinte. Starrte weiter gebannt auf die Bühne, auf der jetzt die Schauspieler agierten und wie stets des Wohlwollens des Publikums sicher sein konnten.
Ich musste es probieren. Jetzt! Wann sonst? Es war die beste Gelegenheit. Vorerst aber sträubte ich mich noch ein wenig.
Was würde geschehen, wenn ich all meine Energie, meine magischen Kräfte sammelte, sie auf den einen Gedanken, der mich in diesem Augenblick beherrschte, konzentrierte? Welche unabsehbaren Folgen würde es haben, wenn passieren würde, was passieren könnte? Für mich? Will? Die Zuschauer? Die Schauspieler?
Angst vor dieser unbekannten Erfahrung überfiel mich. Angst und Scheu vor dem Fremden. Dem Anonymen. Erfahrungen, die ich in dem vergangenen Jahr zur Genüge gesammelt und in den letzten Wochen fast vergessen hatte.
„Jetzt!“, forderte Vanessa.
Die Neugier, die Triebfeder meines Lebens, war wie stets stärker als alle Bedenken.
Ich lasse die Vorstellung platzen, dachte ich. Ich lasse die Vorstellung platzen. Und beseelt von diesem einzigen Gedanken ging ich tiefer und tiefer in mich hinein. Mein Ich. Mein Zentrum. Um das sich nach einem leeren Raum mein Ich schloss.
Umgeben von meiner fleischlichen Hülle fühlte ich mit geschlossenen Augen alle äußeren Energien in mich hineinfließen, den brennend roten Kern meiner selbst. Umgeben von strahlenförmig schwarzen Blitzen gleich einem lautlosen Feuerwerk.
Ich lasse die Vorstellung platzen!
Nichts geschah.
Ich lasse die Vorstellung platzen!
Alles blieb ruhig. Gespannt öffnete ich meine Augen. Nichts war geschehen. Nichts. Die Zuschauer saßen still auf ihren Plätzen. Die Schauspieler bewegten sich spielsicher auf der Bühne.
Alles Humbug. Fauler Zauber!
„Nichts da“, sagte Vanessa, „versuch es noch einmal.“
Gehorsam schloss ich wieder meine Augen. Konzentrierte mich nochmals mit all meiner mir zur Verfügung stehenden geistigen Kraft auf diesen einen Gedanken: Ich lasse die Vorstellung platzen! Verbannte ihn gewaltsam in das feurig rote Zentrum meiner selbst. Erlebte das Gleiche wie vorher. Doch intensiver jetzt.

Und dann geschah es.

Eine große Unruhe entstand. Neben und hinter mir tuschelten die Leute. Lachten. Standen auf. Setzten sich wieder. Neugierig öffnete ich meine Augen und sah, dass einige Besucher geräuschvoll den Saal verließen. Eine Gruppe Jugendlicher unruhig wurde und kicherte.
Der Theatersaal schien umhüllt von der Magie der Hexe Vanessa, die mich zu ihrem gefügigen Werkzeug gemacht hatte.
Ich lasse die Vorstellung platzen!
Immer lauter lachten die Menschen. Aus allen dunklen Ecken schien es zu flüstern, kichern, lachen, seufzen.
Als die kurze Nacktszene kam, traute sich die junge Schauspielerin nicht ganz nackt aufzutreten. In dem abgegrenzten Viereck konnte man nur eine entblößte Brust erkennen. Der glatt entblößte Schauspieler wurde mir Gejohle empfangen. Das verunsicherte ihn so sehr, dass seine sonst so lockeren Bewegungen linkisch und steif wirkten.

„Es klappt! Es klappt!“, jubelte Vanessa.
„Hexe! Hexe! Hexe!“, schrie ich und klatschte wie wild in die Hände.

Dem jungen Schauspieler verschlug es vollends die Sprache. Entsetzt blickte er zu mir hin. Ich sprang auf. Will zog mich auf meinen Platz.
„Still!“, zischte er.
Doch es war zu spät. Einige Zuschauer waren ebenfalls aufgesprungen und schrieen unverständliches Zeug. Ein wüstes Durcheinander entstand. Und als die Szene mit dem Schwarzen kam, der auf der Bühne alles in die Luft sprengen sollte, verließen zwei Drittel der Jugendlichen und einige erwachsene Besucher entrüstet den dunklen Theatersaal.

