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5 Seiten

Lea (3) - Hoffnung und Erinnerung

Romane/Serien · Schauriges
Die Flamme der Hoffnung leuchtete wie eine Fackel in Lea.

Ich sah Lea an und bemerkte die Veränderung. Da war etwas Helles, etwas Gutes und ein Glanz in ihr, den ich weder richtig beschreiben noch verstehen konnte. Wir saßen in dieser Höhle fest und doch, auch ich spürte diese Hoffnung. Da war etwas oder jemand…
„Haltet durch, ich werde euch helfen…“, schallte es durch meinen Kopf und an Leas Augen sah ich, dass auch sie die Stimme wahrgenommen hatte. Eine bekannte Stimme…
„Oma ist da und noch jemand. Sie will uns helfen“, sagte Lea und trotz all dem Dreck und der Dunkelheit leuchtete sie und war in diesem Moment so hübsch wie ihre Mutter es immer gewesen war.
Das konnte nicht sein. Woher sollte sie wissen wo wir sind? Und warum konnten wir sie hören?
„Papa, du bist wie ich und Oma. Wir haben alle diese Gabe. Oma sagt immer, dass du sie irgendwann verloren hast oder sie nicht mehr wolltest aber sie ist da. Sie ist in dir! Diese Gabe liegt in unserer Familie. Nicht in der von Mama sondern deiner“.

Seit Lea ihr von den Geistern erzählt hatte, war sie dieses ungute Gefühl nicht mehr losgeworden.
Auch er hatte es irgendwie bemerkt und doch nicht. Ihr Sohn, der diese Gabe an seine Tochter weitergeben hatte so wie sie an ihn. Nachdem Sohn und Enkelin losgefahren waren, hatte sie Heiko angerufen, den besten Freund von Thomas seit Kindertagen. Heiko hatte schon für ihn über das Haus recherchiert und war schnell überzeugt. Er hatte sie abgeholt und jetzt standen sie hinter dem alten Bauernhaus.
Heiko war immer noch totenbleich nach der Verpuffung im Haus. Er wollte die Polizei rufen und die Feuerwehr aber sie hatte ihn beruhigen können. Vorerst.
„Heiko wir können nicht die Polizei rufen. Vertrau mir bitte! Es geht hier nicht um Feuer oder Entführung. Es ist schlimmer und völlig unreal und doch ist es so. Du weißt wie Thomas ist, was er konnte, was er alles gesehen hat und wie er sich davor versteckt hat. Aber jetzt kann er sich nicht mehr verstecken sonst sterben sie da unten!“
„Ja ich weiß von seiner Gabe Sophie, ich hab sie als Kind oft genug erlebt und ehrlich gesagt war ich ziemlich froh darüber, dass er sich davor versteckt hat. Du siehst ja wo sie uns hingebracht hat verdammt!“
Der Boden unter ihren Füßen bewegte sich und ein Grollen war zu hören…

Mein Kopf wollte platzen als diese Stimme durch mein Gehirn fuhr: „Ihr werdet mir nicht entkommen. Jetzt habe ich zwei Seelen und niemand wird sie mir nehmen!“
Lea hielt sich die Hände über die Ohren aber es nutzte nichts. Und dann kam dieses Grollen, dieses tiefe seltsame Geräusch und der Boden unter unseren Füßen vibrierte.

Sophie plumpste ziemlich unsanft auf ihr Hinterteil und auch Heiko schwankte. Was hatte dieses Ding vor, fragte sich Sophie.
Das Vibrieren und Wackeln im Boden wurde heftiger und heftiger. Dann riss der Boden vor ihren Augen auf. Die Erde wurde durchwühlt wie von Geisterhand und langsam zu kleinen Hängen aufgeschüttet. Vor ihr tat sich der Boden immer weiter auf und wollte sie verschlingen. Hände griffen um ihren Bauch und zogen sie zurück. Sie hörte das schwere Atmen an ihrem linken Ohr und dann ließen die Hände los. Heiko lag jetzt genau wie sie auf dem Boden.

„Wir müssen etwas tun Papa! Wir müssen ihnen helfen!“
Sie sah mich an und dann waren wieder diese Bilder in meinem Kopf. Diese ganzen Bilder, Erinnerungen, Fetzen der Vergangenheit die vor mir vorbeiflogen. Ich wollte das alles nicht sehen! Nein!

