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Rukki die Weihnachtsmöwe

Kurzgeschichten · Winter/Weihnachten/Silvester · Für Kinder
Vor langer, langer Zeit lebte in Düsseldorf eine kleine Möwe.
Rukki war ihr Name und sie kam aus Afrika. Sie wurde damals für einen Zoo importiert und konnte am Frankfurter Flughafen türmen. In Düsseldorf liess sie sich nach ihrer Flucht nieder und schloss sich anderen Möwen aus aller Welt an.

Düsseldorf hatte schon immer viele Seen und Gewässer und auch der Rhein bot hervorragende Möglichkeiten zum Fischen, Räubern und Stibitzen. Ein willkommender Platz für viele Wasservögel. Rukki fühlte sich also möwenwohl im Rheinland.

Morgens saß Rukki oft auf ihrem Lieblingsplatz am Rheinufer. Auf einem Holzpfahl beobachtete sie das bunte Treiben der Fischer und ließ sich den Wind um die Ohren wehen. Rukki fristete ein ganz normales Möwendasein, bis zu dem Tag an dem sich Alles ändern sollte ...

Es war Dezember und der Weihnachtstrubel war im vollen Gange.
In der Düsseldorfer Altstadt waren die Buden des Weihnachtsmarktes aufgebaut und die Menschen boten glitzernde und leuchtende Weihnachtsartikel zum Verkauf an. Es duftete nach herzhaftem Flammkuchen, Glühwein, Weihnachtsmandeln und Krapfen. Hier und da fiel auch einmal ein Leckerbissen für Rukki ab.

Rukki liebte die Weihnachtszeit, weil die Menschen trotz aller Hektik viel freundlicher, vergnügter und zufriedener wirkten. Bäume, Laternen und Fenster waren mit vielen bunten Lampen geschmückt und hier und dort konnte man wunderschöne Weihnachtsmusik vernehmen.

Rukki hatte auch einige menschliche Freunde. Das war einmal der kleine einsame Fischerjunge, der ihm hier und da mal einen Happen von gutem Fisch zuwarf, der obdachlose Mirko mit seinem Hund Rocky und die alte Frau Haarmann mit ihrem Yorshire Tommy. Rukki spürte, dass dieses gute Menschen waren. Hin und wieder setzte sie sich neben Mirko oder nahm Platz auf dem Fenstersitz von Frau Haarmann. Sie lauschte deren Erzählungen ihrer Gedanken.
Möwen können soetwas. Und zur Weihnachtszeit am Heiligabend, da wünschte sie all' ihren Freunden ein Frohes Weihnachtsfest, denn am 24. Dezember können die Tiere sprechen. Vielleicht nicht für Jeden, aber für einige Erdenwesen. Der kleine Fischerjunge, Mirko und die alte Frau Haarmann konnten Rukki verstehen und freuten sich jedes Jahr wie Schneekönige auf Rukkis Weihnachtsgruß. Denn leider wünschte ihnen bis auf die vierbeinigen Freunde sonst Niemand ein frohes Weihnachtsfest. Manchmal ist das Leben eben traurig. Besonders für einsame Fischerjungen, Obdachlose und alte Menschen. Und gerade das Weihnachtsfest als Fest der Liebe bedrückt somit manche Menschen sehr.

Rukki wusste von alldem nicht viel. Doch an dieser Adventszeit waren ihre Freunde besonders bedrückt und ein Jeder sang ihr das Lied der Traurigkeit.

Die alte Frau Haarmann musste an ihren verstorbenen Mann denken und an ihren Sohn, der bei einem Motoradunfall in Berlin ums Leben kam. Sie hatte jetzt nur noch ihren kleinen Tommy. Und Rukki.

Sie sprach leise und langsam zu Rukki und gab ihr dann zwei kleine Zettel. Darauf war in zittriger Handschrift eine Einladung zu einem Weihnachtsessen geschrieben.

"Bring sie meinem Mann und meinem Sohn - ich weiß, dass du in den Himmel fliegen kannst."

