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Mission Titanic - Kapitel 8

Romane/Serien · Fantastisches
Kapitel 8 – Das Wiedersehen


Unterdessen auf der Kommandobrücke …

Die Nachtschicht hatte begonnen. Der fünfte Offizier Harold Lowe stolzierte mit einem Tablett herein. „Guten Abend, die Herren. Ich habe uns Tee besorgt. Vor uns liegt eine lange Nacht“, sagte er gut gelaunt, woraufhin sich seine drei Kollegen bedankten und ihm freundlich zustimmten.
Der erste und der zweite Schiffsoffizier, William Murdoch und Charles Lightoller, standen vor der riesigen Fensterfront, starrten hinaus auf das dunkle Meer und fachsimpelten dabei über das Angeln. Der sechste Offizier James P. Moody hielt das Steuerrad fest in seinen Händen, lauschte dem Gespräch interessiert zu und nippte hin und wieder an seiner Teetasse. Die Kommandanten schmunzelten und amüsierten sich, weil der fünfundzwanzigjährige Steuermann Moody ihrer Meinung nach lustige Kommentare bezüglich des Angelns von sich gab. James P. Moody meinte, dass Angeln langweilig wäre und fragte die Kommandanten, was sie daran so interessant finden würden.
„Unser Nesthäkchen ist und bleibt ein vornehmer Bursche aus North Yorkshire, der es niemals verstehen wird, was das Fischen ausmacht“, erwiderte daraufhin Lightoller schmunzelnd, woraufhin Murdoch lachte.
„Das mag wohl so sein, Mister Lightoller“, konterte der junge Mann lächelnd. „Dafür haben Sie und Mister Murdoch aber keine Ahnung vom Wildjagen in den Wäldern. Es gleicht einem Abenteuer. Es ist, als würde man in den Krieg ziehen, wenn dutzende Reiter mit Gewehren und ihren Jagdhunden losmarschieren. Aber beim Fischen muss man doch nur aufpassen, dass man nicht einschläft, insofern man nicht Moby Dick jagt.“
„Sie sind also ein Jäger, Mister Moody?“, hakte Charles Lightoller nach. „Ob Sie es nun glauben oder nicht, aber das ist ein Angler auch. Nur eben ein etwas viel geduldiger Jäger“, lächelte er.
Die anwesenden Schiffsoffiziere waren völlig entspannt und scherzten miteinander, weil man in dieser Region trotz der Eiseskälte nicht einmal mit Treibeis rechnen musste. Im Moment jedenfalls nicht, aber spätestens Übermorgen.
„Mister Lightoller, ein Fernglas, wenn ich bitten darf“, befahl William Murdoch. Charles Lightoller gehorchte und übergab seinem Vorgesetzten sein eigenes Fernglas. Murdoch sah ihn verwundert an und fragte: „Ist das etwa das einzige Fernglas auf der Brücke? Das kann ja wohl nicht sein!“
Dann blickte er hindurch, und Lightoller nickte.
„Doch Sir, so ist es. In Southampton wurden uns lediglich zwei Ferngläser überreicht. Eines für uns auf der Brücke und das andere, oben für das Krähennest. Wahrscheinlich wurde aufgrund des Kohlestreiks so einiges vernachlässigt. Stellen Sie sich mal vor, es wurden sogar nur gewöhnliche Feuerwerksraketen verschifft, anstatt Signalraketen. Falls wir also irgendwie in Seenot geraten und die Raketen abfeuern, wird jedes Schiff rundherum glauben, dass wir lediglich ein Fest feiern“, schmunzelte er.
Daraufhin setzte William Murdoch das Fernglas ab und blickte Lightoller entrüstet an.
„Wie soll ich das verstehen, Mister Lightoller? Etwa, dass uns in der Tat nur lächerliche zwei Ferngläser zur Verfügung stehen? Das ist absolut inakzeptabel! Ich sehe nicht ein, dass meine Offiziere ein einziges Fernglas rumreichen müssen. Sagen Sie denen da oben, dass sie ihr verdammtes Fernglas gefälligst sofort rauszurücken haben!“
„Das wird dem Ausguck aber ganz und gar nicht gefallen, Mister Murdoch“, antwortete der Schiffsoffizier Charles Lightoller.