Sophie versuchte auf die Füße zu kommen. Heiko half ihr. Der Regen war schlimmer geworden und der Boden weich wie Butter unter ihren Füßen und noch immer kroch dieses Loch im Boden auf die beiden zu…

„Papa, du musst uns helfen! Nur Oma kann uns retten. Sonst sterben wir hier unten!"
Die Puzzleteile und Trümmerstücke aus meiner Vergangenheit waren da und erschlugen mich fast. All das Vergessene sollte nicht zurückkommen. Ich wollte es nicht sehen, nicht spüren, nicht riechen, nicht schmecken. Aber da war dieses Etwas, dieses abgrundtief Böse und ich spürte es, schmeckte es und roch es. Mir wurde übel und die Welt, die Bilder, die Höhle, Lea, Sophie alles vermischte sich zu einem Strudel in meinem Kopf, der mich immer weiter in sich zog, alles dreht sich um mich herum. Bilder, Grollen, Schreie, Regen, Dunkelheit, ein Licht und das alles zusammen und doch nicht, und plötzlich war Ruhe.

Ich sah Sophie und Heiko. Sie hielten sich und versuchten von dem Loch im Boden wegzukommen aber sie trudelten und fielen. Ich sah den Regen, den Dreck, die aufgewühlte Erde, sah die beiden aber um mich herum war alles ruhig. Kein Ton. Kein Gefühl. Nichts. Ich schloss die Augen. Versuchte es zu finden und fand es.
Es war ein Schatten, ein Schatten der lebte und sich bewegte. Ein Schatten voller Hass und Begierde.
Auch er saß tief in einer Höhle, grinste und lachte höhnisch und dann kam dieses Donnern in meinem Kopf: „Niemand wird die zwei retten. Sie gehören mir und ihr werdet sterben.“
In meiner Hand war eine weiße Rose und ich stand hinter ihm in dieser dunklen, schwarzen und ekelhaft riechenden Höhle. Er spürte mich und drehte sich um. Rot leuchtende riesige Augen starrten mich an. Ein haustürhoher Mund mit faulen schwarzen Zähnen verzog sich zu einer Grimasse und ich hörte ein Grollen, das anschwoll und Worte in meinem Schädel formte: „Du willst dich gegen mich stellen mit einer weißen Rose?“ Das Grollen schwoll zu einem unheimlichen Lachen an und mein Kopf wollte platzen. Doch dann kamen wieder die Erinnerungen. Denk an etwas Schönes, an etwas Helles und du wirst nie alleine sein, schossen Worte durch meinen Kopf und aus der Rose wurde ein silbern glänzender Speer. Ich sah ihn an, wiegte ihn kurz in der Hand und warf…

Das Loch im Boden kroch immer noch auf sie zu. Sophie kam nicht mehr hoch. Hinter sich hörte sie Heiko auf die Beine kommen. Der Boden sackte unter ihren ausgestreckten Beinen weg und sie rutschte nach unten.

Lea sah den Speer, ein Lächeln huschte über ihr Gesicht und das Grollen verstummte.

Heiko packte sie an den Armen und das Grollen war weg. Die nasse Erde bewegte sich nicht mehr.

Ich öffnete die Augen und sah eine lächelnde Lea. Ich setzte mich auf und nahm sie in den Arm. „Du hast es geschafft Papa“, meinte sie aber ich schüttelte den Kopf. „Ich habe uns nur ein wenig Zeit verschafft Lea. Dieses Ding ist nicht tot, nur verletzt, überrascht oder sagen wir kurz seine Wunden am lecken aber es wird zurückkommen und zwar nicht fröhlicher als die ganze Zeit.“
Dann hörte ich meine Mutter in meinem Kopf: „Wir werden euch helfen… helfen“, hallte es zwischen meinen Ohren und dann: „Graben, ihr müsst weiter graben.“
Lea und ich sahen uns an, dann unser Gefängnis. Ich sah nichts als nasse Erde und in den Wänden Reste von Holzaufbauten. Wir tasteten die Wände ab und Lea schrie auf: „Hier“. Ich sah es mir an. Ja sie hatte recht. Das Holz hörte hier auf aber unter einer dünnen Schicht von Lehm war ein Rahmen aus Holz, ein Türrahmen.

