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Du bist ein Freund, deshalb gebe ich dir die Möglichkeit meine Geschichte nicht zu lesen

Schauriges · Experimentelles
,Du bist ein Freund, deshalb gebe ich dir die Möglichkeit meine Einladung abzulehnen. Aber als Freund bitte ich dich ihr nachzukommen. Wenn du erscheinst wird gewiss etwas schreckliches geschehen. Doch wenn du nicht erscheinst, könnte es meinen Tod bedeuten.'
So lautete der Inhalt eines Briefes, von meinem weit entfernten Bekannten Roderick Usher. Mir lag nicht viel an seinem Wohlbefinden oder deartiges, sondern es war die Neugier, die mich zu seinem Anwesen trieb.
Ich wurde unsanft aus meinen Gedanken gerissen, als mein Pferd plötzlich scheute und mich im hohen Boden von seinem Rücken schmiss. Ich landete hart auf dem sperrlicht bewachsenen Boden und schlug mit dem Kopf gegen die sumpfige Erde, was diese mit einem dumpfen, schmatzenden Geräusch quittierte. Zwar war dem Aufschlag von der matschigen Erde viel von seiner Wucht genommen, dennoch raubte mir der Schmerz fast die Sinne. Ich wusste nicht, wie lange ich so am Boden lag, doch sah ich am Stand der Untergehenden Sonne, dass ich zumindest schon eine ganze Weile da liegen musst - und das war noch optimistisch geschätzt!
Als ich mich schließlich aufgerappelt hatte, warf ich meinem Reisegefährten einen bösen Blick zu: Das Pferd stand abseits der Straße und kaute, was die geizige Wiese ihm hergab, und das war gewiss nicht viel. Ich konnte die plötzliche Angst des Tieres nicht verstehen und so packte ich es an den Zügeln und versuchte es in die Richtung des Anwesens zu forcieren. Das Pferd seinerseits schien sich keinesfalls von seinem Herren in Spe aus der Ruhe bringen zu lassen und weigerte sich vehement die Straße auch nur einen einzigen Zentimeter weiter voranzuschreiten.
Ich wollt das Tier nicht alleine lassen, aber meine Bemühungen schienen nicht von Erfolg gekrönt und die Sonne begann gerade, sich in malerischen Rottönen dem Horizont entgegen zu stürzen. Schließlich schüttelte ich resigniert den Kopf und ging frustriert alleine weiter. Kaum hatte ich mich nur ein paar Meter näher zum Haus bewegt, schien sich die Umgebung schlagartig zu ändern: Die Finsternis der Nacht schien mich vollkommen mit ihren krummen Finger gepackt zu haben, so dass es mir langsam schwer viel den Weg vor mir zu erkennen. Je weiter ich voran kam, desto stärker wurde der Geruch von verrottenden Pflanzen und schon bereist nach wenigen Metern, war der Geruch so überwältigend süß, dass er sich wie ein Schleier um meinen Verstand legte.
Der Mond war aufgegangen und strahlte hoch oben am nächtlichem Himmel und der Umriss des Anwesens meines Freundes Usher wie auch ein kleiner Teil meines Weges zeichnete sich deutlich im blassen Licht ab. Meine Schritte wurden hastiger, gehetzter und - was mich zu tiefst erschrak - auch immer unbeholfener. Um alle Preise wollte ich an diesem Haus ankommen, das eine Sicherheit versprach, die es keineswegs einhalten konnte, dennoch hastete ich darauf zu. Die Benommenheit wurde immer schlimmer, so dass ich langsam das Gefühl in meinen Fingerspitzen und in den Beinen verlor und ich zu straucheln begann. Als sich die Beschaffenheit des Bodens unter meinen Füssen schließlich änderte, viel weicher und glitschiger wurde, und sich dieser Umstand mit der Benommenheit in meinem Kopf vermischte, fiel ich vollends hin.
Das erste, was ich als nächstes wahrnahm, war diese durchdringende Kälte, die meinen gesamten Körper erfasste und wie tausender kleinen Nadeln durch meine Haut stach. Der Schock, der mit der plötzlichen Kälte einherging, weckte mich ein wenig aus meiner Trance und konfrontierte meine Sinne mit dem vollen Schrecken der Wahrheit. Es war nass unter mir, über mir, überall um mich herum war Wasser. Meine Urinstinkte übernahmen kurzerhand Kohntrolle über mich und zwangen meine Arme und Beine zu strampeln, aber ich wusste nicht wo oben und unten war, so dass ich vergebens um mein Leben kämpfte. Ich griff mit den Händen voraus, bohrte sie tief in Schlamm und trieb meinen Körper weiter dagegen, viel zu spät sollte ich verstehen, dass nicht das rettende Ufer in meinen Händen lag, sondern viel eher der Grund des Tümpels in den ich gestürzt war.
Schließlich forderte die Kälte ihren Tribut und zog bis tief in meine Knochen ein, doch in einem letzten verzweifelten Aufschrei jagte mein Körper Adrenalin durch meine Adern, die wie Feuer die Kälte austrieb und mir nur für wenige Sekunden länger das Strampeln im Schlamm ermöglichten, aber dann war selbst diese letzte Verzweiflungstat ein Fehlschlag. Meine Muskeln erschlafften und meine Kleidung, die sich vom Wasser vollgesogen hatte, schien auf einmal Tonnen zu wiegen und mich tiefer in die Dunkelheit zu zerren.
Miene Lungen brannten wie Feueröfen und schienen bersten zu wollen und ich versuchte verzweifelt das Verlangen zu Atmen zu unterdrücken, aber nach wenigen Minuten hatte ich den Kampf verloren und ich tat den tödlich Atemzug. Wasser füllte meine Lungen, ich versuchte es auszuhusten, aber es drang nur noch mehr Wasser in mich ein.
Diel letzten Sekunden wand ich mich in spastischen Zuckungen in meiner Qual, als ein schrecklicher Schmerz über meinen Körper raste, als ob sämtliche Adern in meinem Fleisch auf einmal zu platzen schienen. Doch dann gewährte mir das Wasser endlich die Gnade der Bewusstlosigkeit. Alles war jetzt egal, der Schmerz wich aus meinem Körper, aus meinem Geist und ich fühlte mich auf einmal leicht und beschwingt. Ich drehte meinen Kopf im Wasser um und erblickte da, gar nicht so weit über mir, die Wasseroberfläche, die silbrig glänzte und der Mond schien wie ein großes Signalfeuer. Ich war die ganze Zeit in die falsche Richtung geschwommen. Doch nun konnte ich die ganze Sache aus der Entfernung betrachteten, es war nichts mehr persönliches mehr, nicht mein Tod und ich konnte über die zweifelhaft Ironie lachen. Und dann verblasste der Mond in meinen Augen und das Grinsen in meinem Gesicht erstarrte zu meiner Todesmaske.