„Es ist mir schlichtweg egal, was dem Ausguck passt oder nicht. Die da oben werden schon irgendwie zurechtkommen, schließlich sehen sie von dort aus mehr als wir. Also, wenn ich bitten darf …“, sagte Mr. Murdoch und blickte dabei seinen Untergebenen bestimmend an.
„Aye, Aye, Sir“, antwortete Lightoller, ging hinüber zum Telefonhörer und befahl dem Ausguck, dass sie ihr Fernglas auf der Stelle abgeben müssten.
William Murdoch setzte das Fernglas erneut an und starrte wieder in die Dunkelheit. Plötzlich entdeckte er aus dem Augenwinkel einen Funken, wie ein kurzer Blitz, als hätte jemand ein Streichholz entzündet und richtete sein Fernglas sofort auf das Bugdeck, ganz nach vorne. Er fokussierte sein Fernglas darauf, sah zuerst nur unscharf doch dann erkannte er deutlich einen Mann mit einer Schirmmütze, der eine Nickelbrille trug, eine Zigarette rauchte und ihm zögerlich aus dem Handgelenk zuwinkte. Erschrocken nahm er das Fernglas ab, vergewisserte sich nochmal, indem er das Fernglas erneut ansetzte, und staunte.
„Das gibt’s ja wohl nicht“, nuschelte er. „Mister Lightoller, hiermit erteile ich Ihnen das Kommando über die Titanic. Falls der Kapitän mich erwünscht sagen Sie ihm, dass ich kurz austreten musste.“

Ein seichter Nebel lag über dem Bugdeck der Titanic. Ike erkannte einen menschlichen Schatten, auf dessen Kopf eine Offiziersmütze lag, dieser mit strammen Schritten direkt auf ihn zumarschierte. Als William Murdoch direkt vor ihm stand, leuchtete er mit seiner Taschenlampe in sein Gesicht.
„Ike … Sie? Was zum Teufel machen Sie hier? Sie müssten doch in Southampton sein, um den Mordversuch an meiner Person zu ermitteln“, bekundete er verwundert.
„Ich kann alles erklären, Mister Murdoch.“
„So, können Sie das also. Na da bin ich aber mal sehr gespannt“, erwiderte der Schiffsoffizier verärgert, leuchtete mit seiner Taschenlampe weiter in sein Gesicht und runzelte die Stirn.
„Moment mal … was ist denn mit Ihnen geschehen? Sind Sie es überhaupt?“, fragte er verdutzt, während er Ikes Gesicht betrachtete. „Sie sehen so verändert aus, als seien sie etwas gealtert. Und Ihr holländischer Akzent ist auch fast verschwunden. Wie ist denn das möglich?“
Ike hob seine Hände und blickte ihn ernst an.
„All Ihre Fragen werde ich beantworten, Mister Murdoch, aber es liegt wohl in beidseitigem Interesse, wenn wir nicht gemeinsam gesehen werden. Daher empfehle ich, dass Sie erstmal Ihre Taschenlampe ausknipsen.“
Daraufhin schaltete William Murdoch seine Taschenlampe aus. Der Lichtschein, welcher von der entfernten Kommandobrücke aus schien, spendete ihnen trotz des rasch zunehmenden Nebels im Dunkeln genügend Sicht.
