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6 Seiten

Lea 5 - Abschied (2)

Schauriges · Kurzgeschichten
„Hallo mein Sohn. Wenn Du diesen Brief liest, bin ich an einem besseren Ort. Ich wusste es schon seit unserem gemeinsamen Traum, dass ich nicht mehr lange ein Teil von euch sein werde. Die Gabe fordert ihren Tribut. Du willst nicht wirklich etwas von dieser Gabe wissen, weil sie für dich nur eine Belastung war, aber ein letztes Mal musst Du noch für Deine Tochter da sein und sie beschützen. Der Höllenhund ist zurück und er will seine alte Macht und Stärke wiederherstellen. Er wird zuerst seine Lakaien schicken, um uns zu töten oder zu schwächen, um uns dann auf die andere Seite – die dunkle Seite zu ziehen. Er hat uns gefunden – unsere Gabe brennt in ihrer Welt, wie ein Stern und sie hassen dieses Licht abgrundtief. Sie hassen alles Gute und Helle und sie wollen nichts anderes, als es in ihre Schatten zu ziehen, es zu zerstören und die gute Energie für ihre Schlechte zu nutzen.
Dein Hof mit seiner Geschichte ist dieser Stern und Du, Ich und Lea mit unserer Gabe halten dieses Leuchten, das sie so verachten, in Gang. Der Höllenhund, in Gestalt dieser dunklen Seite will dieses Licht einfach ein für alle Mal auslöschen und aus ihrer Welt vertreiben. Es gibt nun zwei Möglichkeiten. Die erste Du und Lea verlasst für immer den Hof. Versteckt euch im Trubel des Lebens da draußen und hofft, dass sie euch nicht aufspüren. Die zweite ihr nehmt den Kampf auf und stellte euch der Kälte und der Dunkelheit. Ihr könnt dieses Böse nicht für immer vernichten aber es will euer Leben, euer Zuhause. Wollt ihr euch das nehmen lassen?
Ich werde über euch wachen, egal wie ihr euch entscheidet. Thomas, Du hast nicht mehr viel Zeit. Der Traum war nur eine Warnung. Es wird euch testen und eure Kraft ausloten bevor es alles auf eine Karte setzen wird, um euch zu vernichten und seine alte Stärke zurück zu gewinnen. Die Dämonen werden kommen und sie werden euch keine Ruhe lassen. Rede mit deiner Tochter. Sie kann Dir noch einiges erzählen und vielleicht auch dafür sorgen euren Hof zu schützen und nicht zu verlieren.
Ich werde euch alle vermissen. Ich trage euch in meinem Herzen und werde ein Auge auf euch haben. Nutze Deine Gabe und kämpfe für Dich, für Lea und Deine Familie.
In Liebe Sophie“

Ich spürte die Blicke der anderen auf mir, spürte die Tränen auf meinen Wangen und dann fühlte ich die Kälte der Wut in mir aufsteigen.

Er hatte uns geschwächt, der Höllenhund. Wann würde der nächste Angriff kommen? Ich stand draußen vor den Resten der alten Scheune und dem schwarz verkohlten Haufen Schrott, der mal zwei Autos gewesen war. Die Wut war von Minute zu Minute stärker geworden. Ich zitterte am ganzen Körper und ein Druck baute sich in mir auf, der nicht mehr lange unter Kontrolle gehalten werden konnte.

Lea und ich saßen auf der Couch. Anja und Heiko hatten wir in die Buchhandlung geschickt um dort die Stellung zu halten. Ich wusste nicht, ob ich sie hier beschützen konnte. Sie wollten natürlich nicht aber ich hatte ihnen keine Wahl gelassen.
Ich atmete tief ein und aus. Versuchte Kraft und Ruhe zu finden. Lea und ich wollten nicht warten. Wir würden uns diesen scheiß Dämon greifen und vertreiben. Sie löschte alle Lichter, setzte sich neben mich und nahm meine Hand. Ich schloss die Augen. Konzentrierte mich auf das Meer der Rosen und es kam aus der Dunkelheit auf mich zu wie eine Welle und das Auf und Ab dieser Wellen, das Wiegen der Rosen im Wind brachte die Gabe und die Kraft zurück. Ich spürte Lea neben mir. Ihr Leuchten wurde so stark, dass die Rosen mehr und mehr verblassten und zu einem hellen Schimmer am Horizont wurden. Dieses Licht, das die Dämonen so hassten, würde sie anlocken – anziehen wie Motten und sie aus ihren dunklen Verstecken kriechen lassen.

