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Das Märchen von den Zwillingprinzen

Kurzgeschichten · Für Kinder
Es waren einmal zwei Prinzen, die einander glichen, wie ein Ei dem anderen Ei. Überall kannte man die gesellige und freundliche Art der Beiden. Jedermann liebte ihr Lachen und ihre Gestalt. Ihre dunklen Haare glänzten wie tausend Sterne und ihre Augen schauten direkt ins Herz. Nie kam ihnen ein böses Wort über die Lippen. Stets waren sie gut zu Mensch und Tier. Wanderer erzählten auf ihren Reisen von ihrer Schönheit und ihrer grenzenlosen Liebe zueinander. Ging es dem Einem schlecht, so ging es dem Anderen genau so schlecht und wenn Einer lachte, dann nie allein.

Der um Minuten jüngere Malek war ein geübter Redner, lud gerne Philosophen aus dem ganzen Land ein und diskutierte mit Ihnen ganze Nächte zu Ende. Hingegen war Netra eher dem Handwerk zugetan und verbrachte zahlreiche Stunden damit, in den Werkstätten des Schlosses Tische zu drechseln und Eisen zu schmieden. So glich sich jeder im Aussehen und war doch im Innern verschieden wie Sommer und Winter oder Schlafen und Wachen.
Ihr Vater war ein gerechter und liebevoller Vater. Ein guter König, dem das Volk vertraute.

In einem Land, dass sehr, sehr weit entfernt lag, hinter einem See, einem Gebirge und hundert Städten, lebte ein Hexer. All seine Macht lag in einem riesigem Hexenbuch, das so groß war, dass es nie ausgelesen werden konnte. Als Netra gerade ein Tischbein polierte und Malek über den Mikrokosmos sprach, kam der Magier auf eine Seite, auf der sich ein Rezept für Unsterblichkeit befand. Würde er sich diesen Brei zubereiten und dann essen, könnte er über die ganze Welt herrschen.
Eine Zimtstange? Kein Problem, die hatte er. Genauso ein wenig Eidechsenhaut. Alles war irgendwo in seinem Labor zu finden. Alles außer ein Zwilling. Auch zu ihm waren die Geschichten von Netra und Malek gedrungen.

Wenig später übergab ein Bote dem König einen Brief.
„Eines Deiner Kinder nehme ich mit mir und willst du es mir nicht geben, vernichte ich dein ganzes Reich“, hieß es da. Der Bote wusste noch hinzuzufügen, dass der Hexer schon am nächsten Tage eintreffen würde.
Die Berater des Königs und er selbst, grübelte die ganze Nacht. Er konnte nie im Leben einen seiner Söhne weggeben. Nicht den Einen, nicht den Anderen. Es musste eine andere Möglichkeit geben. In dieser Nacht brannten im Schloss alle Fenster und kein Auge sah sein Lid.
Als der Morgen graute, schaute die Majestät mit Tränen in den Himmel und sah, wie eine Wolke über ihm wehte. Im selben Moment raunte der Wind und der König hatte eine Idee. Man schickte nach dem eigenem Zauberkünstler und als der böse Magier über den See, das Gebirge und die hundert Städte gekommen war, trugen alle das selbe Gesicht. Der Fleischer sah aus wie Malek, der Förster wie Netra. Das ganze Volk glich sich in allem Äußeren. Nun bestand das Land vollständig aus Zwillingen, Fünflingen, Hundertlingen und Tausendlingen. Selbst der König sah aus wie seine Söhne.
Niemand mochte mehr sagen können, wer, wer war. Das Schloss war leer und die beiden Brüder lebten zu ihrer Sicherheit unter ihren Bürgern in der Stadt.
Der Hexer kam, erkannte schon bald die List und wurde sehr wütend. Er suchte nach Unterschieden, aber fand keine. Er verhörte ein paar Menschen ohne Resultat und gab es dann auf.
Vom Schloss donnerten seine Worte „Weil ihr mich betrügt, werde ich euch das Antlitz geben, dass am besten zu euch passt. Ihr sollt in den Matsch Furchen ziehen und das wird sich erst ändern, wenn man mir einen Zwilling aushändigt“.
Von da an, wurde das Reich von Malek und Netra Schlangenreich genannt, weil alle Menschen zu Schlangen wurden. Doch kein Untertan verriet seine Prinzen. Sie zogen lieber ein Leben im Staub vor.