„Ist Ihnen eigentlich klar“, fuhr Mr. Murdoch sogleich zornig fort, „dass ich Ihretwegen einen Schaden von über 450 Pfund zu verdanken habe? Das South Western Hotel hat mir ein Telegramm übermittelt und diese Forderung gestellt. Können Sie sich überhaupt nur im Geringsten vorstellen, wie peinlich ich jetzt dastehe?“, fragte er empört. „Man wird mich für einen Rowdy halten, der völlig betrunken ein Hotelzimmer verwüstet hat. Mein Ansehen ist Ihretwegen ruiniert, wie auch meine berufliche Karriere, wenn diese Angelegenheit nicht schnellstmöglich aufgeklärt und vor allem entschädigt wird. Ich war bislang ein gern gesehener Gast im South Western Hotel, dass möglicherweise jetzt nicht mehr so ist. Zudem hat Mister Ismay mich auf diesen Vorfall bereits angesprochen und gemeint, er erwünscht ein Gespräch unter vier Augen. Sie selbst wissen genau, dass ich ab der nächsten Überfahrt zum Kapitän der Titanic befördert werden sollte, aber ich glaube kaum, dass der Direktor der White Star Line dies nun befürwortet!“, schnauzte er.
„Was? Wovon reden Sie überhaupt, Mister Murdoch?“, fragte Ike völlig verwundert. „Ich kann Ihnen im Moment nicht folgen.“
Der Schiffsoffizier blickte ihm scharf in die Augen, band seinen Schal ab und zeigte ihm die erröteten Striemen an seinem Hals.
„Jetzt tun Sie doch nicht so, als wäre das alles schon jahrelang her. Gestern Mittag, als Sie mein Leben gerettet hatten, wofür ich Ihnen zwar immer noch unendlich dankbar bin, aber Sie hatten mit Ihrer lautlosen Pistole ein gewaltiges Loch in die Wand geschossen! Das Loch ist dermaßen groß, als hätten Sie eine Kanone abgefeuert! Selbst die Suite nebenan wurde dadurch verwüstet und ich, ich muss jetzt für den Schaden aufkommen obwohl Sie mir versichert hatten, dass Ihre Regierung alles regeln würde. Anscheinend wurde aber gar nichts geregelt!“, wies er ihn wütend zurecht.
Ike hielt einen Augenblick inne um zu überlegen, um sich zu sammeln, schließlich lag dieser Vorfall in seiner Zeitrechnung schon tatsächlich über drei Jahre zurück.
„Ach so … Das meinen Sie also. Jetzt verstehe ich“, antwortete er kleinlaut. „Hat meine Regierung sich um diese unangenehme Sache in der Tat noch nicht gekümmert?“, fragte er scheinheilig.
„Unangenehme Sache nennen Sie sowas? Ich wurde beinahe ermordet und nein, Ihre ehrenwerte Regierung hatte sich bis jetzt offenbar noch nicht mit der Hotelleitung auseinandergesetzt. Sonst wäre mir diese peinliche Botschaft per Telegramm sicherlich nicht überreicht worden!“, erwiderte William Murdoch erbost.
„Beruhigen Sie sich doch, Mister Murdoch. Deswegen bin ich ja hier, um das alles zu klären. Aber hauptsächlich bin ich hier auf der Titanic, weil Sie etwas haben, was mir gehört. Eher gesagt gehört es dem holländischen Geheimdienst. Sie wissen, wovon ich rede?“, hakte Ike spitz nach. „Sie müssen es mir unbedingt aushändigen, Mister Murdoch. Unbedingt!“, flüsterte er ihm dringlich zu.
William Murdoch wankte daraufhin mit dem Kopf.
„Sie sind einfach unglaublich, Ike. Sie machen mich sprachlos. Sie sind samt einer Leiche spurlos verschwunden, nicht einmal einen einzigen Bluttropfen hatten Sie hinterlassen, obwohl der helle Teppich mit einer Blutlache vollgesaugt war. Ganz zu schweigen von der Hirnmasse … Ich möchte darüber eigentlich gar nicht reden, denn der Schrecken steckt mir noch viel zu tief in den Knochen. Sie haben mir Schulden hinterlassen und mich nicht einmal vernünftig aufgeklärt, wer dieser Kerl war, bekleidet mit einer Schiffsoffiziersuniform wohlbemerkt, und weshalb er mich umbringen wollte, aber verlangen von mir, dass ich Ihnen dieses eigenartige Ding mir nichts dir nichts aushändige?“, fragte er sichtlich aufgebracht.