Ein Grollen ging durch die Welten – durch die Dunkelheit und schlich sich in unser Haus. Der Dämon kämpfte sich aus seinem Versteck in unsere Welt. Das Geschirr in den Schränken schepperte und das Familienfoto hinter der Couch fiel zu Boden. Das Grollen, das Beben war da und vergiftete die Luft. Das Atmen wurde schwerer und die Kälte durchbohrte meinen Körper. Aber da war noch etwas. Ich konnte den Höllenhund fast körperlich wahrnehmen, ihn riechen und schmecken. Ich hatte ihn schon gesehen, seine Kraft gespürt aber dieses Mal war er nicht alleine. Er hatte einen Helfer. Ich erschreckte und diesen Moment der Angst nutzten sie aus. Sie griffen nach mir und Lea. Ich spürte ihre Anwesenheit auf meinem Körper und in meinem Kopf. Ich wollte in mein Versteck – in meine Ideenschmiede aber ein grässliches Bild schoss in meinen Kopf. Ich sah Anja vor mir, sah wie sie gepackt wurde von einer dunklen Gestalt, die ein langes, glänzendes Messer gegen ihre Kehle drückte. Mein Herz verkrampfte sich und ich schrie vor Wut und Angst und wurde in die Dunkelheit gerissen.

Lea spürte die Angst ihres Vaters. Sie wollte ihm helfen aber es war zu spät. Er war verschwunden und das Grollen und Beben wurde stärker. Die Couch und der Boden unter ihr vibrierten. Der Höllenhund kam und sie war alleine.

Ich spürte Kälte und Nässe. Mein Brustkorb wurde zusammengedrückt und ich wusste, ich war in den Eingeweiden des Hauses verloren.

Lea griff nach ihrem Stab und ihr Leuchten ging in ihn über, brachte ihn zum Glühen und erhellte das Dunkel um sie herum. Sie spürte wieder die Angst ihres Vaters und sie wusste, dass er schwächer wurde und nicht mehr lange überleben würde.

Draußen vor dem Haus stand ein Honda Accord. Anja und Heiko betrachteten schweigend das Haus. Das Klingeln von Anjas Handy eschreckte beide fast zu Tode. Mit zitternden Händen wischte Anja über den grünen Hörer. „Hallo“. „Hallo, hier ist Martina die Freundin von Anja.“ „Oh mein Gott, endlich erreichen wir sie!“

Durch die stickige nasse Luft kämpfte sich ein Geruch, den ich kannte aber mein Kopf wollte nicht mehr, mein Körper wollte nicht mehr! Ein Parfum – Sophie. „Gib auf! Lass dich fallen und finde Erlösung“, flüstere eine leise hinterhältige Stimme in meinem Kopf und meine Wut war zurück. Nein das würde ich nicht tun. „Mama, hilf mir!“ Ein Blitz durchzuckte die Dunkelheit und dieses ekelhafte erschreckende Wesen heulte auf und sein Schrei wollte meinen Kopf zum Explodieren bringen. Mein Versteck, meine Ideenschmiede. Die Bücher, die Spielsachen, die Waffen. Mein Schwert!

Das Zittern unter ihren Füßen hatte nachgelassen. Lea hielt den Atem an und lauschte. Nichts. Was war passiert? Wo war dieser verdammte Dämon? Langsam Schritt für Schritt ging sie durch das Wohnzimmer, mit hämmerndem Herzen. Sie gelangte in den Flur. Da war die Tür zum Keller. Sie streckte langsam die linke Hand aus um die Tür zu öffnen. In der Rechten hielt sie immer noch den glühenden Stab. Mit einem Knall zersplitterte das Holz vor ihr. Eine Druckwelle schleuderte sie gegen die Wand hinter ihr - der Stab fiel - die Dunkelheit kam.

Ich schrie und schlug mit dem Schwert um mich. Das silberne Leuchten des Schwertes erhellte den Gang vor mir. Da war nichts – nur ein langer dunkler Tunnel. Die Luft war nass und alt aber nicht mehr stickig. In den Eingeweiden des Hauses gefangen. Ich musste einen Ausweg finden. Ich musste Lea finden und lief los.

Draußen auf der Straße öffneten sich die Türen des Accord, als im Haus die Tür zum Keller explodierte.

Leas Kopf brummte. Ihr Körper tat überall weh und das Atmen fiel ihr schwer. Der Stab? Sie öffnete die Augen und sah ihn an der Schwelle zur Küche – nur noch schwach leuchtend. Sie blickte nach vorn in den Schlund zum Keller und der Boden bebte und vibrierte wieder. Er kam. Dieses Ding aus der Hölle kroch auf sie zu. Sie konnte es riechen und dann sah sie die leuchtenden Augen auf sich zukommen.

Ich rannte und rannte aber der Dämon spielte nur mit mir, das wurde mir klar und ich blieb stehen. Das war alles nicht real. Es war real und doch nicht. Es war ein Raum im Raum, eine Wirklichkeit in der Wirklichkeit und doch nur ein Spiegel meiner Angst. Anja war in der Buchhandlung. Es ging ihr gut. Hier war ein Dämon, der mit mir spielte und jetzt übernahm ich die Regeln. Ich packte das Schwert mit beiden Händen, schloss die Augen und vor mir sah ich das alte Wohnzimmer, die alte Couch, die sich auflöste und durch die neue ersetzt wurde. Ich sah mich selbst dort sitzen – spürte meinen Körper, meinen Herzschlag, meinen Atem und schlug das Schwert mit all meiner Kraft in den Boden.

