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DA IST ETWAS, WORÜBER WIR NOCH REDEN MÜSSTEN

Nachdenkliches · Kurzgeschichten
Während er noch telefonierte, war hinter seinem Rücken die Tür aufgesprungen und ein winziger Mann stand plötzlich im Zimmer, ging zielstrebig an ihm vorbei auf den Balkon und übermalte ohne lange zu fackeln mit einer großen Farbrolle an einem langen Griff die weißen Zeichen, die Fabien dort auf die Außenwand ge malt hatte, kunstvolle buddhistische Schriftzeichen, übermalte sie starren Blickes mit einem unsäglichen Grau, dem Grau der Aussenwand. "Um die Dinge auch mal von eineranderön Seite aus sehen su können!", schrie Fabien ins Telefon, doch seine Gesprächspartnerin, eine gewisse Emily Belfast, - hatte aufgelegt.
"Allo?"
Er mit seinem ganzen geistigen Drumherum und Brimborium und seinen Verstrickungen in die Welt war ein doch eher sperriges Stück Welt in ihrer Welt, dort reingeschoben, überschatte Vieles. Und sie wollte ja auch ganz gern mal wieder den Horizont sehen können.
Sie wohnt - das muss man dazusagen - mit ihrem jüngeren Bruder in Mümmelmannsberg in einem Hochhaus. Seit ihre Eltern gestorben sind, übernimmt sie die Verantwortung. Die vom Jugendamt sagen, das sei schon okay. Einmal im Monat schaut jemand von denen vorbei, da ziehen sie sich Rüschenkleider an und Nickelbrillen und legen Shakespearebücher in der Wohnung aus, das zieht immer.
Weil sie, wie sie sagt, sehr volksnah und gleichzeitig unschuldig lebe, gehe ihre Rechung am Ende auf.

Ihr Satz fing mit Aber an, sie hielt ihre Zigarette in der Hand und schüttelte beim Sagen ihres Einwands so leicht den Kopf, den Hauch von Unverständnis andeutend damit; und nachdem sie geendet hatte, presste sie kurz ihre Lippen zusammen - das Kopfschütteln war noch vom Reden ins Schweigen mit rübergehuscht - und zog dabei auch ganz kurz die Mundwinkel so seitlich auseinander und dabei die Augenbrauen hoch und zog wieder an ihrer Zigarette. Dann schaute sie noch mal kurz zu ihm rüber, mit dem Anflug eines Lächelns, aber auch eher diese kurz zusammengepressten Lippen mit hochgezogenen Augenbrauen.
Man sieht einander und sieht, dass im Anderen gerade etwas vorgeht, in Bezug auf einen selbst, sieht sich gemeint von vermuteten Gedanken, spekuliert, vielleicht gegenseitig; und aus beiläufigen Kommentaren, die sich ergeben, wenn man am Buffet aneinander vorbei kommt, kann man den Wahrheitsgehalt seiner Spekulationen überprüfen.
- - Dass Andere ja inzwischen auch immer wieder anders von der Zeit abgewetzt werden, dass anderswo ja auch immer wieder was anderes passiert ist, inzwischen. Und dass man also in eine nichtgleichgebliebene Situation kommt, an einen Ort kommt, der sich verändert hatte, seit man ihn verlassen hatte. Dass eben immer viele verschiedene Sachen gleichzeitig passieren, das ist so erstaunlich banal, wenn man bedenkt, wie wenig man diese Tatsache immer wieder berücksichtigt. Die Ereignisse, die an verschiedenen Orten gleichzeitig passieren, können Konstellationen erzeugen, die einander gegenseitig begünstigen, aber eben auch solche, die einander - - widersprechen.