„Also haben Sie es. Das ist gut für Sie. Das ist gut für uns beide.“
„Ach, beabsichtigen Sie jetzt sogar, mir zu drohen?“
„Keineswegs. Aber meine Regierung glaubt felsenfest, dass sie dieses Ding, wie Sie es bezeichnen, im Besitz haben, und mit einem Geheimdienst legt man sich besser nicht an. Das soll nur ein wirklich gut gemeinter Rat sein, sonst nichts“, sprach Ike beruhigend auf ihn ein. „Mister Murdoch, ich bin immer noch Ihr Freund. Ich bitte Sie, händigen Sie es mir freiwillig aus, denn falls Sie sich weigern …“
„Was dann?“, fiel er ihm sogleich ins Wort. „Was würde sonst geschehen? Würden Sie mich dann etwa foltern?“
„Ich würde jede erdenkliche Methode anwenden, um das Staatseigentum meines Landes zurückzubekommen, Mister Murdoch. Ich habe schließlich auch meine Befehle, genauso wie Sie, Sir. Außerdem wäre es für Sie ohnehin sicherer, wenn Sie dieses Gerät schnellstmöglich wieder loswerden, glauben Sie mir! Es sind nämlich noch weitere Agenten an Bord, jedoch gehören sie einem anderen Geheimdienst an, die ebenfalls danach suchen. Und die sind nicht so freundlich und kooperativ, wie ich es bin. Es ist Ihnen zwar nicht bewusst, aber Sie schweben zurzeit in akuter Lebensgefahr.“
„Ach ja, schon wieder?“, schmunzelte der Schiffsoffizier gezwungen. „Na schön. Ich werde es Ihnen zurückgeben aber nur unter der Bedingung, wenn Sie mir erklären, wozu es dient und weshalb man mich ermorden wollte. Ferner verlange ich von Ihnen, dass Sie persönlich die Angelegenheit im South Western Hotel regeln, sobald wir wieder in Southampton anlegen“, forderte der Offizier mit erhobenem Zeigefinger.
Ike sah ihn zuerst nur ernst an, reichte ihm dann seine Hand und antwortete: „Einverstanden, Sie haben mein Wort, Mister Murdoch. Sobald wir wieder in Southampton sind, werde ich diese unangenehme Angelegenheit aufklären und die Renovierungskosten übernehmen. Versprochen.“

Es war bereits 23.45 Uhr als sie schnurstracks zum B-Deck marschierten, direkt zu den Offiziers Kabinen. Die Musik des Orchesters war mittlerweile verstummt und es begegneten ihnen nur noch vereinzelte angetrunkene Herrschaften.
„Also Ike, ich würde jetzt nur zu gerne wissen, was dies für ein Gerät ist und wofür man es benutzt. Es ist aus einem Material beschaffen, dass mir völlig unbekannt ist. Es ist hart wie Stahl aber dennoch fühlt es sich angenehm warm an. Da ist sowas wie eine kleine Fensterscheibe und sie leuchtet, und all diese Tasten, darauf diese Zahlen und merkwürdigen Zeichen abgebildet sind. Wozu dienen sie?“, fragte er, während er Ike durch die verzwickten Gänge zu seiner Kabine führte.
„Ich würde es Ihnen ja gerne erklären, Mister Murdoch, aber letztendlich würden Sie es sowieso nicht verstehen und mir erst recht nicht glauben“, antwortete Ike.
Daraufhin blieb William Murdoch vor seiner Kabine stehen und blickte Ike autoritär an, als wäre er ein untergebener Matrose.
„Was ich verstehen und glauben werde oder nicht, müssen Sie mir schon selbst überlassen. Also, schießen Sie los. Aber bitte nicht mit Ihrer merkwürdigen lautlosen Pistole“, forderte Mr. Murdoch mit einem ironischen Unterton. Ike seufzte und nickte.