Traurig flog Rukki von Dannen, denn sie wußte, dass sie Frau Haarmanns Wunsch niemals erfüllen konnte. Arme, einsame alte Frau.

Rukki saß wieder auf ihrem Stammplatz und beobachtete das Wasser des Rheins. Wie kleinen Wogen wurden durch einen Dampfer zu kleinen Wellen. Das Wasser schäumte an der Schneise, die das große Boot hinterließ auf. Eine kurze Zeit später war das Wasser wieder friedlich.

Rukki musste an Frau Haarmann denken. Was sollte sie bloß machen? Da fielen ihr urplötzlich Mirko und der kleine Fischerjunge ein. Rukki hob ihre Flüge und flog in die Luft. Sie kreiste ein paar Runden über dem Rhein, glitt durch die Luft und flog dann im Sturzflug zur kleinen Hütte am Hafen.
Der Fischerjunge saß auf der Bank und putze einen Apfel.
Rukki begrüßte ihn mit einem Möwenschrei und liess dann einen der Zettel fallen. Erstaunt hob der Fischerjunge ihn auf.
Eine Einladung. Noch nie im Leben hatte er eine Einladung bekommen und wer mochte wohl dahinter stecken? Der Fischerjunge grübelte.

Unterdessen machte sich Rukki auf den Weg zu Mirko. Er bekam auch einen Zettel und seine Verwunderung war riesig. Mirko war schon Jahre nicht mehr zu einem Weihnachtsessen eingeladen.
Ob er dieses kostbare Geschenk annehmen konnte?

Am 24. Dezember war es dann so weit. Mirko hatte sich entschlossen, der unbekannten Einladung zu folgen und zog seinen alten Anzug an, den er in einem Schliessfach am Bahnhof seit Jahren hortete, in der Hoffnung, dass sich irgendwann vielleicht mal ein passender Anlass dafür ergeben könnte.
Auch der Fischerjunge wollte zum Weihnachtsessen.
Dank der Adresse auf der Einladung konnte er Frau Haarmanns Heim ausfindig machen.

Pünktlich um 18. Uhr standen Fischerjunge und Mirko an der Wohnungstür. Sie betrachteten einander, aber sprachen kein Wort.

Frau Haarmann saß zu dem Zeitpunkt am gedeckten Tisch. Der Weihnachtsbraten duftete herrlich. Sie wusste, dass Niemand kommen würde. Schon seit Jahren deckte sie den Tisch für drei Personen, aber dieses Jahr hatte sie Rukki die Einladungen mitgegeben, denn Frau Haarmann glaubte an Wunder.

Es klingelte. Erschrocken fuhr Frau Haarmann hoch.
Sie eilte zur Tür, Tommy dicht an den Fersen.

"Ein frohes Weihnachtsfest", wünschten Fischerjunge und Mirko.
Und auch Rocky und Tommy begutachteten sich schwanzwedelnd.
"Willkommen", flüsterte Frau Haarmann überglücklich.
Sie hatte zwar ihren verlorenen Sohn und Mann nicht wieder, aber dafür zwei reizende Gäste. Endlich war sie nicht mehr allein.

Nach anfänglicher Scheu kamen die Drei rasch ins Gespräch und liessen sich das Weihnachtsessen schmecken. Der Fischerjunge überreichte Frau Haarmann im Anschluss ein kleines, hölzernes, selbstgeschnitztes Boot und Mirko gab ihr ein kleines Fläschchen Holunderbeerschnaps, dass ihm ein Mann vom Weihnachtsmarkt geschenkt hatte. Es war ein friedlicher Abend. Und so wunderschön.
Doch irgendetwas fehlte. Es war der 24. Dezember und alle mussten an Rukki denken, im stillen Kämmerlein, denn wie sollten sie auch wissen, dass es Rukkis Verdienst war, dass sie beieinander saßen. Wie sollten sie wissen, dass Rukki die Freundin von allen war? Vor lauter Aufregung nämlich wurde die geheimnisvolle Einladung ganz vergessen.