Fabien kommt dazu, in den Raum, man bietet Tee und Kaffee an und redet. Dabei stellen sich Gemeinsamkeiten und Unterschiede heraus. Man geht über den Flur, der Tag bricht an, hatte viel zu früh begonnen für einen selbst. Die helle Verwunderung mit Zeitung unterm Arm kurz Halloo gesagt, im Frühstückssaal, quer durch den Raum etwas zugerufen, einen Witz erzählt, und der Andere erzählt, ohne es zu wissen, einen Antiwitz und erntet Gelächter volles Rohr. Kommt in die Großküche nach, fragt was.
Er hat eine Brille neuerdings, mit dünnem schwarzem Rand. Er ist nett. In seinem Jugendzimmer hängt ein Motorrad von der Decke; das Haus ist sehr solide gebaut. Ich gehe noch was zu trinken suchen. Er unterhält sich mit einem Chinesen über Rolls-Royce.
Ich komme wieder dazu und erzähle den Beiden, dass ein junger Mann, vermutlich Indianer, meiner Großmutter am vergangenen Samstag eine größere Menge Kokain gestohlen hat: "Sie tobt wild rum, will zur Polizei. Und ich immer so: Äh, Oma, hallo, das ist jetzt vielleicht nicht so die geile Idee? Und sie immer so, schnaubend: Wieso? Es ist doch mein gutes Recht? Jemand muss doch für Recht und Ordnung sorgen? Ja, Oma, und zwar fangen die dann genau bei dir damit an. Wieso? Es ist doch mein gutes Recht, für den Eigenbedarf- - Oma. Das mit dem Eigenbedarf, das war das andere, das Hasch. Außerdem würden zwei Kilo auch bei Hasch nicht mehr als Eigenbedarf durchgehen, schätz ich mal so. Sie drückte, ohne mit der Wimper zu zucken, die Taste auf ihrem Soundcomputer, die das Gelächtersample auslöst. "Geschenkt." Ich legte auf den einen Plattenteller Verdi auf, und auf den anderen Vivaldi und mixte und scratchte so bisschen rum, zum Zeitvertreib. "Ich hoffe, du siehst deine - vielleicht doch noch irgendwo im Verborgenen schlummernden - Ressentiments gegen Ausländer nicht dadurch bestätigt, dass der junge Mann Indianer war?" Sie knuffte mich mit einem schelmischen Grinsen so in die Seite, und da wusste ich, dass die Sache verwunden war."
Fabien und der Chinese waren in Gelächter ausgebrochen und auch Emily, die inzwischen wieder hinzugetreten war, amüsierte sich königlich. Dann brach ich das Brot und schenkte reinen Wein ein. Ich machte mir Gedanken über einen Freund, hier, in Paris, in der Rue du grand prieuré. Der Frühstücksraum ist jetzt noch mehr geschmückt worden, mit Blumen und so.

Plötzlich war um mich herum das Leben. Ich lief die Straße hinunter zum Fluss und überall blühte das Leben plötzlich auf, war einfach da, war um mich.
 
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Kommentare  

mag sein, dass das Thema verfehlt ist, aber ich hatte keine Schwierigkeiten mit der "Oma". Wer sagt denn das des eine ältere Dame ist? MIr schien dieser Text eher wie ein wirrer Traum, und gar nicht mal uninteressant, besonders Vivaldi mit Verdi zu mixen.

Rolf Helldorf (02.09.2001)

Uff! Irre lange Schachtelsätze sind in dieser Geschichte vorherrschend, so dass man dem Geschehen kaum folgen kann. Die vorherrschende Umgangssprache erschwert dem Leser, das zu erkennen, was der Autor eigentlich aussagen möchte. Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen dieser Geschichte und dem vorgegebenen Thema. Es handelt sich nur um die Anhäufung von Begebenheiten. Eine zusammenhängende Handlung kam nicht zustande.
Unwahrscheinlich ist auch die Tatsache, dass eine ältere Dame, genannt „Oma“ mit Drogen dealt, bzw. diese zum Eigenbedarf kauft.
Meines Erachtens ist das Thema verfehlt.


SabineB (Jurorin) (01.09.2001)

Großartig! Endlich ein Text, der mich nicht mit altbekannten Stereotypen langweilt, wo ich lauthals auflachen kann, und der nicht mit konservativen Handlungssträngen daherkommt, wie ein Großteil der anderen stories.
Einen feinen Worthuber haben wir hier. Weiter so!


wohlsein! (20.08.2001)

Also der Stil, sowas habe ich bisher noch nicht gesehen! Ich bin einfach nicht dazugekommen, die Geschichte zu Ende zu lesen, weil ich ab der Mitte der Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr "durchgeblickt" habe. Irgendwie ist das alles so verwinkelt und verknotet erzählt worden, dass man nach und nach den Überblick verliert und jeglichen Ansporn, die Geschichte zu Ende zu lesen. Man muss sich dazu zwingen, die Geschichte zu Ende zu lesen, und das sollte nicht sein. Denn niemand tut das!
Es steckt noch viel Arbeit in dieser Geschichte. Überarbeiten!


Marco Frohberger (09.08.2001)

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