„Okay Heiko. Du hast den Pan des Hauses im Kopf. Wo sind diese versteckten Stollen?“ Heiko kramte aus seinem Rucksack eine Klarsichtfolie mit einem Plan des Hauses. Die beiden sahen schrecklich aus. Nass, dreckig und total verängstigt und doch hatten sie jetzt wieder ein wenig Hoffnung.

Unten gruben Lea und ich von Hand. Oben Heiko mit Spaten und Schippe.
Wir gruben mit den Händen und nach einer gefühlten Ewigkeit griff meine Hand das erste Mal ins Leere. Zehn Minuten später schlängelte ich mich durch die Öffnung und Lea hinterher.
Wir waren in einem kleinen Stollen. Es war seltsamerweise nicht stockdunkel. Alles lag in einem seltsamen Dämmerlicht, das ich mir nicht erklären konnte. Wir gingen gebückt die drei Meter Länge des Ganges bis zur nächsten Tür. Hier reichten ein paar Stöße um das alte verwitterte Holz aus den Angeln zu reißen. Dahinter lag ein weiterer Raum, er war höher und größer und zum ersten Mal hörten wir die Geräusche.
„Heiko?“ fragte Lea und blickte nach oben. Ich grinste und nickte. Die Decke war fast zwei Meter hoch und um uns herum wieder nichts als Erde, Lehm und verwittertes Holz. Ich sah mir den Raum an und fand eine weitere Tür aber die ließ sich nicht aus den Angeln treten. Ich ließ es und konzentrierte mich auf Sophie.

Heiko hatte schon ein ganz schönes Loch gebuddelt als Sophie die Stimme in ihrem Kopf hörte. Thomas!

Lea schaute unablässig zur Decke, wo immer wieder kleine Stücke Erde sich lösten und uns vor die Füße fielen.

Es war zurück. Ich konnte es spüren.
Hinter der verschlossenen Tür waren Kratzgeräusche zu hören. Lea nahm meine Hand und in Gedanken schrie ich Heiko an, er solle sich verdammt noch mal beeilen.

Heiko spürte den Stich in seinem Kopf und Sophie drängte ihn noch schneller zu graben als er auf etwas Hartes stieß.

Wir zuckten zusammen als etwas gegen die Tür knallte. Und dieses Etwas versuchte es jetzt immer wieder. Bum! Bum! Bum! Die Tür erzitterte. Wir hatten nichts um sie zu versperren also drückten wir uns gegen sie und mit jedem Bum spürten wir jetzt das wütende Ding auf der anderen Seite.

Heiko schnappte sich die Axt und schlug auf die Luke ein…

Lea und ich hörten das Krachen über uns. Holz und Erde fielen auf den Boden. Wieder ein Krachen und ein großes Stück Holz fiel nach unten. Nach drei weiteren Bum an der Tür, steckte Heiko seinen Kopf durch das Loch. Lea schrie auf und ich sah die Tränen in ihrem Gesicht. „Okay Lea. Wir werden jetzt unter die Luke laufen und ich werde dich hochheben. Heiko wird dich greifen und rausziehen. Okay?“
Sie sah mich an, wägte die Möglichkeiten ab, sah das Versprechen in meinen Augen, küsste mich und wir liefen los.

Unter Heiko kamen die zwei zum Vorschein. Thomas hob Lea nach oben und Heiko bekam ihre Hände zu fassen und zog so fest er konnte.

Ich sah noch einmal zur Tür die sich bedenklich nach innen durchbog. Bum! Schob mit den Füßen die heruntergefallene Erde zu einem Haufen zusammen und legte die größere Holzplatte darauf. Bum!
Ich sprang nach oben aber Heiko bekam nur meine Finger zu fassen, die gleich wieder aus seinem Griff flutschten. Bum!
Ich fiel auf den Hintern und die Tür sprang mit einem Krachen auf.
Oben schrie Lea entsetzt auf, Sophie wurde noch bleicher und schwankte und Heiko sah nach unten und schrie…
 
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