Zeiten danach stand eine wunderschöne Prinzessin auf ihrem Balkon und schaute in die Weite. Hinter ihr hüstelte ein alter Mann in einem Schaukelstuhl. „Erzähl die Geschichte noch einmal“ bat sie und drehte sich zu ihm um.
Der Alte erzählte von den zwei Zwillingsprinzen. Beschrieb sie so, wie sie waren. Er verstand es ihre reinen Herzen darzustellen. Die Prinzessin verliebte sich sofort.
Als er die Geschichte beendet hatte, machte sie sich auf. Zwei Tage brauchte sie für die Strecke.
Das Schlangenreich kannte sie, denn es lag genau neben dem Reich ihres Vaters. Schon als Kind hatte sie hier gespielt und nie wurde sie von einer der vielen Schlangen gebissen. Überall sah sie die Kriechtiere zischeln. Manchmal war der ganze Boden voll und sie hatte Mühe eine freie Stelle, für ihre Schritte, dazwischen zu finden.
Sie hatte sich gerade an einen Baum gelehnt um ein wenig zu ruhen. Die kleinen goldenen Schühchen drückten ach zu arg. Da wehte eine Wolke über den Baum und eine Stimme sprach in ihrem Kopf.
Irgendwann später stand sie dann vor dem bemoosten Schloss. Eine sehr gedrückte Stimmung umwaberte das Gebäude.
Als sie durch das offene Tor ging, erschien der böse Hexenmeister mit einem Blitz und packte sie bei den Schultern.
„Was willst du hier Weib?“
Da die Prinzessin dem Alten gut zuhörte, hatte sie mit dem Hexer gerechnet. Die Wolke hatte sie auf alles weitere vorbereitet.
„Ich bin gekommen, um dir dabei zu helfen, die Zwillinge unter den vielen gleichen Gesichtern zu finden. Man sagt ich könne hellsehen“
Da leuchteten seine Augen bös und freudig und er ließ sie los. Sie machte ihm klar, dass sie einen bestimmten Zeitpunkt abwarten müsse. Wenn die Sterne gut stehen und das Glück hold ist. Sie verlangte, alles andere hätte ihn misstrauisch gemacht, das gesamte Königreich, denn das war ihm egal.
Wie versprochen verdunkelte sich der Himmel. Schwarze Wolken zogen tief über das Schloss.
„Das ist die beste Zeit. Ich werde gleich sehen, wo sich die echten Prinzen befinden. Meine Gabe zu sehen ist empfindlich. Geh bitte aufs Schloss“
Alle Vorfreude ließ ihn auf sie hören. Er ging die Treppen hoch.
„Geht es so?“ Seine Stimme vibrierte vor Aufregung. Die Prinzessin sagte „Nein, gehe noch hoch in den Turm. So muss es dann gehen“.
Als er von dort hinunter in den Hof rief, erwiderte sie „Ich kann sie schon fast sehen. Gleich hab ich sie. Klettere doch bitte zum Wetterhahn. Deine gewaltige Magie erstickt mich. Ich spüre sie“.
Ohne zu überlegen stieg er auf das Dach des Turmes und klammerte sich an den Ziegeln bis an den Wetterhahn heran. Mit beiden Händen packte er das goldene Tier. Eine Hand an den Schnabel und eine Hand an den metallenen Schwanz.
Die kleine gerissene Prinzessin beobachtete ihn genau. Nun sprach sie laut, den von der Wolke gegebenen Spruch, „Nehme als Lohn, für deine Taten, die unendliche Energie die du gesuchst“. Das war etwas Schönes in des Hexers Ohren und er lächelte. Doch dann zitterte die Luft, etwas Magisches geschah, er konnte gerade noch über sich schauen, da traf ihn ein gewaltiger gezackter Blitz. Der Hexer schrie und wütete, trat die Dachziegel in den Hof und war dann zu einer schwarzen Figur verkohlt.
Die Schlangen wurden mit einem Mal wieder zu Menschen und jeder schaute wunderbar aus. Der Zauber des vom König beauftragten Zauberkünstlers wirkte noch. Die Prinzessin rannte durch das Schloss, die Strassen der Stadt und gab jedem Prinzen einen Kuss.
Vor einem Haus tat sie gleiches, aber etwas war anders. Der Kuss traf auf die selbe wunderschöne Haut, aber eine zauberhafte Aura umgab die beiden Prinzen. Auch die Augen funkelten lieblicher und ihre Hände umrankten sich zu einer Umarmung. Sie hatte Netra und Malek gefunden. Der Zauber verging mit diesem Erkennen.
Andere Gesichter kamen, lachten laut und freuten sich. Die Augen waren voller Glückstränen.
Aus der Stadt sah man, dass ein paar Soldaten die verkohlte Gestalt vom Dach brachen.
Dann gab es die schönste Feier, die das Land je gesehen hatte. Jeder wurde eingeladen. Alle waren willkommen. Es wurde getanzt, den Armen wurde gegeben und es gab keine Menschenseele die an diesem Tag traurig ward.
Die beiden Prinzen, die Zwillinge heirateten die Prinzessin. Von Stund an, hatte sie ihre Herzen gewonnen. Ihr Lächeln war eine blühende Blüte und die Augen schöner als die größten Goldtaler im Keller.
Der König nahm die Prinzessin gerne auf. Beide Königreiche vereinigten sich und teilten unter sich das Reich des Hexers auf.
Den Wolken erbrachten sie eine große Ehre und nahmen sie in die Flagge des Landes auf.
Und wenn sie nicht gestorben sind erzählen sie ihren Kindern gerade diese Geschichte.
 
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Kommentare  

Das ist eines der Märchen, bei denen man sich fragt, wie das Leben der Hauptfiguren wohl weitergeht...
Es lebe die Bigamie


Tino Lingenberg (30.12.2003)

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