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Die Geschichte Coupés - Teil 6

Romane/Serien · Romantisches
© Julia D.
?Von Gauen. Eindeutig das Siegel des hochwürdigen jungen Prinzen von Gauen. Woher hast du diesen Brief, mein alter Freund? Doch nicht gestohlen oder??
Der alte Mann lachte kurz. ?Wahrhaftig mein Freund! Soweit werde ich es in diesem Leben nicht mehr bringen, um mich durch Stehlen zu bereichern.? Der man strich sich sein Kinn. ?Von Gauen sagst du? Nun, eine Bedienstete in der Küche fand ihn im Müll verborgen. Wie mag er dort hingeraten sein??
Zarabu, der Diener der königlichen Familie, strich wie sanft über den Umschlag. Eine Bedienstete hatte ihm in Müll gefunden? Wahrhaftig, war es eine schwierige Situation. Wenn der junge Prinz den Brief nicht mehr hätte haben wolle, dann wäre ein Wegwurf in einer der zahlreichen Gefäße in seinem Gemach sehr viel leichter gewesen. In die Küche würde ein so hoch angesehener Mann nicht gehen. Unmöglich. Zarabu wandte sich an den alten Mann zu seiner Seite. ?Nun, ? begann er schmunzelnd, ?selbst redend, bin ich nicht mehr einer der jungen Springer am Hofe?,
?Aber noch immer jünger als ich!? kicherte der Alte. Zarabu schenkte dem Mann ein kurzes Lächeln und vollendete seinen Satz. ?Doch glaub ich, meinen Augen noch trauen zu können. Erst heute Mittag, stieß ich mit dem Leibwächter des Prinzen zusammen. Und wenn mein Gedächtnis mir keinen Streich spielt, glaube ich zu wissen, dass er diesen Brief bei sich hatte. Ich kann es nicht sicher sagen, aber so steht es um die Dinge.?
Zarabu beobachtete den Mann. Sein verbissener Gesichtsausdruck, ließ sein Gesicht noch faltiger wirken. Er schien schier überfordert zu sein mit dieser Geschichte. Er klopfte dem Mann auf die knochige Schulter und sagte: ?Du hast bei Leibe genug zu tun. Ich werde den Prinzen aufsuchen und ihn diesen Brief überreichen. Er wird, falls er einen Bestimmungsort hat, auch dort hinfinden.?
Der Mann nickte. Dann drehte er sich um und schlürfte den großen Flur entlang. Zarabu blieb zurück.
Die Prinzessin trat aus ihrem Gemach auf den Flur und sah den Diener an. Dieser senkte den Kopf kurz und sagte schließlich: "Entschuldigt diese Frage, Eure Hoheit, aber erwartet Euch ein Brief vom Fürstensohn?"
Merrys Augen fingen an zu leuchten und erwatungsvoll starrte sie auf den Brief. "Nun.... Ich bin wahrhaftig im Glauben, das dieser Brief mit mir seinen Empfänger gefunden hat. Ansonsten werde ich mich persönlich um seine Ankunft kümmern." Zarabu gehorchte und gab den Brief weiter. Seine Pflicht war nun getan. Er verabschiedete sich höflich und ging lautlos weiter.