Unter den Schauspielern herrschte große Aufregung. Doch sie hielten durch. Am Ende applaudierte ein standfestes Häuflein. Zu dem auch Will und ich gehörten.
„Was ist nur heute los?“ Will sah mich unruhig an. „So etwas gab es doch noch nie. So eine Hysterie. Die armen Schauspieler. Bestimmt war ein Aufwiegler unter den Zuschauern.“
„Bestimmt“, stimmte ich zu.

Vanessa. Du Hexe. Du wunderschöne Hexe Vanessa ...

„Ich geh schon mal vor“, sagte Will, „und hole das Auto.“
„Mach das“, war ich einverstanden, „ich warte dann vor dem Theater auf dich.“

Will ging. Ich versuchte, mich zu entspannen. Loszukommen von der Hexerei. Doch ich kam von dem Stück nicht los. Es faszinierte mich. Wie jedes Mal. Und ich bereute, so ein Chaos verursacht zu haben. Nein, ich bereute es nicht. Denn ich wusste ja nun, dass ich hexen konnte. In echt. Wenn ich wollte. Wie in meinem Kellertraum mit Matthias, in dem ich die vier brutalen Saukerle in eklige Spinnen verwandelt hatte.

Simsalabim.
Abrakadabra.
Dreimal schwarzer Kater.
Exppelliarmus.
Finite incantem.
Peskiwichti Pesternomi.
Schrumpft ihr Ungeheuer.

Ja. Ich besaß magische Kräfte und hatte Mitleid mit den Schauspielern. So tot die Figuren auf der Bühne gewirkt hatten, waren sie doch lebendig in mir. Ich verstand sie. Wusste um ihre Gedanken. Ihre Gefühle. Ihren Hass. Die kleinen boshaften Freuden. Und was das Wichtigste war: Ich verstand ihre Verlorenheit. Ihre unüberwindliche Einsamkeit. Allmählich schien mir, als verstünde ich die Verlassenheit der ganzen Welt.

Jeder ist mit sich allein, dachte ich bedrückt. Jeder hat das Sprechen verlernt. Jeder ist blinder als ein wirklich Blinder. Vielleicht will auch jeder etwas verändern und weiß nur nicht wie und was? Jeder steht jedem, und besonders der Gesellschaft, blind und sprachlos und ohnmächtig gegenüber? Und keiner weiß, dass ich hexen kann? Nur Vanessa.
Plötzlich kam ich mir schlecht und widerlich vor. Was hatte ich getan? Was hatten mir die Schauspieler getan? Ich wollte nie wieder hexen. Nie! Sollte Vanessa ihre Fähigkeiten missbrauchen. Ich würde es nie wieder tun. Nie.

Ebenso wie die anderen kontaktarmen Menschlein holte ich an der Garderobe meinen langen schwarzen Mantel. Beeilte mich, zum Fahrstuhl zu kommen. Wie konnte ein Theater auch im fünften Stock sein? Ich drückte auf den Knopf. Der Fahrstuhl kam, ich stieg schnell ein, bevor vielleicht jemand auf die Idee käme und mitwollte.

Und da war es wieder! Dieses Gefühl. Eswirdetwasganzschreckliches geschehen.
Der Fahrstuhl raste nach unten. Hielt im Erdgeschoss. Ich drückte Tür auf. Die Tür öffnete sich nicht. Die gegenüberliegende war offen. Schnell wollte ich hinaus. Pech! Vor der offenen Tür war eine verriegelte.
Bin ich ganz und gar verrückt?, dachte ich. Als ich mit Will hochfuhr, war doch alles in Ordnung. Und jetzt geht die Tür nicht auf?
Wieder drückte ich Tür auf. Da schloss sich die fast offene wie durch Zauberhand. Erschrocken sah ich in den Spiegel. Hinter mir stand ein Mann. Groß und wuchtig. Mit schwarzem Kraushaar und übergroßen Händen. Hämisch grinste er mich an.

***

Fortsetzung und Schluss folgt
 
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Kommentare  

Ohoh, wieder sehr erotisch und spannend und man fragt sich stimmt das nun jetzt?

Else08 (27.03.2013)

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