„Also gut. Das sogenannte Ding ist ein Transmitter, dieser sowohl Gegenstände und Substanzen als auch Lebewesen teleportieren kann. Es ist ein Prototyp, eine neuartige Erfindung. Zufrieden?“
Mr. Murdoch sah ihn konfus an und verharrte einen Augenblick, bevor er seine Kabinentür öffnete.
„Ein Transmitter? Und was soll das sein … teleportieren? Sowas habe ich noch nie zuvor gehört. Etwa, ein Telegramm noch schneller zu übermitteln? Nun klären Sie mich doch endlich auf! Aber wagen Sie es bloß nicht, mir irgendeine Münchhausen Geschichte aufzutischen, denn ich bin kein Dummerchen!“
„Gewiss nicht, Mister Murdoch. Teleportieren ist genau das, was ich mit der Leiche gemacht habe. Ich habe sie verschwinden und den leblosen Körper an einen anderen Ort wieder auftauchen lassen. Sowas nennt man teleportieren. Jetzt Zufrieden?“, fragte Ike gelangweilt.
„Und wohin haben Sie die Leiche … teleportiert?“
„Nach Amsterdam selbstverständlich, in ein Leichenschauhaus. Und jetzt wünsche ich meinen Transmitter zurück, wenn ich bitten darf!“, drängte Ike ungeduldig.
Als der Schiffsoffizier seine Kabinentür aufschließen wollte bemerkte er verwundert, dass sie eigentlich bereits geöffnet und nur angelehnt war. Er knipste das Licht an und starrte erschrocken auf die Verwüstung, die er vorfand. Der Kleiderschrank, wie auch die Schubladen der Kommoden waren aufgerissen, und all seine Klamotten lagen verstreut auf dem Boden herum. William Murdoch war entsetzt.
„In meiner Kabine ist eingebrochen worden! Ich wurde beraubt!“, brüllte er aufgebracht.
Dann stürzte er sich zur Kommode und blickte in die leeren Schubladen.
„Oh nein! Mein Ehering und die Taschenuhr meines Schwiegervaters sind verschwunden! Die Taschenuhr meines Schwiegervaters ist weg … Das ist ein Albtraum! Bei mir wurde eingebrochen, ich bin bestohlen worden!“
„Und wo ist mein Transmitter?!“, fragte Ike nachdrücklich.
„I-ich bin ausgeraubt worden! Alles ist weg! Alles … weg!“
„Was meinen Sie damit … alles weg?“, fragte Ike aufgebracht. „ Wollen Sie mir jetzt etwa erklären, dass auch der Beamer gestohlen wurde?“
„W-was? Ach so, Ihr komisches Gerät. Ja, ja, auch das hat der Dieb genommen“, antwortete der Schiffsoffizier niedergeschlagen, während er vor der leeren Kommode kniete. Mr. Murdoch war dermaßen aufgewühlt, dass seine Stimme zitterte und er momentan keinen klaren Gedanken fassen konnte.
„Oh mein Gott, hier drinnen hatte ich all meine Kostbarkeiten verstaut, darunter auch diesen Apparat. Was geschieht grad nur mit mir? Zuerst versucht man mich zu ermorden und dann werde ich sogar noch ausgeraubt. Meine Frau wird mir vielleicht was erzählen, nicht unbedingt, weil ich wiedermal zum Baden meinen Ehering abgelegt hatte, sondern vielmehr, weil die Taschenuhr ihres Urgroßvaters fehlt. Es ist ein Erbstück, das mein Schwiegervater mir letztens erst geschenkt hatte. Sie können sich gar nicht vorstellen, welche Bedeutung diese Uhr für mich hat. Und nun besitzt sie ein schäbiger Dieb!“
„Ist mir alles scheißegal! Wo ist der Transmitter, wo ist mein Beamer?!“, schrie Ike außer sich vor Wut, während er Murdoch grob am Kragen packte und ihn rüttelte. Ike verlor nachdem es gewiss war, dass auch sein Beamer entwendet wurde, absolut seine Beherrschung.