Merry drehte den Brief noch einige Male in ihren Händen. Ihre Kehle brannte und sie schluckte nur mit Mühe die Tränen runter. Der Hals schien angeschwollen zu sein und ein paar Sekunden geriet sie ins Schwanken. Sie griff nach der Lehne des alten Holzstuhls, der reichlich verziert war.
Sie ließ sich in das Erbstück sinken und fühlte über das Papier. Immer wieder suchten ihre Augen die ersten Zeilen, die ?Liebste Anna?, schrieben. Sie kniff ihre Lippen zusammen und zog die fein geschnitzten Muster in dem Holzstuhl nach. Ihre Fingerspitzen ertasteten einen kleinen Splitter, der sich in ihr Fleisch bohrte.
So fühlte sich ihr Herz an. Ein kleiner fast unbedeutsamer Stich, der zu wachsen schien. Aus Schock wurde Wut, aus Wut wurde Trauer und aus Trauer Hass. Ja sie hasste Anna. Nicht nur dass sie immer Vaters Liebling war, nein, jetzt stahl sie auch noch ihren Geliebten Erik. ?Diese Hexe!? sagte sie leise in die große Bibliothek hinein.
Sie sprang auf, steckte den Brief zwischen zwei Bücher und lief schnellen Schrittes zu ihrem Gemach, wo sie Anna vermutete. Ihre wirren Gedanken drehten sich nur noch um Rache. Rache und Leid. Sie sollte leiden, einmal in ihren Leben, sollte ihre Schwester diese Demütigung erfahren und leiden.
Sie blieb stieß die Tür auf und fand einen leeren Raum vor. Sie lief ins Bad und suchte die Kommode durch. Wahrscheinlich tummelte sie sich gerade mit Erik in einer kleinen schattigen ecke und verschlang ihn mit ihren Küssen. Die Tür sprang auf und sie hörte Annas Stimme.
?Danke Carol.? Ihre Stimme klang schwach. Vielleicht von den Liebesspielen die sie mir Erik Nacht für Nacht hinter ihrem Rücken trieb!
?Kindchen. Setzt Euch. Ihr braucht Ruhe. In Euren Zustand solltet ihr nicht mehr so schwer heben und Euch stattdessen ausruhen.? Merry horchte aus.
Anna seufzte tief als sie sich in die Kissen sinken ließ. ?Wie soll ich es nur Merry erklären? Sie würde es nicht verstehen, Carol. Sie würde es doch nicht verstehen.? Sie hörte ein leises Schluchzen. ?Ein Kind! Ich darf doch kein Kind von ihm bekommen. Das darf nicht sein.? Merry kochte. Der letzte Funken Liebe, den sie einst für ihre Schwester empfunden hatte war erloschen. Ein Kind von Erik. Wie konnte sie nur.
Sie schlich zu der Schranktür und zog sie geräuschlos auf. Sie drückte fest gegen die Hinterwand und betrat den dunklen Geheimgang. Leise ließ sie die Tür wieder zuschnappen.
?Oh Carol?, weinte Anna. ?Und was ist mit Vater? Ich kann doch nicht einfach so tun, als ob das Kind von jemand anderes wäre. Wie soll ich ihm sagen was geschehen ist? Er würde mich zu tote prügeln. Ich kann das Kind nicht bekommen. Um Merrys und meiner Willen!? Die Zofe streichelte sanft die goldenen Haare der jungen Prinzessin. ?Keine Sorge. Wir werden eine Lösung finden.?

Eine dunkle Gestalt betrat den kleinen Arzneiladen. Eine Frau in einem schwarzen Mantel gehüllt blieb vor dem Tresen stehen. ?Verzeiht Madam, aber es ist bereits geschlossen. Ihr müsst morgen wiederkommen.?
Die Gestalt schmiss ein Säckchen mit Silbertalern auf den Tisch. Die Augen des Verkäufers funkelten. ?Was darf es sein?? fragte er fast sofort.
Die Gestalt holte tief Luft und sagte schließlich. ?Ich habe ein Problem. Ein Problem, dass Maßnahmen erfordern, die Eure Kenntnisse benötigen. Ein ungewolltes Kind ist unterwegs.? Eine blonde Strähne fiel aus der Kapuze. Die Frau schob sie schnell wieder hinter ihr Ohr und watete geduldig die Antwort des Verkäufers ab.
Der Verkäufer versuchte das schemenhafte Gesicht zu erkennen. ?Über so etwas verfüge ich nicht.?
Ein weiterer Beutel mit Silbertalern wurde auf den Tresen gelegt. Der Verkäufer nahm ihn entgegen und nickte. Er drehte sich um, zog feste an einem Regal und ein kleiner Schrank tat sich auf. Er durchsuchte schnell die einzelnen Fläschchen ab und nahm schließlich vorsichtig einen kleinen Behälter heraus.
Er hielt ihn der Person hin und sagte. ?Fünfzehn Tropfen und Euere Problem ist in zwei bis drei Stunden gelöst.? Bevor die Frau danach greifen konnte zog er den Behälter zurück. ?Wenn ihr mehr als benutzt, führt es unweigerlich zum Tot! Zu einem sehr schmerzhaften Tot. Geht also gewissenhaft damit um, Madam.? Schließlich gab er der ungeduldigen Person die Mixtur in die Hand.
Sie drehte sie kurz und sagte dann: ?Keine Sorge. Es geht allein um das Kind.? Dann verschwand sie aus dem Laden.
Der Verkäufer lief ihr bis zur Tür nach und schloss ab, als die Frau verschwunden war. Dann begann er strahlend seinen neuen Reichtum zu zählen.

