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Das Sesambrötchen

Kurzgeschichten · Für Kinder
....frisch aus dem Backofen, noch warm und duftend, wartete das köstliche Sesambrötchen im Korb neben vielen anderen Brötchen auf seinen Verzehrer. Es dauerte gar nicht lange, bis eine junge Frau den Bäckerladen betrat, und das Sesambrötchen samt Tüte in ihre Einkaufstasche steckte.
Ein Schulbrötchen sollte es werden.
Zu Hause angekommen, bekam es in der Küche noch einen herzhaften Aufstrich und wanderte dann in eine dunkle Schultasche. Voller Erwartung saß es da nun und freute sich auf den Moment, wenn es mit großes Appetit verspeist werden würde. In der Tasche roch es nach Tinte, Büchern und den Schulbroten vom Vortag.
Es dauerte sehr lange, bis die große Schulglocke zur Pause läutete und das köstliche Brötchen das Tageslicht erblickte. Draußen auf den Schulhof war ein lautes Getöse zu hören und das Brötchen konnte es kaum erwarten, endlich seiner Bestimmung nach zu kommen. Eine große Kinderschar versammelte sich und es wurden Butterbrote, aber auch jede Menge Süßigkeiten ausgepackt und verzehrt. Auch das Sesambrötchen kam nun an die Reihe. Mit seiner ganzen Kraft verbreitete es den herrlichen Duft, den man sich von einem Brötchen wünschte.
Doch trotz aller Anstrengungen hatte es Mühe, neben Koppers, Mars und Milchschnitte zu bestehen. Dann endlich wurde der erste Bissen verschlungen und das Brötchen wartete ganz aufgeregt auf den zweiten Biss. Plötzlich jedoch, wie von einem Windstoß weggerissen, landete das leckere Brötchen neben der Schulpforte auf dem Gehweg. Vor Schreck ganz blass und noch ein wenig benommen von dem gerade überstandenen Wurf, schaute es in Richtung Schulhof. Die Hand, in der es noch vor wenigen Augenblicken voller Vorfreude auf den nächsten Biss gewartet hatte, hielt jetzt ein süßes, klebriges Milky Way.
Unendlich traurig über sein Schicksal lag das Sesambrötchen das Sesambrötchen an der Strasse und weinte. Mit viel Freude war es am morgen gebacken, und anschließend liebevoll gebuttert und belegt worden. Viel Zeit hatte das Korn in der Sonne verbracht, bis es dann zu Mehl gemahlen wurde, um schließlich als köstliche kleine Mahlzeit für Wachstum und Gesundheit seinen Dienst zu tun. Die missliche Lage, in der es sich nun befand ließ keinen Frohsinn zu.
Das Brötchen schämte sich, weil es ungewollt zu einem Umweltverschmutzer geworden war. Wenn jetzt ein altes Mütterlein des Weges käme, würde es möglicherweise auf ihm ausrutschen und stürzen. Mit aller Kraft versuchte das Brötchen an die Seite zu springen. Da jedoch ein Brötchen nicht springen kann, lag es da in seiner ganzen Verzweiflung und wartete auf seinen Erlöser. Die warme Wintersonne trocknete es und bald schon wurde aus den knusprigen Brötchen ein Zwieback. Viele Menschen waren an ihm vorbei gegangen, ohne es aus seiner unglücklichen Lage zu befreien. Auf den Schulhof war es ganz ruhig geworden und auch die Sonne hatte sich inzwischen von ihm abgewandt, als ein alter Mann mit Spazierstock nahte. Schon am Brötchen vorbei, machte der alte Mann kehrt und sein Spazierstock drehte das Brötchen geschickt hin und her. Dann nahm er das traurige Brötchen auf, wickelte es in sein Taschentuch und steckte es in die Manteltasche.
Das Brötchen war ängstlich und überlegte, was nun mit ihm geschehen würde. Endlos lang kam ihm die Zeit vor, aber jedenfalls war es warm in der Manteltasche. Viele Stunden vergingen, bis der alte Mann das Taschentuch samt Inhalt hervor holte. Wieder in heller Umgebung hörte das Brötchen laute Geräusche, doch sie klangen ganz anders als die auf dem Schulhof. Die liebevolle Art des alten Mannes ließ das müde gewordene Brötchen seine Angst vergessen. Etwas später wurde es in Stücke geteilt und eine kleine Hühnerschar erfreute sich an ihm - mit lautem Gegacker.

 
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Kommentare  

Hallo, wundershcöne Geschichte, mit tollem Hintergrund. Gefällt mir wirklich sehr gut. Auf der Grundschule habe ich auch mal ein Butterbrot weggeschmissen. Da musste ich eben dran denken... Heute bin ich der Meinung, dass man nichts verkommen lassen sollte. Das hat zum Einen damit zu tun, dass ich sehr gefräßig bin, zum anderen mit der Einstellung, dass das, was wir vorgesetzt bekommen, kostbar ist! LG Sabine

Sabine Müller (01.08.2006)

Erinnert mich irgendwie an DER TAPFERE ZINNSOLDAT von Hans-Christian Andersen. Hübsch geschrieben. Jetzt wissen wir, dass sogar Sesambrötchen Gefühle haben.
Ich habe sie übrigens zum Fressen gern...


Stefan Steinmetz (28.02.2002)

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