Aus einiger Entfernung beobachtete Roderick Usher das Spektakel aus einem Fenster in den oberen Geschossen des Anwesens. Das meisterhaft angefertigte und sündhaft teure Fernrohr, war an der Balustrade des Balkons fest fixiert und hatte ihm in dieser Nacht ein gestochen scharfes Bild des Spektakel geliefert. Heute hatte der Mond viel heller geschienen als sonst und ihm einen wirklich göttlichen Blick auf den grausamen Tod seines Freundes gewährt.
Zufrieden wischte er mit einem Lappen die Linse ab und summte dabei ein fröhliches Liedchen vor sich her. Schon viele hatten sich in den Sumpf verirrt, der um das Anwesen lag, den Usher selbst erschaffen hatte. Schon so manches Tier hatte sich in die Wasser der Tümpel gestürzt, um nicht mehr aufzutauchen. Roderick genoss die Qualen seiner Opfer, genoss das vom Wasser verzerrte Anblick ihrer Gesichter, wenn das Leben aus ihnen wich, genoss jede einzelne Sekunde der süßen Agonie. Er bedauerte zwar, dass sein Freund von selbst in den Tümpel gestürzt war, er hätte es bevorzugt, ihn mit einem Mittel zu betäuben und dann ins Wasser zu werfen, um eine möglichst erregende Perspektive auf das Geschehen zu haben, aber heute durfte der einsame alte Mann mit Abstand den schönsten Tod beobachten, den er je gesehen hatte.
Roderick entzündete eine Pfeife und genoss den würzigen Rauch. Dann zog er ein kleines Notizbüchlein hervor und dokumentierte das Ableben seines Freundes in allein Einzelheiten, wie er es schon so oft zu vor mit anderen Leuten getan hatte. Schließlich zog er ein weiteres Büchlein hervor, in dem weitere Adressen und Namen standen, weitere Personen, die er kannte, weitere potentielle Opfer...
Die Liste wurde langsam dünn, aber Roderick dachte nicht an die Zukunft. Wenn er irgendwann keine Leute mehr fand, die ihn belustigen könnten, dann würde er sich selbst dem Tümpel übergeben und die Freude am Schmerz am eigenen Leib, aus erster Hand genießen können. Er würde seine Sammlung perfekt machen...
Usher erzitterte vor Erregung und zog seinen Mantel enger um sich. Er sehnte diese Nacht herbei.
 
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Kommentare  

uaaah schööön gruselig... mach weiter so!

darkangel (18.01.2007)

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