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2 Seiten

Der letzte Tag mit meiner Freundin ...

Trauriges · Kurzgeschichten
an meine Freundin Anne


ich flehte Dich an, halte durch …
Schneeflocken treiben durch die Dunkelheit
Feierabend, es schneit seit Stunden
starker Frost behindert den Straßenverkehr
ich komme aus dem Büro und stehe an der Haltestelle
und will zu Dir -
wir vier Frauen, unser Treff ist heute - wie in all den Jahren
kein Bus kommt, keine Bahn
die Kälte kriecht von den Beinen hoch zum Rücken
Du wartest auf mich, ich komme -
wertvolle Zeit vergeht
krieche tiefer in meinen Mantel
nichts geht mehr auf den Straßen, die Stadt ist ausweglos verstopft
die Straßen eisglatt, nicht mal ein Taxi ist zu sehen
meine Gedanken gehen zurück, sehe uns vor Jahren …
*
durch unsere Kinder auf dem Schulhof kennen gelernt
einen langen Weg gemeinsam gegangen
sehe uns Mütter, die Kinder an der Hand beim Martinszug
dann später die Kinder zur Sporthalle bringen
im Cafe sitzen, plaudernd
immer ein ehrliches Wort, ein gutes Gefühl, wenn wir uns trafen
Du hast nicht gewusst, wie wichtig Du mir warst
dann unser Abschiedsmahl in der kleinen italienischen Kneipe*
ich zog weg aus der Stadt nach 14 Jahren Freundschaft
aus den Augen verloren, doch nie vergessen
*
wir blieben in Verbindung
wieder gesehen an meinen Geburtstag 1989
und zu meiner Ausstellung in diesem Jahr in der Bank
nach drei Jahren kam ich zurück
wieder beisammen - war der Abschied schon nahe

wir haben uns nicht mehr oft gesehen
für mich galt es *neu aufbauen
unsere Jungs wurden konfirmiert
Dein Leben verlief glatt, meines nicht
doch dann Deine Karte aus der Klinik
Dir Mut und Hoffnung gegeben
Gebangt und gehofft mit Dir
Dein Kampf war wohl nicht umsonst
Es ging Dir wieder gut
wir vier Frauen trafen uns noch einige Male
zum Essen, für einen Konzertbesuch oder gingen ins Theater
ich flehte Dich an insgeheim
"halte durch, dann schaff' ich es auch"
*
unverhofft ein Taxi vor mir - Fügung?
durchgefroren komme ich endlich an
Du freust Dich, die anderen sind schon da
wir essen eine Kleinigkeit
Du bist blass und dünn geworden, jedoch gut geschminkt
die kurze rothaarige Perücke steht Dir gut
wir plaudern, fast heiter
was Du alles noch versuchen willst
wohin der nächste Urlaub geht
Worte, Gefühle, Gedanken im Kopf
Angst im Herzen
wo waren die tröstlichen Worte?
sich innerlich wehren gegen die dunkle Ahnung
nicht verstehen, verirren
da sein – wie helfen?
hilflos, tapfer gelächelt,
Schnee unter den Füssen
es ist nachts um halb drei
das war das letzte Mal, dass wir uns trafen
mit allem Mut hast Du gekämpft
Du wurdest besiegt
sah nie eine stärkere Kämpferin als Dich,
bis zuletzt an den Sieg geglaubt
die Botschaft mitten im Alltag erhalten
das Büro versinkt, vorbei -
Du bist gegangen – Anne
nichts konnte Dich halten, am wenigsten wir …
~
… so lasse ich Dich zwangsläufig los
heiße Tränen für Dich aufgefangen
auf dem Weg Deiner Seele liegt nie mehr ein Stein
trag alleine die Pein vom Verlassensein
bis wir uns einst treffen, werden Zeiten vergehen
meine stumme Frage an Dich - “kannst Du mich von da oben sehen?

“in liebevoller Erinnerung
Dir gewidmet liebe Anne (April 1993)
 
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Kommentare  

Sehr mitreißend. Ganz viel Gefühl, ganz viel Leben, ganz viel Loslassen.
Sehr gerne gelesen!

Lieben Gruß, Gringa


Gringa (09.10.2013)

Das Thema ist ein gutes. Wahrscheinlich auf Tatsachen beruhend. Es hätte eine schöne Geschichte werden können, wenn das nicht alles so abgehackt wäre.
Deine Storie wirkt so Stichwortmässig.


NewWolz (06.05.2004)

hi!die story ist gut gelungen!Man spürt als leser selbst die Gefühle, die du anscheinend durchgemacht hast!Echt mitreißend!5-punkte cya steffi

steffi_maus (05.05.2004)

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