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2 Seiten

Aus einem Tagebuch

Nachdenkliches · Kurzgeschichten
Am Liebsten würd ich meine Arme zerschneiden. Es wäre nicht das erste Mal. Ich will in Sturzbächen von Blut ertrinken. Der Anblick meines eigenen Blutes beruhigt mich irgendwie. Ich bin so verzweifelt, ich weiß nicht mehr wohin mit mir. Jeder Gedanke, den ich fassen kann ist erfüllt mit Verzweiflung, Angst und Frust. Wenn ich die kalte Klinge ansetze und sie langsam durch mein weiches Fleisch gleiten lasse fühle ich mich gut. Ich kann es nicht erklären, aber es gibt mir ein Gefühl von Sicherheit.
Wie oft hab ich daran gedacht einfach mal ein bisschen weiter unten zu schneiden. Ein bisschen näher an der Ader des Lebens. Ein kleiner Schnitt nur ganz zufällig. Ein kleiner Schnitt, der mich von all meinem Leiden erlöst. Ein kleiner Schnitt, der mich in die Sorglosigkeit führt. Aber ich bin zu feige. Zu feige diesen einen kleinen Schnitt durchzuführen. Was ist schon dabei, eine kleine Bewegung der Hand, unauffällig und schnell. Irgendwas in meinem Kopf hält mich ab. Vielleicht ist das gut so, vielleicht hab ich ja doch noch eine Chance. Die Möglichkeit erscheint mir zwar äußerst gering, aber irgendwo tief in mir scheine ich ja wohl noch daran zu glauben, sonst würde ich nicht diese Zeilen schreiben. Diese Zeilen, die sagen wie es in mir aussieht nach ein par Tagen voller Enttäuschungen.
Ich weiß nicht wie es weitergehen soll, ich weiß nicht was ich tun soll. Die Menschen die mich lieben glauben an mich, aber ich tu es nicht. Ich zweifele an mir selbst. Mir fehlt jede Perspektive, jede Motivation weiter zu machen. Weiter zu machen mit was auch immer. Ich hab keinen Mut etwas Neues anzufangen, dafür stecke ich zu sehr in alten Mustern fest.
Ich kämpfe. Jede Sekunde kann ich zur Klinge greifen. Vielleicht ist es nicht der besondere Schnitt. Vielleicht ist es nur ein Schnitt wie viele andere auch. Es tut mir weh nicht zu wissen wer ich bin und was ich will. Könnt ich doch nur eine Entscheidung treffen. Einmal in meinem Leben, eine Entscheidung die alles wieder gut macht. Ich bin so kaputt. Mir ist jedwede Orientierung abhanden gekommen.
Diese Woche wird es noch gut sein, aber was ist in der nächsten? Wenn ich aufstehe und nichts habe. Keine Aufgabe für den Tag, keine Motivation mir eine zu suchen. Ich fürchte mich davor. Ich fürchte die nächste Woche. Und die Woche danach. Die Wochen, die Monate. Die Monate, die mich auslachen und auf mich zeigen. Wie ich sie verschwendet habe. Meine wertvolle Zeit mit Nichtstun vergeudet. Sicher, hin und wieder ist es schön nichts zu tun, aber meine Seele hält diese Nutzlosigkeit nicht aus. Ich muss mich beschäftigen um nicht auf dumme Gedanken zu kommen. Gedanken die mich ins Verderben stürzen. Diese Woche könnte ich noch leben wie jede andere davor auch. Aber dann? Ich hab solche Angst. Gerade steigen mir Tränen in die Augen. Meine Hände zittern. Meine Knie auch. Ich könnte schreien vor Wut, Wut auf mich selbst, Wut auf dieses verdammte Leben. So lange so verzweifelt, nur überlebt durch dieses eine Ziel. Nun wurde es mir genommen. Und ich habe nichts.
Vielleicht greife ich nun doch zur Klinge. Allein zu haus, allein mit meinen Gedanken. Gar nicht gut. Götter der Perspektivlosigkeit donnern aus den Boxen. Stimmen voller Gleichgültigkeit. Wütende Gitarrenklänge, wildes Schlagzeug. Unter ihnen ein toter Gott.
Erneut die Frage was mich hält. Irdische Freuden? Wohl kaum. Wer sagt mir, dass nicht alles besser wird, wenn der letzte Schnitt sein trauriges Spiel vollführt hat?
Entweder tu ich es jetzt oder nicht. Jetzt oder nie. Nie? Nein, irgendwann bestimmt. Wenn nicht heute, dann morgen, nächsten Monat, nächstes Jahr. Irgendwann bestimmt. Was in aller Welt hält mich? Ich weiß es nicht. Oder ich will es mir nicht eingestehen. Angst. Angst, dass sich nichts ändern wird. Freunde und Liebe verloren und nichts ändert sich. Der Schmerz wäre unerträglich, aber aus dem Tod gibt es kein Entkommen. Kein feiger Selbstmord, keine Flucht in andere Welten befreit mich aus dem Tod.
Würde mir doch jemand die Entscheidung abnehmen. Ein Unfall, eine Krankheit. Schmerzlos und friedlich. Vielleicht muss sie mich nicht mal in den Tod bringen. Vielleicht reicht ihr kurzer Besuch meines Seins schon aus um mich zu finden. Wenn ich leidend und ängstlich um mein Leben kämpfen muss, wird es mir vielleicht lieb und teuer werden. Meine Lieben um mich herum, ihre Trauer ermutigt mich zum Leben. Ja, das wäre eine Möglichkeit. So kaputt bin ich schon, dass ich mir eine schlimme Krankheit wünsche, die ich gerade so überlebe. Wirklich, ich brauche Hilfe. Ich brauche dringend Hilfe! Hilfe! Hilfe!
 
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