Merry betrachtete die dampfende Suppe. Sie stand vor der Tür zu ihren Zimmer und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Ja, Anna hatte es verdient. Sie musste dafür zahlen. Sie musste lernen, dass sie nicht alles haben konnte. Etwas gehörte ihr. Und Erik sollte es sein. Erik und ihre zukünftigen Kinder. Anna musste bestraft werden.
Sie ließ vorsichtig fünfzehn Tropfen in die Suppe träufeln. Sie rührte bedacht um und roch an dem hochsteigenden Dampf. Dann verstaute sie die kleinen Behälter und klopfte an die Tür.
Sie öffnete und steckte den Kopf durch. Anna lag bleich im Bett. Ihre Augen waren rot und angeschwollen und ihre Haut wirkte in diesem Licht noch blasser als sonst. ?Schwester?? fragte Merry leise. ?Ich habe dir eine Suppe gemacht. Du sahst so mitgenommen aus.? Sie lächelt weich. Anna tat ihr dies gleich und sagte: ?Ich danke dir. Ich glaube, dass ist jetzt genau das richtig für mich.?
Anna nahm die Schüssel entgegen und begann mit die Suppe zu löffeln. Merry sah ernst zu und wartete ab. ?Ich werde noch ein wenig spazieren gehen und später zu dir stoßen.? Sagte sie kalt und lief aus dem Raum.

Anna rührte nachdenklich in der Suppe. Sie konnte es nicht verheimlichen. Wenn Carol ohne ein Gegenmittel aus der Stadt zurückkam, würde sie es beichten müssen. Ihre größte Sorge jedoch, lag bei Merry. Wie sollte sie es ihr beibringen? Wie sollte sie es sagen, dass sie schwanger war? Schwanger von dem eigenen Vater? Das war ein Skandal! Es würde Proteste geben, die Bewohner der Stadt würden einen Aufstand machen! Oh Gott, hoffentlich kam Carol bald zurück und brachte das ersehnte Gegenmittel mit.
Anna wurde aus ihren Gedanken gerissen als die Tür laut aufgestoßen wurde. Ihre Zofe trat in einen Mantel gehüllt ein und schloss die Tür leise wieder. Sie trat ans Bett und zog ein kleines Fläschchen aus ihrer Tasche. ?Hier, Prinzessin.? Sie hielt es ihr entgegen und Anna griff sofort danach. ?Der Mann sagte, wenn man fünfzehn Tropfen nehme, dann würde, das Problem gelöst sein. Er sagte, genau fünfzehn Tropfen.? Sie war noch leicht außer Atem und stand wie angewurzelt am Bettrand und wartet ab.
?Fein. Fünfzehn Tropfen.? Ein leichtes Lächeln umspielte die Lippen der Prinzessin. Sie zog den Stopfen ab und träufelte es vorsichtig in die Suppe. ?Fünfzehn Tropfen.? Wiederholte sie leise. Als es sie dass Fläschchen an Carol weitergab und die Suppe langsam umrührte. Sie nahm einen Löffel voll und schob ihn in den Mund. ?Es schmeckt nicht. Es schmeckt wie köstliche Hühnerbrühe.?
Carols Augen sahen geschafft und etwas skeptisch aus. ?Bei Gott, ich hoffe es hilft Euch, Kindchen. Ich bete heute Abend um Euer Wohlergehen.?