„Ich bring dich um! Ich werde dich über Bord werfen! Gib mir meinen verfluchten Beamer zurück!“, schrie er und rüttelte ihn dabei kräftig. Dann ließ Ike ihn los, ließ sich keuchend auf die Couch fallen und hielt seine Hände vor das Gesicht.
„Machen Sie sich keine Sorgen, Ike. Ich werde sofort den Zahlmeister aufsuchen und anweisen, dass unsere Hausdetektive nachforschen sollen. Wir werden den Dieb schon schnappen. Garantiert! Dieser Bastard kann nirgendwohin flüchten, schließlich befinden wir uns auf einem Schiff“, sprach Murdoch beruhigend auf ihn ein und wandte sich vorsichtig von ihm ab. William Murdoch war sehr verängstigt und fürchtete Ikes Zorn, immerhin hatte er angedeutet, dass er zu allem entschlossen war, um sein futuristisches Gerät wiederzubekommen. Ike lunzte durch seine Finger und erkannte, dass der Schiffsoffizier zu flüchten versuchte. Daraufhin sprang er von der Couch hoch, packte ihn blitzschnell am Arm und schleuderte ihn auf einen Sessel zurück.
„Sie hören mir jetzt zu und tun genau das, was ich Ihnen sage, Mister Murdoch!“, warnte er, wobei der neununddreißigjährige Schotte ihn ängstlich anschaute. „ICH werde die Ermittlung übernehmen und herausfinden, wer der Einbrecher war, und nicht irgendwelche Detektive. Haben wir uns verstanden?“
William Murdoch wirkte blass, hockte wie ein Häufchen Elend im Sessel und stimmte wortlos zu.
„Falls Sie mit mir nicht kooperieren und sich dennoch an den Zahlmeister wenden, wird das nächste Gehirn Ihres sein, welches irgendwo an einer Wand wie Marmelade herunterläuft. Haben wir uns verstanden?!“, zischte Ike ihn bösartig an. Er lief unruhig im Kreis herum, während er Murdoch im Auge behielt und mit dem Zeigefinger auf ihn deutete. „Sie haben es im Hotel selbst erlebt, wozu ich fähig bin. Ich will meinen Transmitter zurückhaben und so wird es auch geschehen, was zugleich bedeutet, dass auch Sie Ihre Utensilien zurückbekommen werden. Aber nur wenn Sie schweigen und meinen Anweisungen folgen werden. Sind wir uns da einig, Mister Murdoch?“, fragte Ike mit ruhiger Stimme, um ihn nicht weiterhin in Panik zu versetzen. Schiffsoffizier William Murdoch nickte hektisch. Daraufhin kniete Ike vor ihm.
„Mister Murdoch, wir müssen jetzt einen klaren Kopf behalten und unbedingt zusammen arbeiten. Sie sind ein kluger Mann – ich habe Ihnen die Funktionen des Transmitters erklärt, nun können Sie sich vorstellen, weshalb niemand davon erfahren darf. Andernfalls sind wir beide so gut wie tot, weil auch andere Geheimdienste danach suchen.“
„Na ja, so recht verstehe ich es eigentlich doch nicht, Ike. Wozu soll dieses Teleportieren denn eigentlich nützlich sein, außer Leichen verschwinden zu lassen? Wieso ist dieser komische Transmitter so wertvoll, dass andere Geheimdienste sogar nicht davor zurückschrecken werden uns zu töten, um es zu besitzen?“, fragte Murdoch.
Ike zuckte kurz mit seinen Augenbrauen, denn nun wurde ihm bewusst, dass der erste Weltkrieg ja noch bevorsteht und die meisten Leute zurzeit noch glaubten, dass technische Erfindungen allein zum Wohlstand und Bereicherung der Menschheit diente.
„Na, wozu wohl? Man könnte damit jeden Krieg gewinnen. Ein Knopfdruck würde genügen, um ein ganzes Regiment samt Panzer und Maschinengewehre innerhalb einer Minute an die Front zu schicken.“ Ike atmete einmal auf, bevor er fortfuhr. „Wir müssen absolut diskret vorgehen, denn würden wir die Hausdetektive involvieren, würde auch deren Leben gefährdet sein, falls sie diesen Transmitter finden. Der Dieb muss ein Profi sein, denn die Kabinentür wurde nicht gewaltsam geöffnet“, erklärte Ike im ruhigen Ton. Mr. William Murdoch nickte zögerlich.