Heiko rannte auf die Haustür zu und schickte ein Stoßgebet an den da oben, dass sie nicht abgesperrt war. Die Tür flog auf und im Flur lag Lea und sah zu dem Loch, wo einmal eine Kellertür gewesen war. Anja prallte gegen ihn und er stolperte ins Haus.

Lea nahm wahr, dass jemand ins Haus gekommen war aber sie war nicht in der Lage ihren Kopf zu drehen. Die glühenden Augen hielten sie gefangen. Dann schoss ein heller Blitz durch das Haus und sie hörte ihren Vater schreien.

Ich war wieder in unserem Wohnzimmer. Ich sah Anja und Heiko, die gerade in das Haus stolperten und schrie: „Ihr müsst raus hier! Sofort! Ich lief auf die beiden zu und sah, das Heiko sich in Richtung Küche warf.

Lea konnte endlich den Kopf drehen, sah Heiko in die Augen und dann zu ihrem Stab. Heiko lächelte und warf sich Richtung Küche, schlingerte wie ein Fußballer beim Torjubel über den Rasen auf den Stab zu, griff ihn, dreht sich im Rutschen und warf ihn Lea zu. Sie sah ihn auf sich zukommen, sah wie sich ihre rechte Hand nach oben bewegte um ihn zu fangen und aus dem Augenwinkel sah sie rot leuchtende Augen auf sich zufliegen.

Ich stürmte in den Flur, sah wie Heiko etwas warf, war um die Ecke und sah Lea und den Höllenhund, wie er sich auf sie stürzte und fühlte den zweiten Dämon in der Küche. Das Bild von dem Messer an Anjas Kehle blitzte kurz auf aber dieses Mal ließ ich mich nicht ablenken.

Lea spürte den kalten Stahl in ihrer Hand, der aufblitzte und riss ihn nach vorne. Sie spürte, wie der Höllenhund auf sie stürzte, fühlte die Macht und das Gewicht und sie spürte, wie der glühende Stahl in seine Brust eindrang und ihn durchbohrte.

Ich sprintete an Anja vorbei, sprang über Heiko, nahm Lea kurz wahr und schlug zu. Das Schwert bohrte sich in den Schädel des Dämons und seine roten Augen schrien mich lautlos an.

Anja sah, wie sich der Höllenhund auf Lea stürzte, sah ihren Mann an sich vorbeifliegen und über Heiko springen und dann flammten zwei Blitz auf. Sie riss die Hände vors Gesicht und spürte die Wärme und weiße helle Funken entstanden auf ihrer Netzhaut. Die beiden Blitze schossen durch das Haus und vereinten sich. Das grelle Leuchten und die Druckwelle warfen Anja zurück durch die Haustür. Sie hörte Heiko schreien und dann war es vorbei. Ruhe! Stille!

Die Dunkelheit war zurück aber dieses Mal war sie tröstend, heimisch und wohltuend. Ich schaltete des Licht in der Küche an. Sie lag unberührt vor mir. Hinter mit stöhnte Heiko und hielt sich die Hände vor die Augen. Ich stieg über ihn und sah in den Flur. Da lag sie meine Lea und rührte sich nicht.

Eine Woche später standen wir zusammen auf dem Friedhof. Ich hielt Anjas Hand. Die weißen Rosen auf Sophies Grab wiegten sich im Wind. Lea kniete am Grab ihrer Mutter und ich sah, wie sich ihre Lippen bewegten, sah das Lächeln in ihrem Gesicht und spürte das Gute um mich herum. Sophie und Eva. Anja zog mich zu Lea hinüber, die jetzt mit einem Lächeln auf uns zukam. „Also Papa, ich muss langsam los. Ich fahre mit Martina zurück, bis du mir endlich ein neues Auto besorgt hast!“ Ich lächelte und nahm sie in den Arm und wir sahen noch einmal zu Sophies Grab. Abschiede können weh tun aber sie können auch etwas Neues bedeuten. Sie würde mir fehlen. Jeden Tag.
„Ich kann euch zwei doch alleine lassen oder?“, fragte Lea. „Ich denke schon. Den Höllenhund und seine Vasallen haben wir dieses Mal gemeinsam erlegt und ich hoffe deine Freundin hat mit ihrem Bann alles richtiggemacht und wir bekommen nie wieder Besuch von der dunklen Seite.“ „Du kannst dich auf sie verlassen. Auch sie hat diese Gabe und wir werden gemeinsam damit leben und sie einsetzen. Du kannst ja gerne in Rente gehen und dein Leben mit Anja in vollen Zügen genießen aber ich will noch ein paar Abenteuer erleben!“ Sie grinste mich an und in ihren Augen blitzte ihr Mut und ihr Wille auf. „Ich bin stolz auf dich und deine Mama wäre es auch! Und ja wir beide werden jetzt zuerst mal die Ruhe genießen und Urlaub machen meine Anja und ich.“ Ich wirbelte Anja herum und zog sie mit mir. Ein letztes Mal drehte ich mich um und ließ meine Tochter ihr eigenes Leben leben. „Ich liebe Dich und besuch uns ab und zu.“ „Ich liebe dich auch Papa!“

Ende
 
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