Merry lief lächelnd den Gang endlang. Es waren nun schon zwei Stunden vergangen. Die Wirkung musste bald eintrete, so hoffte sie. Das dürfte ihr eine Lehre sein. Endlich würde sie nicht alles bekommen. Ein kleines dreckiges Lachen kam aus ihrem Mund.
Sie hörte laute Schritte die den Gang lang hallten. Sie waren hektisch und unruhig und ein leises Keuchen was zu hören. ?Lisa! Kind! Beeil dich, wenn du weiterhin hier arbeiten willst!? ertönte eine Stimme von weiter weg. Die Schritte wurden schneller und Merry beobachtete, wie ein kleines Mädchen mit einem Berg an Tüchern und einem Eimer mit Wasser eilig den Gang hinter, von Merry weg rannte.
Jetzt konnte sie auch die Person zu der Stimme sehen. Eine junge Zofe stand an der Gemachtür und sah ungeduldig auf das Mädchen. Sie wirkte ein wenig verschwitzt und aufgeregt. Merry lief ein wenig schneller und setzte ein erschrockenes Gesicht auf. Aber innerlich, innerlich zersprang sie fast vor Glück. Innerlich fühlte sie sich als Siegerin und triumphierte vor sich hin.
Als Merry den Raum betrat, waren fünf Zofen, sowie Carol und ein Arzt anwesend. Keiner der Anwesenden bemerkte sie. Der Arzt tastete an Annas Unterleib, während Carol frische Tücher auswrang und auf Annas Stirn tupfte. Anna selber, war schneeweiß im Gesicht. Ihre Lippen waren trocken und aufgeplatzt und ihre rot unterlaufenden Augen starrten ins Leere. Sie wimmerte leise und ein schweres, fast keuchendes, Atmen trat aus dem Schlitz ihrer beiden Lippen. Ihre Haut schien eingefallen und plötzlich sah sie aus, als ob sie seit Tagen Tot sei.
Nein, dass hatte sie nicht gewollt. Es waren doch nur fünfzehn Tropfen, mehr nicht. So wie er es gesagt hatte.
?Ich kann ihr nicht helfen. Wir können nur hoffen, dass es von alleine nachlässt und das Fieber runter geht. Der König sollte schnell benachrichtigt werden.? Brummte die tiefe Stimme des Arztes.
Eine Zofe lief unaufgefordert los. ?Oh Kindchen, ? sagte Carol mit einer zitternd weinerlichen Stimme. ?es waren doch nur fünfzehn Tropfen. So wie er es gesagt hat. Nur fünfzehn Tropfen.? Merry erstarrte als sie Carols Worte vernahm. Fünfzehn Tropfen. Ihre wurde kurz schwarz vor Augen. Sie taumelte vor griff nach Annas Hand und strich ihr durchs Gesicht. ?Oh nein.? Sagte sie leise. ?Nein, dass wollte ich nicht.? Carol sah auf.
Schließlich verdrehte Merry die Augen und klappte zusammen.
 
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Kommentare  

WHOW!!!
Das Warten auf diesen Teil der Fortsetzungsgeschichte hat sich echt gelohnt. Die böse Verwechslung zu Anfang reißt einen ganz schön runter. Der Leser weiß als Einziger, dass alles nur ein furchtbarer Irrtum ist. Am liebsten möchte man kopfvor in den Computer hechten und dort in Julias Fantasiewelt einige Dinge klarstellen.
Vor allem aber bekam ich große Lust, mich mit dem miesen tochtervö...elnden König mal Auge in Auge zu unterhalten und ihn mal so richtig durch den Wolf zu drehen.
Gut gelungen ist auch wieder der Schluss: Merry erkennt, was sie in ihrer Eifersucht angerichtet hat und dann hört es an der spannendsten Stelle auf.
Prima Arbeit hingelegt. Foll kuhl!
"Setzen! Sechs!" kann ich nicht schreiben. Na gut, dann eben "nur" fünf!


Stefan Steinmetz (18.09.2002)

Ohhhhhhhhhhhh gib mir mehr davon, ich will weiterlesen !!!!!

Jingizu (16.09.2002)

O-oh. Da tun sich ja echte Abgründe auf in der Familie Coupés. Ob da noch was zu retten ist. Ich wills mal strak hoffen, und ich will auch hoffen, daß der nächste Teil bald hier zu lesen sein wir.
5 Punke


Destiny (15.09.2002)

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