„Also gut, Ike, ich werde Ihnen weiterhin vertrauen und schweigen. Ich werde die Hausdetektive nicht beauftragen und Ihnen stattdessen die Ermittlungen überlassen.“ Mr. Murdoch wankte mit dem Kopf und blickte ihn ernst an. „Besorgen Sie mir nur meine Taschenuhr und auch meinen Ehering, sonst werde ich nämlich von meiner Frau was erleben.“
Ike holte daraufhin seinen Füllfederhalter raus, dieser eigentlich als ein Augenscanner dienlich war, um die Identität eines Zeitreisenden zu überprüfen. Aber dieser modifizierte Füllfederhalter konnte auch anderweitig nützlich sein und hatte noch weitere Funktionen parat. Ike scannte mit dem Füllfederhalter die Schubladen der Kommode, wobei ein kurzes violettes Licht aus dem silbernen Stift drang, und analysierte dann das Ergebnis.
„Tja also, wie ich sehe, sind nur zwei frische Fingerabdrücke zu erkennen. Die meisten scheinen wohl von Ihnen zu sein, aber die anderen sind eindeutig vom Täter.“
William Murdoch blickte ihn zweifelnd an.
„Das können Sie mit diesem schlichten Füller tatsächlich feststellen? Ich will damit sagen, dass die neuartige Methode mit den Fingerabdrücken mir zwar nicht unbekannt ist, aber …“
Ike zeigte ihm den Füllfederhalter, worauf auf dem winzigen Display zwei verschiedene Fingerabdrücke zu sehen waren. Murdoch setzte sich eine Lesebrille auf, staunte und war beeindruckt.
„Sie sind ein außergewöhnlicher Mann, Ike, und besitzen zweifelsohne eine beeindruckende Technik. Nun ja, das wundert mich nicht allzu sehr. Heutzutage ist ja wirklich alles möglich, die Titanic ist schließlich ein Beweis dafür.“ Mr. William Murdoch blickte ihn mit seiner Lesebrille nachdenklich an. „Selbst Leichen können heutzutage offenbar bis nach Amsterdam teleportiert werden, aber wer ist nun der Einbrecher gewesen? Die Fingerabdrücke sehen für mich beide gleich aus.“
Ike lächelte und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter.
„Das weiß ich jetzt leider auch nicht genau. Die Scanner Analyse hat jedoch ergeben, dass die fremden Fingerabdrücke weiblich sind. Der Dieb war also eindeutig eine Frau, und zwar aus den obersten Rängen. Damit meine ich, dass die Diebin nur aus der Ersten-Klasse stammen kann. Niemanden sonst könnte es gelingen, einfach so unbemerkt auf das B-Deck zu gelangen und in Ihre Kabine einzubrechen.“
„Eine Frau, meinen Sie?“, fragte er sichtlich erstaunt. William Murdoch schob seine Offiziersmütze etwas zurück und starrte vor sich hin. „Jemand aus der Ersten Klasse glauben Sie also, zudem war es eine Frau? Das wäre ja ungeheuerlich.“
Einen Moment lang hockten beide wortlos nebeneinander auf der Couch und blickten betrüb zum Boden. Dann stand Ike auf, ging langsam zur Tür und drehte sich nochmal um.
„Es wird Zeit, dass Sie wieder zurück zur Kommandobrücke gehen. Sie dürfen sich nichts anmerken lassen, was geschehen ist. Und vergessen Sie bloß nicht Ihren Schal wieder anzuziehen. Sobald ich was Neues herausgefunden habe, werden wir uns wieder vorne am Bug treffen. Gute Nacht, Mister Murdoch“, sagte Ike, bevor er die Kabinentür hinter sich schloss.
 
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