Später am Weihnachtsabend klopfte Rukki an die Fensterscheibe und in einem Moment sah' es so aus, als ob sie lächeln würde.
Da fiel der Groschen und freudiges Gelächter erklang aus der warmen, gemütlichen Wohnstube.

Dann erhob sich Rukki in die Luft und ward von den Dreien nie wieder gesehen. Fischerjunge, Mirko und die alte Frau Haarmann trafen sich fortan zu jedem Weihnachtsabend und verbrachten auch sonst sehr viel Zeit miteinander. Ihre treue Freundin Rukki vergaßen sie nie und mussten besonders am 24. Dezember an sie denken und in stillen Momenten, in denen eine Möwe am Himmel kreist.

Und wenn sie nicht gestorben ist, dann bringt Rukki auch noch heute Weihnachtseinladungen und andere zauberhafte Botschaften zu den kleinen und großen Leuten dieser Erde. Wenn ihr also demnächst eine Möwe mit einer kleinen Schriftrolle am Fußgelenk oder einem Brieflein im Schnabel seht, dann ist das wohl Rukki.
Dann grüßt sie ganz lieb von mir, denn ich kenne sie auch.

。° 。 ° ˛ ˚ ˛ ˚ ˛ ˚ • 。
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• ˚ ˚ ˛ * ★MERRY★ *
˛ • • 。CHRISTMAS 。*
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|田田 |門| ˚ ˛ ˚ ˛
 
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Kommentare  

Hallo Christian, ist eine Überlegung wert. Lass es noch ein wenig rotieren. Aber danke. LG Sabine

Sabine Müller (10.01.2008)

Wie wäre es mit: "Ruki lebte also wie eine ganz gewöhnliche Möwe, bis aus ihr etwas mehr wurde..." oder irgendwie in der Art? Ansonsten alles Gute für deine eigenen Überlegungen bezüglich des Textes.

Chrstian Hoja (08.12.2007)

Zu dem Text (Möwe) bin ich mir noch nicht so genau sicher, ob vielleicht das Aufeinandertreffen der drei Personen etwas zu locker geschrieben ist und zu kurz gekommen ist. Mal sehen.
Und du hast also auf etwas Schlimmes gewartet? "Dann kam der Tag an dem sich Alles ändern sollte" - Das ist bezogen auf das normale Möwendasein und weil sie ja eine kleine Wundermöwe wird bzw. Weihnachtsmöwe. Hast du vielleicht eine Anregung, es anders zu formulieren, damit die Leser nicht auf etwas warten, was nicht eintritt? Lg Sabine


Sabine Müller (08.12.2007)

Hallo, gern geschehen und Danke auch für deinen Beitrag zu meiner Geschichte. Die Textpassage fand ich sehr gut beschrieben, wie bereits erwähnt. Ich konnte es mir gut vorstellen. Lg Sabine

Sabine Müller (08.12.2007)

Endlich wieder ein Kommentar, der nix mit dem "Simpel" zu tun hat, danke:-)! Der Text ist mir um einiges wichtiger, da der stumme Fortwanger so eine Art literarisches Alter Ego geworden ist, Protagonist mehrerer Kurzgeschichten und meines Romans (in Arbeit!). Schöne Bewertung der Textpassage, freut mich.
lg
Christian


Chrstian Hoja (08.12.2007)

Hallo und danke für deine Kommentar, freut mich, dass der Text dir so wie er ist gefallen hat
Gruß
Christian


Chrstian Hoja (07.12.2007)

Weihnachten, betrachtet aus der unschuldigen und reinen Perspektive einer Möwe - schön!
Allerdings dachte ich beim Lesen der Zeile "bis zu dem Tag, an dem sich Alles ändern sollte...", dass Rukki ein schwerer Schicksalsschlag bevorsteht! Fand ich ein wenig trügerisch, habe danach nämlich auf diesen Schicksalsschlag gewartet und dem positiv/unschuldigen Grundton des Textes nicht mehr vertraut. Aber gut, das ist wahrscheinich Auffassungssache.
lg
Christian Hoja


Chrstian Hoja (06.12.2007)

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